Der Alpstein muss warten: Das Wiederentflammen einer alten Liebe!


Publiziert von TomClancy , 27. Mai 2013 um 23:17.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Sottoceneri
Tour Datum:25 Mai 2013
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Camoghè   CH-TI 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 1180 m
Abstieg: 1180 m
Strecke:14,5km

Lange hab ich mir diesen "Frühling" die Frage gestellt, wo ich im Sommer einige Touren-Schwerpunkte setzen will. Das Tessin und der Alpstein kamen in die engere Wahl. Es gibt zum Alpstein so viele tolle Berichte hier, die mich richtig gluschtig gemacht haben. Auf der anderen Seite habe ich emotionale Bindungen ans Tessin, die mich schon des Öfteren verleitet haben, die lange Reise unter die Räder zu nehmen und Tessiner Luft zu schnuppern. Dieses Wochenende war die Wahl aber einfach: der Wetterbericht für das Tessin war einfach zu verlockend!

So machte ich mich mangels Busverbindung mit meinem Fahrrad auf zum Bahnhof Sursee, um von da mit der Bahn Richtung Süd zu reisen. Isone war das Ziel meines Ausflugs. Viele Wochen "durfte" ich dort vor Jahrzehnten im Dienst des Vaterlands verbringen :-) und dort habe ich auch so richtig meine Leidenschaft für das Outdoorleben entdeckt, eine Schule für's Leben - eben! Das ist genug Anlass für ein Nostalgiereisli.

In Luzern treffe ich zufällig einen Bergkameraden, der auch Richtung Tessin unterwegs ist. Schnell ist es beschlossene Sache: Wir haben uns soviel zu erzählen, dass wir den Tag gemeinsam verbringen wollen.

Nach vierstündiger Reise via Bellinzona und Rivera-Bironico treffen wir im sonnigen Isone ein: Sofort schlägt mich die Waffenplatz-Atmospäre in ihren Bann. Alte Erinnerungen kommen hoch und die eine oder andere Anekdote, die irgendwo verborgen in meinem Kopf geschlummert hat, drängt sich wieder in dern Vordergrund. Die Ambivalenz der Gefühle ist eindrücklich: mit diesem kleinen Dorf und seiner Kaserne sind ganz tolle und ganz schmerzhafte Erinnerungen verbunden. So vieles geht mir durch den Kopf, während wir durch die lichten Birkenwälder diretissima hoch zum Tiglio steigen. Generationen von Grenadieren haben sich hier hochgekämpft, um nachher schweisstreibende Ausbildungstage zu erleben.  Schnell erreichen wir das Plateau der Alpe di Tiglio mit der markanten Antenne, die uns während unzähligen Nachtübungen wie ein Leuchtfeuer gezeigt hat, wo wir uns nach der Nachtausbildung in der Magadinoebene wieder zu sammeln hatten. Die achthundert Höhenmeter in absoluter Finsternis und mit vollem Gepäck waren jeweils eine ordentliche Schinderei.

Wir wenden uns jedoch Erfreulicherem zu: unser Tagesziel ist der Pizzo di Crogello. Den Weg hat 360 hervorragend beschrieben, so dass ich auf eine Schilderung verzichte. Der Aufstieg beschert uns tolle Ausblicke und verlangt gelegentlich auch den Einsatz der Hände. Die Wegspuren sind manchmal nicht mehr als Wildwechsel, aber mit der nötigen Aufmerksamkeit doch immer zu finden. und grundsätzlich geht es halt einfach obsi! Apropos Wild: neben Gämsen sehen wir heute auch Hirsche und einen Fuchs. Es lohnt sich also durchaus, sich vorsichtig von Geländekammer zu Geländekammer zu bewegen (Infiltrieren hiess der Grendierfachausdruck!)

Via Cucchetto und einige kleinere Zwischen- und Vorgipfel erreichen wir die grasige Kuppe des Pizzo di Corgella. Es ist von Vorteil, dass es trocken ist, bei Nässe hat diese Tour ganz sicher ihre Tücken! Es ist nahezu windstill und die Sonne verwöhnt uns, wie wenn sie nie etwas anderes täte! So geniessen wir auf dem Balkon 1500 Meter über Bellinzona und der Magadinoebene eine ausgiebige Gipfelrast und ein lohnendes Schläfchen.

Der Abstieg erfolgt über den spärlich markierten Wanderweg auf dem Nordost-Grat Richtung Corte di Mezzo. Dort ist der Wendepunkt und via Corte Inferiore kehren wir zur Alpe di Tiglio zurück. Da wir noch beinahe eine Stunde Zeit habe, beschliessen wir, im verschlafenen Isone noch ein Restaurant aufzusuchen. Wir werden freundlich begrüsst und löschen unseren Durst, bevor wir uns auf den langen Heimweg machen. Mit der Müdigkeit in den Knochen dünkt mich die Rückreise noch viel länger als die Hinreise. Gelegenheit also zu weiteren Nickerchen und tiefgründigen Gesprächen mit meinem Bergkameraden! Auch die letzten Sandwiches und Nusstörtchen werden vertilgt und irgendwann nimmt nur noch bleierne Schwere Besitz von meinem Körper. Der Geist verabschiedet sich in angenehme Traumsphären und kehrt erst kurz vor Luzern zurück, als es heisst umzusteigen und Abschied zu nehmen.

Ein eindrücklicher Tourentag im wilden Tessin. Ich komme wieder. Der Alpstein muss halt ein Jahr auf mich warten, aber das hält der schon aus!

Tour zu zweit: Merci für die angenehme Begleitung. Auf ein andermal!

Tourengänger: TomClancy


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