Ritt auf der Teufelsmauer


Publiziert von Nik Brückner , 3. Mai 2016 um 19:55. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Harz
Tour Datum:30 April 2016
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 350 m
Abstieg: 400 m
Strecke:30km

Im Harzvorland gibt es eine Teufelsmauer: Eine aus harten Sandsteinen der oberen Kreide bestehende Felsformation in Form einer hohen, schmalen Mauer mit mächtigen Wehrtürmen im ansonsten flachen Land, die auf etwa 20 km Länge von Blankenburg bis nach Ballenstedt verläuft. Die Idee:
Hin, David Fiuczynskis "Flam! Blam! Pan-Asian MicroJam!" hören und alles oben rüber!
                        
Einst stritten sich Gott und der Teufel um den Besitz der Erde. Na, vielleicht ging's auch nur um Sachsen-Anhalt. Jedenfalls einigten sie sich: Gott sollte das fruchtbare Flachland gehören, der Teufel sollte das erzhaltige Harzgebirge bekommen - allerdings nur, wenn er bis zum ersten Hahnenschrei entlang der abgemachten Grenze eine Mauer gebaut haben würde (Aha! Daher die Idee mit dem Mauerbau!). Der Teufel verlor keine Zeit und machte sich sofort ans Werk. Als nur noch ein Stein fehlte, kam eine handfeste Marktfrau aus Cattenstedt vorbei, die auf dem Weg nach Blankenburg war. Plötzlich krähte der Hahn, den sie in ihrem Korb hatte: Die Mühen des Teufels waren vergeblich geworden, und er zerschlug wütend sein Werk. Die Trümmer sind bis heute nördlich des Harzes zu sehen.

Heut gibt's wieder welche, die 'ne Mauer bauen wollen...

Jedenfels: Der Teufel hat die Felsen seiner Mauer aus harten Sandsteinen verschiedener Epochen der oberen Kreidezeit errichtet. Den überwiegend tonig-kalkigen Schichten der oberen Kreide sind hier festere Sandsteine sowie Kalksteine eingeschaltet. Durch Silifizierung infolge eindringender Kieselsäure kam es außerdem zu einer extremen Verhärtung der Sandsteine, die aber auf wenige Meter der damals horizontal lagernden Schichten beschränkt ist. Deshalb ist die Mauer so schmal.

Die Gesteinsschichten wurden durch die später erfolgte Heraushebung des Harzes steil gestellt oder überkippt, so dass die ursprünglichen Schichtoberflächen heute nach unten weisen (da war der Teufel aber sehr wütend...). Weicheres Gestein danaben hat's danach wegerodiert, die harten Gesteinsschichten in Form der Teufelsmauer blieben dagegen stehen. Einige Teile wurden später durch Erosion, Flüsse und eiszeitliche Gletscher zerstört. Die Felsen wurden zudem in jüngerer Zeit zur Gewinnung von Bruch- und Pflastersteinen genutzt. So weist die Teufelsmauer heute verschiedene Lücken auf, die teilweise mehrere Kilometer lang sind, teilweise aber nur wenige Meter betragen, wodurch bizarre turmartige Formen entstanden sind.

Diese Felsformationen sind seit den 1960er Jahren beliebte Filmkulissen. In neuester Zeit wurden hier u. a. "1½ Ritter", "Die Päpstin" und "Der Medicus" gedreht. Hr hr... Lauter Intellektualbuster irgendwie...

Die Teufelsmauer wurde bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts unter Schutz gestellt, um den Abbau des Bausandsteins zu unterbinden. Das seit 1935 bestehende Naturschutzgebiet "Teufelsmauer und Bode nordöstlich Thale" zählt zu den ältesten Naturschutzgebieten Deutschlands.
 

Der Verlauf der Teufelsmauer

Die Felsrippe beginnt im Nordwesten bei Blankenburg mit Großmutterfelsen und Großvaterfelsen, verläuft dann über bzw. bildet den Heidelberg, der mit Froschfelsen und Teufelssessel besetzt ist. Die Gewittergrotte liegt ein wenig unterhalb des felsigen Kamms, der bei Timmenrode mit der Felsformation "Hamburger Wappen" zunächst endet. Ihre südöstliche Fortsetzung findet die Teufelsmauer zwischen Weddersleben und Neinstedt, wo sich auf zwei Kilometern Länge die Papensteine, die Mittelsteine und der Königstein aneinanderreihen. Östlich von Rieder steht dann der Dicke Stein. Die Mauer endet schließlich nordwestlich von Ballenstedt mit den beiden Gegensteinen.

Die Teufelsmauer ist ein landschaftliches Highlight und entsprechend durch Wanderwege erschlossen. Bei Blankenburg gibt es sogar einen Kammweg, der vom Großvater Richtung Hamburger Wappen führt und dabei teils genau auf der Kante verläuft. Er wurde 1853 vom Blankenburger Bürgermeister Carl Löbbecke angeregt. Seit 2009 führt zudem der etwa 30 Kilometer lange Teufelsmauerstieg an allen Felsen der Teufelsmauer entlang. Unsere Idee war es, an einem Tag die gesamte Strecke zu laufen, allerdings soweit irgend möglich oben rüber, d. h. im Bereich höchster Wanderschwierigkeit, sowie dessen, was mit ungesicherter Kletterei möglich ist. Am Ende wurde es T5/II.

Die Route ist wie bei allen Gratüberschreitungen eigentlich nicht zu verfehlen. Wichtig ist, dass es trocken ist, man sich nicht überschätzt, und Abschnitte auslässt, die man nur gesichert gehen sollte. Die genaue Route hängt damit vom individuellen Können ab - und natürlich vom Spaß an der Freud!


Start in Blankenburg, 8:30 Uhr

...weshalb wir - Nik, was ich bin, Judith7 und Kletterer Daniel - gleich am Anfang, an dem kleinen Wanderparkplatz in Blankenburg, die Treppe ignorierten und über den Felsen auf die Rippe hinaufstiegen. Oben dann übers Geländer und im Wald weiter den Berg hinauf zu den ersten Felsen. Über diese ging's weiter nach Südosten, bis sich der Großvaterfelsen vor uns auftürmte. Auch hier haben wir die Treppe ignoriert und sind, etwas über links, zu einem birkenbestandenen Plateau und weiter hinauf zum Gipfel gestiegen. Auch der Abstieg auf der gegenüberliegenden Seite erfolgte frei.

Danach ging es auf dem Kammweg weiter bis zu dem Felsen mit der Tafel für den Blankenburger Bürgermeister Carl Löbbecke. Erstmal dort hinauf, und in der Folge soweit irgend möglich auf der Kante kletternd weiter. Dabei werden vielfach Türme überklettert, alles im Ier, IIer-Bereich, teils recht ausgesetzt. Die Mauer fällt nach Süden senkrecht ab. Der Wanderweg verläuft immer nordseits unterhalb der Felsen, kommt später aber für eine Passage herauf. Hier befindet sich auch der Teufelssessel. Dahinter wird die Kante zackiger, bis sich im Wald die Felsen rarer machen. Wir stiegen ab zur Gewittergrotte. Von dort ging es wieder bergauf, kurz raus aus dem Wald, und dann wieder hinauf auf den Kamm zu den nächsten Felsen. Nach zwei Stunden hatten wir die Felsformation "Hamburger Wappen" bei Timmenrode erreicht.

Blankenburg - Hamburger Wappen: T5/II und leichter, 2 Stunden (ohne Klettern ca. 30 min)

Wir bestiegen zwei Türme des Hamburger Wappens über lustige Steighilfen, ich kraxelte noch auf gemeißelten Stufen in der gegenüberliegenden glatten Felswand zu einer Höhle und weiter zu dem Felsplateau hinauf, dann legten wir erstmal eine Pause ein.

Danach ging es weiter, erneut über alles rüber, nach Südosten. Bei Timmenrode verlieren sich die Felsen dann, weshalb wir durch den Ort auf eine südlich parallel verlaufende Hügelrippe wechselten, den Schulmeisterberg. Am Ende dieser Rippe stiegen wir zu einem kleinen Industriegebiet zwischen Timmenrode und Thale ab, das an der Verbindungsstraße zwischen Thale und Warnstedt liegt. Wir folgten der Straße ein Stück Richtung Warnstedt und schwenkten kurz davor rechts in einen Feldweg. Die Rippe nördlich des Weges ist die Fortsetzung der Teufelsmauer. Es folgen auf den nächsten zwei Kilometern die Papensteine, die Mittelsteine und die vielleicht eindrucksvollsten Felsen: Die Königsteine zwischen Neinstedt und Weddersleben.

Hamburger Wappen - Papensteine: T1, 1,5 Stunden

Nach einer Pause an den Papensteinen ging es weiter. Die Mittelsteine und vor allem die leicht schräg stehenden, bizarren Felstürme des Königssteins bieten einen atemberauben Anblick. Wieder ging es über alles rüber - diesmal allerdings mit Rücksicht auf die Naturschutzbestimmungen, die das Erkraxeln einiger Felsen untersagen.

Papensteine - Königstein: T5/II und leichter, 1 Stunde
 
Nach einer weiteren Pause durchquerten wir Neinstedt, um erneut auf die parallel verlaufende Südrippe, hier Rumberg genannt, zu wechseln. Diese Rippen, obwohl nicht mit Felsen besetzt, sind aufgrund ihrer Vegetation ganz wunderbar zu bewandern, und die weitaus schönere Alternative zu den schnurgeraden Feldwegen, die sich zwischen den Orten durch die riesigen Äcker ziehen. Nördlich von Bad Suderode querten wie die L239 und wanderten zwischen dritter und vierter Bückmühle hindurch hinauf auf den Bückeberg. Hier standen die Obstbäume in prächtiger Blüte - ein Highlight unserer Tour!

Abstieg nach Rieder, das man nun durchqueren muss. Vielleicht der am wenigsten schöne Abschnitt der Tour. Aber wer die Teufelsmauer bis zum Ende sehen will, muss hier durch. Am östlichen Ortsende führt der Weg am Friedhof hinaus und hinauf auf die Schierberge, eine weitere Rippe, die sich zwischen Rieder und Ballenstedt erstreckt. Wer über alles rübersteigt, gelangt bald zum Dicken Stein, einem weiteren Teufelsmauerfelsen. Auch diesen haben wir natürlich mitgenommen!

Hinter dem Dicken Stein spaltet sich der Rücken der Teufelsmauer in zwei nur wenige Meter getrennte, parallel verlaufende Züge. Auf der nördlichen Rippe verläuft ein schmaler, zugewachsener, wilder Kammweg, den man keinesfalls auslassen sollte. Obwohl es hier keine Felsen gibt, ist es vielleicht der wildeste Abschnitt in der Osthälfte der Tour. Der offizielle Wanderweg lässt diese Passage leider aus.

Das letzte Highlight bilden dann die Gegensteine, zu denen der Teufelsmauerstieg nun noch hinüberführt. Der erste, der Kleine Gegenstein, bleibt den Kletterern vorbehalten, den zweiten, den Großen Gegenstein, kann man allerdings auf einer originell um den Fels herum- und durch ihn hindurchgeführten Treppe besteigen. Er trägt sogar ein Gipfelkreuz! Ein würdiger Abschluss dieser alpinen Gratüberschreitung im ansonsten gänzlich unalpinen Gelände.

Königstein - Großer Gegenstein: T1, 3 Stunden

Nach Ballenstedt sind es von hier aus nur ein paar Minuten.

Fazit:

Grandiose Tour, bestückt mit zahlreichen bizarren Felsen, die durch das sie umgebende Flachland nur noch eindrucksvoller wirken. Die lange Anreise hat sich gelohnt. Und wir haben den zweiten Tag des Wochenendes auch nicht ungenutzt gelassen. Erst nach einer weiteren Wanderung, durch die Schlucht der Bode bei Thale, der Besichtigung des ottonischen Kleinods St. Cyriakus in Gernrode, und der Welterbestadt Quedlinburg haben wir uns auf den Nachhauseweg gemacht. Schön war's!

Tourengänger: Nik Brückner, Judith7


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