Karlkamp (3114m), Hoher Seekamp und Hoher Bretterkopf - Wildnis pur im Gradental


Publiziert von BigE17 , 12. September 2023 um 23:58.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Schober-Gruppe
Tour Datum: 3 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:45
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1750 m
Strecke:9 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Spittal bzw. von Lienz fährt man ins Mölltal. Man fährt in Richtung Heiligenblut, bis man kurz nach Großkirchheim den Ortsteil Putschall erreicht. Hier zweigt links ein langer Schotterweg ins Gradental ab. Diesem folgt man bis zum ausgewiesenen Parkplatz kurz vor der Gradenalm.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Im Nordosten der Schobergruppe zwischen Graden- und Gößnitztal liegt eine ganze Reihe von einsamen Gipfeln. Lediglich der Kreuzkopf wird häufger bestiegen, die anderen bekommen kaum Besuch. Das gilt auch für den Karlkamp, den Hohen Seekamp und den Hohen Bretterkopf - obwohl sie wegen ihrer leicht isolierten Lage tolle Aussichtsberge sind. Umso erstaunlicher ist es, dass auf dem Hohen Seekamp ein großes Gipfelkreuz steht.

Ich und ein Tourenpartner wollten diesen 3 Gipfeln einen Besuch abstatten. Wir starteten um 6:45 am großen Wanderparkplatz im Gradental. Anfangs mussten wir kurz über den Fahrweg talauswärts absteigen, bis zur ersten Kehre. Hier begann ein schmaler Jägersteig (in der OpenTopoMap eingezeichnet). Der steile - und an einer Stelle mit einem sehr dünnen Seil gesicherte - Steig gewann nach einer kurzen Querung sehr schnell an Höhe, um so eine erste Steilstufe zu überwinden. Nach einiger Zeit wurde der Weg ein wenig flacher, und führte in ein kleines Hochtal hinein. Wir überquerten den Bach und folgten dem Steig neben dem Bach weiter empor - stellenweise mussten wir aber aufpassen, um ihn nicht zu verlieren. Schließlich führte er rechts einen kurzen Hang empor, und wir erreichten auf ca. 2150m Höhe ein kleines Hüttl.

Hier war das Steiglein nun endgültig vorbei. Wir mussten direkt oberhalb vom Hüttl über steile Grashänge aufsteigen. Das war wegen des langen Grases ziemlich anstrengend. Weiter oben querten wir ein wenig nach links, um ein wenig taleinwärts zu gehen. Irgendwann tauchte der SO-Grat des Hohen Seekampes vor uns auf. Dieser teilt das Tal in 2 Teile. Unser weiterer Anstieg sollte durch das rechte Tal führen. Gleich zu Beginn des rechten Tales wurde das Gelände wieder deutlich flacher. Abwechselnd über Blöcke, Gras und Schutt überwanden wir zwei kleinere, nicht besonders steile Talstufen. Danach mussten wir über große Blöcke aufsteigen. Hier war das Gelände relativ flach, daher gewannen wir nur langsam an Höhe. Am Ende des Flachstücks gab es sogar noch ein kleines Schneefeld. Nun standen wir vor dem letzten, gut 100 Meter hohen Schutthang hoch zum Seekamptörl. Dieser war zwar ordentlich steil, aber immerhin war das Geröll nicht so schlimm zu gehen. So erreichten wir das Törl ohne Probleme.

Nun öffnete sich ein toller Panorama direkt zum Großglockner. Doch der Weiterweg Richtung Karlkamp sah von hier aus nicht besonders lustig aus: Anfangs mussten wir ein sehr kleines Eisfeld queren - ein letzter Überrest vom ehemaligen Seekampkees (dieses wäre auch umgehbar gewesen). Danach mussten wir durch sehr anstrengendes loses Geröll leicht ansteigend queren, bis wir uns unterhalb der Scharte zwischen Karlkamp und Hohem Seekamp befanden. Nun begann der Aufstieg durch die sehr steile Schuttrinne in die Scharte: Die Rinne war steil (40 Grad, kurz sogar noch ein bisschen steiler), der Schutt genauso lose, wie in der Querung - also zwei Schritte vor, eineinhalb zurück. So kämpften wir uns bis zur Scharte hoch.

Zuerst wollten wir in Richtung Karlkamp klettern. Der erste Aufschwung am Grat war noch nicht schwierig (I), aber bereits stellenweise ausgesetzt. Dabei hielten wir uns stets in Gratnähe oder auch direkt an der Kante auf. Eine kurze Querung an der Gratkante über liegende Platten war ein wenig schwieriger (II-), danach folgte ein Spreizschritt. Es folgten abwechselnd Blockkletterei und ausgesetzte Gratpassagen (Stellen II, großteils I). Schließlich erreichten wir nach einer kurzen nordseitigen Umgehung vor einer scharfen Kante den Grat. Diese Stelle sah zwar schlimm aus, war aber wegen des zuverlässigen Felses und der guten Griffe doch recht gut zu klettern (II, Schlüsselstelle). Nach der scharfen Kante war ein ausgesetzer Block zu überklettern (II), dann führte ein kurzer Blockgrat zum Gipfel des Karlkampes (I).

Hier konnten wir die herrliche Aussicht genießen. Das Highlight war natürlich der nicht allzu weit entfernte Großglockner. Aber auch die anderen Gipfel machten von hier aus eine gute Figur: Großvenediger, Hochgall, sowie sämtliche hohen Gipfel der Schobergruppe. Lediglich am Hauptkamm war die Sicht wegen einer Föhnmauer, die von Norden herankam, ordentlich eingeschränkt. Nach einiger Zeit begannen wir dann doch, über den Grat wieder abzusteigen, wobei die Schlüsselstelle im Abstieg ein wenig anspruchsvoller zu begehen war, als im Aufstieg. In der Scharte umgingen wir ein markantes Felsköpfl. Danach stiegen wir wieder zum Grat auf und begannen, dem Grat in Richtung Hohem Seekamp zu folgen. Dabei kletterten wir direkt am plattigen Grat (II). Diese Stelle wäre allerdings deutlich leichter umgehbar gewesen. Danach wurde es kurz leichter, ehe wir bei einer Baracke vorbeikamen. Wir staunten nicht schlecht, als wir dort sogar noch Schuhe in halbwegs gutem Zustand vorfanden. Der weitere Anstieg führte in leichter Blockkletterei (I) zum Gipfel des Hohen Seekampes. Hier fanden wir erstaunlicherweise neben dem großen Gipfelkreuz sogar eine Bank zum sitzen. Dies war insofern sehr erstaunlich, weil wir im Gipfelbuch kein Jahr mit mehr als 5 Einträgen fanden.

Die Sicht Richtung Hauptkamm war mittlerweile ein klein wenig besser geworden, daher rasteten wir auch hier eine Weile. Schließlich stiegen wir über den Grat wieder ab, wobei wir den unteren Teil nördlich auf leichten Platten und Schutt umgingen (I). Anschließend konnten wir recht angenehm durch die steile Aufstiegsrinne absteigen (ablaufen wir aber natürlich nicht möglich). Danach mussten wir wieder zurück zum Seekamptörl queren, was auch im Abstieg eine ziemliche Schinderei war.

Nun wollten wir vom Törl aus noch den Hohen Bretterkopf besteigen. Dazu stiegen wir geradewegs über ein Schuttfeld in der SW-Flanke höher. Mit der Zeit wurde die Flanke immer steiler und auch felsiger. Deshalb waren hier immer wieder leichte Kletterstellen im 1. Schwierigkeitsgrad zu überwinden. Allerdings war die Routenführung hier relativ beliebig, verlaufen konnten wir uns daher nicht. So erreichten wir den Gipfelgrat östlich vom Gipfel, über ein paar Blöcke konnten wir den Hohen Bretterkopf schließlich erreichen.

Weil es mittlerweile kühler geworden war, begannen wir dann auch recht schnell mit dem Abstieg. Dazu kletterten wir wieder durch die Flanke ab, und gelangten zurück ins Seekamptörl. Wir konnten angenehm über den steilen Schutthang absteigen, danach mussten wir mühsam über das Blockgelände talauswärts marschieren. Das restliche Tal war dann wieder viel angenehmer zu begehen. Danach mussten wir wieder über die steilen, anstrengenden Grashänge absteigen, um wieder zum Jagdhüttl zu gelangen. Der Abstieg über den stellenweise steileren Jägersteig war anschließend kein Problem mehr. Nach einem kurzen Aufstieg erreichten wir schließlich um 16:30 den Parkplatz.

Erwähnenswertes:

1. Der Karlkamp ist der anspruchsvollste von den 3 Gipfeln. Der Normalweg beinhaltet mehrere Stellen im 2. Schwierigkeitsgrad, die auch ausgesetzt sind. Zusätzlich ist der Anstieg durch die steile Rinne zwischen Karlkamp und Hohem Seekamp sehr anstrengend. Alle alternativen Anstiege sind deutlich anspruchsvoller.

2. Obwohl der Aufstieg zum Hohen Seekamp auf der Idealroute nur den 1. Schwierigkeitsgrad erreicht, ist der Anstieg für unerfahrene Wanderer nicht zu empfehlen. Das liegt in erster Linie am steilen Geröll und an den wackeligen Blöcken. Man sollte außerdem trotzdem im 2. Schwierigkeitsgrad klettern können, falls man im oberen Teil die Idealroute nicht trifft. Auch hier sind alle alternativen Anstiege schwieriger.

3. Auch der Hohe Bretterkopf kann mit Kletterei im 1. Schwierigkeitsgrad durch die SW-Flanke bestiegen werden. Und auch hier findet man steiles Geröll vor. Der Hohe Bretterkopf ist leichter als der Hohe Seekamp, weil man hier nicht die Ideallinie suchen muss, sondern auf den meisten Wegen im 1. Grad durchkommt. Alternativ kann man auch über den Verbindungsgrat vom Mittleren Bretterkopf zum Hohen Bretterkopf steigen (laut Willy Kreuzer II). Dieser Verbindungsgrat kann auch über eine steile Schuttflanke vom Kar nördlich des Seekamptörls erreicht werden.

4. Das Seekamptörl kann auch vom Gößnitztal über den Vorderen Langtalsee, einen steilen Grashang und ein großes Blockkar erreicht werden. Diese Route ist nur im Frühsommer ratsam, weil der Anstieg bei Ausaperung unglaublich mühsam wird. Man sollte außerdem beachten, dass die Schlussanstiege zu den Gipfeln aper sein sollten, da sie ansonsten viel schwieriger und gefährlicher sind.

5. Der im Bericht beschriebene Anstieg zum Seekamptörl apert erst spät im Jahr aus. Falls am Schlussanstieg zum Törl Schnee liegt, sind Steigeisen und Eispickel notwendig, und dadurch wird der Anstieg schwieriger.

6. Die Steinschlaggefahr ist vor allem in der Rinne zur Scharte zwischen Karlkamp und Hohem Seekamp sehr hoch. Dementsprechend vorsichtig sollte man sein - vor allem dann, wenn mehrere Personen gleichzeitig unterwegs sind. Auch am Hohen Bretterkopf ist die Steinschlaggefahr nicht zu vernachlässigen.

7. Diese 3 Gipfel sind sehr einsam und werden kaum bestiegen - Bergeinsamkeit ist hier garantiert.

8. Eine vernünftige Seilsicherung ist nur auf den Graten möglich, in der Flanke ist es schwierig, gute Sicherungspunkte zu finden.

9. Im Winter sind alle 3 Gipfel erreichbar, jedoch sind die Anstiege schwierig und gefährlich.

10. Wegen der schönen Ausblicke während der gesamten Tour, und des großteils nicht allzu schwierigen Anstieges, sind diese Gipfel allesamt tolle Ziele für erfahrene Bergsteiger. Außerdem bietet der Schlussgrat zum Karlkamp Genusskletterei. Wer den teilweise mühsamen Aufstieg nicht scheut, wird auf diesen Gipfeln einen schönen Bergtag erleben - egal, wie viele von den 3 Gipfeln man besteigt. Diese Tour kann definitiv als ein Geheimtipp betrachtet werden.

Tourengänger: BigE17


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