Mein erster 6.000er - Chachani (6.075m)


Publiziert von Judith7 , 18. September 2014 um 06:30.

Region: Welt » Peru
Tour Datum: 7 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: PE 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit einem 4x4 ca. 2 Stunden ab Arequipa
Unterkunftmöglichkeiten:Vor und nach der Tour in Arequipa; Zeltmöglichkeit im Basecamp auf 5.170m

Jeder, der auch nur einen Tag in Arequipa verbracht hat, ist wahrscheinlich beeindruckt von den beiden Bergen, die man direkt von der Plaza de Armas aus sieht. Zum einen der El Misti (5.822m) mit seinem bilderbuchartigen Vulkankegel (so müssen Vulkane aussehen!), und zum anderen der Chachani (6.075m), dessen Massiv sich majestätisch über der Stadt erhebt.

Ich habe drei Wochen in der Stadt verbracht - und es führte kein Weg daran vorbei, mindestens einen der beiden Berge in Angriff zu nehmen.

Erster Tag
Die zweistündige Anfahrt zum Startpunkt auf knapp 5.000m erfolgt mit einem 4x4, den man auch auf alle Fälle braucht. Der Ausblick zum El Misti, der ständig rechter Hand ist, ist traumhaft. Außerdem haben wir Glück und können nicht nur wild lebende Vikunjas sondern auch ein Guanako beobachten. 
Allerdings fängt es auf ca. 4.500m an zu schneien, und es ist auch schon ein bedrohliches Donnergrollen zu hören. Dementsprechend warten wir an unserem Startpunkt auf ca. 5.000m erst einmal ab und zucken gehörig zusammen, als die nun schon sehr nahen Donner den Boden unter unseren Füßen zum Beben bringen. Auch unser Guide ist alles andere als begeistert über diese Wetterkapriolen.

Nichtsdestotrotz laufen wir dann nach einer halben Stunde doch los - die Blitze und Donner haben aufgehört und einem leichten Graupeln Platz gemacht. Es ist nicht weit bis zum Basecamp, und je länger wir laufen, desto besser wird auch die Sicht. Zunächst ist der Weg recht flach, bis es dann über ein Geröllfeld mit teilweise metergroßen Gesteinsbrocken geht. Zum Schluss noch ein kurzer Anstieg, und nach einer Stunde sind wir im Camp. Insgesamt ist der Weg nicht sehr anspruchsvoll, lediglich die schon von Beginn an hohe Höhe bringt mich ziemlich ins Schnaufen, bin ich doch leider (trotz Akklimatisierungstour im Colca Canyon und einer Tour inklusive Übernachtung auf über 5000m auf dem El Misti) noch nicht ausreichend akklimatisiert...

Der Nachmittag im Basecamp ist dann sehr ruhig. Ausruhen, tief durchatmen, entspannen, den leichten Schneefall beobachten, früh zu Abend essen und früh schlafen. Und ich kann sogar ganz gut schlafen und habe keinerlei Kopfweh. Von daher sieht's noch gut aus. Der Wecker klingelt um 2.00 Uhr, es gibt ein kurzes Frühstück, zwei Tassen Tee, und um 3.00 Uhr geht's dann los.

Aufstieg
Oft bin ich schon im Dunkeln auf diverse Berge gestiegen, und ich werde wohl nie ein großer Fan davon werden, doch die Stunden vor Sonnenaufgang auf dem Chachani haben sogar mir gefallen. Die Wolken hatten sich komplett verzogen, so dass der fast volle Mond wunderschöüber das Tal schien und wir die Stirnlampen überhaupt nicht gebraucht haben - es war so hell, dass wir sogar Schatten geworfen haben. Eine unglaubliche Stimmung...

Allerdings konnte ich mich nur zu Beginn wirklich darüber freuen, denn schon sehr bald musste ich meine ganze Aufmerksamkeit auf die Atmung richten... Ohne ausreichende Akklimatisierung mit einer asthmageschwächten Zweieinhalb-Liter-Lunge in großen Höhen ist eben einfach suboptimal... Der Rest des Aufstiegs sollte für mich daher vor allem ein Kampf werden...

Der Weg führt zunächst in einer sandigen Rinne hoch, bevor man dann bei ca. 5.500m nach rechts in den Felsen wechselt. Es geht weiter in ständigen Kehren ohne Erbarmen bergan, mal ist es sandiger, mal felsiger. Ab ca. 5.800m verläuft der Weg dann zunächst auf einem breiten Grat und man kann schon die letzte Stufe vor dem finalen Aufstieg erahnen. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon am Ende meiner Kräfte - musste ich doch wirklich extrem kämpfen, um meine Muskeln noch irgendwie ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Laut Einschätzung des Guides war es wohl ganz eindeutig die mangelnde Akklimatisierung, und nachdem ich zwischendurch wirklich alle paar Schritte zum Luftholen stehen bleiben musste, sprach er sich dafür aus, dass ich absteigen sollte. Ich erbat mir jedoch noch eine letzte Chance und nahm alle Kräfte und meine gesamte Willensstärke zusammen... Wenn ich ein Mal in meinem Leben auf einem 6.000er stehen würde, dann heute! 

Gipfel
Und nach fünfeinhalb Stunden Kampf sollte es tatsächlich so weit sein: Ich stand auf dem Gipfel des Chachani auf 6.075m! Und das Wetter hatte - entgegen jeglicher Erwartungen nach den Erlebnissen vom Vortag - sehr gut mitgespielt: Sonne und kein Wind. Ich machte eine ausgiebige Gipfelrast, futterte den letzten aus Deutschland mitgebrachten Fruchtriegel (Danke, Nik!) und versuchte, diesen Moment ganz tief in mein Gedächtnis einzuprägen. Nun konnte ich auch endlich die schon seit Sonnenaufgang sichtbaren Berge der Umgebung richtig wertschätzen. Der Ubinas grüßte noch mit einer kleinen Aschewolke, und dann war irgendwann auch das 6.000er-Gipfelglück vorbei.

Abstieg
Wer sich (so wie ich) mit allerletzter Kraft auf den Gipfel gekämpft hat, für den ist der Abstieg dann auch kein Zuckerschlecken. Nachdem man den Gipfelkrater hinter sich gelassen hat geht man im Prinzip direkt in der Falllinie durch lose Steine und Sand runter - eigentlich mag ich so etwas sehr gerne... In diesem Fall musste ich mich die starke Stunde, die ich gebraucht habe, sehr konzentrieren und immer wieder eine kleine Pause zum Atmen machen. Man ist eben immer noch weit über 5.000m...

Zurück im Camp haben wir dann die Sachen zusammengepackt und kurz darauf mit den schweren Rucksäcken die letzte Stunde der Tour in Angriff genommen. Das Klettern über die Felsbrocken war ziemlich anstrengend (v.a. auch weil ich zwischendurch den Weg verloren hatte und zu weit abgestiegen war), und die letzten 10 min leichter Anstieg zum Pass schienen kein Ende nehmen zu wollen. Aber dort wartete dann schon der Jeep, der uns in knapp zwei Stunden wilder Fahrt wieder zurück nach Arequipa brachte.

Fazit
Der Chachani ist ein wunderschöner Berg und für einen 6.000er technisch wirklich sehr einfach. Anfang September lag so wenig Schnee, dass man noch nicht einmal Steigeisen und Pickel benötigte. Allerdings sollte man auf alle Fälle gut akklimatisiert sein, denn dafür lassen die organisierten Touren keine Zeit.
Für mich war es ein unglaubliches und wahrscheinlich auch - im wahrsten Sinn des Wortes - einmaliges Erlebnis, oben auf dem Gipfel eines 6.000ers zu stehen, und ich bin glücklich und stolz, dass ich es - trotz der ungünstigen Vorzeichen - geschafft habe!

Tourengänger: Judith7


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Kommentare (11)


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Nik Brückner hat gesagt: Gratu!
Gesendet am 18. September 2014 um 09:49
Respekt und Gratu!

Damit haste Dir nun wohl offiziell den Titel "Exträjmtschudith" erworben! Sehr, sehr geile Tour!

Huldig!

Judith7 hat gesagt: RE:Gratu!
Gesendet am 18. September 2014 um 11:29
Danke! :-)

Nik Brückner hat gesagt: Tschatschudith
Gesendet am 18. September 2014 um 09:51
Hihi! Oder "Tschatschudith"!

Alpin_Rise hat gesagt: Risiko der Höhe?
Gesendet am 18. September 2014 um 10:49
Ich bin immer wieder erschüttert, wie leichtfertig südamerikanische Guides mit der Höhe umgehen. Ohne Akklimatisierung (der Colca Canyon liegt viel zu niedrig!) mit einer Basishöhe von 2300m ist ein 6000m Gipfel und vor allem die Übernachtung auf über 5000m ein grosses gesundheitliches Risiko. Und wenn die Steiggeschwindigkeit auf unter 200hm/Stunde fällt, ist das ein klares Warnzeichen, dass körperlich etwas nicht stimmt.
Meinerseits habe ich dazumals auf die verlockende Tour verzichtet.

Ich möchte deine Leistung keineswegs schmälern, nur allfällige Nachahmer vor einer solch leichtfertigen Aktion warnen.

G, Rise

Judith7 hat gesagt: RE:Risiko der Höhe?
Gesendet am 18. September 2014 um 11:43
Ich stimme dir vollkommen zu, was die fehlende Zeit zur Akklimatisierung bei den "offiziellen" Touren in Südamerika angeht. In der Agentur haben sie auf meine konkrete Nachfrage und Erzählung, wie ich in Nepal mit der Höhe umgegangen bin (5Tage bis 5.500m) nur gelacht und gesagt in Peru liefe das anders.
Ein Grund, warum ich es doch ohne maßgeschneiderte Tour versucht habe war der, dass ich in der Woche zwischen Colca Canyon und Chachani eine Nacht auf 4.600m verbracht habe und von dort auf über 5.000m hoch gelaufen bin. Wirklich ausgereicht zur Akklimatisierung hat aber auch das wohl letztendlich nicht...

Verzasca hat gesagt: Stark!
Gesendet am 18. September 2014 um 15:26
Hallo Exträjmtschudith!
Glückwunsch zu dem 6.000er!!! War wohl ein (ganz) hartes Stück Arbeit, aber klasse, dass Du Dich da durchgebissen hast.
Weiter so!
LG
Normahl-Jürgen

Judith7 hat gesagt: RE:Stark!
Gesendet am 18. September 2014 um 15:36
Lieber Exträjmjürgen,
vielen Dank!!!
Ich fühle mich sehr geehrt, nun auch offiziell Mitglied des EJ-Clubs zu sein! ;-)
Ganz viele liebe Grüße
Judith



Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 18. September 2014 um 21:02
Hi Judtih,

Gratulation zum ersten 6000er. Ist sicher ganz was besonderes die 6er Marke zu überschreiten, hoffe dass es bei mir auch bald soweit ist :-)

Gruss, Andrej

Judith7 hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. September 2014 um 21:13
Hallo Andrej,

herzlichen Dank!

Und ja, es war wirklich ein tolles Gefuehl zu wissen, dass man jetzt tatsaechlich ueber 6.000m hoch ist! Einfach einmalig.

Ich wuensch dir viel Erfolg, wenn es dann bei dir auch so weit ist!

LG Judith

Leander hat gesagt:
Gesendet am 7. Oktober 2014 um 08:53
Auch mein Glückwunsch zur erfolgreichen Besteigung i :-)
Als ich im Mai 2012 oben war, lag einiges an Schnee, interessant ist der Vergleich deiner und meiner Bilder, sieht ganz anders auch, doch auch ohne Schnee wunderschön..

Judith7 hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Oktober 2014 um 06:14
Danke! :-)

Ich find's auch immer wieder faszinierend, wie sich der Charakter eines Berg im Verlauf der Jahreszeiten verändern kann. Wobei ich gar nicht unglücklich war, dass bei mir so wenig Schnee lag...


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