Kurzbericht 

Kastilienreise


Publiziert von PStraub , 23. Februar 2024 um 13:55.

Region: Welt » Spanien » Kastilien-León
Tour Datum:21 Februar 2024

Seit ich 1970 ein halbes Jahr in Almería gearbeitet hatte, war ich immer mal wieder in Spanien gewesen. Anfänglich eher in Andalusien unterwegs, klapperten Irène und ich später die Mittelmeerküste ab wie zB. hier und besuchten auch den Norden.
Um einmal auch das Kernland zu sehen, war 2020 eine Kastilien-Reise geplant. Welche, wie so vieles, Corona zum Opfer fiel.

So machten wir uns jetzt endlich auf, das nachzuholen.

Kastilien liegt relativ hoch und hat ein eher kontinentales Klima, im Winter kann es richtig kalt werden. Doch wir hatten Wetterglück: Wir hatten moderate Temperaturen und fast immer war es sonnig. Überhaupt scheint (auch) in Spanien das Klima zu ändern, es ist viel zu trocken und viel zu warm. Schon jetzt blühten überall die Mandelbäume.

Unterwegs waren wir mit einem Leihwagen. Gebucht hatte ich einen Kleinwagen mit GPS. Als mir am Schalter (Terminal 4) gesagt wurde, es gäbe ein Gratis-Upgrade, habe ich mir nicht viel dabei gedacht. Der Schock kam erst, als ich (beim Terminal 1) vor der Karre stand: Es war ein riesiger SUV-Hybrid-Jeep Renegade mit Automatikgetriebe. Er kombinierte so ziemlich alles, was ich bei andern im Strassenverkehr hasse. Pikantes Detail: Das GPS haben wir nie zum Laufen gebracht ..

Erst fuhren wir nach Toledo. Wie fast alle Städte, welche wir besuchten, liegt die Kernstadt auf einem Felssporn über einem Flusstal. Wer meint, Städtetrips seien keine sportliche Aktivität, der war noch nie hier unterwegs. Da geht es pausenlos hinauf und hinunter, da kommen schnell mal viele hundert Höhenmeter zusammen.

In Toledo haben Juden, Moslems und Christen ihre Spuren hinterlassen, die Stadtmauern gehen auf die Römerzeit zurück. Sein Erzbischof ist Primas der katholischen Kirche Spaniens, das war im - früher - streng katholischen Spanien eine Machtposition.

Im Museo de Santa Cruz, einem prächtigen Bau aus dem 15. Jh. werden im Erdgeschoss die "grossen" Habsburger (Carlos I und Felipe II) gross herausgebracht. Das ist einigermassen erstaunlich: Philipp II. war eher geachtet als beliebt. Und sein Vater Karl V. galt den Spaniern als Ausländer und war ziemlich verhasst.
Im rechten Seitenflügel hat es eine unscheinbare weisse Schiebetür mit der Aufschrift "Monasterio". Unbedingt dort hinaus: Die richtig guten Teile des Museums, insbesondere der Innenhof mit den archeologischen Funden und dem Obergeschoss, sind nur so zugänglich.

Der nächste Zwischenhalt war in San Lorenzo de El Escorial. Der oben erwähnte Felipe II mochte seine Residenz in Madrid nicht und liess sich hier am Fuss der Sierra eine "Zweitwohnung" von gigantischen Ausmassen und entsprechenden Kosten bauen.
Im einem Untergeschoss wurden die meisten Familienmitglieder der nachfolgenden Könige beerdigt. Man geht an einer Unmenge an Grabmälern und Sarkophagen vorbei. Das ist eher gruselig.

Während der Fahrt durch die bergige Landschaft nach Ávila regnete es das einzige Mal.

In Salamanca zum Hotel, also in das historische Zentrum zu kommen, war ein Albtraum. Erst der Hinweis, man dürfe (= müsse) als Gast sämtliche Fahrverbote ignorieren, machte es möglich.
Es ist eine Universitätsstadt, höhere Bildungseinrichtungen gibt es hier seit dem 13. Jahrhundert. Die Strassen sind voll von jungen Leuten. Und nicht alle sind ständig am Studieren, vielerorts sind nächtelange Parties angesagt. Was uns zwei schlaflose Nächte bescherte.
Trotz der unglaublichen Dichte an historischen Bauten wurde ich mit der Stadt nicht richtig warm. Das war in den nachfolgenden Kleinstädten anders.

Zamora ist übersichtlich und Tordesillas ein Dorf. Die Hotels sind gemütlich, die Distanzen klein und die Leute locker.
Wie meist auf einer solchen Reise, nahmen wir an einer Messe teil, diesmal in der Kirche des Klosters Santa Clara in Tordesillas. Das war ursprünglich ein Palast, der für Leonor de Guzmán, der Mätresse und späteren "Aushilfs"-Ehefrau von Alfonso XI. gebaut wurde. Im riesigen Kloster sind gerade noch sechs Nonnen. 

Halbwegs zwischen Tordesillas und Medina del Campo liegt Rueda, Spaniens Zentrum für den Anbau von qualtiativ hochwertigen Weissweinen. Früher hiess es, nur borracheros tränken Weisswein, das scheint sich langsam zu ändern.
Da es von Tordesillas aus auch in das Anbaugebiet Ribera del Duero nicht weit wäre, müsste man in der Region nicht verdursten.

In dieser Gegend sind die Reyes Catolicos und ihre Geschichte allgegenwärtig. Sie hielten sich auch oft und gerne hier auf. Auf sie geht unsere Vorstellung von Spanien als Einheitsstaat zurück. Dabei waren sie Könige über zwei verschiedene Reiche. Er war König von Aragon, den Balearen, Sizilien und Neapel, sie von Kastilien. Die coole Isabella achtete genau darauf, dass es da keine Übergriffe gab und liess das vertraglich absichern.
Daneben hatten sie "gemeinsame Interessen": die Reconquista-Gebiete um Granada und die Kolonien in Zentral- und Südamerika. Ein Einheitsstaat wurde Spanien erst Mitte des 19. Jd. unter der nächsten Isabella, welche in den Karlistenkriegen siegreich war.

In Segovia gibt es neben spektakulären Bauten auch eine kulinarische "Sehenswürdigkeit". Sie heisst Cochinillo de Segovia und ist eine Art Spanferkel. Rasse, Aufzucht, Gewicht und Zubereitung sind genau definiert, damit es den Anforderungen der geschützten Marca de Garantía entspricht. Es ist eine Menge Fleisch. Wir waren Zeugen, wie am Nebentisch eine 6er-Gruppe damit kämpfte und und längst nicht alles aufessen konnte.
Nachtrag 06.03.2024: Gemäss einem Kollegen von Irène wird in den besten Häusern der Stadt das Spanferkel nicht mit einem Messer tranchiert, sondern - zum Beweis, wie zart es sei - mit dem Tellerrand.

Mit diesem Bericht haben ein paar Städte Kastiliens auf HIKR Erwähnung gefunden.

Tourengänger: PStraub, mami6


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