Im Reich der Schlimmen Liesl und der Damischen Kathel


Publiziert von ABoehlen , 28. Oktober 2011 um 20:11.

Region: Welt » Österreich » Außerhalb der Alpen » Steiermark » Oststeirisches Hügelland
Tour Datum:29 September 2011
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 380 m
Abstieg: 420 m
Strecke:Riegersburg – Altenmarkt – Fröhlichberg – Schützing – Feldbach
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Postbus von Feldbach nach Riegersburg
Unterkunftmöglichkeiten:Gasthof «Hödl-Kaplan» in Feldbach
Kartennummer:Österreichische Karte 1:50'000, Blätter Fürstenfeld (166) und Feldbach (192) (alte Blatteinteilung) oder Feldbach (4106) (neue Blatteinteilung)

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Zu den eindrücklichsten Ausflugszielen in der Oststeiermark zählt die Riegersburg. Die auf einem hohen Basaltfelsen errichtete Burg aus dem 12. Jahrhundert wurde nie erobert und trägt daher auch den Namen «unbezwingbare Feste der Christenheit». Ihr heutiges Ausmass erhielt die Burg erst im 17. Jahrhundert durch die Burgherrin Katharina Elisabeth Galler, die wegen ihrer Streitsucht im Volk als «Schlimme Liesl» bekannt war.

Nach dem wiederum üppigen Frühstück und dem Einkauf des Picknicks begeben wir uns heute zum Busbahnhof, der gleich gegenüber der Kirche liegt. Der Kirchturm, 1962 – 1964 neu errichtet, gehört bis heute zu den umstrittenen Bauten von Feldbach und wurde auch schon als «Rakete Gottes» bezeichnet. Die kunterbunte Bemalung in Form eines steirischen Flickerlteppichs ist ein Werk von Schulkindern aus dem Jahre 1987.

Wie gestern in der Gleichenberger Bahn sind wir auch heute auf dem Postbus fast die einzigen Fahrgäste. Die Fahrt geht durch die sonnendurchflutete Landschaft in stetigem auf und ab über die Höhe von Fröhlichberg in etwa 10 Minuten nach Riegersburg, welches auch der Name einer Gemeinde ist.

Zu Fuss geht es erstmal in die Ortsmitte, von wir auf steilem Weg den felsigen Burgberg erklimmen. Sieben Tore sind dabei zu durchqueren, ehe wir am Burggraben stehen. Dieser dient heutzutage Kaninchen als riesige Freilaufanlage. Wir gehen noch ein Stück weiter bis zum eigentlichen Eingang der Burg. Für 10 Euro könnte man ins Innere der Burg vordringen, aber angesichts der vielen Leute und des Prachtswetters ziehen wir es vor, draussen zu bleiben. Von der gemütlichen Gartenwirtschaft aus geniessen wir bei Kaffee und Kuchen ein umfassendes Panorama. Die Sicht ist heute viel besser als in den letzten Tagen und so können wir zum ersten Mal im Norden die Alpengipfel ausmachen. Das sind natürlich nicht mehr dieselben Alpen, die bei uns im Schweizer Mittelland den Horizont bilden, sondern mit Gipfelhöhen von zumeist unter 2000 Metern wirken sie aus der Ferne eher wie bei uns der Jura.

Nachdem wir uns als kleines Souvenir eine 5 Cent-Münze mit einem Bild der Riegersburg prägen liessen, begeben wir uns auf den Abstieg, der aus naheliegenden Gründen auf derselben Route verläuft wie der Aufstieg. Der Vollständigkeit halber sei aber erwähnt, dass die Riegersburg heutzutage auch über einen Klettersteig erklommen werden kann (siehe hier).

Von Altenmarkt, fast 200 Höhenmeter tiefer, geniessen wir nochmals einen imposanten Blick zur mächtigen Burganlage, eher der Wanderweg gemächlich den Wald hinauf ansteigt. Oben angelangt, wartet bereits die nächste historische Sehenswürdigkeit auf uns: Der Burghügel der «Damischen Kathel». Eine Informationstafel vermerkt dazu folgendes:

Nicht weit von hier, auf einem Felsrücken, soll der Sage nach einst ein Schloss gestanden sein, das eines Nachts bei einem Gewitter in den Felsspalten versank.
Nichts blieb übrig. Das Gebäude mitsamt der Schlossherrin, Katharina mit Namen, verschwand.
In Vollmondnächten soll man die Schlossherrin hin und wieder von der Felskante aus singen hören. Daher wird sie im Volksmund «Damische Kathel» (verrückte Katharina) genannt.


Es handelt sich um die auf der Karte mit Pt. 421 bezeichnete Erhebung. Der kurze Abstecher lohnt sich. Durch einen Hohlweg gelangen wir zu einer schmalen Gratschneide, die mit einem Seil gesichtert passiert werden kann. Wenig später erreichen wir bereits den höchsten Punkt, wo besagtes Schloss gestanden sein soll. Der Felskopf bricht senkrecht 10 – 15 Meter ab, was für eine Burg tatsächlich eine ideale Lage gewesen wäre.

Zurück beim Wanderweg vertilgen wir an einem schattigen Plätzchen unseren Proviant, währenddessen uns eine grosse Wandergruppe passiert, die wir bereits am Eingang der Riegersburg gesehen haben. Wir lassen sie ziehen und machen uns dann auch wieder auf den Weg.

In Fröhlichberg befindet sich die Schokoladenmanufaktur «Zotter» die zahlreiche Besucher anzieht, jedenfalls sind die ausgedehnten Parkplätze gut gefüllt mit Reisecars und Autos. Satt wie wir sind, lassen wir diesen Besuchermagnet links liegen und ziehen südwärts über den breiten Höhenrücken, den Pt. 403 passierend. Ein Mähdrescher erntet hier auf einem ziemlich abschüssigen Feld den Mais. Nach einer Weile kommt er zum bereitstehenden Anhänger gefahren und entlädt die reiche Ernte. Da in der Schweiz üblicherweise die gesamte Pflanze geerntet und gleich gehäckselt wird (Silomais), ist diese Erntemethode für mich ungewohnt und interessant. Der Maisanbau hat in der Oststeiermark eine lange Tradition, wie beispielsweise geschnitzte, 200-jährige «Woazstriezel» (Maiskolben) an der Kanzel der Fürstenfelder Augustinerkirche belegen. Das Buch «Steiermark, sehen und erleben» (Süddeutscher Verlag, 1989), das im vorherigen Bericht bereits erwähnt wurde, weiss noch von einer anderen diesbezüglichen Begebenheit zu berichten: «Bei einem Staatsbesuch des sowjetischen Ministerpräsidenten Chruschtschow riskierte dieser eine Wette mit seinem österreichischen Amtskollegen. Es ging um den Hektarertrag von Mais. Es siegte ein in Gleisdorf gezüchteter Hybridmais. Wer den Siegespreis, eine Sau, verzehrt hat, entzieht sich der Kenntnis des Chronisten.»
Mais wird in Österreich übrigens als Kukuruz bezeichnet, was wohl vom ungarischen kukorica abgeleitet ist. In der Steiermark wird darüber hinaus der Begriff Woaz verwendet.

Nach dem Abstieg ins Dörfchen Schützing geht es noch einmal bergauf auf die nächste Hügelkette zum Konixberg, wo wir auf ca. 360 m einen schön gelegenen Rastplatz passieren. Uns zu Füssen liegt jetzt im Süden das Raabtal mit der Stadt Feldbach, überragt von den «Gleichen Bergen». Im Norden lässt sich noch einmal die nun bereits einige Kilometer entfernte Riegersburg erblicken.

Über die Umfahrungsstrasse und vorbei am Bahnhof treffen wir nach rund 6 Stunden wieder in der Unterkunft ein, wo ich mich heute Abend der Jahreszeit entsprechend für das Hirschgulasch entscheide, welches mit Kroketten, Birne und Preiselbeeren serviert wird. Stini zieht die gebratene Polenta auf Paradeiser-Mus vor.

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Tourengänger: ABoehlen, Stini


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