Keilbachspitze 3093m - Zio Gianni, riposa in pace!

Als mir Gianni die Keilbachspitze vorschlägt, zöger ich keine Sekunde. Nur bei der Startzeit 6 Uhr beginne ich zu verhandeln. Eine halbe Stunde kann ich rausholen, mehr nicht, aber Gianni wird schon wissen warum!?
Schon beim Start an den Frankhöfen will er anscheinend die verlorene Zeit aufholen und marschiert im Stakkatoschritt los. Ich habe Mühe zu folgen, mit 59 ist Gianni noch immer topfit und bald ein gutes Stück voraus. Gerade noch in Sichtweite steigt er voran zur Vieleggerhütte. Wir halten uns rechts am Hang und queren lange bis unter die Westabbrüche der Keilbachspitze. Hier gäbe es eine Abkürzung über eine steile Rinne direkt hinauf, wir aber wählen die etwas einfachere Variante weiter nördlich.
Mühsam über Blöcke und Moränengelände erreichen wir den Restgletscher. Immer steiler baut er sich auf und die Steigeisen sind notwendig. Langsam wird mir auch Giannis Eile klar, denn mit der Sonne weicht nicht nur der Schnee auf, sondern es lösen sich auch Steine aus dem ehemaligen Permafrost. Um ein Haar hätte uns ein hinterlistiger Brocken erwischt, der über den Schnee unhörbar knapp an uns vorbeizischt. Gianni zeigt sich schwer beeindruckt, es wird Monate dauern bis er sich von diesem Erlebnis erholt, lange bringt ihn niemand mehr auf die großen Gipfel!
Trotzdem freuen wir uns über den selten bestiegenen Berg, beginnen aber zügig mit dem Abstieg. Denn weiter unten macht sich unser zeitiger Aufbruch bezahlt, schon jetzt um die Mittagszeit bletzt die Sonne gewaltig und der Schweiß beginnt zu fließen. An der Bizathütte fließen dann einige Weißbier durch unsere Kehlen zur Abkühlung. Danke Onkel Gianni, für diese schöne Tour!

Nachtrag:
Gestern ist Gianni verstorben. Eine schwere Krankheit hat den bärenstarken Bergsteiger in die Knie gezwungen. Ich bin immer noch den Tränen nahe und werde sein Andenken in Ehren halten!
Bruneck, den 28.07.2019