Buková hora und Kohout (Zinkenstein und Krohberg)


Publiziert von lainari , 22. Mai 2014 um 22:19.

Region: Welt » Tschechien » České středohoří
Tour Datum:20 Mai 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 880 m
Abstieg: 830 m
Strecke:22,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Bad Schandau und RB der DB/Os der ČD Bad Schandau-Děčín hl. n., Os der ČD Děčín hl. n.-Malé Březno nad Labem
Zufahrt zum Ankunftspunkt:R der ČD Benešov nad Ploučnicí-Děčín hl. n., Os der ČD/RB der DB Děčín hl. n.-Bad Schandau
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 11 České středohoří východ

Kartentheorie und Graswirklichkeit - warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
 
Am klaren Frühsommermorgen begab ich mich nach Bad Schandau. Das obere Elbtal war nach einem gewittrigen Vorabend total vernebelt. Auf dem Bahnhof bewaffnete ich mich mit einem Elbe-Labe-Tagesticket und stieg in den Desiro-Triebwagen, der als ELS (Elbe-Labe-Sprinter) verkehrt. Zügig ging es Richtung Děčín. Die tschechische Schaffnerin kontrollierte freundlich und kompetent die Fahrscheine. Mit reichlich Umsteigezeit wechselte ich dann in Děčín hl. n. in einen anderen Personenzug. Der am Bahnsteigende bereitstehende Regionova-Triebwagen ließ zunächst keine Fahrgäste zusteigen. Die hinzukommende Schaffnerin schimpfte erst einmal mit dem Triebfahrzeugführer, der sogleich die Türblockierung aufhob. Pünktlich gestartet, fuhren wir die rechtselbische Bahnstrecke hinauf. Kurz vor dem Zielhalt brach die Sonne durch den Nebel und bescherte so eine malerische Szenerie. Auf mein Verlangen hin (zastávka na znamení) stoppte der Triebwagenzug in Malé Březno nad Labem (Klein Priesen).
 
Vom Haltepunkt aus, lief ich entlang der Hauptstraße durch den Ort. Wenige Meter außerorts folgte der bergwärts gerichtete Abzweig der blau markierten Wanderroute. Auf einem Fahrweg ging es steil hinauf durch den Wald. Der lehmige, vom Gewitterregen völlig aufgeweichte Boden war sehr schwierig zu begehen. Dazu tropfte es von den Bäumen und alles dampfte in der durchbrechenden Sonne. Völlig schweißgebadet pausierte ich später in zunehmender Wärme kurz auf einer Offenfläche. Leicht abwärts gehend, erreichte ich die Wüstung Vitín (Wittine). Der einst von deutschstämmigen Bewohnern bevölkerte Ort verfiel nach deren Vertreibung und wurde völlig aufgegeben. Heute sind unter großen alten Bäumen geisterhafte Ruinen vorzufinden, die allesamt als Denkmale ausgewiesen sind. Ein im Wald unter lautem Krachen davonrennendes Tier verstärkte die beklemmende Stimmung. Der etwas moderatere Schlussanstieg führte mich schließlich auf den Buková hora (Zinkenstein/Buchberg). „Highlight“ des Berges ist der 223 m hohe Fernsehturm für Nordböhmen. Vorbei an der Děčínská Bouda machte ich einen Abstecher zur Humboldtová vyhlídka (Humboldtaussicht). Diese ermöglichte einen Ausblick über das Elbtal in Richtung Ústí nad Labem. Ich pausierte kurz und kehrte dann zur Fahrstraße zurück.
 
Nachwanderern sei der Marsch entlang der Fahrstraße, markiert mit einem roten Punkt empfohlen. Woher, wohin, warum weiß man nicht so recht, denn der Wanderweg ist auf der Karte nicht verzeichnet und Wegweiser dazu gibt es nicht - einzig die Markierung. Ihr folgend, kann man recht einfach bis zum späteren Abzweig auf den Kohout gelangen.
 
Und was macht der Kartentheoretiker? Er sieht Flurwege die in der Karte als Skiloipe ausgewiesen sind und meint diese nutzen zu müssen. Nach wenigen Metern an der Fahrstraße bog ich nach links zur Waldkante hin ab. Der „Flurweg“ verlor sich nach 20 Metern im hohen und nassen Gras. Nach einer Weile gelangte ich zwischen zwei Weiden, der säuberlich eingezäunte Durchgang ließ auf einen Weg schließen. Dann folgten in größeren Abständen mehrere quer zum Weg verlaufende Weidedrähte. Gehölzbestandene Lesesteinwälle mit Durchgängen ließen mich aber meinem gedachten Weg folgen. Der Boden der Engstellen war jedoch von Kühen aufgewühlt und dadurch recht schlammig. Ein weiterer Durchgang war von mehreren Reihen Heurollen versperrt, davor und dahinter Weidedrähte - einige mit Strom, andere ohne - ein wahrer Hindernisparcours. Wie auf der Karte vorgesehen, streifte ich die linke Schulter des Kočičí vrch. Als ich um den Berg herumkam, sah ich Kühe voraus. In dem Moment, wo ich realisierte, dass uns kein Zaun mehr trennte, hatten sie mich bemerkt und setzten sich muhend in Bewegung. Etwa 100 Muttertiere und Kälber im Galopp kennenzulernen, war nicht meine erklärte Absicht. Ich rette mich zum Waldrand und schlug mich in die Büsche. So kämpfte ich mich zur anderen Seite des Berges durch, während die Kühe interessiert den Waldrand beobachteten. Dort musste ich doch noch mal für 30 Meter über betreffende Weide, inklusive zweimal Weidezaunquerung. Das klappte recht gut und anschließend lief ich auf der Straße hinein nach Rychnov (Reichen). Hier sah ich wieder die Markierung mit dem roten Punkt. Am Ortsende bog ich nach links auf eine Wiese ab - der gewünschte Flurweg war auch diesmal nicht existent. Äußerst mühsam arbeitete ich mich durch knie- bis hüfthohes Gras voran. Die Nässe und der Blütenstaub des Grases vermengten sich auf meiner Hose zu einer unansehnlichen Masse. Die Orientierung wurde schwer als in meinem Rücken die Spitze des Fernsehturms verschwand. Ringsherum Hügelland mit Gras, einzelnen Gebüschen und Gehölzen - einfach nichts was man auf der Karte wiedererkennen konnte. Die Sonne stand im Zenit und einen Kompass hatte ich nicht dabei. Trotzdem war ich auf gutem Wege als ich einen querenden, asphaltierten Weg entdeckte. Ich bog nach rechts auf, weil ich dort ein Gebäude sah bzw. den Ort vermutete. An einer Straßenkreuzung stellte sich das als falsch bzw. als Wüstung Sluková (Schneppendorf) heraus. Nach der Mittagsrast lief ich den asphaltierten Weg (Markiert mit dem roten Punkt!) wieder in entgegengesetzte Richtung. Kurz hinter der Stelle wo ich nach rechts aufgebogen war, befand sich hinter einer Anhöhe versteckt das gesuchte Blankartice (Blankersdorf).
 
Etwas hinab gelaufen, zweigte ich gemäß der Markierung roter Punkt nach rechts ab. Nach dem Friedhof des Örtchens verlor sich auch dieser Flurweg im Grasland. Spärliche Markierungen mit dem roten Punkt halfen dabei, die Richtung zu halten. An einem weiten Sattel mit Blick auf den Kohout war die Markierung unterbrochen. Ich wanderte schräg nach rechts hinunter. Genau richtig, traf ich nun in Valkeřice (Algersdorf) ein. An der Straße lief ich im Ort hinunter. Dieser schien ein „Hotspot“ zu sein, gleich zwei Brandruinen säumten den Weg. Später bog ich nach links ab und strebte aufwärts. Der Wanderweg hatte ab hier eine blaue Markierung, welche meine Karte auch nicht kannte. Im Wald zweigte ein separater Gipfelzugang zu meinem nächsten Ziel, dem Kohout (Krohberg/Hahnbusch) ab. Der bewaldete Basaltberg besitzt einen renovierten Aussichtsturm, der jedoch nur den Blick in eine Richtung zulässt. Der Rest wird von hohen Baumwipfeln verdeckt. Zurück am Abzweig, folgte ich der blauen Markierung aus dem Wald heraus, hinunter nach Terezínské Údolí (Theresienthal). Entlang der Hauptstraße erreichte ich kurz darauf Benešov nad Ploučnicí (Bensen). Auf Grund des nicht mehr stadtfeinen Outfits verzichtete ich auf einen Rundgang über den Marktplatz und ging gleich zum Bahnhof. Im Schatten der k.u.k.-typischen Bahnhofsveranda verbrachte ich die Wartezeit bis zum Eintreffen des Zuges. Pünktlich erschien der Rychlík (Schnellzug) R 1164 aus Liberec am Bahnsteig, ein Vierachser-Dieseltriebwagen mit Beiwagen. Die anschließende Fahrt mit traditioneller Eisenbahngeräusch-Untermalung durch Klotzbremsen und offene Fenster war viel zu kurz. In Děčín hl. n. stieg ich mit 20-minütigem Aufenthalt um. Die Schlussetappe absolvierte ich wieder mit dem Desiro-Triebwagen des ELS. Beim Halt in Schmilka-Hirschmühle bestürmten deutsche Senioren vom Bahnsteig aus die tschechische Schaffnerin, ob der Zug denn nach Stadt Wehlen fahre. Auf ihr Kopfschütteln hin, motzten sie diese getreu dem Motto „Was interessieren mich Fahrplan und Zugzielanzeige!“ und „Blöde Bahn!“ voll - einfach nur peinlich solche Leute!
In Bad Schandau endete anschließend meine heutige ÖV-Tour mit dem Elbe-Labe-Ticket.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 6 h 30 min. Die Strecke ist bei Nässe im Aufstieg zum Buková hora mit T2 zu bewerten. Zwei der drei Grasabschnitte lassen sich durch den (längeren aber bequemeren) Weg entlang wenig befahrener Straßen umgehen (Markierung: Roter Punkt).

Tourengänger: lainari


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