Dschungel-Express und Vulkangipfel


Publiziert von ABoehlen , 25. Oktober 2011 um 19:41.

Region: Welt » Österreich » Außerhalb der Alpen » Steiermark » Oststeirisches Hügelland
Tour Datum:28 September 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 450 m
Abstieg: 430 m
Strecke:Bad Gleichenberg – Gleichenberger Kogel – Feldbach
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der StLB (Gleichenbergerbahn) von Feldbach nach Bad Gleichenberg.
Unterkunftmöglichkeiten:Gasthof «Hödl-Kaplan» in Feldbach
Kartennummer:Österreichische Karte 1:50'000, Blatt Feldbach, Nr. 192 (alt), 4106 (neu)

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Zu den Dingen, die einem bereits bei einem flüchtigen Blick auf das Kartenblatt Feldbach auffallen, gehört nebst der verwinkelten Topographie des Gebietes die Strecke der Gleichenberger Bahn, die nur aus Kurven zu bestehen scheint, und die sich kreuz und quer durch das Hügelland windet. Eröffnet wurde die 21 km lange Bahnlinie vor genau 80 Jahren. Mit Steigungen bis zu 42 Promille zählt sie zu den steilsten Adhäsionsstrecken in den Alpenländern. Inzwischen gehört sie zu den Steiermärkischen Landesbahnen StLB, wird aber immer noch als Gleichenberger Bahn bezeichnet. Ebenfalls bekannt ist sie unter dem Übernamen «Dschungel-Express», der zur Tatsache Bezug nimmt, dass die Strecke zu einem grossen Teil durch teils dichte, urtümliche Wälder mit hohem Wildbestand führt.

Unser Tag beginnt um 7.00 Uhr mit einem reichhaltigen Frühstück am gleichen Tisch, an dem wir schon am Vorabend gegessen haben und der für den Rest der Woche unser Stammtisch werden sollte. Zwei Stunden später sind wir am Bahnhof, wo der Triebwagen der Gleichenberger Bahn soeben einfährt. Mit zwei derartigen Triebwagen, ET 1 und ET 2 genannt, wird der gesamte planmässige Verkehr abgewickelt. Sie stammen noch aus den Anfangsjahren und wurden immer wieder modifiziert und dabei u.a. mit automatischen Türen ausgestattet.

Vorbei am «Landesbahnhof», dem wir gestern bereits einen Besuch abgestattet haben, führt uns die Fahrt in gemächlichem Tempo hinaus ins Hügelland. Zahlreiche unbewachte Bahnübergänge werden dabei passiert, wobei sich der Triebwagen jeweils mit einem lang gezogenen Pfeifsignal bemerkbar macht. Von den Höhenlagen, namentlich zwischen Prädiberg und Gnas, geniessen wir herrliche Blicke in die verwinkelte, dem Emmental ähnliche Landschaft, die geprägt ist von Wäldern, Mais- und Kürbisfeldern. Bemerkenswert sind auch die vielen Bananenstauden in den Gärten, die uns zeigen, dass hier ein milderes Klima herrscht als zuhause, obwohl wir uns auf demselben Breitengrad wie die Region Bern befinden. Aber hier liegen die Alpen eben im Norden und schirmen die kalten Luftströmungen wirkungsvoll ab. Im Tal von Bad Gleichenberg wirken zudem die Gipfel des Gleichenberger Kogels im Norden und des Stradner Kogels im Osten als Schutzwall, «woraus sich eine auffällig geschützte Lage ergibt, die auch im Vergleich mit anderen Standorten im südöstlichen Alpenvorland eine Besonderheit darstellt», wie das Buch «Geomantie im Steirischen Vulkanland» (BVR Verlag, 2007) aufführt.
(Geomantie = (griech) Weisheit der Erde. Europäische Erfahrungswissenschaft, die sich mit der Wechselwirkung zwischen Menschen und Orten beschäftigt)

Nach etwas mehr als einer halben Stunde erreichen wir die Endstation im Kurort Bad Gleichenberg, dessen Heilquellen schon den Römern bekannt waren. In dem auf einem Hügel über dem Tal thronenden Ortskern geniessen wir einen Cappuccino, ehe wir den Weg durch die «Klamm» einschlagen. Diese Zone ist ein Schwerpunkt der geomagnetischen Untersuchungen ausgewählter Gebiete Österreichs, weil sich dort bedeutende magnetische Anomalien zeigen. Überhaupt ist bemerkenswert, dass die Stärke des Erdmagnetfeldes in der Gegend von Bad Gleichenberg rund 1% über dem für diesen Breitengrad typischen Normalwert von 47 Mikrotesla liegt.

Wer sich weniger für die Geologie, dafür mehr für die Botanik interessiert, kommt am Gleichenberger Kogel ebenfalls auf seine Kosten: Direkt am Waldrand beginnt der WaldERLEBNISpfad , der nicht nur sehr gut ausgebaut und zu begehen ist, sondern mit vielen Informationstafeln mancherlei Wissenswertes und Unterhaltsames vermittelt. Weiter oben verlangt die Wegführung dann erhöhte Aufmerksamkeit, insbesondere weil auf den Markierungen nirgends mehr der Name «Gleichenberger Kogel» auftaucht, wir aber gerne dort hinauf möchten. Nach einigen Irrwegen erwischen wir schliesslich den richtigen Weg, der am Schluss überaus steil durch rutschiges Geröll zum höchsten Punkt führt. Die Südseite ist hier von einem interessanten Mix aus Kermesbeeren und Königskerzen bestanden und dies ermöglicht eine freie Sicht. Wie schon am Vortag ist es leider auch heute dunstig, aber dennoch gibt es allerhand zu sehen.

Der Gleichenberger Kogel ist mit 598 m der zweithöchste Gipfel in der südöstlichen Steiermark und wie der höchste, der Stradner Kogel (609 m), ein ehemaliger Vulkan. Die «heisse» Phase des Vulkanismus begann im Miozän vor rund 15 Millionen Jahren und kam erst vor etwa 1.8 Millionen Jahren zum Erliegen. Weitere bedeutende Vulkangipfel in der Umgebung sind der nahe gelegene Bschaidkogel (563 m), der weiter östlich gelegene Kapfensteiner Kogel (461 m) und der über dem Tal des Grazbaches aufragende Basaltkegel der Riegersburg (484 m).

Nach dem Picknick steigen wir auf einem anderen, besser begehbaren Weg zur Südseite hin ab, umrunden anschliessend den Gipfel zur Hälfte und den benachbarten Bschaidkogel ebenso, ehe es nordwärts zu einem Strassenpass (Pt. 384) geht. Ein älterer Herr erklärte uns ausführlich, wie wir am besten dorthin kommen, da die Markierungen leider nur spärlich vorhanden sind. Für diesen Abschnitt lassen wir uns Zeit, denn der Waldboden ist voller Edelkastanien, teils von eindrücklicher Grösse. Im Gegensatz zum Tessin, wo die Ernte in diesem Jahr durch die Edelkastanien-Gallwespe leider stark beeinträchtigt wird, scheinen die Bäume hier gesund zu sein.

Der Weiterweg ist nun kein Problem mehr, denn er führt geradewegs über den Höhenrücken zwischen den Tälern von Petersdorf und Edersgraben bis zur Siedlung Steinberg, unterhalb des gleichnamigen Hügels gelegen. Steil geht es dann nach Mühldorf hinunter und durch den Stadtteil Burgfried zurück in die Stadtmitte von Feldbach zur Unterkunft. Steirisches Kürbiskernbackhendl mit Salat wird heute Abend aufgetischt, welches sich unter der Rubrik «Des Steirers liabste Speis» auf der umfassenden Speisekarte findet. «Viel zu wenige Gasthäuser haben Steirisches auf der Speisekarte», klagt der Autor im Buch «Steiermark, sehen und erleben» im Jahre 1989. Den Gasthof Hödl-Kaplan kann er damit nicht gemeint haben.

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Tourengänger: ABoehlen, Stini


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