Bundesbahn-Blues:Auf der ehemaligen, jetzt unter Asphalt beerdigten Lokalbahn Velden -Dorfen


Publiziert von trainman , 26. April 2014 um 01:05.

Region: Welt » Deutschland » Alpenvorland
Tour Datum:24 April 2014
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 3:15
Strecke:Velden-Moosen-Taufkirchen(Vils)-Dorfen Bf(21km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus von Dorfen nach Velden(kein Betrieb in dieser Richtung vormittags bzw.an Sa,So und Feiertagen!!)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zug nach Dorfen
Unterkunftmöglichkeiten:in Dorfen oder München
Kartennummer:Bayern-Atlas (online)

Vor einem halben Jahrhundert war das "Streckensterben der Bahn" ein vieldiskutiertes Thema in den Medien und der Politik .In  den Zeiten des Wirtschaftswunders hatte man sich seitens der damaligen "Behördenbahn" intensiv bemüht, wenig rentable Nebenstrecken stillzulegen. Dabei ging man stets nach dem gleichen Prinzip vor. Der Fahrplan wurde nach und nach ausgedünnt bzw. so unattraktiv gestaltet, dass er für die Kunden unbrauchbar wurde. Der dadurch erreichte massive Nachfragerückgang war dann hinreichend für ein Stilllegungsverfahren. Der damals vorherrschende Zeitgeist mit grenzenloser Autobegeisterung vor allem bei der Jugend beschleunigte diese Entwicklung zusätzlich.  Ob und in welcher Weise auch noch gewisse Lobbygruppen im Hintergrund tätig waren kann ich als Außenstehender natürlich nicht beurteilen, fest steht aber dass in diesen Jahren schwere verkehrspolitische Fehler gemacht wurden, die bis heute nachwirken.
Im 21.Jahrhundert denkt man wohl ein wenig anders, aber die Macht von Auto-und Mineralölkonzernen ist nach wie vor ziemlich groß und die seit kurzem zugelassenen Fernbusse bedeuten bereits wieder einen Schritt in die falsche Richtung.
Die Bundesbahnnebenstrecke Dorfen-Velden wurde 1898  in Betrieb genommen. 1968 wurde der Personenverkehr eingestellt, der Güterverkehr konnte noch bis 1993  aufrechterhalten werden, danach wurde die Strecke abgebaut. Während andererorts manchmal nach Stilllegungen die Trasse stehengelassen wurde hat man hier "tabula rasa" gemacht. Eine Reaktivierung, die bei anderen Strecken  heute immer wieder mal diskutiert wird ist hier also endgültig ausgeschlossen. Velden wird nie mehr mit dem Zug erreichbar sein.
Der Busbetrieb wird zwar mit modernen Fahrzeugen durchgeführt, seine Akzeptanz scheint allerdings gering zu sein. Bei meinem Besuch waren auf der gesamten Strecke außer mir gerade mal 3 Fahrgäste unterwegs.
Der Fahrplan ist äußerst dürftig, vormittags fährt gar kein Bus, an Sa ,So und Feiertagen ist Velden mit immerhin mehr als 6500 Einwohnern  vollständig vom öffentlichen Verkehr abgeschnitten. Verhältnisse wie im totalen Autoland USA.
Die einstige Trasse wurde zu einem Radweg umfunktioniert und dazu asphaltiert. Natürlich kann man die Strecke auch problemlos marschieren, wenn man sich durch die Radrennfahrer, die hier teilweise mit 40km/h und mehr vorbeirasen nicht irritieren lässt. Allzu viele sind es ohnehin nicht.
Start am Bahnhof Velden, in dem inzwischen ein kleines Museum untergebracht ist. In Velden sind noch einige bahnbezogene Gebäude erhalten, ebenso in Taufkirchen. Ansonsten gibt es kaum Spuren des früheren Schienenverkehrs. Immer genau über den einstigen Schienen geht es durch eine harmonisch freundliche Landschaft ohne sichtbare Hässlichkeiten der Moderne. Eigentlich ein ideales Wandergebiet, allerdings ohne spektakuläre Höhepunkte. Touristen findet  man deshalb hier nicht.
Auf den letzten 6km vor Dorfen sind noch alte Kilometerschilder im 500m Abstand übriggeblieben und 1.5km vor dem Dorfener Bahnhof steht als Denkmal eine alte Rangierlok und ein Signal...
Fazit: Bayern hat außer den klassischen Tourismuszentren noch viele schöne Flecken, die kaum einer kennt und die aber auch nicht ganz so leicht erreichbar sind, jedenfalls nicht, wenn man auf das Auto verzichtet.

Um noch etwas Bezug zur Vergangenheit herzustellen habe ich noch 4 Bilder vom November 1989 hinzugefügt, wo eine Schienenbusgarnitur mit Eisenbahnfreunden auf einer Sonderfahrt dort unterwegs war.

Tourengänger: trainman


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Kommentare (7)


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rojosuiza hat gesagt:
Gesendet am 26. April 2014 um 03:11
Ich bin gerade im Autoland USA, in der Autostadt Los Angeles. Die Stadt selber ist für die grossen Abstände Wanderers Alptraum. Aber am Rande gibt es Leckerbissen, und da ist dafür dann keine Sau zu sehen...

wam55 hat gesagt: Schade,
Gesendet am 26. April 2014 um 18:55
so still gelegte Strecken stimmen mich immer etwas traurig.
Tja, Velden wäre wohl kein alternativer Wohnort für mich...

Gruss vom Werner

trainman hat gesagt: RE:Schade,
Gesendet am 26. April 2014 um 22:10
Mit jeder Bahnstrecke geht auch ein Stück Kulturgut der betroffenen Region verloren, das scheint den Verantwortlichen nicht klar zu sein.
Ein Omnibus ist kein Ersatz dafür.
An einem Ort mit so mangelhafter öffentlicher Mobilität könnte ich auch nicht wohnen.
Beste Grüsse Emil

ABoehlen hat gesagt: RE:Schade,
Gesendet am 27. April 2014 um 16:32
> Ein Omnibus ist kein Ersatz dafür.
Traurig, aber wahr. Leider gibt es auch in der Schweiz immer wieder Vorstösse in diese Richtung, siehe z.B. hier

wam55 hat gesagt: RE:Schade,
Gesendet am 27. April 2014 um 18:31
Das war eine grössere Diskussion vor etwa 2 Jahren. Aber mittlerweile habe ich nichts mehr davon gehört.
Wurde dieses Ansinnen eingestellt oder verschoben?

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 27. April 2014 um 18:14
Hallo Emil, ein interessant geschriebener Bericht! Wer weiß, ob der Schienenverkehr im Zeitalter der zunehmenden Energieverknappung nicht doch noch eine Renaissance erleben wird...

trainman hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. April 2014 um 18:41
Hallo Stefan, da könntest du eventuell Recht haben. Neubaustrecken im Fernverkehr sind da ein bescheidener Anfang und noch bestehende Gleise von Nebenstrecken könnten von privaten Betreibern mit schlanker kostenminimaler Verwaltung und Leichtbauzügen reaktiviert werden. Es dürfte aber noch dauern..


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