Pico Bolìvar, 5007m, Venezuela


Publiziert von burrito , 22. Februar 2014 um 00:25.

Region: Welt » Venezuela » Mérida » Sierra Nevada
Tour Datum:21 Februar 2014
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: 4 (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: YV 
Zeitbedarf: 6 Tage
Aufstieg: 2300 m
Abstieg: 2300 m

Heute sind wir zurück in Mérida, Venezuela, nach einer 6-tägigen Erklimmung des Pico Bolivar, des höchsten Berges des Landes.
Bevor wir uns beim Tourenbüro "Guamanchi" für die Tour entschieden haben, dachte ich, wir würden eine Hochtour in Schnee und Eis machen. Die Trockenzeit ist aber schon etwas fortgeschritten, weshalb wir für die Tour keine Eisausrüstung brauchten.
Die Route, die wir gewählt haben, hatte als Ausgangspunkt das kleine Dörfchen Los Nevados, 2700müm, eine 3-stündige Reise mit einem Jeep von Mérida entfernt. Das Dorf an sich ist schon eine Reise wert. Es liegt ganz abgeschieden zwischen tiefen Tälern und die Leute führen ein einfaches Leben und sind sehr freundlich zu seinen Besuchern.
Hier blieben wir die erste Nacht im Hotel des Tourenanbieters, chillten in den Hängematten, genossen das feine Essen von Jorge und begannen uns an die Höhe zu akklimatisieren.
Wir waren 4 Gäste, darunter Richard, ein 70-jähriger Amerikaner, der sich den Pico Bolivar zum Ziel gemacht hatte. Da die Strecke bis zum Fuss des Pico Bolivars recht anstrengend ist, hat er sich diese Route ausgedacht, bei der er fast den ganzen Weg auf dem Rücken eines Mullahs (Esels) zurücklegen konnte.
Für uns hatte es den Vorteil, dass wir unsere Rucksäcke auf die Esel packen durften und somit ganz leicht unterwegs waren und voll die Landschaft geniessen konnten.
Wir wurden also von 5 Mullahs und den beiden Besitzern der Tiere begleitet. Einer dieser Campesinos hat später spontan entschieden mit uns einen Gipfelversuch zu starten. Als einfacher Bauer hat er ein halbes Leben in diesen Tälern gearbeitet, war aber noch nie auf den Pico Bolivar gestiegen.
Am ersten Tag trekkten wir ca. 6 Stunden zu einem Tal, welches auf ca. 3300müm lag. Hier blieben wir für die Nacht um uns weiter zu akklimatisieren. Das Camp war idyllisch gelegen zwischen Wasserfällen und steilen Bergflanken. Eine mir unbekannte Pflanzenwelt umgab uns. Es hatte Pflanzen, die mit ausgeprägter Polsterbildung dem extremen Klima trotzten. Wenn die Sonne schien, wurde es extrem heiss, sobald die Sonne aber weg war, wurde es sogleich extrem kalt.
Jetzt in der Trockenzeit ist das Wetter sehr stabil. Regen braucht man keinen zu befürchten. Aufgefallen ist mir, dass an jedem Tag am Morgen wolkenloser Himmel herschte, aber kurz nach dem Mittag Wolken aufzogen, welche die Bergspitzen umhüllten. Regen brachten sie aber nie.
Am dritten Tag, nach einer Nacht auf einer viel zu dünnen Iso-Matte, bewegten wir die steifen Knochen hoch zum Base Camp auf 4250müm. Hier blieben wir den Tag und bis um 3 Uhr in der Nacht, bis wir den Gipfelversuch starteten. Vom Camp hatten wir einen schönen Blick auf den Pico Humboldt, ein Berg, den man gut mit dem Pico Bolivar kombinieren könnte. Am Abend überfielen Kühe unsere Essenvorräte und wir mussten sie mit Steinen verscheuchen.
Hier oben war die Höhe schon deutlich spürbar, in der Nacht wachte ich mehrmals auf und schnappte nach Luft. Richard, der 70-jährige Amerikaner hatte deutlich mehr Mühe mit der Höhe. Ihm wurde es schlecht und er hatte starke Kopfschmerzen. Trotzdem hat er sich in der Nacht aufgerafft, um einen Gipfelversuch zu wagen.
Der ca. 2-stündige Anstieg bis unter die Wand, wo der ausgesetzte und klettertechnische Teil der Tour begann war sehr anstrengend. Richard musste hier passen, die Schmerzen wurden zu stark. Er entschied sich, hier auf uns zu warten, während wir weiter auf den Gipfel gingen. Richard nahm das locker, er meinte nur, dass er halt noch 10 Jahre trainieren müsse, dann würde er das schon noch schaffen.
Da Richard ausfiel, kam Carlos, einer der Campesinos auf die Idee, den Gipfel zu wagen. Er war für das Vorhaben nicht gerade ausgerüstet. An den Füssen trug er gelbe Gummistiefel dafür kannte er sich in der Höhe gut aus. Willmer, unser Guide, meinte, dass wir es versuchen könnten. Die Kletterei kann sehr gut abgesichert werden. Man kann von Standplatz zu Standplatz sichern. Ein 60-Meter-Seil war Ideal um auch über die Route wieder abzuseilen.
Aufgestiegen sind wir über 6 Seillängen. Das Gestein war zum grösstenteil gut griffig und die klettertechnischen Schwierigkeiten hielten sich in Grenzen. Zum Teil war es ziemlich ausgesetzt und man musste sehr auf lose Steine achten. Ich würde den beiden Schlüsselstellen der Route etwa eine 4a geben.
Cool fand ich, als der Hilfsguide, Edi, sich aus einer Bandschlinge ein Gstältli geknüpft hat. Die Jungs hier wissen sich echt zu helfen.
Carlos, der Camposino, hatte sich sehr tapfer geschlagen. Genau so, wie er auf der Tour die Esel über Stock und Stein gejagt hatte, genau so jagten wir ihn nun die steilen Wände hoch. Hyyaah Carlos, Arrriba!
Nach ca. 2 Stunden süffiger Kletterei kamen wir auf dem Gipfel an. Willmer nahm sofort die Flagge Venezuelas hervor und wir schossen Fotos auf dem Dach des Landes. Auf dem schmalen Gipfel trohnte die Statue der historisch bedeutenden Figur des Simon Bolivar. Ich glaube, Simon Bolivar war an der Befreiung der Venezulaner von den Spanier federführend.
Danach kam das Ablassen über die Aufstiegsroute. Carlos hatte anfangs sehr Angst und Willmer musste ihn beinahe anschreien, damit er sich richtig ablassen liess. Die ersten beiden Abseillängen ging das so, danach schien Carlos echte Freude am Ablassen zu entwickeln und liess sich perfekt abseilen.

Zu den Guides Willmer und Edi. Das sind 2 junge, hifsbereite Typen aber auch ein bisschen draufgängerisch. Ich denke man sollte selber etwas Bergerfahrung mitbringen, um einschreiten zu können, wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich vorstellt. Zum Beispiel haben wir bei der Kletterei sehr spät angeseilt und zwar erst, als ich darauf bestand. Carlos hatte schon lange ein ungutes Gefühl, hat aber nichts gesagt. Edi kletterte sowieso die ganze Strecke ohne anzuseilen. Und Willmer ist eh ein Profi. Bei venezolanischen Meisterschaften hatte er einmal den ersten Platz im Klettern geschafft.
Edi war in der Bergrettung ausgebildet und behielt uns immer im Auge und fragte immer, wie es uns ging.
Das Material war OK, aber nicht Top. Wenigstens die Seile und Gstältli waren gut.
Das Essen war super und sehr gesund. Willmer war für das Kochen zuständig und er legte grossen Wert auf eine gesunde Ernährung.
Die Guides waren voll OKund wir hatten eine unvergessliche Zeit zusammen.

Tourengänger: burrito


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Kommentare (2)


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PStraub hat gesagt: Vor knapp 30 Jahren ..
Gesendet am 22. Februar 2014 um 17:27
(Januar 1985) stand ich auch dort oben.
Damals war die Seilbahn noch in Betrieb, sodass das ein Tagesausflug war.
Der Endaufstieg erfolgte in der Nordflanke, Bohrhaken oder so hatte es keine. Hätte uns auch nichts genutzt, da wir (ein lokaler Guide und ich) frei unterwegs waren.
Ich würde die Route - sofern einigermassen trocken - etwa als ein III einstufen.
Übrigens: Auch der bronzene Götze war damals noch nicht dort, nur eine Tafel "Los cumbres mas altos ..".
Äusserst eindrücklich war der Abstieg durch all die Klimazonen bis zum subtropischen Nebelwald in der Umgebung von Merida.

burrito hat gesagt: RE:Vor knapp 30 Jahren ..
Gesendet am 26. Februar 2014 um 02:49
Es freut mich, dass du eine schöne Tour an diesem Berg hattest. Übrigens an der Seilbahn sind sie im Moment fleissig am Arbeiten. Auf dem Gipfel konnten wir Helikopter beobachten, die haufenweise Material rauf führten.
Gruss P


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