Velenické údolí (Wellnitztal) II


Publiziert von lainari , 4. November 2014 um 18:30.

Region: Welt » Tschechien » Zákupská pahorkatina
Tour Datum: 1 November 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 80 m
Abstieg: 80 m
Strecke:8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Svitava/Spiegelschleiferei Velenice
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 14 Lužické hory

Die Burgplätze Vejrov und Velenice
 
Recht kühle Temperaturen, trockenes Wetter und hochnebelartige Bewölkung bildeten den wettertechnischen Rahmen der heutigen Unternehmung, der traditionellen Wanderung der ehemaligen Kollegen. Der organisatorisch terminliche Teil der Planung wurde mir diesmal dankenswerter Weise abgenommen, so dass ich nur für das Inhaltliche verantwortlich zeichnete. Da wir alle jeweils bei besseren Bedingungen zu Hause gestartet waren, wurde mir die kleine wettertechnische Einschränkung, die auf meiner Zielwahl beruhte, „angelastet“. Aber so ist es im Herbst, irgendwann läuft das böhmische Becken mit Nebel voll und wenn Hochdruck von oben draufdrückt, schwappt er über die Ränder. Kommt eine ungünstige Globalströmung dazu, wie heute in Richtung Lausitz, hält der Nebelnachschub eben ganztägig an. Wir trafen uns in Bad Schandau und mussten leider gegenüber früheren Zusagen eine Nichtteilnehmerin verzeichnen. Da hatten wir wohl schon vorab die Flöhe husten gehört…

So passten wir alle in ein Auto und machten uns auf den Weg in das Zákupská pahorkatina (Reichstädter Hügelland). Unterwegs mutmaßte unsere Fahrerin, dass die Erde eine Scheibe sei und wir uns bedrohlich dem Rand nähern würden. Ein Hinterbänkler konnte sie damit beruhigen, dass wir im Vorjahr eine entlegenere Region aufgesucht hätten. Ich be-/vergnügte mich damit, als Navi-Ersatz in bester Fahrlehrermanier den Weg zu weisen. Schließlich erreichten wir unseren Startpunkt im Velenické údolí (Wellnitztal) an einer kleinen Waldwegbrücke zwischen den Spiegelschleifereien Wellnitz und Rabstein. Hier stellte ich den Zielekatalog des heutigen Tages vor - die Suche nach zwei Burgplätzen und die Befahrung des unterirdischen Antriebsgrabens der Spiegelschleifereien. So machte sich unser Grüppchen, bestehend aus vier Menschenköpfen und einem Hundekopf auf den Weg. Meine Idee, die uns begleitende Spürnase durch Vorhalten eines Tütchens mit historischen Mörtelresten als weltweit ersten Burgensuchhund einzusetzen, wurde wegen Bedenken verworfen, er könne uns zu einem abgewickelten Praktiker-Baumarkt führen. Nach dem Überqueren der Svitávka (Zwittebach), bogen wir nach rechts auf einen leicht steigenden Waldweg ein. Durch Forstarbeiten war dieser stellenweise recht schlammig. In Sichtlinie zur Spiegelschleiferei Wellnitz bogen wir nach rechts ab und liefen weglos am Rande einer Schonung auf eine Geländezunge zu. Schon bestätigte die durch einen gut ausgeprägten Halsgraben abgetrennte Spitze der Zunge das Auffinden von Hrad Vejrov (Burg Weiherwald).
 
Die Burg Vejrov wurde nie urkundlich erwähnt, so dass man später den Namen einer ursprünglich in der Nähe befindlichen Siedlung auf sie übertrug. Diese ist jedoch ebenfalls bereits lange eingegangen. Ausgrabungen haben eine Besiedlung der Burg an der Schwelle vom 13. zum 14. Jh. nachgewiesen. Heute befindet sich auf dem Burgplateau nur noch eine rechteckige Vertiefung, die das Fundament des Hauptgebäudes darstellte. Durch unterirdischen Schleifsandabbau am Fuße des Burgfelsens haben sich durch Verbrüche zwei Pingen an der Oberfläche gebildet. Eine davon ist kreisrund, etwa 10 Meter tief und gut sichtbar, die Andere ist spaltenartig und von Vegetation etwas verdeckt, so dass man vorsichtig agieren muss. Durch den Halsgraben und über den Hang stiegen wir zum Fuß des Felsens hinunter. In den Aushöhlungen residiert nun ein Medvědí camp (Bären-Camp) von Freizeit-Indianern. Wir trafen es jedoch verlassen an. Auf der anderen Seite mühten wir uns wieder zum Halsgraben hinauf und kehrten auf dem Zugangsweg Richtung Brücke zurück. Die Wandergruppe stimmte ein leichtes Murren an, weil man aus meiner Beschreibung, im Tal unterwegs zu sein, herausgehört haben wollte, es wäre eben und bequem - ein typischer Fall von Fehlinterpretation. Ich beschloss, das Gebrummel als undefinierbares Umgebungsgeräusch einzuordnen…
Wir passierten die Brücke, blieben rechts des Baches und bewegten uns talwärts. Leicht steigend kamen wir im Verlauf auf eine größere Wiese. Hier bogen wir bergwärts zu einem Weg an der Waldkante hinauf. Nach kurzer Zeit wandte sich dieser stärker steigend durch ein Tälchen hinauf. Auf der Hochfläche konsultierten wir die Karte, stellten fest, dass die Eintragungen zwar recht präzise waren, jedoch aufgrund des Maßstabes gewissen Spielraum zuließen. Wir bogen nach links und folgten der ausgebuchteten Kante der Hochfläche. Ab einem lichten Kiefernwald wurde die zerklüftete Kante dann interessant. Ein Stück weiter zeichneten sich Laubbäume ab, die durch die herbstliche Blattfärbung recht auffällig waren. Auf dem Weg dorthin bemerkten wir einen wenig ausgeprägten, scheinbar unfertigen Halsgraben. Dahinter zeichnete sich am Boden die größere rechteckige Grundfläche eines vermutlichen Wirtschaftsgebäudes der Vorburg ab. Letzte Sicherheit brachte ein quadratischer Mauerrest, wir hatten die Velenický hrad (Burg Wellnitz) gefunden. Ein unfertiger Keller ergänzte das Ensemble. Der Name der Burg ist ebenfalls nicht belegt, aus Urkunden wird jedoch ihre Erbauung und Existenz Anfang des 14. Jh. abgeleitet. Dabei wird sie mit der hier angeblich ansässigen Familie ze Smojna (von Smoyn) in Verbindung gebracht. Da die Burg aber vermutlich von vornherein unfertig war, was außer vom halben Mini-Halsgraben und dem aufgegebenen Kellervortrieb durch eine fehlende Ringmauer bzw. nicht vorhandenen Spuren einer Umgebungsbefestigung bestärkt wird, scheint mir eine Verwechslung der Örtlichkeiten bei der Auswertung der wenigen alten Belege eher wahrscheinlich.
 
Wir nutzten den unzweifelhaft historischen Platz für eine kleine Pause. Im Anschluss stiegen wir zu einem sichtbaren Waldweg talwärts und kamen auf ihm kurz darauf nach Velenice (Wellnitz). Versetzt schon das Auftauchen von Fußgängern die dortigen Wachhunde in Aufregung, brachte sie unser Vierbeiner vollends in Rage. Zum Glück trennten uns Zäune mehr schlecht als recht von den auf fast jedem Grundstück herumtobenden Exemplaren. Am Straßenrand wieder talaufwärts laufend, passierten wir die einstige Spiegelschleiferei Rabstein, eine kleine Felsenkapelle und trafen auf die einstige Spiegelschleiferei Wellnitz. Die nahe Motorrad-Restauration „Pekelné doly“ (Teufelshöhle) hatte am Vortag Saisonende und war nun geschlossen. Wir hielten uns nicht weiter auf und schlüpften rechts der Straße durch einen schmalen Zugang in den Berg hinein. Ab hier war der Antriebsgraben der Spiegelschleifereien, unterirdisch verlaufend, auf mehreren hundert Metern Gesamtlänge (mit Seitenstollen) begehbar. Gut vorbereitet, hatten wir Lampen zur Hand und konnten eine Befahrung durchführen. Meine furchtbar ökologische LED-Funzel war nicht wirklich der Bringer, so dass ich mich auf die leuchtstärkeren Exemplare der Kollegen verließ. Bis auf eine verschüttete Nebenstrecke erkundeten wir jeden Winkel, wie den abzweigenden Seitenstollen und die Schleifsandhöhle mit ihrem Probevortrieb. Jetzt im Herbst hätte man eigentlich mit dem Vorhandensein von Fledermäusen rechnen können, die ja bei Höhlen und Stollen gerne als Zutrittsverbotsbegründung herhalten müssen, aber hier war nicht einmal ansatzweise ein Schatten von ihnen zu entdecken. Wir verließen den Antriebsgraben und liefen neben der Einkerbung des noch etwa 500 Meter offen geführten Grabens weiter und passierten den 180 Grad-Felsentunnel der Svitávka. Nach dieser Sehenswürdigkeit folgte der Weg noch ein Stück dem mäandrierenden Bach, bevor er auf die Straße traf. Über das obere Ortsende kamen wir nach Svitava (Zwitte) hinein. Plötzlich gesellte sich ein kleiner, freilaufender, recht zerzauster weißer Hund zu uns und wich nicht mehr von unserer Seite. Unsere Hoffnung, jemand würde ihn zurückrufen oder er könnte in ein Grundstück hinein biegen, erfüllte sich nicht. Am Ortsende entfernte er sich auf einer Wiese und wir bogen auf den kleinen Friedhof ab, um nach alten Gräbern mit deutschen Namen zu schauen. Kaum hatten wir uns versehen, war der Hund wieder da. Vorsichtig verließen wir den Friedhof und ich schloss das Tor, mit dem Gedanken zwei ebenfalls anwesende Einheimische könnten den mit Halsband versehen Hund kennen und zurückhalten. Als wir auf der Straße weiterliefen federte ein weißer Flummy über die Friedhofsmauer. Wir gaben unserer Bemühen ihn abzuschütteln auf und liefen weiter Richtung Wellnitztal. Der Hund lief auf eine Wiese und versuchte in bester Katzenmanier Mäuse zu fangen. Dabei geriet er fast aus dem Sichtfeld, aber ehe wir uns versahen kam er in großen Sätzen herangeeilt. Unmittelbar neben der Straße erreichten wir nun die Pustý kostel (Wüste Kirche). Die umfangreichen Aushöhlungen des Schleifsandabbaus waren hier frei begehbar. In der Tiefe und Finsternis der Hallen zogen wir uns in den hintersten Winkel zurück, doch durch den Schein der Taschenlampe huschte wieder der weiße Schatten. Leicht genervt kamen wir abschließend zum Standort des Autos zurück. Besonders unsere Kollegin mit Hund hatte alle Hände voll zu tun, beide halbwegs auf Distanz zu halten. Zügig stiegen wir ein und ließen den aufdringlichen Streuner zurück.
 
So sollte unsere Wanderung einfach nicht zu Ende gehen, auf dem letzten Abschnitt war uns die Ruhe abhanden gekommen. Wir stoppten deshalb an der Kreuzung zwischen Sloup und Svojkov und parkten dort an einem U sedmi trpaslíků (Bei den Sieben Zwergen) genannten Platz. Auf den Bänken des Waldtheaters Sloup, welches wir von der Straße her erreichten, legten wir eine gemütliche Mittagsrast ein. Als einer der Kollegen vorgab, auf der Straße den weißen Hund erblickt zu haben, schaute er in schiefe Gesichter…
Nach der Pause besichtigten wir noch die Aussicht Na Stráži (Wachstein) und den Felsen Medvěd (Bär). Danach kehrten wir zum Auto zurück (Abstecher insgesamt +1,5 km /20 min) und traten die Rückfahrt an. Unterwegs zogen wir uns noch zur Klausur in eine an der Straße liegende Wirtschaft zurück, um bei einer Tasse Heißgetränk und einer Palatschinke die Zieleerreichung auszuwerten. Die entsprechende Ampel wurde schließlich auf „Grün“ gesetzt!
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h. Die Wanderung hat T1-Charakter, die weglosen und unmarkierten Zugänge zu den Burgen Vejrov und Velenice, den unterirdischen Antriebskanal (Lampe erforderlich) und die Pustý kostel habe ich als T2 eingeschätzt.
Detailliertere Infos zum Velenické údolí finden sich in meinem Bericht vom Sommer.
Die Webseite www.luzicke-hory.cz ist eine wahre Fundgrube für Informationen und ist aufwändig mehrsprachig gestaltet.

Tourengänger: lainari


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