Waldstatt: Klettersteig an der Urnäsch


Publiziert von konschtanz , 22. Mai 2024 um 21:50.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum:19 Mai 2024
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-AR 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:10:10 Uhr Start mit dem Velo in Kreuzlingen Bärenplatz, über Lengwil, Illighausen, Klarsreuti, Mattwil, Leimbach, Sulgen, Kradolf, Bischofszell, Hauptwil, Ronwil, Arnegg, Gossau, Herisau, Waldstatt. Ankunft ARA Waldstatt 14:25 Uhr kein Parkplatz für Autos.

Ich stelle mein Velo bei der ARA von Waldstatt ab, ziehe die Bergschuhe an und los geht's.

Im Schluchtenwald umhüllt mich der verhaltene Gesang eines Rotkehlchens. Seine Stimme klingt bedeckt wie der Himmel: Bei der schweisstreibenden Hinfahrt bergauf waren Wolken willkommen.

Der Pfad, der von der ARA abwärts an die Urnäsch führt, wird unterhalten. Stufen sind erneuert, ein Abschnitt, den ein umstürzender Baum mit seinen Wurzeln aufgerissen hat, wird durch eine neu gezimmerte Holztreppe umgangen, und das Stahltross, das als Geländer dient, glänzt noch hell. Unten quert eine Metallbrücke den Fluss, der Auensteg.

 

Auf der anderen Seite geht es solange hoch, bis der Weg eine Linkskurve macht und das Geländerseil die Seite wechselt. Hier folge ich hangparallel einem Pfad flussaufwärts. Nach Querung einer Runse erreiche ich einen Grat. Wenn man von da einen Ausblick nach unten wagt, sieht man, dass hier Felsbänke steil aufsteigend die Böschung schneiden. Abstieg am Grat, bis man weiter kann. Im ungünstigsten Fall hinunter bis ganz ans Ufer.

Wenn man dort ein kurzes Stück weiter flussaufwärts geht, sieht man links in der Böschung Seile. Da geht es hoch. Die Seile queren eine grasige Runse und führen auf einen riesigen Felsblock.

 

Mein Weg, der etwas höher durch die Böschung führt, trifft zufällig zwei Meter oberhalb des Seils auf die Runse. So kann ich das Seil und die Eisenkrampen oben am Fels nutzen. Von der Felsplattform gib es einen Abstieg mit Seil runter ins Wasser. Damit hat es folgende Bewandnis:

 

Die Urnäsch durchschneidet hier einen Felsriegel aus hartem Sandstein. Direkt vor der Enge sind von beiden Seiten haushohe Felsblöcke in den Fluss gefallen und sorgen so direkt vor der Verengung für kräftige Strömung. Diese Felsen dienen als natürlicher Sprungturm für die Einheimischen, die hier im Sommer baden.

 

Nach der Passage erweitert sich der Fluss zu einem Becken, das auch als Schwimmbecken für die weniger Waghalsigen dient. Und genau hier, auf der Rückseite der Enge, führt das Seil und Eisenkrampen auf den Felsen, den ich gerade bestiegen habe. Der Abstieg auf der Gegenseite ist durch eine solide im Fels verschraubte Alu-Leiter gesichert, von da kommt man direkt auf die Sprungfelsen. Ob die Installation ein Werk der Schwimmer, des Militärs oder von Kletterfreunden ist, weiss ich nicht.

 

Ich habe auf dem Sprungfelsen Platz genommen und staune: Die zierlichen Trompeten der Flechten direkt am Abgrund des Felsen treten in lautlosen Wettkampf mit dem tosenden Weisswasser am Fuss der Felsen. Die fein gepünktelten Blütensterne des rundblättrigen Steinbrechs schweben in der Luft. Inmitten dieser Landschaft aus Grau und Grün, Weiss und Blau setzt der blühende Storchenschnabel einen Punkt. Pink.

 

Holzkohlereste auf der Felsplattform zeugen von einem Lagerfeuer. An Holz mangelt es nicht. Landseitig hat sich bis fast auf die Höhe des Felsen Schwemmholz aufgetürmt. Drei, vier Meter. Und nochmal zwei Meter höher auf einem anderen Felsen die nächste Etage Schwemmholz. Der Fluss hat klare Zeichen gesetzt, was an dieser Engstelle bei Hochwasser abgeht. Treibholz 6 Meter über dem Niveau des aktuellen Wasserstands.

 

Auch wenn der kürzeste Weg weiter stromaufwärts über das Treibholz führt, sollte man sich bewusst machen, dass die Statik dieses Holzgerüsts auf dem Chaos des Hochwassers beruht. Man kann durchbrechen oder Abkippen. Und morsch wird das Holz auch, an Feuchte fehlt es nicht.

 

Nach Überwinden der Felsblöcke heisst es, einige Querrippen zu übersteigen. Die Rippen sind aus Sandstein, der Strömung zugewandt sind sie ausgehöhlt. Die Aushöhlung ist blaugrau, wenn man darauf tritt, rutscht man aus: Mergel, der hier im Wechsel mit Sandstein lagert.

Ein kurzes Stück geht es am Flussufer. Dann eine steile Runse, die im Fluss mündet, dahinter ein glitschiger steiler Felsabschnitt und eine Felsnase mit einem Seilknoten. Nur, dass ich nicht dahin komme - unten ist kräftig strömendes Wasser. Es beginnt zu regnen, Ich steige links der Runse im Hangschutt entlang einer Felsrippe auf, bis zu einem unterspülten Felsen. Hier ist es trocken. Ich warte den Schauer ab. Am Ufer weiter geht nicht. Über die Runse geht nicht. Aufsteigen: vor mir eine Geländestufe. Ich umarme eine Fichte wie ein Bär, nur nicht so stark. Ich ziehe mich nach oben und heble mit den Knien am Boden, bis ich die Stufe überwunden habe. Am Grat entlang links der Runse steige ich auf. Ich sehe eine Querung für Wild, aber nicht für mich. Ich steige auf bis zur Oberkante, und dann auf der anderen Seite der Runse wieder  auf einem Grat abwärts, bis nach unten an die Urnäsch. Jetzt bin ich hinter der Felsnase und sehe: da hängt ein Seil, das ich auf der anderen Seite gebraucht hätte. 

Weiter am Ufer. Im Fels sind Tritte, glitschig. Rot-weiss-grauer Mergel. Ein Übergang über die nächste Felsnase mit Eisenkrampen. Schon sehe ich die nächste Engstelle mit Kurve vor mir: Es ist eine schöne Kletterstelle, wo man auf Eisenkrampen tritt und sich an Eisenkrampen festhält, am Fels, über dem Fluss. Eine schöne Stelle für schönes Wetter. Aber es regnet wieder. Der Fels ist da und dort extrem rutschig. Schade. Heute ist hier Schluss. Ich steige entlang der Sandsteinfelsen auf, vorbei an der Runse, mit der ich die Kletterpassage umgehen könnte, über eine steile Lichtung an die Oberkante. Wer hier Holz gefällt hat, wie hat der die Stämme hoch bekommen? Oben ein Holzstapel und ein grosser Findling, der aussieht wie Schrattenkalk. Blick auf Bauernhäuser, eine lange Scheune und die Hundwiler Höhi.
Die Wiesen sind gemäht. Ich gehe am Waldrand nach links, bis ich auf den Wanderweg stosse, der durch den Lama-Hof wieder hinunter zum Auensteg führt. Auf der anderen Seite hoch, und ich bin wieder am Velo bei der ARA Waldstatt.

Die eigentlich geplante Route sah etwas anders aus: Kletterpassage dort, wo ich umgekehrt bin, und dann weiter am selben Ufer bis man eine Weidefläche am Fluss und eine Brücke erreicht. Das ist dann der Auenlochsteg. Wenn man den quert und dann dem Wanderweg folgt, kommt man südlich von Waldstatt raus und kann dann dem Wanderweg folgend nach Waldstatt zurückkehren. Kurz hinter dem Gasthaus am Ortsschild biegt rechts ein Pfad durch ein Moor, vorbei an einem Weiher, über die neue hölzerne Badtöbelibrücke und dahinter rechts, ein Stück am Badtöbeli entlang, bis man über Punkt 788 Ebni zur Bahnstrasse und dann zur ARA kommt. Aber diesmal sollte es nicht sein.

Rückweg: 19:49 Start, 22:33 Bärenplatz Kreuzlingen 16°C


Tourengänger: konschtanz


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Kommentare (2)


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kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 24. Mai 2024 um 10:08
etwas Eisen an den Füssen würde die Touren besser gangbar machen.

konschtanz hat gesagt: RE: besser gangbar
Gesendet am 24. Mai 2024 um 18:32
zur heissen Jahreszeit gibt es eine andere Möglichkeit: Dann trage ich Wassersandalen und gehe ich nicht über den Auensteg, sondern bleibe rechts - gegen den Strom - an der Urnäsch, bis ich das Becken bei der Engstelle erreiche. Kurz davor quere ich und steige dann entweder direkt am Felsen auf oder über die Runse - beide sind mit Seil ausgestattet. Dann dahinter auf der Leiter runter, über die Felsen, und links - gegen den Strom - am Ufer mit gelegentlichem Ausweichen ins Wasser, namentlich bei der steilen Runse. Wenn die Felsen richtig trocken sind, rutscht man nicht so und kommt so direkt an die schöne Kletterstelle, die ich diesmal nur sehen durfte.


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