Grosse Rund(tor)tour ab Mogno


Publiziert von Mistermai , 4. Mai 2012 um 08:10.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:21 Oktober 2009
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Campo Tencia   Gruppo Pizzo Barone   prato sornico   cabanna soveltra   Gruppo Monte Zucchero 
Zeitbedarf: 15:00
Aufstieg: 2310 m
Abstieg: 2310 m
Strecke:23,4km

Wir schreiben den 21. Oktober 2009. 15-jährig Mistermai wird in einem Lager von zwei älteren Genossen, angeblich sehr bergerprobt, zu einer "netten" Wanderung motiviert...
Es sollte jedoch etwas anders kommen, als es ursprünglich geplant war...

 


Lange steht dieser Artikel nun schon in meinen Entwürfen, lange war ich unsicher, ob ich ihn wirklich veröffentlichen sollte. Doch mein Profil hier wäre nicht annähernd vollständig, wenn dieser Artikel fehlte (beschreibt er doch eine meiner ersten richtigen Wanderungen). Also ist er nun online, wenn auch ohne Bilder (konnte ich leider nicht mehr auftreiben).
Dieser Artikel soll auf keinen Fall meine Begleiter kritisieren oder angreifen.




Aber lass uns ganz am Anfang beginnen:
Meine beiden Begleiter versprechen mir, die Tour sei bestens geplant und sie hätten schon jede Menge (auch schwierigere) Touren gemacht. Sie legten mir eine Karte vor, auf der sie mir dick rot eingezeichnet  die Route offenbarten: Von unserem Lagerhaus nahe Mogno sollte es hinauf zum Lago di Mognola gehen. Danach sollte es ab L'Uomo auf einem atemberaubenden Grat über den P.Cana, den Mognoi Pizzo del Prévat auf den Passo Campolungo und von da zurück nach Mogno.

Heute frage ich mich, wie ich ihnen diese Route abkaufen konnte (Wir hatten ja keine Hochtourenausrüstung dabei), doch ich hatte zu diesem Zeitpunkt schlicht keine Erfahrung mit Wanderungen in solchen Gebieten. Auf jeden Fall zogen wir um 2:30 in der Nacht los. Die Temperaturen waren damals bereits auf 1100m.ü.m. garstig kalt. Der Aufstieg zum 900hm höher gelegenen Lago di Mognola verlief erstaunlich reibungslos. Einzig Pausen konnten wir auf Grund der Kälte keine machen. Die Temperaturen waren unterdessen so tief, dass das Wasser in meiner Petflasche ein Eisringchen gebildet hatte und meine Jeans bis über die Knie gefroren waren.  Richtige Handschuhe hatte ich keine, also mussten Arbeitshandschuhe abhelfen, doch richtig Warm waren die auch nicht.
Hier oben lagen etwa 15cm Neuschnee aus der Vorwoche. Wir liessen uns nicht beirren und suchten unseren Weg, der sich jedoch einfach nicht finden liess...

Nach 30min vergeblicher Suche stellten meine Begleiter fest, dass sich unter der dicken roten Linie, die den Weg markiert gar kein Wanderweg sondern eine Grenze befindet. Es folgte eine Besprechung, wie es weitergehen sollte. Ich plädiere für eine Umkehr, da die ganze Route nicht mehr machbar war, liess mich dann aber überreden weiterzugehen zum Passo Fornale(2323müm). Der Weg dorthin sollte zur Tortur werden.

Wir gingen in unseren Jeans durch den immer tiefer werdenden Schnee. Das Gelände war dabei alles andere als ungefährlich: Stellenweise durfte ich gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn ich ausrutschen würde...
Als ich an einer Stelle bis fast zur Hüfte in eine vermeintlich hartgefrorene Verwehung eingebrochen war plädierte ich erneut zu  einer Umkehr, jedoch abermals liess ich mich zum Weitergehen überreden. Erst jetzt konnten wir endlich unsere erste Pause einschalten, da nun die Sonne aufgegangen war und zumindest die gefühlte Temperatur sich dem 0C-Punkt näherte. Der Versuch von einem meiner Begleiter, sich hinzusetzen scheiterte aber kläglich: Sofort war seine Hose nun auch über seinem Allerwertesten eingefroren.

Der Schlussaufstieg zum Passo Fornale war dann noch einmal eine Geschichte für sich: Die letzten 30-40hm kraxelten wir auf allen vieren unmittelbar hintereinander (!) durch den rutschig-gefrorenen Steilhang. Ein Weg war keiner zu erkennen. Seeger beschreibt diese Passage ein Jahr später so: "Der Abstieg ist steil, sehr steil. Dank tiefen Fusstapfen könnte jedoch der Weg auch bei nassen Verhältnissen bewältigt werden." Fusstapfen haben wir damals keine gefunden und es war nicht nass, es war eisig-rutschig gefroren...
--> Man nehme ein Sommerbild und addiere 15cm Schnee mit einer netten eisigen Unterlage...
Im Gipfelbuch (oder Passbuch?) lag der letzte Eintrag dann auch schon einen ganz schönen Moment zurück.

Auf der anderen Seite löste dann für den Abstieg ein grossblockiges (gibt es dieses Adjektiv???) Geröllfeld das Couloir des Aufstiegs ab. Doch viel Besser war dies nun auch wieder nicht, im Schnee kann da auch ganz schön viel Zeit verloren gehen...

Nach weiteren Diskussionen einigten wir uns darauf, den Gipfel nördlich des Lago del Piatto (nordöstlich von L'Uomo) zu besteigen, um danach dem Grat zu folgen (ja, meine Begleiter waren noch immer überzeugt, dies sei möglich für uns...).

Oben angekommen schien es abermals kein Weiterkommen zu geben. Nun löschte es mir definitiv ab und ich beschloss (unumstimmbar) den Rückweg anzutreten. Doch anstatt mit mir zu kommen, wünschten meine Begleiter mir viel Glück und versuchten tatsächlich im Schnee auf dem Grat weiterzukommen.
Mir war das unterdessen egal und ich  trat ab dem Lago Piatto den Abstieg an. Schon nach kürzester Zeit verlor ich den Handyempfang und war so definitiv auch mich alleine gestellt. Ich ging den ganzen Weg zu Fuss zurück nach Mogno. Auf dieser Wanderung legte ich (damals gänzlich untrainiert) schlussendlich 46 Leistungskilometer zurück und kam total erschöpft um 17:00 wieder im Lagerhaus an.

Meine Kollegen brachen ca. 2h nach unserer Aufteilung ihre Tour ebenfalls ab und kehren zurück, im Unterschied zu mir wurden sie von einem Leiter zurückgefahren, da sie derart erschöpft sind.

Fotos der Tour habe ich leider keine, da nur meine Begleiter fotografiert haben, die Bilder habe ich nie erhalten. Als einzige Erinnerung bleibt mir ein professionell aussehendes Kartenmäppchen, dass sie mir bei unserer Aufteilung mitgegeben haben.

Fazit:
Diese Wanderung war eine Tortur. Doch ich lernte viel dabei: Ich würde nie mehr einfach auf eine Wanderung mitgehen, ohne nicht zuvor die Route analysiert zu haben oder zu wissen, dass mein Partner wirklich kompetent ist.
Ich möchte mit diesem Bericht meine beiden Begleiter auf keinen Fall schlecht machen, man muss diese Tour wohl einfach als jugendlichen Leichtsinn abtun. Jugendlich bin ich zwar immer noch, den Leichtsinn jedoch, habe ich unterdessen (zumindest was die Berge betrifft) abgelegt.

 


Tourengänger: Mistermai


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