GTA - Zum Mittelmeer
Die inoffizielle Fortsetzung der Grande Traversata delle Alpi GTA beginnt in der eindrucksvollen Karstlandschaft von Marguareis und verläuft danach lange Zeit sehr aussichtsreich auf dem Grenzkamm, das Meer bereits im Blickfeld. Ab dem Monte Saccarello ist die Tour identisch mit dem Alta Via dei Monti Liguri. Ein sehr spektakulärer Abschnitt, der Sentiero degli Alpini, führt uns durch die steile Felsfluchten des Monte Toraggio. Zuletzt wandern wir durch typische meditterane Vegetation mit vielen Olivenbäumen und entdecken die Villes perchées, die steilen Bergdörfer wie Dolceacqua oder Perinaldo im Hinterland Liguriens. Und dann endlich tauchen wir unsere Füsse ins Wasser des Mittelmeers.
1. Tag, Samstag, 27.07.13
Unser Anreisetag! Die Anreise erfolgte mit der Bahn über Zürich, Milano Centrale, Torino Porta Nuova nach Cuneo. Leider ist die Verbindung von Zürich nach Milano Centrale noch immer ein Ärgernis: Nach wie vor können sich die Bahngesellschaften der Schweiz und Italiens auf eine bessere Zusammenarbeit nicht zusammenraufen. So muss für Milano Centrale bei der Reise nach Italien immer genügend Umsteigezeit eingerechnet werden. Eine halbe Stunde ist definitiv zu wenig! Dafür sind die Züge der Trenitalia superpünktlich.
Wir kannten Cuneo schon aus früheren Touren und haben diese Stadt am Fuss der Alpen als Übernachtungsort ausgewählt, auch weil die Stadt ein kulinarisches Highlight ist. Auch dieses Mal haben wir wieder hervorragend gegessen. Das Hotel Ligure mitten in der Altstadt von Cuneo können wir nur empfehlen. Wir bekamen sogar um 05:45 Uhr ein für italienische Verhältnisse üppiges Frühstück. Ursprünglich wollten wir mit dem Bus ins Valle di Pesio fahren und von dort ins Rifugio Don Barbera aufsteigen. Aber die lokale Busgesellschaft hat kurzerhand alle Sonntagskurse aus Spargründen gestrichen und wir mussten umdisponieren.
Unterkunft: Hotel Ligure, Cuneo, www.ligurehotel.com
2. Tag, Sonntag, 28.07.13
Weil der Bus wie schon erwähnt am Sonntag nicht mehr ins Valle di Pesio fährt, sind wir mit dem Zug um 06:43 Uhr von Cuneo ins französische Tende (825m) gefahren. Dort begannen wir unseren Aufstieg zum Rifugio Don Barbera. Diese Route scheint deutlich weniger begangen als der Zustieg aus dem Valle di Pesio. Zuerst problemlos auf einem geteerten Strässchen ca. 3km kaum ansteigend ins Vallon du Réfréi. Nach dem Weiler La Pia (879m) steigt der immer noch gute Weg steil an zum Castel Tournou (1340m). Wir waren froh, bereits so früh unterwegs zu sein. Die Sonne begann den steilen Hang einzuheizen. Bis zur Alp Réfréi (1444m) war der Weg gut sichtbar und aus dem Unterholz herausgeschnitten. Danach wurde es deutlich schwieriger. Die Markierungen waren oft im hohen Gras versteckt und nicht immer logisch angebracht. Der Weg führte uns durch eine wilde Landschaft, in der wir ausser einen Alphirten mit seiner riesigen Kuhherde keine weiteren Menschen sahen. Über die eindrückliche Hochebene von Plan Chevolail (1973m) erreichten wir den Colle dei Signori (2111m). Hier hatte uns die Zivilisation wieder: Mountainbiker, Motorradfahrer und sogar Autos auf der Schotterstrasse, die vom Tendapass hier hinauf führte. Für sie ein wahres Paradies, für uns Berggänger zuerst gewöhnungsbedürftig. Gleich unterhalb des Passes befindet sich das Rifugio Don Barbera (2070m), tagsüber mit vielen Gästen, gegen Abend deutlich ruhiger.
Distanz 16.1km, 1412Hm auf, 167Hm ab, ca. 6.5h, T3 (weniger wegen technischer Schwierigkeiten sondern wegen der anspruchsvollen Orientierung ab der Alpe Réfréi)
Unterkunft: Rifugio Don Barbera, www.rifugiodonbarbera.eu
3. Tag, Montag, 29.07.13
Die angekündigte Gewitterfront ist am Morgen um 8 Uhr mit voller Wucht eingetroffen. Wir warteten bis um 11 Uhr, danach war der Spuk vorbei. Wir besorgten uns den Schlüssel für das Rifugio San Remo und starteten mit unserer heutigen Etappe. Der starke Wind riss die Wolken immer wieder auf, es war deutlich kühler, Gewitter waren keine mehr zu erwarten. Darum entschieden wir uns für die aussichtsreiche Gratroute zum Rifugio San Remo. Der Weg führte sehr aussichtsreich an der Cima Pertega vorbei zum Colle Selle Vechia (2099m). Bei schlechtem Wetter könnte man hier der Fahrstrasse immer etwa 200Hm unter dem Grat nach Monesi di Triora folgen. Wir blieben dem Gratweg treu, manchmal rechts des Grats auf französicher Seite, manchmal links in Italien, dann wieder direkt auf dem Grat. Im stetigen Auf und Ab vorbei am Mont Bertrand, Cima Missoun und hinab zum Passo Tanarello (2045m), wo wir wieder auf die Fahrstrasse trafen. Wir folgten ihr bis kurz vor dem Gipfel des Saccarello, den wir uns für den nächsten Tag aufsparten. Dem Ostgrat folgend erreichten wir schliesslich das unbewartete Rifugio San Remo (2054m). Das Rifugio liegt sehr aussichtsreich auf dem Grat, das Meer ist bereits sichtbar. Die Hütte ist ordentlich eingerichtet, nicht immer hat sie aber Wasser. Speziell im Spätsommer sollte man sich im Rifugio Don Barbera danach erkundigen. Der steile grasige Südhang war am Abend mit einer sehr grossen Herde Gemsen bevölkert.
Distanz 13km, 649Hm auf, 641Hm ab, ca. 5h, T2
Unterkunft: Rifugio San Remo, www.caisanremo.it/index.php?option=com_content&view=article&id=21&Itemid=125
4. Tag, Dienstag, 30.07.13
Die Schlechtwetterfront war definitiv vorbei, blauer Himmel, sehr gute Sicht. Das Wetter sollte für den Rest der Tour schön bleiben. Vom Rifugio San Remo folgten wir wieder dem Ostgrat vom Vortag, vorbei an der grossen Christusstatue zum höchsten Liguriengipfel Monte Saccarello (2200m). Dank der guten Sicht konnte man Richtung Westen die nahen Alpi Marittime mit der Cima Argentera und dem Vallée des Merveilles, nach Norden die freistehende Pyramide des Monviso und nach Süden über die jetzt tieferen Berge das nahe Meer erkennen. Über den steilen Westhang stiegen wir zum Colle Ardente (1600m) ab. Der Charakter der Tour änderte sich jetzt. Es dominierten bewaldete Hügel mit immer wieder schönen Aussichten in die Alpe Marittime oder Richtung Meer. Erst kurz vor dem Rifugio Allavena wurde es wieder felsiger, ein Vorgeschmack auf den nächsten Tag. Das Rifugio Allavena (1545m) liegt in einem bewaldeten Sattel und ist über eine Fahrstrasse mit dem Auto erreichbar. Hier haben wir auch wieder den Schlüssel des Rifugio San Remo abgegeben.
Distanz 13.6km, 453Hm auf, 986Hm ab, ca. 5.5h, T2
Unterkunft: Rifugio Allavena, www.rifugioallavena.it
5. Tag, Mittwoch, 31.07.13
Die heutige Etappe sollte der Höhepunkt der ganzen Tour sein. Die steilen Felsfluchten des Monte Pietravecchia und des Monte Toraggio sollten über den Sentiero degli Alpini durchquert werden. Zuerst folgten wir vom Rifugio Allavena der Fahrstrasse bis zum Beginn des Sentiero degli Alpini. Der Weg wurde im Zweiten Weltkrieg von italienischen Gebirgsjägern in den Fels gesprengt. Er ist problemlos zu gehen, auch wenn es immer wieder ausgesetzte Stellen gibt. Es gibt immer wieder kurze Aufstieg und Abstiege, so dass die relativ kurze Etappe bis Gola di Gouta nicht unterschätzt werden sollte. Nach der Umrundung des Monte Pietravecchia stiegen wir steil über eine mühsame Geröllhalde hinauf zur Gola dell' Incisa (1685m). Hier kann man wählen: Auf der bewaldeten französichen Seite um den Monte Toraggio (er kann bestiegen werden) zum Passo di Fonte Dragurina, oder weiter auf dem Sentiero degli Alpini aussichtsreich um den Monte Toraggio. Wir entschieden uns für die zweite Variante. Spannend war der plötzliche Wechsel von den steilen Felsfluchten zu den grasigen Südosthängen des Monte Toraggio. Unzählige Blumen wie Lavendel, Türkenbund und dazu eine grossartige Sicht auf das Meer bei Ventimiglia. Der Weg über den Passo Corvo (1404m) und Passo Muratone (1180m) nach Gola di Gouta (1212m) zog sich ganz schön in die Länge. Das Rifugio befand sich wieder an einer Fahrstrasse. Das Schild "Chiuso" liess uns zuerst erschrecken. Doch für "Alta Via - Gänger" war es geöffnet. Später beim sehr guten Nachtessen erfuhren wir, dass die Wirtefamilie sich vergebens um eine Lizenz für ein Restaurant bemüht, welches auch Tagesgäste benutzen konnten, die vor allem am Wochenende an diesen schönen und leicht erreichbaren Ort zahlreich erscheinen würden. Die undurchsichtige italienische Bürokratie lässt grüssen. Ob diese Unterkunft mit den paar "Alta Via - Gängern" überleben wird, ist sehr fraglich.
Distanz 13km, 350Hm auf, 630Hm ab, ca. 5.5h, T3
Unterkunft: Rifugio Gola di Gouta, www.altaviadeimontiliguri.it/portale/it/ospview.wp?contentId=OSP507
6. Tag, Donnerstag, 01.08.13
Die letzten steilen Felsgipfel lagen nun hinter uns. Während den nächsten zwei Tagen liefen wir durch bewaldete Hügel mit immer wieder freier Sicht auf das nahe Meer. Heute morgen mussten wir immer wieder einzelnen Autos mit lokalem Kennzeichen auf der Fahrstrasse ausweichen. Irgend etwas Besonderes musste hier oben sein. Wir hörten immer wieder Stimmen aus dem Wald. Dann, als wir einen Pilzkorb in einem Auto sahen, wussten wir es. Hier oben war offenbar der Pilzsammelplatz der Region. Ansonsten war die Gegend recht verlassen. Im ständigen Auf und Ab liefen wir lange durch Wald bis wir die aussichtsreiche Fontana dei Draghi (1470m) erreichten. Von nun an ging es nur noch bergab, zuerst auf einem gut erkennbaren Weg über offenes Gelände, später wieder auf der Fahrstrasse, die dann auch geteert war, bis auf etwa einer Höhe von 500m ein Weg nach Dolceacqua nach links abzweigte. Der Weg war vom Gewitter am Montag völlig ausgewaschen und in der jetzt heissen Nachmittagssonne sehr mühsam zu gehen. Er führte uns steil hinab in das schöne Dorf Dolceacqua (62m). Wir hatten noch genügend Zeit, die engen, steilen Gassen unterhalb der Burg und die schönen Bogenbrücke über den Fluss Nervia zu besichtigen.
Distanz 23.3km, 330Hm auf, 1480Hm ab, ca. 7.5h, T1
Unterkunft: B&B dei Doria, Dolceacqua, www.deidoria.it
7. Tag, Freitag, 02.08.13
Bereits um 6 Uhr gingen wir los. Wir wollten die meisten Höhenmeter im Aufstieg im kühlen Morgen machen. Durch die engen Gassen der Altstadt von Dolceacqua vorbei an seiner Burg stieg der Weg steil an durch Olivenhaine und Rebberge des roten Rossese von Dolceacqua. Der Weg war mit den typischen rot/weissen Markierungen überraschend gut gekennzeichnet. Noch vor der grossen Hitze erreichten wir Perinaldo (596m), welches sich mit seinen engen und schattigen, kühlen Gassen auf einem Hügelzug befand. Ausgangs Dorf war die Orientierung kurz unklar. Aber wieder den Weg gefunden, war er für den ganzen Rest markiert. Durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet und durch schattige Wälder ging es über mehrere Hügelzüge bis nach Seborga (500m), welches wir gegen Mittag erreichten. Die Hitze machte uns nun ordentlich zu schaffen, zumal der lange Abstieg nach Bordighera nur locker mit Kiefern und Heidekraut bewaldet war. Endlich erreichten wir nach einem steilen Abstieg Bordighera (10m) und das Meer. Jetzt endlich konnten wir uns ein Bad im angenehmen Wasser des Mittelmeers gönnen.
Distanz 20.2km, 825Hm auf, 934Hm ab, ca. 7h, T1
Unterkunft: Hotel Piccolo Lido, Bordighera, www.hotelpiccololido.it
8. Tag, Samstag, 03.08.13
Heute war Erholung angesagt! Baden, Ausruhen, Abends Fisch essen.
Unterkunft: Hotel Piccolo Lido, Bordighera, www.hotelpiccololido.it
9. Tag, Sonntag, 04.08.13
Heimreise! Die Rückreise erfolgte mit der Bahn von Bordighera der Küste entlang nach Genua und weiter nach Milano Centrale. Obwohl wir von dort bis Bellinzona mit einer S-Bahn des TILO vorliebnehmen mussten (bis Lugano mehr als voll), war es die beste Verbindung zurück in die Schweiz.
Fazit und Facts
Eine sehr schöne und eindrückliche Tour. Ende Juli blühten noch überraschend viele Blumen. Einheimische berichteten uns, dass wegen des schlechten Frühlings auch bei ihnen alles etwa drei Wochen später dran ist. Ansonsten würde ich diese Tour eher Ende Juni / Anfang Juli planen. Die Temperaturen waren Ende Juli doch sehr hoch. Die Wege sind in Italien recht gut markiert, das gilt vor allem für den Teil dieser Tour die sich im Naturpark Marguareis befindet. Wir haben alle Unterkünfte von zu Hause reserviert. Abgesehen von den Hotels und den B&B am Anfang und am Ende der Tour und vielleicht die erste Übernachtung im Rifugio Don Barbera reicht es, jeweils am Abend die nächste Unterkunft zu reservieren. Wir hatten nie viele zusätzliche Gäste in den Hütten.
Ausrüstung
Normale Bergwanderausrüstung genügt. Schlafsackinlet für Hüttenübernachtungen ist Pflicht! Leichte Sandalen für Abends von Vorteil. Für das Refugio San Remo habe ich einen Wassersack mitgenommen.
Karten
Leider werden die hervorragenden Karten "Alpes sans Frontières" im Massstab 1:25'000 (entstanden aus einem Interreg-Programm der EU, Herausgeber IGN Frankreich) nicht mehr aufgelegt. Der Vollständigkeit halber hier die Blätter:
Blatt 1 Côte d 'Azur - Riviera dei Fiori
Blatt 2 Moyenne Roya - Val Nervia e Argentina
Blatt 3 Marguareis - Mongioie
Folgende Karten sind erhältlich:
Instituto Geografico Centrale Massstab 1:50'000
Blatt 8 Alpi Marittime e Liguri
Blatt 14 San Remo Imperia Montecarlo
Sehr ungenau!
Literatur
GTA-Grande Traversata delle Alpi, Rother Verlag 2012, ISBN 978-3-7633-4402-4 (Kapitel 59 - 65)
Hüttentrekking Westalpen, Rother Selection 2010, ISBN 978-3-7633-3040-9 (Kapitel 30)
1. Tag, Samstag, 27.07.13
Unser Anreisetag! Die Anreise erfolgte mit der Bahn über Zürich, Milano Centrale, Torino Porta Nuova nach Cuneo. Leider ist die Verbindung von Zürich nach Milano Centrale noch immer ein Ärgernis: Nach wie vor können sich die Bahngesellschaften der Schweiz und Italiens auf eine bessere Zusammenarbeit nicht zusammenraufen. So muss für Milano Centrale bei der Reise nach Italien immer genügend Umsteigezeit eingerechnet werden. Eine halbe Stunde ist definitiv zu wenig! Dafür sind die Züge der Trenitalia superpünktlich.
Wir kannten Cuneo schon aus früheren Touren und haben diese Stadt am Fuss der Alpen als Übernachtungsort ausgewählt, auch weil die Stadt ein kulinarisches Highlight ist. Auch dieses Mal haben wir wieder hervorragend gegessen. Das Hotel Ligure mitten in der Altstadt von Cuneo können wir nur empfehlen. Wir bekamen sogar um 05:45 Uhr ein für italienische Verhältnisse üppiges Frühstück. Ursprünglich wollten wir mit dem Bus ins Valle di Pesio fahren und von dort ins Rifugio Don Barbera aufsteigen. Aber die lokale Busgesellschaft hat kurzerhand alle Sonntagskurse aus Spargründen gestrichen und wir mussten umdisponieren.
Unterkunft: Hotel Ligure, Cuneo, www.ligurehotel.com
2. Tag, Sonntag, 28.07.13
Weil der Bus wie schon erwähnt am Sonntag nicht mehr ins Valle di Pesio fährt, sind wir mit dem Zug um 06:43 Uhr von Cuneo ins französische Tende (825m) gefahren. Dort begannen wir unseren Aufstieg zum Rifugio Don Barbera. Diese Route scheint deutlich weniger begangen als der Zustieg aus dem Valle di Pesio. Zuerst problemlos auf einem geteerten Strässchen ca. 3km kaum ansteigend ins Vallon du Réfréi. Nach dem Weiler La Pia (879m) steigt der immer noch gute Weg steil an zum Castel Tournou (1340m). Wir waren froh, bereits so früh unterwegs zu sein. Die Sonne begann den steilen Hang einzuheizen. Bis zur Alp Réfréi (1444m) war der Weg gut sichtbar und aus dem Unterholz herausgeschnitten. Danach wurde es deutlich schwieriger. Die Markierungen waren oft im hohen Gras versteckt und nicht immer logisch angebracht. Der Weg führte uns durch eine wilde Landschaft, in der wir ausser einen Alphirten mit seiner riesigen Kuhherde keine weiteren Menschen sahen. Über die eindrückliche Hochebene von Plan Chevolail (1973m) erreichten wir den Colle dei Signori (2111m). Hier hatte uns die Zivilisation wieder: Mountainbiker, Motorradfahrer und sogar Autos auf der Schotterstrasse, die vom Tendapass hier hinauf führte. Für sie ein wahres Paradies, für uns Berggänger zuerst gewöhnungsbedürftig. Gleich unterhalb des Passes befindet sich das Rifugio Don Barbera (2070m), tagsüber mit vielen Gästen, gegen Abend deutlich ruhiger.
Distanz 16.1km, 1412Hm auf, 167Hm ab, ca. 6.5h, T3 (weniger wegen technischer Schwierigkeiten sondern wegen der anspruchsvollen Orientierung ab der Alpe Réfréi)
Unterkunft: Rifugio Don Barbera, www.rifugiodonbarbera.eu
3. Tag, Montag, 29.07.13
Die angekündigte Gewitterfront ist am Morgen um 8 Uhr mit voller Wucht eingetroffen. Wir warteten bis um 11 Uhr, danach war der Spuk vorbei. Wir besorgten uns den Schlüssel für das Rifugio San Remo und starteten mit unserer heutigen Etappe. Der starke Wind riss die Wolken immer wieder auf, es war deutlich kühler, Gewitter waren keine mehr zu erwarten. Darum entschieden wir uns für die aussichtsreiche Gratroute zum Rifugio San Remo. Der Weg führte sehr aussichtsreich an der Cima Pertega vorbei zum Colle Selle Vechia (2099m). Bei schlechtem Wetter könnte man hier der Fahrstrasse immer etwa 200Hm unter dem Grat nach Monesi di Triora folgen. Wir blieben dem Gratweg treu, manchmal rechts des Grats auf französicher Seite, manchmal links in Italien, dann wieder direkt auf dem Grat. Im stetigen Auf und Ab vorbei am Mont Bertrand, Cima Missoun und hinab zum Passo Tanarello (2045m), wo wir wieder auf die Fahrstrasse trafen. Wir folgten ihr bis kurz vor dem Gipfel des Saccarello, den wir uns für den nächsten Tag aufsparten. Dem Ostgrat folgend erreichten wir schliesslich das unbewartete Rifugio San Remo (2054m). Das Rifugio liegt sehr aussichtsreich auf dem Grat, das Meer ist bereits sichtbar. Die Hütte ist ordentlich eingerichtet, nicht immer hat sie aber Wasser. Speziell im Spätsommer sollte man sich im Rifugio Don Barbera danach erkundigen. Der steile grasige Südhang war am Abend mit einer sehr grossen Herde Gemsen bevölkert.
Distanz 13km, 649Hm auf, 641Hm ab, ca. 5h, T2
Unterkunft: Rifugio San Remo, www.caisanremo.it/index.php?option=com_content&view=article&id=21&Itemid=125
4. Tag, Dienstag, 30.07.13
Die Schlechtwetterfront war definitiv vorbei, blauer Himmel, sehr gute Sicht. Das Wetter sollte für den Rest der Tour schön bleiben. Vom Rifugio San Remo folgten wir wieder dem Ostgrat vom Vortag, vorbei an der grossen Christusstatue zum höchsten Liguriengipfel Monte Saccarello (2200m). Dank der guten Sicht konnte man Richtung Westen die nahen Alpi Marittime mit der Cima Argentera und dem Vallée des Merveilles, nach Norden die freistehende Pyramide des Monviso und nach Süden über die jetzt tieferen Berge das nahe Meer erkennen. Über den steilen Westhang stiegen wir zum Colle Ardente (1600m) ab. Der Charakter der Tour änderte sich jetzt. Es dominierten bewaldete Hügel mit immer wieder schönen Aussichten in die Alpe Marittime oder Richtung Meer. Erst kurz vor dem Rifugio Allavena wurde es wieder felsiger, ein Vorgeschmack auf den nächsten Tag. Das Rifugio Allavena (1545m) liegt in einem bewaldeten Sattel und ist über eine Fahrstrasse mit dem Auto erreichbar. Hier haben wir auch wieder den Schlüssel des Rifugio San Remo abgegeben.
Distanz 13.6km, 453Hm auf, 986Hm ab, ca. 5.5h, T2
Unterkunft: Rifugio Allavena, www.rifugioallavena.it
5. Tag, Mittwoch, 31.07.13
Die heutige Etappe sollte der Höhepunkt der ganzen Tour sein. Die steilen Felsfluchten des Monte Pietravecchia und des Monte Toraggio sollten über den Sentiero degli Alpini durchquert werden. Zuerst folgten wir vom Rifugio Allavena der Fahrstrasse bis zum Beginn des Sentiero degli Alpini. Der Weg wurde im Zweiten Weltkrieg von italienischen Gebirgsjägern in den Fels gesprengt. Er ist problemlos zu gehen, auch wenn es immer wieder ausgesetzte Stellen gibt. Es gibt immer wieder kurze Aufstieg und Abstiege, so dass die relativ kurze Etappe bis Gola di Gouta nicht unterschätzt werden sollte. Nach der Umrundung des Monte Pietravecchia stiegen wir steil über eine mühsame Geröllhalde hinauf zur Gola dell' Incisa (1685m). Hier kann man wählen: Auf der bewaldeten französichen Seite um den Monte Toraggio (er kann bestiegen werden) zum Passo di Fonte Dragurina, oder weiter auf dem Sentiero degli Alpini aussichtsreich um den Monte Toraggio. Wir entschieden uns für die zweite Variante. Spannend war der plötzliche Wechsel von den steilen Felsfluchten zu den grasigen Südosthängen des Monte Toraggio. Unzählige Blumen wie Lavendel, Türkenbund und dazu eine grossartige Sicht auf das Meer bei Ventimiglia. Der Weg über den Passo Corvo (1404m) und Passo Muratone (1180m) nach Gola di Gouta (1212m) zog sich ganz schön in die Länge. Das Rifugio befand sich wieder an einer Fahrstrasse. Das Schild "Chiuso" liess uns zuerst erschrecken. Doch für "Alta Via - Gänger" war es geöffnet. Später beim sehr guten Nachtessen erfuhren wir, dass die Wirtefamilie sich vergebens um eine Lizenz für ein Restaurant bemüht, welches auch Tagesgäste benutzen konnten, die vor allem am Wochenende an diesen schönen und leicht erreichbaren Ort zahlreich erscheinen würden. Die undurchsichtige italienische Bürokratie lässt grüssen. Ob diese Unterkunft mit den paar "Alta Via - Gängern" überleben wird, ist sehr fraglich.
Distanz 13km, 350Hm auf, 630Hm ab, ca. 5.5h, T3
Unterkunft: Rifugio Gola di Gouta, www.altaviadeimontiliguri.it/portale/it/ospview.wp?contentId=OSP507
6. Tag, Donnerstag, 01.08.13
Die letzten steilen Felsgipfel lagen nun hinter uns. Während den nächsten zwei Tagen liefen wir durch bewaldete Hügel mit immer wieder freier Sicht auf das nahe Meer. Heute morgen mussten wir immer wieder einzelnen Autos mit lokalem Kennzeichen auf der Fahrstrasse ausweichen. Irgend etwas Besonderes musste hier oben sein. Wir hörten immer wieder Stimmen aus dem Wald. Dann, als wir einen Pilzkorb in einem Auto sahen, wussten wir es. Hier oben war offenbar der Pilzsammelplatz der Region. Ansonsten war die Gegend recht verlassen. Im ständigen Auf und Ab liefen wir lange durch Wald bis wir die aussichtsreiche Fontana dei Draghi (1470m) erreichten. Von nun an ging es nur noch bergab, zuerst auf einem gut erkennbaren Weg über offenes Gelände, später wieder auf der Fahrstrasse, die dann auch geteert war, bis auf etwa einer Höhe von 500m ein Weg nach Dolceacqua nach links abzweigte. Der Weg war vom Gewitter am Montag völlig ausgewaschen und in der jetzt heissen Nachmittagssonne sehr mühsam zu gehen. Er führte uns steil hinab in das schöne Dorf Dolceacqua (62m). Wir hatten noch genügend Zeit, die engen, steilen Gassen unterhalb der Burg und die schönen Bogenbrücke über den Fluss Nervia zu besichtigen.
Distanz 23.3km, 330Hm auf, 1480Hm ab, ca. 7.5h, T1
Unterkunft: B&B dei Doria, Dolceacqua, www.deidoria.it
7. Tag, Freitag, 02.08.13
Bereits um 6 Uhr gingen wir los. Wir wollten die meisten Höhenmeter im Aufstieg im kühlen Morgen machen. Durch die engen Gassen der Altstadt von Dolceacqua vorbei an seiner Burg stieg der Weg steil an durch Olivenhaine und Rebberge des roten Rossese von Dolceacqua. Der Weg war mit den typischen rot/weissen Markierungen überraschend gut gekennzeichnet. Noch vor der grossen Hitze erreichten wir Perinaldo (596m), welches sich mit seinen engen und schattigen, kühlen Gassen auf einem Hügelzug befand. Ausgangs Dorf war die Orientierung kurz unklar. Aber wieder den Weg gefunden, war er für den ganzen Rest markiert. Durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet und durch schattige Wälder ging es über mehrere Hügelzüge bis nach Seborga (500m), welches wir gegen Mittag erreichten. Die Hitze machte uns nun ordentlich zu schaffen, zumal der lange Abstieg nach Bordighera nur locker mit Kiefern und Heidekraut bewaldet war. Endlich erreichten wir nach einem steilen Abstieg Bordighera (10m) und das Meer. Jetzt endlich konnten wir uns ein Bad im angenehmen Wasser des Mittelmeers gönnen.
Distanz 20.2km, 825Hm auf, 934Hm ab, ca. 7h, T1
Unterkunft: Hotel Piccolo Lido, Bordighera, www.hotelpiccololido.it
8. Tag, Samstag, 03.08.13
Heute war Erholung angesagt! Baden, Ausruhen, Abends Fisch essen.
Unterkunft: Hotel Piccolo Lido, Bordighera, www.hotelpiccololido.it
9. Tag, Sonntag, 04.08.13
Heimreise! Die Rückreise erfolgte mit der Bahn von Bordighera der Küste entlang nach Genua und weiter nach Milano Centrale. Obwohl wir von dort bis Bellinzona mit einer S-Bahn des TILO vorliebnehmen mussten (bis Lugano mehr als voll), war es die beste Verbindung zurück in die Schweiz.
Fazit und Facts
Eine sehr schöne und eindrückliche Tour. Ende Juli blühten noch überraschend viele Blumen. Einheimische berichteten uns, dass wegen des schlechten Frühlings auch bei ihnen alles etwa drei Wochen später dran ist. Ansonsten würde ich diese Tour eher Ende Juni / Anfang Juli planen. Die Temperaturen waren Ende Juli doch sehr hoch. Die Wege sind in Italien recht gut markiert, das gilt vor allem für den Teil dieser Tour die sich im Naturpark Marguareis befindet. Wir haben alle Unterkünfte von zu Hause reserviert. Abgesehen von den Hotels und den B&B am Anfang und am Ende der Tour und vielleicht die erste Übernachtung im Rifugio Don Barbera reicht es, jeweils am Abend die nächste Unterkunft zu reservieren. Wir hatten nie viele zusätzliche Gäste in den Hütten.
Ausrüstung
Normale Bergwanderausrüstung genügt. Schlafsackinlet für Hüttenübernachtungen ist Pflicht! Leichte Sandalen für Abends von Vorteil. Für das Refugio San Remo habe ich einen Wassersack mitgenommen.
Karten
Leider werden die hervorragenden Karten "Alpes sans Frontières" im Massstab 1:25'000 (entstanden aus einem Interreg-Programm der EU, Herausgeber IGN Frankreich) nicht mehr aufgelegt. Der Vollständigkeit halber hier die Blätter:
Blatt 1 Côte d 'Azur - Riviera dei Fiori
Blatt 2 Moyenne Roya - Val Nervia e Argentina
Blatt 3 Marguareis - Mongioie
Folgende Karten sind erhältlich:
Instituto Geografico Centrale Massstab 1:50'000
Blatt 8 Alpi Marittime e Liguri
Blatt 14 San Remo Imperia Montecarlo
Sehr ungenau!
Literatur
GTA-Grande Traversata delle Alpi, Rother Verlag 2012, ISBN 978-3-7633-4402-4 (Kapitel 59 - 65)
Hüttentrekking Westalpen, Rother Selection 2010, ISBN 978-3-7633-3040-9 (Kapitel 30)
Tourengänger:
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