Reitzenhainer Zeuggraben II


Publiziert von lainari , 30. Januar 2024 um 20:34.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum:28 Januar 2024
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 100 m
Abstieg: 100 m
Strecke:15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis zur ehemaligen Haltestelle Marienberg-Gelobtland
Kartennummer:1:33.000, SK Nr. 32 Mittleres Erzgebirge

Bergmännische Wasserbauwerke VIb
 
Auch im boomenden Bergrevier um Marienberg reichte das verfügbare Wasser nicht zum Grubenbetrieb und zur Verarbeitung der gewonnenen Erze. Zwischen Juni und Oktober 1551 wurde daher in Rekordzeit ein 23 km langer Zeuggraben vom Floßteich in Reitzenhain über Gelobtland, Großrückerswalde und Wüstenschlette nach Lauta angelegt. Mit Einstellung des Bergbaues in Lauta Ende des 17. Jh. wurde ab Gelobtland ein neuer Grabenzweig nach Dörfel angelegt. Auf dem Graben wurde auch Holz geflößt. Nach dem Ende des Bergbaues wurde er zu Wasserversorgungszwecken genutzt. Nachdem er nach Einstellung der Holzflößerei zum Schutz vor Fallholz, Eis und Schnee bereits teilweise mit Brettern abgedeckt war, wurde er später abschnittsweise verrohrt. Heute ist er ohne Funktion, verwahrlost zusehends und wird durch die Einwirkung der modernen Forstwirtschaft beschädigt oder zerstört. Die Betriebsführung wurde einst von den Grabennutzern finanziert. Als festes Personal gab es einen Wasserregler, der den Einlauf überwachte, sowie einen Grabensteiger. Der letzte Grabensteiger war bis 1964 tätig. Der historische Grabenflügel nach Lauta ist weitgehend verschwunden, der jüngere östliche Flügel ist noch besser verfolgbar.
 
Zum heutigen Teil II meiner Erkundung des Zeuggrabens reise ich erneut über Tschechien an. Startpunkt soll die ehemalige Haltestelle Marienberg-Gelobtland sein. Diese lag an der 1875 eröffneten Bahnstrecke Reitzenhain - Flöha (sä. RF-Linie), die Teil einer grenzüberschreitenden Verbindung nach Komotau war. Ab 1945 ruhte der grenzüberschreitende Verkehr. Der inländische Personenverkehr nach Reitzenhain endete 1978, der Güterverkehr erst 1994. Die Aufrechterhaltung des Verkehrs bei geringem Verkehrsbedürfnis und der gute Ausbauzustand der Strecke mit Betonschwellengleis für höhere Achslasten lassen sich wahrscheinlich nur mit militärischen Anforderungen begründen. 1998 folgte die Stilllegung und 2013 der Abbau zwischen Marienberg und Reitzenhain. Auf der Trasse sollte ein Radweg entstehen. Stand 2024 ist davon noch nichts zu sehen, das nennt man heutzutage wohl Deutschlandgeschwindigkeit. Ich parke an einer Wegeinfahrt neben einem umzäunten Fahrschulgelände. Zu Fuß gestartet, begebe ich mich auf die Bahntrasse und wende mich Richtung Reitzenhain. Im Bereich des alten Stationsgebäudes von Marienberg-Gelobtland muss ich in den Wald ausweichen, da das Gelände von einer Baufirma als Lagerplatz genutzt wird. Dann geht es auf der Trasse mal mehr und mal weniger komfortabel weiter. Probleme bereiten Verbuschung, Baum- und Wipfelbrüche und das Gehen auf Schotter, respektive den Bröseln vor Ort beim Ausbau zerkleinerter Betonschwellen. Am zweiten alten Bahnwärterhaus biege ich nach links auf einen kreuzenden Weg ab.
 
Auf diesem geht es hinunter ins Bachtal der Roten Pockau. Unten am Bach biege ich nach rechts und stürze mich ins Jungfichtengetümmel. Als „Belohnung“ finde ich diesmal die Trennung von Roter Pockau und Zeuggraben. Ich kehre zum markierten Weg zurück und laufe bis zur Kreuzung Zeuggraben/Halbmeilenbachweg. Ab hier ist der verrohrte Graben von einem Waldweg überbaut und unschwierig zu verfolgen. Unterwegs einmündende Quellbäche werden größtenteils in den Graben eingeleitet. Nach längerer Gehdauer folgt ein offenes Wehr mit Fluter. Dahinter ist der Graben verrohrt aber nicht überdeckt. Dies hat verschiedentliche Schäden am ungeschützten Betonrohr verursacht. Dann folgt ein Offenabschnitt, dessen vollständige Begehung von einer eingezäunten Schonung vereitelt wird. Kurz vor Gelobtland wird das gesamte Wasser an einen Bergbach abgegeben. Dies ist als das heutige Grabenende anzusehen. Eine alte Sitzgruppe ermöglicht eine kleine Frühstücksrast. Die zuletzt verrohrte Weiterführung des Zeuggrabens durch das Ortsgebiet Gelobtland ist nicht verfolgbar. Ich gehe hier auf der Straße entlang. Zwischen Gelobtland und Gebirge ist wieder die alte Offenführung und später ein Kanalrohr erkennbar. Auf den etwa 6 Grabenkilometern zwischen Kreuzung Zeuggraben/Halbmeilenbachweg und Ortseingang Gebirge habe ich lediglich 20 m Höhe verloren. Die anschließende verrohrte Führung im Ortsgebiet Gebirge weist ein stärkeres Gefälle auf. Als erkennbares Ende habe ich einen Teich neben der Firma Steinbach GmbH lokalisiert. Die Weiterführung nach Dörfel ist durch landwirtschaftliche Nutzung und Überbauung unmittelbar hinter Gebirge nicht mehr auszumachen.
 
Ich laufe auf der Straße zurück bis zum einstigen Bahnübergang und wende mich auf der Trasse bergwärts. Verbuschung und Baumfall machen das Vorankommen etwas anspruchsvoller. Besonders die Fichtenkletterei befördert unzählige Nadeln in Kleidung und Ausrüstung. Mit der heutigen Tour konnte ich sowohl die weitere Begehung des Zeuggrabens als auch die Erkundung der Bahnstrecke, die ich 2014 verworfen hatte, erledigen. Mal schau‘n, ob sie auch anderswo noch nen Graben haben…
 
Der Weg am verrohrten Zeuggraben ist mit der Schwierigkeit T1, offene Abschnitte mit T2, der restliche Weg auf dem Bahndamm als T2 zu bewerten. Die Bahndammbegehung ist nur außerhalb der Vegetationszeit empfehlenswert. Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 4 h.

Tourengänger: lainari


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Reitzenhainer Zeuggraben · lainari

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