Monte Astu (1535 m) - mit unfreiwilligem Abenteuer


Publiziert von Max , 20. Juni 2011 um 12:25.

Region: Welt » Frankreich » Korsika » Haute Corse
Tour Datum: 6 Juni 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Abzweig von der N1197 (I'lle Rousse - Ponte Leccia) nach Lama, Parkplatz an der Kirche.
Kartennummer:ign 4348

Angeblich eine der schönsten Touren im Departement  Haute Corse, anspruchsvoll bei schlechter Sicht, so steht's im Wanderführer und er sollte Recht behalten. In Lama vor der Kirche schliesst sich uns ein Hund an, der auch ein bisschen wandern will. Na dann mal los. Wir gehen das Strässchen (Sackgasse) weiter und biegen rechts auf einen Treppenweg ab, der uns durch das malerische Dorf bergauf führt. Am oberen Ortsrand ca. 50 m nach links, dort steht eine Wandertafel und erklärt die Wegführung zum Mont Astu, angeblich orange markiert. Der Weg ist zwar nur mit arg verblassten Markierungen versehen, aber leicht geht's bergan, der Hund (inzwischen haben wir bemerkt, dass es eine Sie ist) freut sich wie ein Schnitzel.
Der Weg windet sich höher Richtung Osten, dann nach Süden, immer wieder mit herrlichen Ausblicken auf das Ostriconi Tal. Auf gut 900 m Höhe führt der Pfad gemütlich ansteigend am Südhang des Pinzalone Richtung Osten vorbei und kurze Zeit später stehen wir am Refuge du Prunincu (1048 m), eine einfache Schutzhütte. Inzwischen schaut das Wetter gar nicht mehr so verheissungsvoll aus, aber wir steigen noch bis zur Bocca Tiobuli (1238 m) hoch, die nördlich des Refuges am Kamm liegt. Hier ist der Einstieg (Steinmännchen) Richtung Südost zum Weiterweg auf dem Kamm des Monte Astu. Etwas oberhalb machen wir Pause, die Sicht ist schlecht, wir werden wohl umkehren. Der Hündin schmeckt die Wurst, uns auch, Rotwein wär jetzt nicht schlecht. Im Nebel sehen wir Pferde auf der Alm.

Plötzlich reisst es auf, der Weiterweg ist klar und deutlich sichtbar. Weit ist es ja nicht mehr. Wir erreichen eine kleine Steinhütte, folgen den Steinmännchen zu einem Wiesenplateau mit Felssporn, das Gipfelkreuz ist bereits sichtbar. Nun wandern wir nur noch am Kamm bis zum Sattel vor dem Gipfel, wo plötzlich gelbe Markierungen auftauchen. Nun ist es ein Kinderspiel, wir folgen diesen Markierungen, umkreisen den felsigen Gipfelaufbau und kraxeln von Süden die paar Meter zum Kreuz des Monte Astu hoch. Geschafft! Inzwischen zieht's allerdings wieder zu, also nix wie zurück. Runter vom Fels, den Markierungen nach. Sehr schön markiert ist der Weg, nagelneue gelbe Punkte, mindestens alle 20 m, das lasse ich mir gefallen.

Nach 20 Minuten überkommen mich Zweifel. Laut Kompass steigen wir nach Osten ab, wir müssten aber nach Nordwesten. Und überhaupt, das sieht irgendwie ganz anders aus als im Aufstieg. Na ja egal, das ist der andere in der Karte eingezeichnete Weg, der uns nach Urtica bringt, auch gut. Das Dorf liegt keine 3 km von Lama entfernt. Wir steigen weiter ab, die Himmelsrichtung ist nach wie vor komplett falsch, inzwischen sind wir auf 1000 m Höhe, der Pfad will nicht nach Nordwesten drehen, ist aber nach wie vor prima markiert. Inzwischen wird mir klar, dieser Weg bringt uns auch nicht nach Urtica. Von oben drückt der Nebel herab, was tun? Schnell absteigen, genau. Wir folgen Viehspuren Richtung Norden und Westen, über verlassene Bergeries kämpfen wir uns durch Gestrüpp bergab, dann geht's sogar etwas bergauf. Die Hoffnung, bekanntes Gelände zu betreten zerschlägt sich genauso schnell, wie sie gekommen ist. Runter!

Nach einer Odyssee im Macchia und Dornengestrüpp machen wir Wege und Fahrspuren aus, wir gehen weiter, landen in einem pseudo-landwirtschaftlichen Gebiet in der Desert des Agriates. Da muss doch jemand sein, der uns vielleicht ein Stück mitnimmt? Leider nicht, sonst wär's ja keine Wüste, also weiter nach Norden zur Strasse, die nach St. Florent führt, jetzt ist alles egal. Wir treffen in der Nähe der Ponte Diavolo (da gibt's nix mehr zu sagen, ca. 25 Strassen-km vom Ausgangspunkt entfernt) auf die D81, Hund und Wanderer sind völlig erschöpft, aus einer 6h Wanderung ist ein 10h Orientierungsmarsch geworden mit der Aussicht auf einen ordentlichen Nachschlag mit Nachtübung. Der Hund stinkt gottserbärmlich, meine Schuhe... lassen wir das. Aus meinen Tramperzeiten weiss ich, dass der Korse sehr zurückhaltend beim Mitnehmen von Touristen ist, um es vorsichtig auszudrücken.

Dass unsere Chancen mit dem begleitenden Streuner besser sind, glaube ich auch  nicht. Also zur nächsten Behausung, Funktaxi rufen und Schluss. "Wir probieren's trotzdem" meint meine Frau. Nach 3 Versuchen hat sie ein amerikanisches Ehepaar mit geräumiger Limousine an der Angel, die Rückbank wird freigeräumt, der Hund eingeladen, wir steigen ein und werden zu unserem Auto chauffiert. "Have a nice day!" Jetzt fällt mir nix mehr ein. Der Hund, den wir inzwischen Astu getauft haben, begrüsst im Dorf seine (ihre) Freunde, springt an uns allen hoch mit ihren Dreckpfoten, setzt sich in die Abendsonne und scheint restlos glücklich zu sein. Auch bei uns steigt die Stimmung wieder und nach Dusche, Wildschwein und einer Flasche Rotwein ist sie sogar bestens.

Hinweise:
Die ign Karten Korsika sind gut, zumindest vom Relief. Allerdings sind Wege eingezeichnet, die sind nicht markiert bzw. sie existieren nicht mehr oder aber es gibt einwandfrei markierte Wege, die nicht eingezeichnet sind, auch bei neuesten Ausgabeständen. Das ist uns nicht nur bei dieser Tour passiert.

Das Gestrüpp in dieser Gegend besteht unter anderem aus einer Fenchelartigen Pflanze (Peucedanum paniculatum), die Hautverbrennungen verursachen kann. Lange Hosen sind Pflicht!

Unser wilder Abstieg geht natürlich über den Schwierigkeitsgrat T2 hinaus, unter normalen Umständen bei klarer Sicht ist Auf- und Abstieg problemlos.


Tourengänger: Max


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