Steinreich - Großer Zschirnstein, alte Steine am Wegesrand, Steinbrüche und der Zirkelstein


Publiziert von lainari , 3. April 2011 um 17:04.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum:27 März 2011
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   CZ 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m
Strecke:16 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Bus Linie 252a Bad Schandau-Schöna bis Schöna oder S-Bahn S 1 Meißen-Schöna (Bahnhof liegt im Elbtal!)
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 17 Sächsisch-Böhmische Schweiz

Eine Tour auf den Kopf gestellt
 
Seit einiger Zeit schwirrte mir die Idee zu dieser Runde durch den Kopf. Als Gruppenwanderung gedacht, fragte eine mahnende Stimme, ob der Anspruch nicht zu hoch sei. So beschloss ich, zunächst einen Sologang zu unternehmen. Die stattfindende Zeitumstellung und die Wetterprognose ließ den Gedanken entstehen, den späten Sonnenaufgang am Morgen nach der Zeitumstellung auf einem Gipfel zu genießen. Am Vortag hatte es bis zum Abend geregnet, dann hatte es schlagartig aufgeklart und die Temperatur war weit in den Minusbereich gesunken, die Feuchtigkeit eine Garantie für Nebel-Watte über dem Elbtal. So bereitete ich alles vor und verließ früh am Morgen das Haus, die Anfahrt schien noch vielversprechend. Auf der einen Seite verschwand eine kleine Mondsichel vom sternenklaren Himmel, auf der anderen Seite dämmerte rosa der Tag. In Leupoldishain das jähe Erwachen, der Elbenebel deckelte nicht wie vorgesehen das Tal, sondern stand als mächtige Wand mit undefinierbarer Oberkante darüber. Mein erstes Ziel der Zirkelstein in Schöna war vollständig davon umschlossen. Von dort aus wollte ich über den Elbhang zur Grenze, durch das Gelobtbachtal aufsteigen und abschließend den Großen Zschirnstein besuchen. Nun musste ich umsteuern, der Große Zschirnstein - der höchste Berg der Sächsischen Schweiz – vielleicht schaute er aus dem Nebel heraus? So begann ich, meine Tour von hinten aufzurollen.
 
Mein Ausgangspunkt wurde der Parkplatz am Ortsende in Schöna. Von hier lief ich Richtung Reuterhof. Später auf dem Marktweg forcierte ich das Tempo, ging es doch hier unspektakulär immer geradeaus, der Nebel nahm dem Anblick des endlos langen Weges den Schrecken. Ich passierte einen Weiher und den Kalauschenborn und hatte mehrere tierische Begegnungen, sah insgesamt vier Rehe und einen Fuchs. Über die Kreuzung an der Kalkbude gerade hinüber, strebte ich bergan. Am Fuß des Großen Zschirnsteins plötzlich Sonne, Gras und Büsche waren reifbedeckt, an Zweigen hingen gefrorene Wassertropfen. Es glitzerte und funkelte prachtvoll. An einem Abzweig wies ein relativ neues Schild nach links zur Pulverkammer. Dem musste ich nachgehen. Nach kurzem Anstieg war sie erreicht, zwei in den Fels geschlagene Nischen, mit Stahltüren verschließbar, dienten einst der Aufbewahrung von Sprengmitteln für einen auf dem Berg befindlichen Steinbruch. Zu diesem später mehr. Von der Pulverkammer folgte ich dem unmarkierten Pfad weiter auf halber Höhe an der Ostseite des Berges entlang. Schon hier hatte ich einen schönen Ausblick auf das unter mir wogende Nebelmeer. Nur Kleiner und Großer Winterberg auf der anderen Elbseite schauten daraus hervor. An der Stelle, wo beim Weitergehen eine Felsspalte zu überspringen gewesen wäre, bog ich durch eine Einkerbung auf das Gipfelplateau hinauf und traf dort auf den Wanderweg, dem ich nach links zur Aussicht an die Südspitze folgte. Hier gibt es eine Schutzhütte und eine Triangulationssäule der sächsischen Landesvermessung von 1865 (auch Nagelsche Säule genannt). Es bot sich eine herrliche Aussicht über das Nebelmeer. Im Osten ragten einzig Kleiner und Großer Winterberg heraus, der markante Kegel des Růžovský vrch (Rosenberg) lag genau unter der Sonne und war deshalb nur schemenhaft zu sehen. Im Südwesten liegt der Děčínský Sněžník (Hoher Schneeberg), der Blick dorthin war nebelfrei. In westlicher Richtung blickte man auf Pfaffenstein und Gohrisch, der Rest war vom Nebel verschluckt. Der Name „Zschirnstein” soll sich übrigens vom slawischen Wortstamm für schwarz ableiten. Nach einem zweiten Frühstück mit Frühschoppen lief ich auf dem Wanderweg zurück. Nach etwa 500 m eine Besonderheit, direkt auf dem Gipfelplateau ist ein Basaltdurchbruch zu finden. An den Rändern des Durchbruches wurde im Mittelalter nach Brauneisenerz geschürft, welches im nahegelegenen Kleingießhübel verhüttet wurde. Später wurde hier ein Basaltsteinbruch aufgeschlossen, dafür diente also die Pulverkammer am Fuß des Berges. Weiter lief ich bergab. Über den bekannten Zugangsweg kam ich zur Kalkbude, bog dort nach rechts.
 
Nach kurzer Strecke steht links vom Weg am Fuß einer Eiche ein kleiner Stein mit eingemeißeltem Kreuz und der Jahreszahl 1549 - Schächers Kreuz -, ein Sühne- oder Mordkreuz. Die Eiche wird „Kreusels Eiche” genannt. Unter einer Eiche soll hier der Sohn des Schönaer Försters Kreusel 1549 von einem böhmischen Wilddieb ermordet worden sein. Der heute vorhandene Baum wurde um 1875 gepflanzt. Wahrscheinlich war der Stein aber noch älter, da er bereits 1548 als „Schechers Creutz” schriftlich erwähnt wird. Der Name „Schecher“ oder „Schächer“ steht dabei für Räuber oder Verbrecher, so dass es sich um einen Ort mit mehrfachen Ereignissen handeln müsste. Der heutige Stein dürfte ein Ersatz aus dem 19. Jh. sein, darauf weisen Art und Gestaltung hin. Ich folgte dem Weg weiter, unternahm einen kurzen Abstecher zum Böhmischen Tor (Česká brána). Heute findet man hier nur eine alte Grenzschranke, aber früher gab es einen Grenzwildzaun, der die Jagdreviere der sächsischen und böhmischen Herren voneinander trennte. 1691 reichte dieser von der Elbe bis zum Hammer Fichte, einem verschwundenen Ortsteil von Hellendorf. Ortsansässige Müller waren mit der Unterhaltung beauftragt, für die Möglichkeit der Grenzquerung hatte man Tore eingebaut. So an dieser Stelle , wo der Weg nach Maxičky (Maxdorf) führt. Von hier aus folgte ich nun dem Tal des Gelobtbaches abwärts. Ein Stück, nachdem der Hertelsgrundbach den Weg kreuzt, befindet sich links am Weg ein Stein mit der Aufschrift „Hinter Korn Marcht 1812”, der erste der Kornmarktsteine. Diesem Stein folgen noch zwei Weitere und sie erinnern an den Getreidehandel im Wald während des napoleonischen Krieges in den Jahren 1812/13, da Österreich damals den Warentransport im Elbtal blockiert hatte. Es muss eine ziemliche Plackerei gewesen sein, das unwegsame Gelobtbachtal mit schwerer Last zu queren.
Danach erreichte ich das Tal des Quergelobtbaches, direkt am Abzweig findet man die Ziskaquelle. Ich bog in das Tälchen hinunter und wanderte dann relativ eben entlang dem Gelobtbachtal talauswärts. Nach einiger Zeit war rechts am Weg ein Stein mit der Inschrift „Korn Marcht 1812” zu entdecken. Etwa 50 m weiter querte der Schwarzpfützenbach den Weg, dort musste ich dann hinunter. Ich lief jedoch geradeaus, bis ich an einer Kreuzung auf einen weiteren Stein, hier mit der Aufschrift „Mähl Marcht 1812” traf. Wenige Meter hin, warf ich einen kurzen Blick ins Elbtal. Ich kehrte um, lief zum Schwarzpfützenbach zurück, und stieg nach links ab. Unten traf ich auf die Grenze und den Gelobtbach, dessen Name sich übrigens nicht von „geloben“ sondern von „Kloben“, der Bezeichnung für ein Holzstück ableitet. Bergab ging es durch die enge Schlucht, die wir gemeinhin immer als Wolfsschlucht bezeichneten, was zumindest meine Karten nicht bestätigen. Hochwasser hat hier alles umgestaltet, Grenzsteine sind ausgespült und der Bach hat sich geteilt, nutzt nun teilweise den ehemaligen Wanderpfad. Unterhalb wurden im Verlauf das türkisblaue Staubecken der Gelobtbachmühle und der kleine Wasserfall sichtbar. Rechts neben dem Wasserfall befindet sich folgende Inschrift: „Schöna-Nidergrunder Gelobtbach-Wasserfall 18 5/10. 56. Wilh: Theod: K·E· Schneider”. Dies nur zur Vollständigkeit, wird doch im Netz immer wieder von „Thodt“ geschrieben.
 
Nach einer kurzen Pause brach ich wieder auf. Unterhalb liegt nun das Areal der Gelobtbachmühle, dass man ausweislich im Wald hochkant gestellter Paletten mit der Aufschrift „Privat“ nicht betreten soll. Ich umging diese daher bergseitig, traf danach auf einen Geröllfangstreifen zum Schutz der Bahn, den ich ein Stück für den Weiterweg nutzte. Danach orientierte ich mich bergwärts, stieg etappenweise auf. Nach unzähligen Begehungen beruflicher Natur sind mir noch viele Details vertraut, obwohl ich schon seit einigen Jahren nicht mehr hier war. So erreichte ich den Beginn der Teich-Steinbrüche. Vorbei an einigen Relikten, wie einstigen Feldbahntrassen, Treppen, kleinen Gebäuden und den Trassen zweier Schrägaufzüge durchquerte ich das Areal.
Später traf ich auf ein tiefer eingekerbtes Seitental, das Tal des Schieb-Baches. Unterhalb im Elbtal stand früher die Schieb-Mühle, die im Laufe ihres Daseins verschiedenste Funktionen innehatte, zuletzt von 1890-1990 als Malzfabrik diente. Sie besaß ursprünglich drei Staubecken oberhalb am Schieb-Bach, von denen mittlerweile zwei durch ein schweres Gewitter vor einigen Jahren zerstört wurden. Sogar Teile der Druckleitung wurden dabei herausgerissen und landeten in der Bahnunterführung und direkt an der Elbe. Vorbei an den zwei zerstörten Becken erreichte ich den intakten Schieb-Teich. Während ich fotografierte, kam überraschend ein Mountainbiker vorbeigefahren, die erste Person, die ich heute auf meiner Tour traf. Weiter im Wald aufwärts laufend, gelangte ich nun auf die Hochfläche, folgte nach rechts einem Feldweg Richtung Zirkelstein. Dort stieg ich hinauf und genoss die Rundumsicht. Wieder abgestiegen drehte ich noch eine Runde um das Waldstück, machte an einer aussichtsreichen Stelle Mittagsrast. Über den Feldweg lief ich abschließend nach Schöna hinein und zum Parkplatz zurück.

Tourengänger: lainari


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