Winteralpinismus am Chli Spannort
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Schon seit einiger Zeit war der Chli Spannort eine Wunschtour meinerseits. Selbstredend im Winter, wenn Zu- und Abstieg per Tourenski bewältigt werden können. Weil die Beschreibungen in der SAC-Führerliteratur (d.h. im Werk Urner Alpen 3) eher rudimentär und ziemlich unklar sind, und zudem von den Nordwandrouten abgeraten wird, hätte ich den Ostgrat versucht. Nachdem uns vor kurzem Alpinist mit seinem Bericht aber gezeigt hatte, wo es in der Nordwand lang geht, ging es vorwärts – der Chli Spannort wurde nun endlich von vielen als attraktiv erkannt, die Partnersuche gestaltete sich plötzlich viel einfacher und so konnte es losgehen!
Nach harter Arbeitswoche war die Lust auf sehr frühes Aufstehen mässig ausgeprägt. Nach einem Kaffeehalt und dem Packen des schweren Rucksackes ging es darum erst um 9.00 Uhr los in Färnigen (1500m). Erst der noch voll verschneiten Passstrasse, und dann dem Gorezmettlenbach entlang ins Tal hinein noch gemütlich, die Rossplangg dann eher mühsam. Ein gefrorener Acker ohne Spur, kein vergnüglicher Aufstieg. Danach im Juzfad endlich an der Sonne wird’s zwar etwas freundlicher, doch mit rutschiger Pulverauflage auf hartem Untergrund ist der Aufstieg über den Rossfirn nicht unbedingt angenehmer zu gehen.
Um 12.00 Uhr sind wir am Fuss des sogenannten Wintertürmli (ca. 2960m) und fahren mit Fellen bis auf 2780m auf dem Spannortfirn ab, von wo wir zum Spannortjoch aufsteigen – auch hier: ein elendes Geholper, massenhaft Zastrugis, pickelharte Stellen, dann wieder rutschiger Pulver. Vom Joch steigt man gegen die Nordwand des Chli Spannort empor. Auf einem flachen Plateau auf knapp 3000m ist Skidepot angesagt (12.45 Uhr).
Bei zügig-kaltem Wind rüsten wir uns für den Gipfelgang. Steigeisen, zwei Eisgeräte, Gstätli, vier Eisschrauben, je zwei Profil- und Messerhaken, ein wohlsortiertes Set Keile und Friends, improvisierte Holzstücke für Firnverankerungen, Helm und 2 x 50m Seil – wir sind also bestens vorbereitet und ausgerüstet, aber kein Wunder war der Rucksack dermassen schwer! Das Seil bleibt aber vorerst noch im Rucksack, wir queren nach rechts (Westen), fast mit jedem Schritt nimmt die Exposition zu. Wo es das Gelände zulässt steigen wir hoch zu den Felsen und queren an deren Fuss noch weiter nach rechts, zum Beginn der Goulotte (Kaminrinne).
Mit einem Camalot 2 und einem Profilhaken lässt sich an deren Beginn ein prima Stand einrichten, einen Mikrokeil brächte man auch noch unter, tiptop! Wir seilen uns an und ich steige die Rinne hoch. Der Schnee ist nicht schlecht, aber eher etwas griesig. Bald folgt die Crux, ein steiler Aufschwung. Ein schlechter Weichstahl-Haken steckt links im Fels, eine 13er–Schraube bringe ich zu 2/3 ins Eis und Möglichkeiten für einen kleinen Camalot gibt’s auch noch.
Nur soll man vor lauter Sichern auch noch Klettern! Man kann sich teilweise an den Seitenwänden hochstemmen, mit den Steigeisen im Fels, die Pickel greifen gut im Schnee, bzw. in der vereisten Steilstufe, im Eis – es macht richtig Freude hier zu klettern, fast alpines Plaisir und die Ladung Spindrift von oben gehört einfach dazu, sonst wäre es nicht wie richtig!
Nach der Steilstufe geht’s wieder etwas gemütlicher dahin, an den Seitenwänden lässt sich die eine oder andere mobile Sicherung anbringen, sofern man dies für nötig hält. Gegen oben verbreitert sich die Rinne und die Sicherungsmöglichkeiten werden rar. Ein weiterer Aufschwung mit viel griesigem Schnee auf losen Felsen ist knifflig zu meistern, und schon bald nähert man sich dem markanten dreieckigen Block.
Mit 50m-Seilen muss hier Stand bezogen werden. Ein Camalot 1 passt in einen soliden Riss (der 2er oder gar 3er wäre noch besser) und ein weiterer Profilhaken fährt singend in den Fels – Christoph kann nachkommen, er ist froh um etwas Bewegung, nach Warten wie im Tiefkühlschrank mit ständiger Spindrift-Berieselung. Als er bei mir ist, steigt er gleich weiter, das Gipfelplateau scheint nah, und es ist es auch tatsächlich. Die letzten Meter sind purer Genuss, um 14.55 Uhr sind wir oben.
Die Kletterei hat ganz schön Zeit (ca. 1:45 Stunden) gekostet – darum gibt’s nur Umschau halten, ein Gipfelfoto und etwas Material organisieren, und dann wird der Abstieg angetreten. Für den Abstieg packen wir den Joker aus: ein Holzstück, mit welchem wir an der Abbruchkante eine T-Verankerung bauen. Abklettern wäre zwar sicher auch möglich, aber als Familienväter gönnen wir uns diesen Safety-Luxus und fixieren das Seil.
Dann gilt es noch alle vorderhand noch belassenen Zwischensicherungen einzusammeln und auch die Haken wieder zu entfernen – eine Ehrensache. Ich hoffe doch sehr, dass diese Route auch in Zukunft von fixen Sicherungen, und erst recht Bohrhaken verschont bleibt. Diese sind schlicht und einfach für eine sichere Begehung nicht nötig, und es soll, darf, ja nein, muss auch Routen geben, wo man sich noch vollumfänglich selber um die Absicherung kümmern muss. Und für diejenigen, die das nicht können oder wollen, gibt es in der Umgebung genügend andere, schöne und einfacher erreichbare Gipfel
Auch nach der Kaminrinne gilt es noch konzentriert zu bleiben, ein Ausrutscher oder Fehltritt hätte auch hier noch fatale Folgen. Um 16.00 Uhr sind wir zurück beim Skidepot. Das Material kommt erst mal ungeordnet in den Rucksack und im Angesicht des grauslichen Schnees fahren wir gleich mit Fellen die 220hm aufs Plateau des Spannortfirns ab. Mit schweren Beinen geht’s auf erneut mühsam rutschigem Schnee dann wieder 200hm an den Fuss des Wintertürmli hinauf.
Hier wird nun abgefellt, um 17.00 Uhr sind wir startklar. Oben auf dem Rossfirn gibt es erst noch einige passable Schwünge, doch den Rest der Abfahrt kann man getrost unter „Höhenmeter vernichten“ abbuchen. Schwere Beine, schwerer Rucksack, miserabler, ruppiger Schnee – ich mache es mir so einfach wie möglich, zum Glück ist niemand mehr zugegen, so dass ich mich für einen solchen Fahrstil nicht schämen muss. Um 17.25 Uhr stoppen wir beim Auto, läck war das eine Tour!
Fazit und Bewertung
Die Skitour heute zum Spannortjoch war von den Bedingungen her eher zum Vergessen. Dennoch war die Tour für mich ein Supererlebnis und verdient alle Sterne – denn im Zentrum stand für mich heute nicht die Skitour, sondern der Gipfel. Dieser bot tolle Eindrücke, eine abenteuerliche Kletterei, kurzum Winteralpinismus vom feinsten. Das Wunschziel Chli Spannort bot alles, was ich mir erhofft hatte!
Die Schwierigkeiten im Nordaufstieg dürften sehr wesentlich von den Schneebedingungen und der Vereisung abhängen. Wie man die Route bewertet, bzw. bewerten soll, weiss ich nicht recht. Daher schliesse ich mich dem S- (bzw. allen weiteren Bewertungen) von Alpinist an. Bei guten, winterlichen Bedingungen ist der Auf-/Abstieg objektiv weitgehend sicher. Um zu sichern, ist alpine Erfahrung und Kreativität nötig. Geeignetes Material vorausgesetzt, kann aber prima gesichert werden.
Nach harter Arbeitswoche war die Lust auf sehr frühes Aufstehen mässig ausgeprägt. Nach einem Kaffeehalt und dem Packen des schweren Rucksackes ging es darum erst um 9.00 Uhr los in Färnigen (1500m). Erst der noch voll verschneiten Passstrasse, und dann dem Gorezmettlenbach entlang ins Tal hinein noch gemütlich, die Rossplangg dann eher mühsam. Ein gefrorener Acker ohne Spur, kein vergnüglicher Aufstieg. Danach im Juzfad endlich an der Sonne wird’s zwar etwas freundlicher, doch mit rutschiger Pulverauflage auf hartem Untergrund ist der Aufstieg über den Rossfirn nicht unbedingt angenehmer zu gehen.
Um 12.00 Uhr sind wir am Fuss des sogenannten Wintertürmli (ca. 2960m) und fahren mit Fellen bis auf 2780m auf dem Spannortfirn ab, von wo wir zum Spannortjoch aufsteigen – auch hier: ein elendes Geholper, massenhaft Zastrugis, pickelharte Stellen, dann wieder rutschiger Pulver. Vom Joch steigt man gegen die Nordwand des Chli Spannort empor. Auf einem flachen Plateau auf knapp 3000m ist Skidepot angesagt (12.45 Uhr).
Bei zügig-kaltem Wind rüsten wir uns für den Gipfelgang. Steigeisen, zwei Eisgeräte, Gstätli, vier Eisschrauben, je zwei Profil- und Messerhaken, ein wohlsortiertes Set Keile und Friends, improvisierte Holzstücke für Firnverankerungen, Helm und 2 x 50m Seil – wir sind also bestens vorbereitet und ausgerüstet, aber kein Wunder war der Rucksack dermassen schwer! Das Seil bleibt aber vorerst noch im Rucksack, wir queren nach rechts (Westen), fast mit jedem Schritt nimmt die Exposition zu. Wo es das Gelände zulässt steigen wir hoch zu den Felsen und queren an deren Fuss noch weiter nach rechts, zum Beginn der Goulotte (Kaminrinne).
Mit einem Camalot 2 und einem Profilhaken lässt sich an deren Beginn ein prima Stand einrichten, einen Mikrokeil brächte man auch noch unter, tiptop! Wir seilen uns an und ich steige die Rinne hoch. Der Schnee ist nicht schlecht, aber eher etwas griesig. Bald folgt die Crux, ein steiler Aufschwung. Ein schlechter Weichstahl-Haken steckt links im Fels, eine 13er–Schraube bringe ich zu 2/3 ins Eis und Möglichkeiten für einen kleinen Camalot gibt’s auch noch.
Nur soll man vor lauter Sichern auch noch Klettern! Man kann sich teilweise an den Seitenwänden hochstemmen, mit den Steigeisen im Fels, die Pickel greifen gut im Schnee, bzw. in der vereisten Steilstufe, im Eis – es macht richtig Freude hier zu klettern, fast alpines Plaisir und die Ladung Spindrift von oben gehört einfach dazu, sonst wäre es nicht wie richtig!
Nach der Steilstufe geht’s wieder etwas gemütlicher dahin, an den Seitenwänden lässt sich die eine oder andere mobile Sicherung anbringen, sofern man dies für nötig hält. Gegen oben verbreitert sich die Rinne und die Sicherungsmöglichkeiten werden rar. Ein weiterer Aufschwung mit viel griesigem Schnee auf losen Felsen ist knifflig zu meistern, und schon bald nähert man sich dem markanten dreieckigen Block.
Mit 50m-Seilen muss hier Stand bezogen werden. Ein Camalot 1 passt in einen soliden Riss (der 2er oder gar 3er wäre noch besser) und ein weiterer Profilhaken fährt singend in den Fels – Christoph kann nachkommen, er ist froh um etwas Bewegung, nach Warten wie im Tiefkühlschrank mit ständiger Spindrift-Berieselung. Als er bei mir ist, steigt er gleich weiter, das Gipfelplateau scheint nah, und es ist es auch tatsächlich. Die letzten Meter sind purer Genuss, um 14.55 Uhr sind wir oben.
Die Kletterei hat ganz schön Zeit (ca. 1:45 Stunden) gekostet – darum gibt’s nur Umschau halten, ein Gipfelfoto und etwas Material organisieren, und dann wird der Abstieg angetreten. Für den Abstieg packen wir den Joker aus: ein Holzstück, mit welchem wir an der Abbruchkante eine T-Verankerung bauen. Abklettern wäre zwar sicher auch möglich, aber als Familienväter gönnen wir uns diesen Safety-Luxus und fixieren das Seil.
Dann gilt es noch alle vorderhand noch belassenen Zwischensicherungen einzusammeln und auch die Haken wieder zu entfernen – eine Ehrensache. Ich hoffe doch sehr, dass diese Route auch in Zukunft von fixen Sicherungen, und erst recht Bohrhaken verschont bleibt. Diese sind schlicht und einfach für eine sichere Begehung nicht nötig, und es soll, darf, ja nein, muss auch Routen geben, wo man sich noch vollumfänglich selber um die Absicherung kümmern muss. Und für diejenigen, die das nicht können oder wollen, gibt es in der Umgebung genügend andere, schöne und einfacher erreichbare Gipfel
Auch nach der Kaminrinne gilt es noch konzentriert zu bleiben, ein Ausrutscher oder Fehltritt hätte auch hier noch fatale Folgen. Um 16.00 Uhr sind wir zurück beim Skidepot. Das Material kommt erst mal ungeordnet in den Rucksack und im Angesicht des grauslichen Schnees fahren wir gleich mit Fellen die 220hm aufs Plateau des Spannortfirns ab. Mit schweren Beinen geht’s auf erneut mühsam rutschigem Schnee dann wieder 200hm an den Fuss des Wintertürmli hinauf.
Hier wird nun abgefellt, um 17.00 Uhr sind wir startklar. Oben auf dem Rossfirn gibt es erst noch einige passable Schwünge, doch den Rest der Abfahrt kann man getrost unter „Höhenmeter vernichten“ abbuchen. Schwere Beine, schwerer Rucksack, miserabler, ruppiger Schnee – ich mache es mir so einfach wie möglich, zum Glück ist niemand mehr zugegen, so dass ich mich für einen solchen Fahrstil nicht schämen muss. Um 17.25 Uhr stoppen wir beim Auto, läck war das eine Tour!
Fazit und Bewertung
Die Skitour heute zum Spannortjoch war von den Bedingungen her eher zum Vergessen. Dennoch war die Tour für mich ein Supererlebnis und verdient alle Sterne – denn im Zentrum stand für mich heute nicht die Skitour, sondern der Gipfel. Dieser bot tolle Eindrücke, eine abenteuerliche Kletterei, kurzum Winteralpinismus vom feinsten. Das Wunschziel Chli Spannort bot alles, was ich mir erhofft hatte!
Die Schwierigkeiten im Nordaufstieg dürften sehr wesentlich von den Schneebedingungen und der Vereisung abhängen. Wie man die Route bewertet, bzw. bewerten soll, weiss ich nicht recht. Daher schliesse ich mich dem S- (bzw. allen weiteren Bewertungen) von Alpinist an. Bei guten, winterlichen Bedingungen ist der Auf-/Abstieg objektiv weitgehend sicher. Um zu sichern, ist alpine Erfahrung und Kreativität nötig. Geeignetes Material vorausgesetzt, kann aber prima gesichert werden.
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