Irrwege im Eggen und Gräben-Labyrinth


Publiziert von ABoehlen , 3. November 2011 um 15:33.

Region: Welt » Österreich » Außerhalb der Alpen » Steiermark » Oststeirisches Hügelland
Tour Datum:30 September 2011
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 390 m
Strecke:Schoberkapelle – Gatteregg – Lamberg – Sieglegg – Rohrgraben – Hohewart – Prädiberg – Kalvarienberg – Feldbach
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Postbus von Feldbach nach Abzweig Baumgarten (Linie nach St. Stefan im Rosental)
Unterkunftmöglichkeiten:Gasthof «Hödl-Kaplan» in Feldbach
Kartennummer:Österreichische Karte 1:50'000, Blätter Kirchbach in Steiermark (191) und Feldbach (192) (alte Blatteinteilung) oder Feldbach (4106) (neue Blatteinteilung)

Link zum vorherigen Tag

«Die Alpen laufen hier in ungezählte Hügel, Rücken, Kegel aus, wie ein Fluss in sein Delta», beschreibt die Zeitschrift GEO in ihrer Ausgabe 12/1992 die Charakteristik der südöstlichen Steiermark, und berichtet weiter über «eine Region, die im Herzen Europas und doch derart abgeschieden liegt, dass sie für die meisten Landsleute ein weisser Fleck jenseits der Autobahn bleibt, uneinholbar hinten.»
Einen weiteren Teil dieses «weissen Flecks» wollen wir heute erkunden.


Der Tag beginnt wie die vorherigen mit Frühstück und Einkauf, und - nicht zu vergessen – erneut mit prächtigem Wetter. So allmählich gewöhnt man sich an den wolkenlosen blauen Himmel und wäre wohl richtig verdutzt, wenn es am Morgen mal anders aussähe. Aber die Prognosen sind weiterhin sehr gut!

Ausgangspunkt ist wiederum der Postbahnhof, wo wir diesmal den Postbus nach St. Stefan im Rosental besteigen. Er führt uns westwärts aus Feldbach hinaus, und hinter den Hügeln des Raabtals können wir klar und deutlich die Alpen ausmachen. Die Luft ist heute noch klarer als gestern!

Beim grossen Kreisverkehr verlässt der Bus das Raabtal und biegt ins Tal des Saazer Baches ein, wo bald Paldau erreicht wird, Heimat einer auch in der Schweiz bekannten und seit Jahrzehnten geschätzten Musikgruppe. Hinter dem hübschen, kleinen Ort wird das Steppelgraben genannte Tal enger und die Strasse beginnt stärker auszusteigen. Am höchsten Punkt, ehe es ins nächste Tal hinunter geht, steigen wir aus; «Abzweig Baumgarten» heisst die Haltestelle.

Für einen ersten Überblick steigen wir die wenigen Höhenmeter zum höchsten Punkt der Brandlegg hinauf, wo die Schoberkapelle steht. Nach allen Seiten erstreckt sich hier das Hügelland fast ins Unendliche. Deutlich erkennbare Anhaltspunkte gibt es kaum, die Höhenrücken sind alle ungefähr gleich hoch und markante Einzelgipfel fehlen – mit Ausnahme natürlich der vorgestern bestiegenen Vulkanberge von Bad Gleichenberg, die auch heute gut zu sehen sind.

Wegmarkierungen gibt es nicht, und so schlendern wir ganz unbekümmert dem Strässchen entlang, das sich über die sonnige Höhe erstreckt. Gatteregg heisst das erste Zwischenziel, dahinter fällt das Gelände in den Mitterbachgraben ab. Diese Namen haben etwas ungemein vertrautes an sich, werden doch bei uns im Emmental die Höhen oft auch mit «Egg» und die Täler mit «Graben» bezeichnet. Tatsächlich erinnert das Landschaftsbild, dieser Mix aus Wäldern, Äckern, Obstgärten, Grünland und die überall eingestreuten Häuser sehr stark an das Emmental, auch wenn die Reliefunterschiede hier deutlich geringer ausfallen. Selten liegen mehr als 100 Höhenmeter zwischen «Graben» und «Egg».

Auf der Gatteregg sollten wir laut Karte eigentlich auf einen markierten Wanderweg stossen, aber davon merken wir wenig. Nur vereinzelt sind in der Folge rot-weiss-rote Farbmarkierungen auszumachen. Das ist aber auch alles; Wegweiser mit Zwischen- und Endzielen, wie sie bei uns gang und gäbe sind, fehlen dagegen vollkommen. Unser Weg, oft auf kleinen Strässchen verlaufend, windet sich derweil unzählige Male um die Hügel und «Eggen» und es ist recht schwierig anhand der Karte zu erkennen, wo man eigentlich genau ist. Irgendwann kommt es entsprechend zu einem folgenschweren Verhauer, indem wir beim Pt. 406, bei der Örtlichkeit Binder, zwischen Edelsbrunngraben und Rohrgraben rechts gehen, statt links, in der Annahme schon «eine Egg weiter» zu sein. Das ganze bleibt vorerst ohne erkennbare Folge, aber dann passt das Kartenbild und die Realität allmählich überhaupt nicht mehr zusammen, und nun erweist sich die anfangs erwähnte Tatsache, dass diese Höhenrücken alle etwa gleich hoch sind und es kaum Anhaltspunkte gibt, als ziemlich fatal. Zurückgehen mag ich eigentlich nicht, daher nehmen wir im Bereich der Sieglegg auf gut Glück den nächsten Abzweig in die Zielrichtung (Ost) und landen schliesslich, von kläffenden Hunden verfolgt, auf dem Schieferberg, wo der Weg im Nirgendwo endet. Da wir im linksseitig begrenzenden Tal Verkehrslärm hören, kraxeln wir daraufhin geradewegs den Wald hinunter, wo teilweise noch Reste eines Weges auszumachen sind, und landen schlussendlich im Rohrgraben auf ca. 320 m Höhe (Viktorinox-Taschenmesser mit integriertem Höhenmesser sei Dank).

Nach einer eindeutigen Positionsbestimmung, um allfällige weitere Irrtümer definitiv auszuschliessen, folgen wir der Strasse ein Stück talwärts und biegen dann links in einen Fahrweg ein, der südlich des Niederlgrabens zum Bloderberg hinaufführt. So gelangen wir beim auffälligen Strassenpass in Hohewart wieder auf den «Hauptgrat».

Weiter geht es nun im Wald aufwärts, wo wir auf die Bahnlinie der Gleichenberger Bahn stossen, die wir vorgestern befahren haben. Am höchsten Punkt liegt die Haltestelle Prädiberg, wo sich nach der turbulenten Wegsuche ein längerer Halt aufdrängt. Zug will leider keiner kommen, da unter der Woche die Verbindungen tagsüber nur spärlich sind.

Der Rückweg ist nun gegeben. Auf dem Bahnwanderweg erreichen wir bald die Stelle, bis zu der wir am Dienstag gekommen sind, und über den Kalvarienberg, nun mit viel besserer Sicht, geht es hinunter nach Feldbach. Dort endet diese vorerst letzte Tour im Oststeirischen Hügelland, einer Landschaft, die uns in den letzten paar Tagen immer vertrauter wurde und nun definitiv kein weisser Fleck auf der Karte mehr ist.

Ein leckeres Essen im Gasthaus Hödl-Kaplan setzt auch heute den Schlusspunkt nach dem langen Wandertag: Es gibt Tafelspitz mit Knödel und Eierschwammerln, dazu ein Bier, resp. einen weissen Sturm.

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Tourengänger: ABoehlen, Stini


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Kommentare (3)


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bidi35 hat gesagt: sieht ja fast aus...
Gesendet am 3. November 2011 um 18:06
...wie in laponia41s Ämmitau!!
Interessanter Bericht.

LG Heinz

ABoehlen hat gesagt: RE: sieht ja fast aus...
Gesendet am 4. November 2011 um 08:14
Das ist in der Tat so. Was echten Emmentalern, wie Stini aber auffällt, ist das weitgehende Fehlen von grasenden Kühen, die bei uns im Emmental omnipräsent sind. Ohne die genauen Gründe zu kennen, vermute ich folgende Ursache: Österreich besteht bekanntlich zu einem grossen Teil aus voralpinen und alpinen Landschaften, wo sich die Landwirtschaft zwingend auf Milchwirtschaft beschränken muss. Deshalb werden Gegenden wie das Oststeirische Hügelland, wo das Klima mild und der Boden fruchtbar ist (Vulkanboden) bevorzugt für Feldbau genutzt. Dieser ist im übrigen sehr vielfältig. Nebst den obligaten Maisfeldern, ist natürlich der Kürbisanbau sehr verbreitet (Stichwort Steirisches Kürbiskernöl), daneben gedeihen Reben und viel Obst. Auch ungewöhnliche Kulturen wie Holunder konnte ich entdecken.

Freut mich, wenn Dir der Bericht gefallen hat!
LG Adrian

bidi35 hat gesagt: RE: sieht ja fast aus...
Gesendet am 4. November 2011 um 10:13
danke Adrian für die sehr interessanten und lehrreichen Informationen.

LG Heinz


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