Wilisch, Finckenfang und Grimmstein


Publiziert von lainari , 6. April 2015 um 19:51.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum: 5 April 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 560 m
Abstieg: 560 m
Strecke:20 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Reinhardtsgrimma - Buschhäuser
Kartennummer:1:33.000, SK Nr. 04 Weißeritztäler, Tharandter Wald

Osterspaziergang - Vom Eise befreit…
 
Moment - hier stimmt doch was nicht! Des Frühlings holden belebenden Blick - den vermisse ich schmerzlich. Bestenfalls heimlich hat sich der Frühling bislang hier vorbeigeschlichen. Jetzt wo ich diese Zeilen schreibe, bildet sich vor dem Fenster gerade wieder eine geschlossene Schneedecke aus. Nun sollte der Frühling endlich mal Gas geben und sich von seiner lieblichsten Seite zeigen, denn je länger man wartet, desto höher werden die Ansprüche…
Am heutigen Ostersonntag musste ich mit dem begnügen, was ich vorfand, das waren ein frostiger Morgen und ein mehrheitlich heiterer Himmel. Schneelagebedingt verschob ich meine Aktivität an den unteren Rand des Osterzgebirges und wählte dazu eine Tour aus, die ich schon länger geplant hatte. Die Verhältnisse sollten passen und der österliche Besucheransturm sich dort in Grenzen halten. Zu Beginn fuhr ich nach Reinhardtsgrimma - Buschhäuser und parkte auf einem Wanderparkplatz. Auf einem Waldweg folgte ich der Ausschilderung ins Tal des Lockwitzbaches (auch Grimmsches Wasser genannt) hinunter. Nach Überquerung von Straße und Bach bog ich am anderen Talhang nach rechts und lief auf einem Pfad talwärts. Nach einer Weile endete er an der Straße und ich musste an ihrem Rand weiterlaufen. Dabei passierte ich die Hirschbachmühle (Gasthaus) und erreichte wenig später die Teufelsmühle (ebenfalls Gasthaus). Dort bog ich nach links ins Tal des Wilischbaches hinein und wanderte talaufwärts.
 
Die hiesige Praxis der Wanderwegausschilderung verärgerte mich einmal mehr - jeder macht was er will! So hatte es hier die üblichen Wegweiser mit Farbmarkierungen, die auch (spärlich) unterwegs angebracht sind. Dann gab es lokale Wegweiser ohne Markierungen, nicht am Schild und nicht unterwegs. Gerade an zentralen Wegweisern waren die einzelnen Schilder einfach kreuz und quer drangepappt. Dazu gesellten sich als Krönung Buchstaben des Kurwegnetzes Kreischa, die teils als Großbuchstaben aber auch als einzelne/doppelte Kleinbuchstaben mit Zahlen ausgeführt waren. Selbst nach einem Blick auf die Karte waren die Fragen warum sie wo begannen und endeten nicht logisch zu klären. Diese Buchstaben waren auf den Wegweisern aufgeklebt, dort hielten sie oder auch nicht und es gab sie vereinzelt auch unterwegs. Dies sollte heute noch zu einer prekären Situation führen. Da lieb ich mir das Tschechische oder das Schweizer Modell mit Wegzeigern, die von Standort zu Standort weisen, dazu übergeordneten Fernzielen und abzweigenden Zielen unter einem Trennstrich und ausreichend Farbmarkierungen unterwegs.
 
Nachdem ich den kalten Grund des Wilischbaches durchschritten hatte, schwenkte der Wanderweg vorbei an einer Wiese bergwärts, bevor er abrupt nach links auf einen schmalen Pfad abbog. Niederschläge und Frost-Tauwechsel hatten den Untergrund recht feucht und schmierig werden lassen. Mit einigen Schlammspritzern an den Hosenbeinen gelangte ich schließlich auf den Gipfel des Wilisch. Der bewaldete Berg hat durch einen den Gipfel anschneidenden Basaltsteinbruch eine begrenzte Aussicht nach Westen und Norden und ist Standort der Station 2. Ordnung Nr. 61 der Königlich Sächsischen Triangulierung. Der Name des Berges soll von Wjelk, altsorbisch für Wolf abstammen. Nach dem Abstieg auf der anderen Seite schaute ich mir noch den Steinbruch von unten an und bog später hinter der Wilisch-Baude nach rechts auf einen Waldweg ab. Unterwegs legte ich an einer Sitzgruppe eine erste Pause ein. Dann folgte ich der Markierung auf schönem Wege hinunter nach Lungkwitz. Fast gegenüber der Einmündung des Wanderweges ging ich entlang einer Straße aus dem bebauten Bereich heraus. Kurz darauf konnte ich nach rechts auf einen Flurweg wechseln, der zwischen Weideflächen bergwärts verlief. Nach zum Schluss stärkerem Anstieg traf ich in Maxen ein. Hier hielt ich mich zunächst links und besichtigte die in einem alten Kalksteinbruch gelegene Naturbühne. Am Ausgang des Steinbruches waren ein Kalkofen von 1856 und die Reste zwei seiner Vorgänger zu entdecken. Unterhalb soll sich früher der Rote Bruch befunden haben, der heute verfüllt ist. Im Eingangsbereich der heutigen Naturbühne wurde einst im Kurfürstlichen Marmorbruch sogenannter Maxener Marmor abgebaut. Das Gestein kam hier in etwa 50 Varietäten vor und ist durch das geringe Vorkommen extrem selten. Der Tiefenabbau wurde durch einen extra angelegten Erbstollen talwärts entwässert. Maxener Marmor wurde ausschließlich für höfische Bauten verwendet und ist heute unersetzbar.
 
Nach der Besichtigung durchquerte ich den Ort und lief an der Straße aufwärts um am höchsten Punkt auf die Wiesenkuppe des Finckenfang abzubiegen. Die Anhöhe ist nicht etwa ein beliebter Treffpunkt der Vogelfreunde sondern bezieht ihren Namen auf die Gefangennahme des preußischen Generals von Finck am 21. November 1759 im Rahmen einer Schlacht des Siebenjährigen Krieges hier bei Maxen. Nach einer Rundumschau und einem kurzen Weiterweg an der Straße gelangte ich durch die Kroatenschlucht erneut ins Lockwitztal. Die Bezeichnung Schlucht ist für den bewaldeten Graben vielleicht etwas zu dick aufgetragen. Unten überquerte ich eine Straße und folgte am Rand einer Talweitung dem Wanderweg A. Hinter einer Straßen- und Bachquerung fand sich keine Markierung mehr, so dass ich einfach dem Uferweg talaufwärts folgte. Meine Karte verzeichnete eine etwas höher bergwärts verlaufende Teufelsstiege. Ein unmarkierter Weg zweigte einmal bergwärts ab. Wo sich der Uferweg zum Pfad verengte, legte ich auf einem Stein sitzend meine Mittagsrast ein. Frisch gestärkt traf ich auf Ungemach, der fußbreite Pfad verlief auf etwa 20 m Länge direkt über einem steilen Abbruch, der unmittelbar im Bach endete. Vorsichtig passierte ich die heikle Passage (T4). Ängstliche Personen sollten den Umweg über den unmarkierten Weg versuchen. Ein Stück talaufwärts gab es den markierten über Stufen führenden Zugang zur offiziellen Teufelsstiege in talwärtiger Richtung. Gleich darauf kam ich erneut zur Teufelsmühle. Vorbei an der Hirschbachmühle gehend, wechselte ich wieder auf den Wanderpfad und ignorierte den Abzweig wo ich am Morgen eingebogen war. Auf einem herrlichen Pfad in Hanglange des Lockwitztales kam ich nach Reinhardtsgrimma. Dort begeisterte mich das von 1765-1767 errichtete Barockschloss mit seinem Park.
 
Den Ort am Straßenrand verlassend, kam ich im Verlauf zur Siedlung Reinhardtsgrimma - Neue Häuser. Mit schönem Blick auf einen Schneeschauer am Erzgebirgskamm pausierte ich auf einer Bank. Nach einem Bachtal folgte im Anschluss ein Aufstieg auf einen Höhenzug. An dessen von drei Seiten vom Bach umflossener Spitze befand sich die Ruine der Burg Grimmstein. Man geht davon aus, dass sie bei der ersten urkundlichen Erwähnung von Reinhardtsgrimma im Jahre 1206 schon vorhanden war und im Rahmen der Dohnaischen Fehde bis 1402 zerstört wurde. Ich hatte keine rechte Lust, den Höhenzug zurückzulaufen. Der unterwegs ausgeschilderte Rundweg schien im Übrigen sowieso überall und nirgends hinzuführen. Deshalb stieg ich über die Spitze des Höhenzuges zum Cunnersdorfer Bach ab. Der doch recht breite Bach war nur im Bereich eines sumpfigen Deltas zu überqueren. In der Vegetationszeit ist dies nicht empfohlen. Neben einem Graben führte ein alter Weg bergwärts auf den Märchenpark zu. Unterhalb wechselte ich durch Gestrüpp zur Straße hinüber. Während dessen grübelte ich, woher ich die Kombination eines grimmigen Schlosses und eines Märchenparks kannte. Dabei kraulte ich mir den Grimmbart - Zefix mir fällt‘s schon noch ein! Nach wenigen Metern kam ich abschließend zu Ausgangspunkt Reinhardtsgrimma - Buschhäuser zurück.
 
Die Gehzeit betrug pausenbereinigt 5 h 45 min.
Die Tour hat die Schwierigkeit T2, wenn man den beschilderten Wegen (sofern auffindbar) folgt. „Meine Teufelsstiege“ tendierte kurzzeitig zu T4 und der unkonventionelle Abstieg vom Grimmstein und der Weg zurück bis zur Straße zu T3.

Tourengänger: lainari


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Kommentare (3)


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mong hat gesagt:
Gesendet am 9. April 2015 um 02:49
"Der Name des Berges soll von Wjelk, altsorbisch für Wolf abstammen."

Falls ich das richtig verstehe, wird die sorbische Sprache in dieser Gegend immer noch gesprochen, oder?
⬇︎☟⬇︎
de.wikipedia.org/wiki/Sorbische_Sprache

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. April 2015 um 19:05
In dieser Gegend nicht mehr, das sorbische Sprachgebiet beschränkt sich heute auf die Ober- und Niederlausitz und beginnt ca. 40 km nördlich/nordöstlich von hier.
In meinen Berichten aus dem sorbischen Sprachraum (z. B.: hier: www.hikr.org/tour/post43501.html) verwende ich regelmäßig zweisprachige Ortsbezeichnungen um auf diesen Umstand hinzuweisen, die Anlage entsprechender Wegpunkte war allerdings unerwünscht.

Die Geschichte der Besiedlung der Region ist äußerst interessant, wenn man tiefer eintaucht. Etwa um 700 waren große Teile von Nord- und Ostdeutschland von den Wenden, auch Elbslawen genannt, besiedelt (heutige Ortsnamen mit Wendisch/Windisch...stammen daher). Mit dem Beginn der deutschen Ostkolonisation durch die Sachsen und Franken verschob sich der westslawische Siedlungs-/Sprachraum und hielt sich ca. weitere 500 Jahre an der Elbe-Saale-Linie. Später überlagerten sich die Siedlungsgebiete und wurden durchmischt, so blieben die Sorben in der Ober- und Niederlausitz und die Sudetendeutschen siedelten in slawischem Gebiet.

mong hat gesagt: RE:"...wenn man tiefer eintaucht..."
Gesendet am 11. April 2015 um 00:24

Danke für die sehr ausführliche Antwort.

"...ist äusserst interessant, wenn man tiefer eintaucht..." - das gilt auch für die Sprachen, oder DIE SPRACHE im allgemeinen, finde ich.

Gruss
mong


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