Schmalkalden im Hitzesommer 2003, Teil 1: Stadt, Umland und Großer Inselsberg
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Version 1.3 vom 14.03.2025
Einleitung
Ein weiterer Rückblick führt mehr als 20 Jahre in die Vergangenheit und wie bei anderen, ähnlichen Berichten, sind auch hier meine Aufzeichnungen eher dürftig, dafür ist anderes Material noch vergleichsweise zahlreich vorhanden, und damit lässt sich allerhand anfangen. So geht es auch diesmal weniger um präzise Routenbeschreibungen, sondern mehr um das Festhalten einiger Details, die gerade in der Schweiz nicht so bekannt sind.
Anfang August 2003 weilte ich während einer Woche zu Besuch in Schmalkalden, einem äusserst reizvollen Städtchen am südwestlichen Rand des Thüringer Waldes. Noch heute ist der Sommer 2003 wohl manchen als «der Hitzesommer» bekannt, wenngleich ähnlich heisse Sommer durch die fortschreitende Klimaerwärmung in den letzten Jahren immer häufiger aufgetreten sind, und in Zukunft wohl zum Normalfall werden dürften. Für mich war es auf jeden Fall der heisseste Sommer bis dahin, was auch daran lag, dass die Temperaturen in Mitteldeutschland noch wesentlich höher lagen als im Schweizer Mittelland und in dieser Ferienwoche während mehrerer Tage die 40°C-Marke knackten.
Der Thüringer Wald ist ein lang gestrecktes Mittelgebirge, welches bei Eisenach beginnt, sich in südöstlicher Richtung erstreckt und in der Gegend von Schleusingen ins Thüringer Schiefergebirge übergeht. Dieses zieht sich zunehmend abflachend bis zur ehemaligen Zonengrenze hin, wo schliesslich der Übergang in den Frankenwald erfolgt. Die Auffaltung des Gebirges war eine Folge der Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Kontinentalplatte, genau wie bei den Alpen auch. Geologen schätzen, dass die Gipfel einst rund 2000 m hoch waren, aber infolge der Erosion im Laufe der Jahrmillionen sind davon nur noch knapp halb so hohe Berge übrig geblieben, die das Flach- bzw. Hügelland im Norden und Süden dennoch eindrucksvoll überragen.
Anreise und Unterkunft
Die Reise beginnt am Morgen des Mo. 4. August um 8.16 Uhr in Ostermundigen und führt als erstes mit der S-Bahn nach Bern, weiter mit dem IC nach Basel SBB und ab 10.13 Uhr mit dem ICE 878 nach Frankfurt Hbf. Dort steige ich in den ICE 1651 um, der um 13.21 Uhr losfährt und um 15.00 Uhr Eisenach erreicht, wo ich aussteige. Aus nicht mehr bekannten Gründen lege ich einen Aufenthalt von gut 2 Stunden ein, ehe es um 17.15 Uhr mit der Süd-Thüringen-Bahn (STB) weiter geht. Das dafür gelöste «Hopper-Ticket» kostet mich € 4.00, was für die rund einstündige Fahrt recht günstig ist. In Wernshausen muss ich umsteigen und erreiche kurze Zeit später und ziemlich genau 10 Stunden nach der Abreise mein Ziel Schmalkalden.
Vom Hauptbahnhof folge ich der Bahnhofstraße über das Flüsschen Stille hinweg und biege links in die Pfaffenwiese ein. Und schon liegt meine Unterkunft vor mir – ein stattlicher Backsteinbau mit einem Türmchen, umgeben von vielen schattenspendenden Bäumen; genau das Richtige in diesen heissen Tagen. Ich werde willkommen geheissen und in mein Zimmer geführt, das nun für eine Woche meine Bleibe sein wird. Definitiv eine gute Wahl! Es ist sehr geräumig und liegt im Dachstock mit schönem Ausblick auf den Park. Neben dem Bett befindet sich ein wunderbarer Rundfunkempfänger aus vergangenen Zeiten, wobei ich mich an den Hersteller nicht mehr erinnern kann. Er ist allerdings an das örtliche Kabelnetz angeschlossen, weshalb ich damit keine Fernempfangsversuche durchführen kann. Das spielt aber keine Rolle, denn zumeist höre ich sowieso der mir schon von früheren Aufenthalten in Franken, Hessen und Thüringen bestens bekannte Sender MDR 1 Radio Thüringen, der zu jener Zeit ein sehr gefälliges Programm geboten hat. Heute – über 20 Jahre später – ist es mehr oder weniger ein normales Hitradio mit hohem Oldie-Anteil, wie sie in Deutschland und anderen Ländern zahlreich sind. Vom Rundfunk wird später in einem anderen Zusammenhang noch die Rede sein.
Das Haus «Wolf» ist vom Typ her ein Bed&Breakfast, wobei ich das Zimmer auch tagsüber jederzeit benutzen darf (was bei einem Bed&Breakfast nicht zwingend der Fall sein muss). Die Eigentümerin, Frau Wolf, erläutert mir, dass sie mir jeweils morgens das Frühstück auf dem Flur bereitstellen werde, wo ich auch genügend Platz zum Essen habe. Die beiden anderen Zimmer sind derzeit nicht belegt, entsprechend habe ich den ganzen Dachstock für mich und so ist es auch überaus ruhig da oben. Gefrühstückt habe ich dann stets vorzüglich und so reichlich, dass ich auf ein Mittagessen problemlos verzichten konnte.
Stadt Schmalkalden und Grasberg
Aufgrund der äusserst hohen Temperaturen finden meine Aktivitäten draussen bevorzugt in den noch halbwegs erträglichen Vormittagsstunden statt. Meine lokale «Reiseführerin» zeigt mir am Dienstag das Schloss Wilhelmsburg, welches östlich der Altstadt auf einem Ausläufer des Hausberges Queste liegt und einen schönen Blick auf die Stadt bietet. Diese wird geprägt von stattlichen Fachwerkbauten. In einem solchen Haus ist auch die «Tourist Information» zu finden, die ich am Nachmittag aufsuche, da mir noch eine Wanderkarte der Gegend fehlt. Zu meiner Enttäuschung wird mir nur recht schlechtes Material vorgelegt, ähnlich dem, was zu DDR-Zeiten für die Allgemeinheit an Karten zugänglich war und vermutlich auch noch aus dieser Zeit stammend. Über die DDR-Karten hatte ich im Bericht zur Wanderung im Thüringer Bibertal bereits berichtet. Auf mein hartnäckiges Nachfragen, ob sie keine topographischen Karten im Sortiment haben, rückt man schliesslich doch noch eine solche raus: Geht doch! Es handelt sich um eine mit allerlei touristischen Informationen aufgemotzte ehemalige DDR-Militärkarte im Massstab 1:25’000, deren ausgezeichnete Qualität mir bereits bekannt ist.
Und diese Karte kommt dann am Mittwochvormittag auch gleich zum Einsatz, als wir südlich der Stadt zum Grasberg hinaufsteigen. Es handelt sich hierbei nur um einen recht bescheidenen Hügel von 438 m Höhe, der einem aber dennoch etliche Schweisstropfen abverlangt. Trotz der geringen Höhe bietet er einen umfassenden Ausblick über die Stadt hinweg nordwärts, wo die hohen Berge des Thüringer Waldes den Horizont bilden. Gut zu sehen ist dabei der Große Inselsberg, auf den ich nachstehend und aus heutiger Optik ein wenig vertiefter eingehen möchte:
Virtueller Ausflug zum Großen Inselsberg mit einem Exkurs in die Funkwellenausbreitung und die Sichtweite
Um es gleich vorwegzunehmen: Es war mir während dieser Ferien nicht vergönnt, auf diesen Berg zu gelangen. Er liegt zwar lediglich 15 km von Schmalkalden entfernt, aber die Reise mit dem öffentlichen Verkehr und zu Fuss dort hinauf wäre doch recht umständlich gewesen, insbesondere angesichts der grossen Hitze. An meinem letzten Urlaubstag, dem Sa. 9. August wurde übrigens die mit 31.7°C bis heute (2024) höchste Temperatur auf dem Großen Inselsberg gemessen!
Mit 916.5 m ist es zwar nicht der höchste Gipfel des Thüringer Waldes (das glaubte man einst, aber dies ist der Große Beerberg weiter südwestlich mit 983 m), aber dadurch, dass er das umliegende Gelände deutlich überragt, wirkt er dennoch sehr auffällig. Er soll auch den schönsten Rundblick bieten und ist der am meisten besuchte Berg des Thüringer Waldes. Ein gutes Erkennungsmerkmal sind die Sendetürme, die sich auf dem Gipfelplateau befinden, und die schon von weit her gut sichtbar sind. Die Geschichte dieser Anlage ist in der Sommerausgabe 2003 des «Hörselberg-Boten» detailliert beschrieben, dies deshalb, weil in jenem Jahr die «Funksendestelle Großer Inselsberg» 50 Jahre alt geworden ist: Am 15. Juni 1953 ging der erste UKW-Sender Thüringens auf Sendung, anfänglich mit 0.25 kW Leistung. So war ich also in einem Jubiläumsjahr in dieser Gegend, was mir zu jenem Zeitpunkt aber noch nicht bekannt war. Inzwischen schreiben wir 2024 und wieder gibt es in Bezug auf diese Anlage ein Jubiläum zu feiern: Der «neue», 126 m hohe Sendeturm hat vor wiederum 50 Jahren seinen Betrieb aufgenommen, was zufällig noch genau meinem Geburtsjahr entspricht! Zwei Jahre hatte der Bau gedauert und im besagten Bericht des ehemaligen Mitarbeiters Herrn Manfred Bocklitz wird anschaulich geschildert, wie schwierig sich dies unter den gegebenen Umständen gestaltete. Man muss sich hierbei vor Augen halten, dass ein 900 m hoher Berg im Thüringer Wald ein völlig anderes Klima aufweist als eine gleich hohe Erhebung im Schweizer Mittelland, wie beispielsweise der Bantiger. Insbesondere im Winter waren die Bedingungen auf der Baustelle äusserst hart, und durchaus mit jenen auf Alpengipfeln zu vergleichen.
Am 26. Juli 1974 wurde die Anlage ihrer Bestimmung übergeben. Wie einer Frequenzliste aus den 80er Jahren zu entnehmen ist [Kaiser, 1988, S. 127], wurde bereits zu DDR-Zeiten mit 100 kW Leistung gesendet, was dann auch nach der Wende beibehalten wurde und dafür sorgte, dass der neugegründete Mitteldeutsche Rundfunk weit über die Grenzen von Thüringen hinaus zu hören war. Leider konnte ich in der Region Bern diesen Hochleistungssender nie empfangen, insbesondere weil die Frequenzen hierzulande bis und mit 2024 alle anderweitig belegt waren. Allerdings ist die Distanz von knapp 500 km grundsätzlich zu gross für eine normale UKW-Verbindung, da sich die Erdkrümmung zu stark auswirkt. Gemäss der Formel distanz = 4.13 × sqrt(hS) + sqrt(hE) [Klawitter, 2000, S. 174] ergibt sich bei einer angenommenen Höhe von Sender und Empfänger von je 1000 m eine maximal mögliche Distanz von 261 km. Somit lassen nur Reflexionen in der Troposphäre, die vor allem bei winterlichen Hochdruckwetterlagen auftreten, einen Empfang zustande kommen. Die Hintergründe dazu sind in den im Anhang aufgelisteten Fachbüchern detailliert beschrieben. Nachdem die SRG ihre Aktivitäten auf UKW eingestellt hat, ist mir der Empfang des Großen Inselsbergs erstmals am Freitagabend, 17.01.2025 mit dem Programm MDR Thüringen auf 92.5 MHz gelungen, wenn auch unter Störungen des auf gleicher Frequenz sendenden Radio Maria vom Monte Pigo in der Emilia-Romagna, der permanent hörbar ist.
Noch stärker als die Funkwellenausbreitung beeinflusst die Erdkrümmung natürlich die optische Sicht. Obwohl sich südlich des Großen Inselsbergs bis zur Schwäbischen Alb (fast 300 km!) keine vergleichbar hohen Gipfel mehr befinden, ist es naheliegend, dass auch an den allerklarsten Herbsttagen am südlichen Horizont keine Alpengipfel zu sehen sind. Da hülfe es auch nicht, hätte der Große Inselsberg noch seine ursprüngliche Höhe von geschätzten 2000 m. Weil die durch die Erdkrümmung verursachte Absenkung mit dem Quadrat der Entfernung wächst, müsste er ungefähr so hoch aufragen wie der Mount Everest, damit dies gelänge. Eine digital berechnete Ansicht, wie das aussehen würde, findet sich in der Bildergalerie.
Märzenberg
Wie der Grasberg liegt auch der Märzenberg südlich von Schmalkalden. Auch dies ist mit 470 m kein sonderlich hoher Gipfel, aber ausserhalb des Sichtfeldes der Stadt mit viel Weide und Wald bereits typische Thüringer Wald-Atmosphäre bietend. Dieser Eindruck setzt sich auch im Tal des Roßbachs, südlich des Wolfsbergs fort, durch das mein Rückweg führt, glücklicherweise ausnahmslos im Schatten, da es auch am Donnerstag sehr heiss ist.
Wie auf den Bildern gut zu sehen ist, bleibt der Himmel die ganze Zeit über praktisch wolkenlos. Bei bis zu 40°C kann die Luft so viel Feuchtigkeit aufnehmen, dass es bei normalen Bedingungen gar nie zur Sättigung kommt und daher auch die sonst im Sommer so typischen Quellwolken über den Gebirgskämmen völlig fehlen. Der Himmel zeigt aber nur ein blasses Blau, vermutlich verursacht durch die aufsteigende Luft, die den ganzen Staub der ausgetrockneten Felder mit in die Höhe nimmt, der dann eine starke Streuung des Sonnenlichts verursacht.
Link zum zweiten Teil
Literatur und weitere verwendete Grundlagen
Einleitung
Ein weiterer Rückblick führt mehr als 20 Jahre in die Vergangenheit und wie bei anderen, ähnlichen Berichten, sind auch hier meine Aufzeichnungen eher dürftig, dafür ist anderes Material noch vergleichsweise zahlreich vorhanden, und damit lässt sich allerhand anfangen. So geht es auch diesmal weniger um präzise Routenbeschreibungen, sondern mehr um das Festhalten einiger Details, die gerade in der Schweiz nicht so bekannt sind.
Anfang August 2003 weilte ich während einer Woche zu Besuch in Schmalkalden, einem äusserst reizvollen Städtchen am südwestlichen Rand des Thüringer Waldes. Noch heute ist der Sommer 2003 wohl manchen als «der Hitzesommer» bekannt, wenngleich ähnlich heisse Sommer durch die fortschreitende Klimaerwärmung in den letzten Jahren immer häufiger aufgetreten sind, und in Zukunft wohl zum Normalfall werden dürften. Für mich war es auf jeden Fall der heisseste Sommer bis dahin, was auch daran lag, dass die Temperaturen in Mitteldeutschland noch wesentlich höher lagen als im Schweizer Mittelland und in dieser Ferienwoche während mehrerer Tage die 40°C-Marke knackten.
Der Thüringer Wald ist ein lang gestrecktes Mittelgebirge, welches bei Eisenach beginnt, sich in südöstlicher Richtung erstreckt und in der Gegend von Schleusingen ins Thüringer Schiefergebirge übergeht. Dieses zieht sich zunehmend abflachend bis zur ehemaligen Zonengrenze hin, wo schliesslich der Übergang in den Frankenwald erfolgt. Die Auffaltung des Gebirges war eine Folge der Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Kontinentalplatte, genau wie bei den Alpen auch. Geologen schätzen, dass die Gipfel einst rund 2000 m hoch waren, aber infolge der Erosion im Laufe der Jahrmillionen sind davon nur noch knapp halb so hohe Berge übrig geblieben, die das Flach- bzw. Hügelland im Norden und Süden dennoch eindrucksvoll überragen.
Anreise und Unterkunft
Die Reise beginnt am Morgen des Mo. 4. August um 8.16 Uhr in Ostermundigen und führt als erstes mit der S-Bahn nach Bern, weiter mit dem IC nach Basel SBB und ab 10.13 Uhr mit dem ICE 878 nach Frankfurt Hbf. Dort steige ich in den ICE 1651 um, der um 13.21 Uhr losfährt und um 15.00 Uhr Eisenach erreicht, wo ich aussteige. Aus nicht mehr bekannten Gründen lege ich einen Aufenthalt von gut 2 Stunden ein, ehe es um 17.15 Uhr mit der Süd-Thüringen-Bahn (STB) weiter geht. Das dafür gelöste «Hopper-Ticket» kostet mich € 4.00, was für die rund einstündige Fahrt recht günstig ist. In Wernshausen muss ich umsteigen und erreiche kurze Zeit später und ziemlich genau 10 Stunden nach der Abreise mein Ziel Schmalkalden.
Vom Hauptbahnhof folge ich der Bahnhofstraße über das Flüsschen Stille hinweg und biege links in die Pfaffenwiese ein. Und schon liegt meine Unterkunft vor mir – ein stattlicher Backsteinbau mit einem Türmchen, umgeben von vielen schattenspendenden Bäumen; genau das Richtige in diesen heissen Tagen. Ich werde willkommen geheissen und in mein Zimmer geführt, das nun für eine Woche meine Bleibe sein wird. Definitiv eine gute Wahl! Es ist sehr geräumig und liegt im Dachstock mit schönem Ausblick auf den Park. Neben dem Bett befindet sich ein wunderbarer Rundfunkempfänger aus vergangenen Zeiten, wobei ich mich an den Hersteller nicht mehr erinnern kann. Er ist allerdings an das örtliche Kabelnetz angeschlossen, weshalb ich damit keine Fernempfangsversuche durchführen kann. Das spielt aber keine Rolle, denn zumeist höre ich sowieso der mir schon von früheren Aufenthalten in Franken, Hessen und Thüringen bestens bekannte Sender MDR 1 Radio Thüringen, der zu jener Zeit ein sehr gefälliges Programm geboten hat. Heute – über 20 Jahre später – ist es mehr oder weniger ein normales Hitradio mit hohem Oldie-Anteil, wie sie in Deutschland und anderen Ländern zahlreich sind. Vom Rundfunk wird später in einem anderen Zusammenhang noch die Rede sein.
Das Haus «Wolf» ist vom Typ her ein Bed&Breakfast, wobei ich das Zimmer auch tagsüber jederzeit benutzen darf (was bei einem Bed&Breakfast nicht zwingend der Fall sein muss). Die Eigentümerin, Frau Wolf, erläutert mir, dass sie mir jeweils morgens das Frühstück auf dem Flur bereitstellen werde, wo ich auch genügend Platz zum Essen habe. Die beiden anderen Zimmer sind derzeit nicht belegt, entsprechend habe ich den ganzen Dachstock für mich und so ist es auch überaus ruhig da oben. Gefrühstückt habe ich dann stets vorzüglich und so reichlich, dass ich auf ein Mittagessen problemlos verzichten konnte.
Stadt Schmalkalden und Grasberg
Aufgrund der äusserst hohen Temperaturen finden meine Aktivitäten draussen bevorzugt in den noch halbwegs erträglichen Vormittagsstunden statt. Meine lokale «Reiseführerin» zeigt mir am Dienstag das Schloss Wilhelmsburg, welches östlich der Altstadt auf einem Ausläufer des Hausberges Queste liegt und einen schönen Blick auf die Stadt bietet. Diese wird geprägt von stattlichen Fachwerkbauten. In einem solchen Haus ist auch die «Tourist Information» zu finden, die ich am Nachmittag aufsuche, da mir noch eine Wanderkarte der Gegend fehlt. Zu meiner Enttäuschung wird mir nur recht schlechtes Material vorgelegt, ähnlich dem, was zu DDR-Zeiten für die Allgemeinheit an Karten zugänglich war und vermutlich auch noch aus dieser Zeit stammend. Über die DDR-Karten hatte ich im Bericht zur Wanderung im Thüringer Bibertal bereits berichtet. Auf mein hartnäckiges Nachfragen, ob sie keine topographischen Karten im Sortiment haben, rückt man schliesslich doch noch eine solche raus: Geht doch! Es handelt sich um eine mit allerlei touristischen Informationen aufgemotzte ehemalige DDR-Militärkarte im Massstab 1:25’000, deren ausgezeichnete Qualität mir bereits bekannt ist.
Und diese Karte kommt dann am Mittwochvormittag auch gleich zum Einsatz, als wir südlich der Stadt zum Grasberg hinaufsteigen. Es handelt sich hierbei nur um einen recht bescheidenen Hügel von 438 m Höhe, der einem aber dennoch etliche Schweisstropfen abverlangt. Trotz der geringen Höhe bietet er einen umfassenden Ausblick über die Stadt hinweg nordwärts, wo die hohen Berge des Thüringer Waldes den Horizont bilden. Gut zu sehen ist dabei der Große Inselsberg, auf den ich nachstehend und aus heutiger Optik ein wenig vertiefter eingehen möchte:
Virtueller Ausflug zum Großen Inselsberg mit einem Exkurs in die Funkwellenausbreitung und die Sichtweite
Um es gleich vorwegzunehmen: Es war mir während dieser Ferien nicht vergönnt, auf diesen Berg zu gelangen. Er liegt zwar lediglich 15 km von Schmalkalden entfernt, aber die Reise mit dem öffentlichen Verkehr und zu Fuss dort hinauf wäre doch recht umständlich gewesen, insbesondere angesichts der grossen Hitze. An meinem letzten Urlaubstag, dem Sa. 9. August wurde übrigens die mit 31.7°C bis heute (2024) höchste Temperatur auf dem Großen Inselsberg gemessen!
Mit 916.5 m ist es zwar nicht der höchste Gipfel des Thüringer Waldes (das glaubte man einst, aber dies ist der Große Beerberg weiter südwestlich mit 983 m), aber dadurch, dass er das umliegende Gelände deutlich überragt, wirkt er dennoch sehr auffällig. Er soll auch den schönsten Rundblick bieten und ist der am meisten besuchte Berg des Thüringer Waldes. Ein gutes Erkennungsmerkmal sind die Sendetürme, die sich auf dem Gipfelplateau befinden, und die schon von weit her gut sichtbar sind. Die Geschichte dieser Anlage ist in der Sommerausgabe 2003 des «Hörselberg-Boten» detailliert beschrieben, dies deshalb, weil in jenem Jahr die «Funksendestelle Großer Inselsberg» 50 Jahre alt geworden ist: Am 15. Juni 1953 ging der erste UKW-Sender Thüringens auf Sendung, anfänglich mit 0.25 kW Leistung. So war ich also in einem Jubiläumsjahr in dieser Gegend, was mir zu jenem Zeitpunkt aber noch nicht bekannt war. Inzwischen schreiben wir 2024 und wieder gibt es in Bezug auf diese Anlage ein Jubiläum zu feiern: Der «neue», 126 m hohe Sendeturm hat vor wiederum 50 Jahren seinen Betrieb aufgenommen, was zufällig noch genau meinem Geburtsjahr entspricht! Zwei Jahre hatte der Bau gedauert und im besagten Bericht des ehemaligen Mitarbeiters Herrn Manfred Bocklitz wird anschaulich geschildert, wie schwierig sich dies unter den gegebenen Umständen gestaltete. Man muss sich hierbei vor Augen halten, dass ein 900 m hoher Berg im Thüringer Wald ein völlig anderes Klima aufweist als eine gleich hohe Erhebung im Schweizer Mittelland, wie beispielsweise der Bantiger. Insbesondere im Winter waren die Bedingungen auf der Baustelle äusserst hart, und durchaus mit jenen auf Alpengipfeln zu vergleichen.
Am 26. Juli 1974 wurde die Anlage ihrer Bestimmung übergeben. Wie einer Frequenzliste aus den 80er Jahren zu entnehmen ist [Kaiser, 1988, S. 127], wurde bereits zu DDR-Zeiten mit 100 kW Leistung gesendet, was dann auch nach der Wende beibehalten wurde und dafür sorgte, dass der neugegründete Mitteldeutsche Rundfunk weit über die Grenzen von Thüringen hinaus zu hören war. Leider konnte ich in der Region Bern diesen Hochleistungssender nie empfangen, insbesondere weil die Frequenzen hierzulande bis und mit 2024 alle anderweitig belegt waren. Allerdings ist die Distanz von knapp 500 km grundsätzlich zu gross für eine normale UKW-Verbindung, da sich die Erdkrümmung zu stark auswirkt. Gemäss der Formel distanz = 4.13 × sqrt(hS) + sqrt(hE) [Klawitter, 2000, S. 174] ergibt sich bei einer angenommenen Höhe von Sender und Empfänger von je 1000 m eine maximal mögliche Distanz von 261 km. Somit lassen nur Reflexionen in der Troposphäre, die vor allem bei winterlichen Hochdruckwetterlagen auftreten, einen Empfang zustande kommen. Die Hintergründe dazu sind in den im Anhang aufgelisteten Fachbüchern detailliert beschrieben. Nachdem die SRG ihre Aktivitäten auf UKW eingestellt hat, ist mir der Empfang des Großen Inselsbergs erstmals am Freitagabend, 17.01.2025 mit dem Programm MDR Thüringen auf 92.5 MHz gelungen, wenn auch unter Störungen des auf gleicher Frequenz sendenden Radio Maria vom Monte Pigo in der Emilia-Romagna, der permanent hörbar ist.
Noch stärker als die Funkwellenausbreitung beeinflusst die Erdkrümmung natürlich die optische Sicht. Obwohl sich südlich des Großen Inselsbergs bis zur Schwäbischen Alb (fast 300 km!) keine vergleichbar hohen Gipfel mehr befinden, ist es naheliegend, dass auch an den allerklarsten Herbsttagen am südlichen Horizont keine Alpengipfel zu sehen sind. Da hülfe es auch nicht, hätte der Große Inselsberg noch seine ursprüngliche Höhe von geschätzten 2000 m. Weil die durch die Erdkrümmung verursachte Absenkung mit dem Quadrat der Entfernung wächst, müsste er ungefähr so hoch aufragen wie der Mount Everest, damit dies gelänge. Eine digital berechnete Ansicht, wie das aussehen würde, findet sich in der Bildergalerie.
Märzenberg
Wie der Grasberg liegt auch der Märzenberg südlich von Schmalkalden. Auch dies ist mit 470 m kein sonderlich hoher Gipfel, aber ausserhalb des Sichtfeldes der Stadt mit viel Weide und Wald bereits typische Thüringer Wald-Atmosphäre bietend. Dieser Eindruck setzt sich auch im Tal des Roßbachs, südlich des Wolfsbergs fort, durch das mein Rückweg führt, glücklicherweise ausnahmslos im Schatten, da es auch am Donnerstag sehr heiss ist.
Wie auf den Bildern gut zu sehen ist, bleibt der Himmel die ganze Zeit über praktisch wolkenlos. Bei bis zu 40°C kann die Luft so viel Feuchtigkeit aufnehmen, dass es bei normalen Bedingungen gar nie zur Sättigung kommt und daher auch die sonst im Sommer so typischen Quellwolken über den Gebirgskämmen völlig fehlen. Der Himmel zeigt aber nur ein blasses Blau, vermutlich verursacht durch die aufsteigende Luft, die den ganzen Staub der ausgetrockneten Felder mit in die Höhe nimmt, der dann eine starke Streuung des Sonnenlichts verursacht.
Link zum zweiten Teil
Literatur und weitere verwendete Grundlagen
- Hörselberg-Bote – Zeitschrift im Heimatverlag Hörselberg. Nr. 53, Sommerausgabe 2003
- Kleine Thüringen-Bibliothek: Der Rennsteig, Erfurt 1991
- Reiseplaner Schmalkalden, Erfurt 2001
- Rundschaukarte vom Inselsberg. Kartographische Bearbeitung nach dem Original von 1838, Gotha um 1991
- Etzel, Stefan: DuMont Richtig Wandern: Thüringer Wald, Köln 1996
- Jakob, Katharina: Großer Inselsberg-Bericht, Hünfeld 1998
- Kaiser, Norbert: UKW/TV-DX – Einführung in das Hobby Überreichweitenempfang, Meckenheim 1988
- Klawitter, Gerd: Ionosphäre und Wellenausbreitung, Meckenheim 2000
- Lill, Wolfgang: Inselsberg Thüringen idealer Sendestandort: https://www.radiomuseum.org/forum/inselsberg_thueringen_idealer_sendestandort.html
- Plachetka, Claus und Siebel, Wolf: Rundfunk auf UKW, Meckenheim 1995
- Wikipedia: Großer Inselsberg: https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Inselsberg
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