Wettlauf mit dem Hochnebel am Galenstock (3586 m)


Publiziert von morphine , 3. Oktober 2015 um 13:29.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:28 September 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-VS 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:Tiefenbach-Tiefengletscher-Nordgrat-Galenstock und retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der Furkapassstraße nach Tiefenbach
Kartennummer:1232 Urseren 1:25000

Galenstock Nordgrat zum Dritten!

Nach meinem zweiten und letzten Fehlversuch, den Galenstock über die Nordgratroute zu erklimmen siehe hier, wollte ich es dieses Jahr noch einmal versuchen. Ich las hier von montierten Steighilfen auf den entscheidenden felsigen Metern hinauf zum Nordgrat und fuhr zuversichtlich Richtung Schweiz.

Am Tag der Anreise erreichte ich am späten Nachmittag in dicker Nebelsuppe den Grimselpass. Bei der Abfahrt auf der Südrampe riss der Nebel schlagartig auf und ich konnte aus nächster Nähe beobachten, wie die kräfigte Bise unermüdlich den Hochnebel über den Pass trieb und dieser gespenstisch den Hang hinunter nach Gletsch jagte. Die Lautlosigkeit dieses Naturspektakels war vielleicht das Beeindruckendste. Weiter oben am Fukapass konnte ich das gleiche Phänomen beobachten. Bélvedère und Rhonegletscher im strahlenden Sonnenschein, aber die Hochnebelsuppe aus dem Urseren quoll unermüdlich über die Passhöhe nach Westen. Da die Wettervorhersage konstant gleiche Wetterbedingungen für die nächsten Tage prognostiziert hatte, wusste ich, dass ich mich morgen möglichst zügig an den Abstieg machen musste, um nicht auf dem Gletscher im Nebel umherzuirren.


Der Aufstieg

Mal wieder etwas spät verließ ich mein schönes Hotel im Goms und fuhr über den Furkapass hinüber nach Tiefenbach. Der Himmel war wolkenlos und dunkelblau. Der Hochnebel schien am Oberalppass festzuhängen.

Über den markierten Bergweg und zuletzt Wegspuren errreichte ich die in den letzten Jahren erschreckend stark abgeschmolzene Zunge des Tiefengletschers. Hier war der Gletscher komplett aper und auch weiter oben lag nach dem winterlichen Intermezzo der letzten Tage doch deutlich weniger Schnee als ich vermutet hatte.

Am Fuße des ersten Steilaufschwunges montierte ich die Steigeisen und stieg in der Mitte des Gletscher gerade hinauf. Oben angekommen orientierte ich mich nach links an den Gletscherrand. Ich wollte schon meine übliche Route in weit ausholendem Bogen Richtung Tiefenstock verfolgen, als ich kurzentschlossen umdisponierte.

Die Eishänge des Gletschers zwischen Tiefenstock und Galenstock, die bei dieser Route zu queren sind, schienen mir von hier unten auf Grund des Gletscherrückganges viel zu stark geneigt. Außerdem gibt´s dort -wie ich von meinem letzten Versuch wusste- ein paar tückischen Längsspalten. Also entschloss ich mich, die kürzere Route zum Galenstock zu wählen und stieg über eine Trasse direkt westlich den Tiefengletscher hinauf in Richtung Obere Bielenlücke. Auf ca. 3000 m versperrte eine riesige Querspalte den Weg. Ich querte nach Norden und fand unterhalb des auffälligen Gletscherbruchs einen Durchschlupf.

Unmittelbar unter den Eistürmen ging es nun auf griffiger Unterlage wieder in westlicher Richtung hinauf. Hier war auch wieder die Route im Schnee zu erkennen. Große offene Querspalten konnten gut umgangen werden und später ginge es nach Norden unter dem Gipfel des Galenstocks hindurch zum auffälligen Windkessel unterhalb der Einstiegsfelsen.

Tatsächlich, die glatten Felsen waren mit etlichen Tritthilfen aus solidem Eisen bestückt. Von oben kam mir eine Zweierseilschaft entgegen und ich machte erst mal Pause. Die Beiden brauchten aber recht lange und so wollte ich nicht weiter warten und stieg Ihnen entgegen. Probleme mit Steinschlag gab´s aber keinen.

Mit der Hilfskrücke am Einstieg erreichte ich problemlos den Nordgrat. Im Aufstieg zum Grat empfand ich das Kraxeln als nicht so unangenehm wie ich gelesen hatte. Auf den letzten steilen Metern hing ein Seil in den Felsen. Dieses benötigte ich aber nicht, da es hier genügend gute Griffe und Tritte gab.

Die restliche Route war nun perfekt eingeschneit. Gut durchgefrorener griffiger Schnee und relativ fester Fels machten richtig Spaß. Im Urserental war vom Hochnebel noch nichts zu sehen und so stieg ich voller Elan weiter.

Zunächst werden die Felsen auf dem Grat westlich umgangen. Eine Stelle war mir dann aber viel zu schmal, was aber kein Problem war, da ich einfach kurz direkt auf den Grat hinaufstieg und dort ohne Schwierigkeiten weiter kam. 

Über hart gefrorenen Schnee ging es nun weiter hoch zum eigentlichen Gipfelaufbau des Galenstocks. Direkt auf der Gratkante stieg ich über die verschneiten Felsen von Sicherungsstange zu Sicherungsstange dem Gipfel entgegen. Der Schnee bot den Steigeisen super Halt, aber ab und an blieb ich stehen, damit sich meine Waden etwas erholen konnten. Bei strahlendem Sonnenschein erreichte ich schließlich den Gipfel.


Kurze Gipfelrast

Bei den phantastischen Sichtverhältnissen konnte ich ein eindrucksvolles Panorama von hier oben genießen, das sich vom Mont-Blanc im Westen bis zur Silvretta im Osten spannte. Nur die niedrigeren Gipfel im Tessin waren unter einer Wolkendecke verschwunden. Der Wind hier oben war dann doch recht kalt und böig. Ich aß noch eine Kleinigkeit und machte viele Bilder, aber dann zeigte mir ein Blick hinunter ins Tal, dass der gefürchtete Nebel im Anmarsch war. Höchste Zeit für den Abstieg!


Abstieg im Wettlauf mit dem Nebel

Bei den guten Bedingungen konnte ich zügig wieder hinunter auf den Gletscher steigen. Unten näherten sich schon die ersten Nebelschwaden der Albert-Heim-Hütte. In zügigem Tempo folgte ich meiner Aufsiegsroute  durch das Spaltenlabyrinth des Tiefengletschers hinunter. Glücklicherweise noch bei schönstem Sonnenschein. Mittlerweile schob sich der Nebel aber schon über die Gletscherzunge. Weiter ging es hinunter und ich verließ den Gletscher im Sonnen-Nebel-Mix bei noch ganz guten Sichtverhältnissen.

Hinunter nach Tiefenbach war es aber vorbei mit dem Sonnenschein und die feucht-kalte undurchdringliche Nebelsuppe hatte nun für den Rest des Tages vollends das Kommando übernommen. Erst bei der Abfahrt vom Furkapass ins Wallis konnte ich wieder die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen.


Fazit:

Nahezu perfekte Bedingungen auf der bekannten sehr beliebten Hochtour, die kurioserweise gerade wegen des Hochnebels besonderen Eindruck bei mir hinterlassen hat.

Tourengänger: morphine


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Kommentare (2)


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Alpenorni hat gesagt: Stark !
Gesendet am 8. Oktober 2015 um 10:40
Super !
Solche Gletscherpassagen solo zu gehen, ist natürlich nicht ganz ohne, aber bei Dir hat man doch immer das Gefühl, dass Du sehr umsichtig und mit maximaler Vorplanung bzgl. Verhältnissen und Wetter unterwegs bist, dazu die große Erfahrung - und umkehren kannst und tust Du ja auch, wenn`s nicht passt.
In diesem Sinne also :
Aller guten Dinge sind (bzw. waren) drei !
Und :
Ich finde es erstaunlich, wie Du diese Kurztrips zu so hohen Bergen als Flachlandhausener anscheinend ohne große Akklimatisation zuwege bringst.
Ich (Wohnsitz 53m über NN) brauche in den Alpen immer erst ein paar Tage der Gewöhnung, bis ich mich in Höhen von roundabout 3000m wohl fühle.
Liebe Grüße aus dem verregneten Hannover
Martin

morphine hat gesagt: RE:Stark !
Gesendet am 10. Oktober 2015 um 08:14
Hallo Alpenorni,

bei den großen Querspalten stand ich kurz vor der Umkehr. Da aber nicht all zu viel Schnee lag und die Spalten groß und offen waren und sie außerdem gut umgangen werden konnten, habe ich´s riskiert. Wirklich sicher ist dass natürlich auch nicht.
Ich turn´ allerdings auch oft in kombiniertem Gelände herum wo andere angeseilt gehen. Zum Glück hab noch immer sofort gemerkt, wenn ich meine Grenze erreicht habe und hab´dann abgebrochen.

Mein Wohnsitz liegt nur ca. 10 m höher als Deiner, daran kann´s also nicht liegen. Spaß beiseite, ich kann´s auch nicht planen. Manchmal bin ich auf diesen Kurztrips ohne Beschwerden und dann melden sich auch schon mal die Kopfschmerzen. Meistens aber erst im Abstieg. Bis auf ein paar Ausnahmen war es nie wirklich schlimm. Gerade im Sommer bekomm´ ich oft nur kurzfristig Urlaub. Wenn dann gutes Wetter herrscht, fahr ich spontan für nur 2-3 Tage in die Schweiz oder so, um meinen Wunschgipfel zu versuchen. Jetzt, im Herbst, fahr ich bei stabilem Bergwetter auch schon mal etwas länger weg.

Gruß
morphine


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