Klettern an den Eggstöcken? "Sött mögli sii"!

Mit einem ganzen Pulk Wanderer und Klettersteigler (man erkennt sie in Lintthal am bereits montierten Gstältli und Helm) zum Gumen und kurz Richtung Orstockhaus, dann rechts hinauf zum Einstieg etwa 30m westlich vom Abstieg des Leiteregg Klettersteig, T3.
Der Einstieg wie auch der weitere Routenverlauf ist durch farbige, meist rote Punkte sowie unzählige Borhaken deutlich vorgegeben:

1 Sl 3a: in T6 Runse hoch, einiges loses Material an Ort und Stelle lassend zum ersten Stand (Irniger-Platte).
2. Sl 5b scharf nach rechts an einen Pfeiler mit nicht ganz tadellosem Fels. Um diesem Befund nachdruck zu verschaffen, löse ich (entgegen meiner sonstigen Gepflogenheit) gleich eine solid aussehende, VW-Tür grosse Schuppe – zum Glück sind wir alleine in der Route und der untere Stand ist deutlich versetzt, ein solches Kaliber wäre kein Fall für die SUVA, sondern für die Lebensversicherung…
3. Sl 6a(+)endlich wird der Fels kompakt, rau und solid: in einer schönen Verschneidung immer kniffliger hinauf. Kurz Kaminartig entweder mittendrin (Methode menschl. Klemmkeil) oder nur dabei (luftig aussen) bis zur guten Leiste, wo’s nach links geht. Ein, zwei knifflige Plattenstellen (meiner Ansicht nach etwa 5c+ obl.) bis zum Stand.
4. Sl 5c+ Luftiger Quergang nach links, in bestem Fels leichter hoch bis zur Rissverschneidung. Anfangs schwieriger, dann einfacher.
5. Sl 4c Kurzes Intermezzo über Platte (eher einfacher als 4c), dann dem Grasgrätlein zum nächsten Aufschwung, am besten mit 4. Länge zusammenhängen.
6. Sl 6a Steil und griffig über den Aufschwung, sieht brüchig aus, ist aber solid abgeklettert. Genüsslich einfacher zum Stand. Kaum 6a, maximal 5c.
7. Sl 6a nach einem kurzen grasigen Transfer über ein Grätchen (Stand) geht’s steil direkt an der Kante in wenig solid wirkendem „Igelfels“ hoch, tolle Kletterei! Nach einer Flachpassage nochmals eine ausgesetzere Kante. Ich schlage wiederum eine Einstufung auf höchstens 5c+ vor.
8. Sl 3c wiederum im Gras nach rechts, durch eine kurze Verschneidung (Fels!) in noch mehr Gras zum Stand. Leichter als angegeben
9. Sl 4c Gutgriffige Verscheidung, Kante in gutem Fels und bald wieder Stand. Einfacher als angegeben
10. Sl 5a kurz plattig hoch, dann wieder im Gras zum Stand links am nächsten Aufschwung. Ebenfalls leichter als 5a
Ab hier würde „Sött mügli sii“ in 2 bis 4 einfacheren Seillängen, meist in Schrofen zum Gipfel verlaufen. Wir wenden uns darum auf dem Grasband 15m nach rechts (Osten), wo wir in gutem Fels nach einigem Suchen die neuere Linie von „Sambolero“ finden. Leider gibt’s auf dem Band keinen Stand (ist 5m weiter unten, warum auch?), der erste BH ist bald geklickt und wir „gewinnen“ einige Meter in bestem, rauem Kalk (5c+ im Topo, ich würde 5b veranschlagen), bis das Gelände leichter wird (Wandbuch, feucht, letzer Eintrag aus dem 2008!)) und wir in zwei Weiteren „Seillängen“ (T5, II) den Gipfel des Vorder Eggstock erreichen.

Oben wird einem schlagartig bewusst, dass es an diesem Berg genau eine Linie gibt: diejenige, in welche sich an schönen Sommertagen Aberdutzende von Klettersteigtouristen einklinken. Pro Jahr sind es über 2000 Personen, die auch im Gehgelände gibts durchgehend ein Stahlseil. Einsamkeit gibts hier oben kaum, dafür erlaubt der Klettersteig einen zügigen Abstieg, etwas mehr eine Stunde später verpassen wir Braunwald gerade ein Bähnli hinunter - halb so schlimm, im Kiosk gibts kühle Erfrischungen.

Die Absicherung ist tadellos um nicht zu sagen übertrieben: nicht an jeder Stelle mit zwei Borhaken in kleinem Abstand darf Stand gemacht werden! Ausgerechnet die 3. und 4. Länge haben aber ein wenig längere Abstände (sprich um 3m), obwohl sie die anspruchsvollsten sind. Dazu eine Bemerkung zu den angegebenen Schwierigkeitsgrade: Die 3. Seillänge ist mit Abstand die Schwierigste, obwohl "nur" mit 6a- bewertet; ich denke hart 6a oder 6a+ ist zutreffend. Wurde hier ein "-" und ein "+" verwechselt, so wären die Bewertungen wenigstens einigermassen konsistent? Generell lassen sich von den Graden jeweils ein Buchstabe wegzählen, dann kommts etwa hin.

Fazit: durchaus lohnende Pfeilerkletterei mit einigen netten Passagen in gutem Fels. Etwas störend sind aber die häufigen Graspassagen und der Bruch unmittelbar neben der Ideallinie. Bei mehreren Seilschaften ist Vorsicht angebracht, trotz der guten Absicherung ist etwas alpine Erfahrung (und in der 3. Sl sauberes Klettern, mit 5b obl. kommt man kaum hoch!) von Vorteil. 
Richiges Wandfeeling kommt durch das gestufte Gelände (evtl. gäbe es die eine oder andere T6-Linie durch die Wand?) kaum auf und der Rummel auf dem Klettersteig ist auch nicht jedermanns/fraus Sache.
Das Gestein ist mit seinen sehr schönen Seillängen, unterbrochen durch zweifelhaftere Stellen vergleichbar mit dem der Jegerstöcke im Herkules, auch wenn sich hier alles zwei Franzosengrade darunter in lieblicherem Ambiente abspielt.

Eine gute Beschreibung mit Fototopo von Frank Nebbe übrigens hier.