Große Zinne - zwei Kletterer und ein Teufelskerl


Publiziert von Dandl , 2. Oktober 2023 um 06:59. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Italien » Venetien
Tour Datum:30 September 2023
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz an der Auronzohütte: 46.612413, 12.295631

Dandl:
Große Zinne, Ortler, Großglockner: große Berge, große Namen, großer Andrang. Natürlich stehen diese Gipfel auch auf meiner Liste - wegen dem großen Andrang halt ziemlich weit unten. Mein Kletterpartner sieht das anders, die Große Zinne steht bei ihm schon seit Jahren ganz oben. Heuer soll es endlich soweit sein. Leider ist es nicht immer leicht gemeinsame Termine zu finden. So planen wir langfristig und bereits seit längerem steht für uns der Termin Ende September fest. Um so besser, dass das Wetter mitspielt!
Spontan stößt auch noch georgb dazu. Das freut mich, einen Mann wie Georg kann man immer dabei haben!
Wir starten an der Auronzohütte. Natürlich sind wir nicht allein, die Zinnen ziehen die Leute an. Einige verabschieden sich Richtung Westlicher, andere  wiederum zur Gelben Kante an der Kleinen. Trotzdem stehen wir frühmorgens mit zehn anderen Kletterern am Einstieg der Großen. 
Wir ziehen die Klettersachen an, das Seil bleibt vorerst auf dem Rucksack und so steigen wir über die Einstiegsrampe auf. Seilfrei überwinden wir zügig die Wand zur ersten Scharte. So verschaffen wir uns etwas Luft. 
An der 1. Scharte seilen wir uns an (mit wir meine ich meinen Kletterpartner und mich, Georg geht erst einmal seilfrei weiter).
Die - ebenfalls seilfrei aufgestiegene - Seilschaft hinter uns traut uns nicht so recht, als wir an der ersten Scharte über die Wand rechts aufsteigen Richtung zweiter Scharte. Sie steigen etwas ab und umgehen somit die zweite Scharte. An der dritten Scharte werden wir sie wieder treffen!
Wir steigen weiter auf, teilweise nach Seillängen kletternd, meist am kurzen Seil.
Es geht recht zügig voran, an den Gedenktafeln vorbei und Richtung großer Schlucht. Die Orientierung bereitet uns keine Probleme.
Während wir uns unterhalb des Innerkofler-Kamins - der Schlüsselstelle der Tour - am Standplatz organisieren, klettert Georg schon munter über den Kamin hinauf. Er verschwindet in der Dunkelheit und winkt uns kurz darauf bereits von oben zu - ein Teufelskerl ;-)
Es staut sich etwas und wir müssen kurz warten, bis wir an der Reihe sind. Es geht über den Kamin hinauf, in der linken Wand weiter und in Kürze sind wir auf dem oberen Schuttband.
Wir folgen dem Schuttband in westliche Richtung und steigen über einfache Felsen auf. Es folgt ein weiterer Kamin und ein unangenehm abgespeckter Block gefolgt von einfachem Gelände bis zum Kreuz.
Auch hier staut es sich noch einmal beim Knipsen der Erinnerungsfotos und wir reihen uns brav ein.
Nach ausgiebiger Rast machen wir uns wieder an den Abstieg. Abkletternd und abseilend erreichen wir das untere Schuttband an der dritten Scharte. Hier folgen wir nicht mehr dem Aufstiegsweg sondern wenden uns nach Westen. Es gibt dort eine "neue" Abseilpiste und auch noch den "alten" Abstieg über die Schlucht. Wir entscheiden uns für letzteren und steigen im relativ einfachen Gelände, zum Schluss ein Mal abseilend, in die Schlucht zwischen der Westlichen und der Großen Zinne. 
Staubedingt hat uns der Abstieg mehr Zeit gekostet als der Aufstieg. Trotzdem sind wir noch früh genug dran und hängen die Umrundung der drei Zinnen an. Erst danach lassen wir uns unsere wohlverdiente Stärkung an der Auronzohütte schmecken.

georgb:
Es war mir eine Ehre, Dandl und seinen "Kletterpartner" begleiten zu dürfen, die Große Zinne ist für jeden Bergsteiger ein Highlight und es war eine wahre Freude, den beiden bei der "Arbeit" zuzuschauen. Wir (will heißen Dandl) sind sehr gut vorbereitet, er hat sämtliche Topos, Beschreibungen und Videos studiert und kennt den Weg schon vorher besser als ich. Meine erste Begehung ist einige Jahre her und die Erinnerung an die Route beginnt zu verblassen.
Es erweist sich nicht immer als störend, dass an der Großen Zinne meist reger Verkehr herrscht, die anderen Seilschaften helfen sogar bei der Orientierung. So finden wir perfekt durch die Wand, durchsteigen locker den Kamin und diskutieren wieder einmal die Schwierigkeitsbewertungen. Für uns IV-, wenn man andere Touren als Referenz vergleicht. Ein "Teufelskerl" muss man deswegen trotzdem nicht unbedingt sein ;-)
Auch nach dem Kamin stoßen wir auf ein paar anspruchsvolle, senkrechte Aufschwünge, die am 4. Grad kratzen. Den "Bösen Block" queren wir wie überall beschrieben und stellen fest, dass er wohl einfacher von unten zu ersteigen wäre!?
Auf dem Weg treffen wir einige Bekannte, speziell Diddi Niederbrunner ist mir jetzt schon zum vierten! Mal bei einer Tour über den Weg gelaufen, was für ein netter Zufall!
Beim Abstieg von der Zinne heißt es Geduld zu beweisen, wenn Seilschaften vorher unterwegs sind. Je nach Routine kann es dauern und die immer noch entgegenkommenden Aufsteiger machen es nicht einfacher. Zwei Halbseile à 60 Meter sind übrigens sehr günstig für den langen Abseiler östlich vom Kamin, der Stand auf halber Strecke ist sehr schmal und unbequem!
Wir haben keine Eile, es verteilt sich ein wenig und beim Abstieg über die Westroute sind wir alleine. Hier hat man eine direkte Mehrfachabseilpiste links von der Rinne eingerichtet. Wir steigen und seilen aber wie früher in die Rinne ab, sie ist nicht banal (zwei Stellen III) und brüchig!
Trotz der gelegentlichen Verzögerungen sind wir in sechseinhalb Stunden wieder am Wanderweg und beschließen an der Drei-Zinnen-Hütte einzukehren, den kurzen Spaziergang gönnen wir uns. Doch wir werden enttäuscht, die Hütte ist schon geschlossen, seltsam, nur die Langalm ist noch geöffnet.
Wir lassen sie aber rechts unten liegen und beenden unsere Zinnenrunde an der Auronzohütte, sie gehört einfach zum Erlebnis dazu. Wie in einer Mensa stehen wir an, suchen uns eine freien Tisch neben der Bierzeltgarnitur, schlürfen den Kaffee aus dem Pappbecher und versuchen mit gegenseitigem Schreien das Stimmengewirr zu übertönen. Gemütliche Entspannung sieht anders aus, aber wir sind trotzdem sehr glücklich mit dem Tag und werden unseren Enkelkindern noch von dieser Tour erzählen ;-)

Tourengänger: georgb, Dandl


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