Wer findet den Leiterberg (2669m)?


Publiziert von Bergamotte , 11. September 2011 um 17:38.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:10 September 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Hausstockgruppe 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Kartennummer:1173 / 1174

Trotz seiner stattlichen Höhe findet sich weder auf hikr.org noch auf gipfelbuch.ch eine Sommerbegehung des Leiterbergs. Auch pstraub hat in seinem Alpinführer wenig schmeichelnde Worte für die "trostlose Schutthalde" übrig, die "nur von Elm aus gesehen wie ein richtiger Berg aussieht". Das alles erscheint mir suspekt, ein Augenschein vor Ort tut Not. Bereits bei der Anfahrt lüftet sich ein Teil des Geheimnisses. Das Gros der Gipfelstürmer, welches in den Zigerschlitz strömt, kann wohl dem süssen Lächeln von Rautispitz, Fronalpstock und Vorder Glärnisch schwerlich widerstehen. Deren Zustiege sind bestens ausgebaut und markiert, also weshalb sollte sich ein vernünftiger Wanderer über endlose Schutthalden im hintersten Sernftal quälen?

Da die Route über den Schiessplatz Wichlen führt, kann der Leiterberg meist nur am Wochenende bestiegen werden. Selbst samstags finden vereinzelt Übungen statt, so dass man sich auf jeden Fall informieren muss. Am Wochenende stehen direkt beim Schiessplatz ausreichend Parkplätze zur Verfügung. Bereits von hier erblickt man den vermeintlich attraktiven Leiterberg. Doch tatsächlich handelt es sich bloss um dessen markanten Ostgrat.

Ab Wichlen (1297m) mach im mich an die Überquerung des Schiessplatzes. Allerhand militärischer Tand sorgt für Unterhaltung, während sich Dutzende von Rindern am saftigen Gras laben, auf das sie werktags verzichten müssen. Wie genau man das Gelände abläuft, spielt keine Rolle, solange man schlussendlich im Trichter zwischen Mitteleggbach und Mattbach landet. Von hier zieht man weiter Richtung Spitzegg (1866m), welche so stark mit Erlen verwachsen ist, dass die Direktlinie unmöglich ist. Glücklicherweise führt auf der Südostseite ein schwacher Trampelpfad durch das Dickicht (er verlässt die Forststrasse ca. 30m nach der grossen Kurve), mühsam ist der Aufstieg trotzdem. Übrigens: Eine Umgehung der Spitzegg würde weder Zeit noch Höhenmeter sparen.

Über den sanften Rücken der Spitzegg ziehe ich anschliessend weiter Richtung Siwellenchopf (2115m). Dieser kann rechts oder links umgangen werden. Oder man ersteigt ihn - wie ich - gleich direkt (T4), Höhenmeter büsst man kaum ein. Wer's nicht so steil mag, erreicht den Felskopf in wenigen Schritten von der Rückseite. Von hier hat man einen guten Blick auf den verbleibenden Aufstieg - und prompt unterliege ich einer optischen Täuschung. Aus dieser Perspektive scheint der auffällige P. 2559 ein Teil des Hausstock Nordgrates zu sein, weshalb ich ihn für den Leiterberg halte. In der festen Überzeugung, von hier das Ziel sehen zu müssen, stelle ich meine Annahme nicht weiter in Frage, obschon zahlreiche Hinweise dagegen sprechen.

Hinter dem Siwellenchopf steige ich weglos das grasige Schuttfeld hoch und quere anschliessend nördlich Richtung Ober Leiterberg. Alternativ könnte auch direkt durch das nahe Bachbett aufgestiegen werden, was ich im Abstieg mache. Ich überquere die Geröllhalden und Schuttfelder von Ober Leiterberg, wobei ich direkt P. 2559 ansteuere (und dabei vom Normalweg abkomme), "meinen" Leiterberg. Spätestens als ich am Ostfuss von P. 2559 stehe, lässt sich der Irrtum nicht mehr leugnen. Aber da ich schon mal hier bin, mache ich aus der Not eine Tugend und erklettere den falschen Leiterberg direkt auf dem Grat. Dies ist nicht ganz trivial und vor allem äusserst luftig (T6 / II).

Erst auf P. 2559 erblicke ich zum ersten Mal bewusst den Leiterberg. Kein Wunder habe ich ihn übersehen, so unauffällig ist er. Seine Schartenhöhe dürfte maximal 10m betragen. In wenigen Kletterzügen bin ich runter von P. 2559 und erreiche 10 Minuten später - unschwierig alles direkt dem Grat folgend - den Leiterberg (2669m). Der Gipfel mag mickrig sein, die Aussicht ist es nicht und liest sich wie ein Inhaltsverzeichnis des Glarner Alpinführers: Hausstock, Tödi, Clariden, Glatten, Ortstock, Bös Fulen, Glärnisch, Chärpf, Foostock, Vorab etc.

Nach meinem speziellen Aufstieg möchte ich über den Normalweg absteigen: Querung oberhalb des Felsbandes bis zum Bach in der Nähe der Mättlenstöck und von dort Abstieg über das Schuttfeld bis ungefähr P. 2277. Doch als es eine grosse Runse zu queren gilt, entscheide ich mich spontan, bereits hier nach Ober Leiterberg abzusteigen (T5). Der Rest des Abstiegs erfolgt rasch und ohne Zwischenfälle.

Fazit: Der Leiterberg mag als Gipfel wenig attraktiv sein. Zudem ist der Zustieg über weglose Geröllhalden im zweiten Teil nicht immer angenehm. Doch die Umgebung entschädigt für das Mühsal. Der eindrückliche Gebirgskranz hinter Wichlen mit Mättlenstöck und Hausstock ist ständiger Begleiter und das Panorama auf dem Gipfel begeistert jeden Fan des Glarnerlandes. Und wer die Einsamkeit sucht, ist hier sowieso richtig. Ohne Abstecher auf P. 2559 kommt man locker mit T4-T5 durch.

Aufstieg 4:30
Abstieg: 2:15
 

Tourengänger: Bergamotte
Communities: T6


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Kommentare (1)


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Welzenbach hat gesagt: Schöne tour
Gesendet am 10. Dezember 2022 um 08:36
Als ich im juli auf der bergkarte nach wenig bestiegenen Bergen gesucht habe, ist mir der Leiterberg aufgefallen und ein Blick ins Hikr Archiv mit nur einem Sommertourenbericht bestätigte dies, ein Ziel war gefunden!
Sicher, das Gelände ist nicht immer angenehm, aber trotzdem eine lohnende Unternehmung, wenn einem der Schutt nicht stört.
Ich habe eine etwas andere Route gewählt, vom siwellenchopf bis zur Hüenderegg, und dann zum leiterbergbach, von dort dann regulär zum Gipfel. Ich denke, T4+ passt dafür.

Gruss, Welzenbach.



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