Ponta de Sorapis - Konditionstour von San Vito di Cadore


Publiziert von Kaiserin , 21. Juli 2023 um 22:55.

Region: Welt » Italien » Venetien
Tour Datum:13 September 2022
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 2050 m
Abstieg: 2050 m
Strecke:24 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Cortina d'Ampezzo nach Süden bis nach San Vito di Cadore. An den Kirchen links abbiegen die Straße hoch, durch einen kurzen Tunnel (Skipiste) zu einem Parkplatz unweit der Baita Sun Bar (dorthin Fahrverbot).
Unterkunftmöglichkeiten:Rifugio Scotter-Palatini oder Rifugio San Marco

Ein paar Tage in Cortina d’Ampezzo.  Für Mike und mich komplettes Neuland, in den dortigen Dolomiten waren wir noch gar nicht.  Somit haben wir die freie Tourenauswahl und lassen es so richtig krachen.

Nachdem wir am ersten Tag eine Art Erkundungstour auf die Tofana di Rozes über den Lipella-Klettersteig unternommen haben, mit dem Ergebnis dass es nordseitig über ca. 1800 m vereist sein kann, geht es tags drauf über das Ball-Band auf den markanten Pelmo.

Höhenmeter haben wir also schon gut in den Beinen, und dennoch fällt die Wahl für Tag drei auf die exklusive Ponta de Sorapis (oder Punta Sorapis, je nach Schreibweise), die mit über 1600 Hm auch ein ordentliches Pensum aufweist.  Eigentlich wollte Mike eher auf den Antelao, aber im Vorfeld unserer Fahrt nach Cortina hab ich hier einen Bericht nach dem Felssturz gelesen der mich ziemlich abgeschreckt hat.  Und Sorapis hatte ich schon länger im Hinterkopf, nachdem meine japanischen Kolleg*innen so auf den gleichnamigen See stehen. ;)  Bei einem Europa-Aufenthalt ist der schon fast ein must see wie ich gelernt habe.  Aber das nur nebenbei, denn an dem See kommt man beim Anstieg zum Gipfel überhaupt gar nicht vorbei, und sehen kann man ebendiesen auch nicht.  Mike ließ sich letztlich auch überzeugen. :)

 

Der Blick in die Karte nach der Einigung über das Ziel ergab dass die Normalroute vom Rifugio Scotter-Palatini aus startet und selbst dann noch über 1600 Hm und einiges an Wegstrecke bedeutet.  Vom Bivacco Slapater aus ist ein Steig runter ins Valle del Boite eingezeichnet, was direkter wäre wenn man wie wir aus dem Tal startet, aber eine Recherche ergibt dass der Weg eher nicht empfehlenswert ist (was auch immer das bedeutet, aber wir haben das nicht weiter verfolgt).  Also eben die Normalroute.  Laut Führerliteratur kann man da entweder mit einem Sessellift zum Rif. Scotter hoch fahren, alternativ außerhalb der Betriebszeiten eben jenes Sessellifts sogar direkt mit dem Auto.

Online lässt sich wenig Sinnvolles zu den Betriebszeiten finden, und meine Führer sind sich in dieser Hinsicht uneins.  Also entscheiden wir uns um 8 Uhr vor Ort zu sein.  Je nachdem ob der Sessellift fährt oder nicht fahren wir damit hoch, oder eben mit dem Auto.  So zumindest der Plan.

 

Böser Fehler, wie sich am Morgen der Tour herausstellt!  Von einem Sessellift ist weit und breit nichts zu sehen - und die Straße ist ab der Baita Sun Bar auf einer Höhe von ca. 1150 m gesperrt.  Na großartig!  Wir haben also kurz vor 8 Uhr eine ab der Hütte ca. 8,5 Stunden lange Tour vor der Brust - und haben plötzlich nochmal 400 Hm extra vor uns!  Konsterniert diskutieren wir die Optionen, aber spontan auf eine andere Tour umschwenken erscheint wenig sinnvoll, und Sonnenuntergang ist etwa gegen 19:30 h.  Zeit müssten wir also genug haben, vermutlich 12 Stunden bis es wirklich dunkel wird.  Wir überlegen zu welchem Zeitpunkt wir umdrehen sollten falls wir zu langsam sind (Mike hat zu allem Überfluss auch keine Stirnlampe dabei, was mich zu dem Zeitpunkt gelinde gesagt wenig amüsiert) und starten somit etwas oberhalb von San Vito di Cadore, die Stimmung eher im Keller.

 

Immerhin geht der Wirtschaftsweg, der uns Richtung Rif. Scotter bringt und auch immer wieder auf Steigen abgekürzt werden kann, recht zügig bergan.  Nach ziemlich genau einer Stunde stehen wir kurz unterhalb des Rif. Scotter am Abzweig zum Rifugio San Marco, was bedeutet dass wir die zusätzlichen Höhenmeter in vernünftiger Zeit zurückgelegt haben.  Wir drehen direkt zum Rif. San Marco ab nachdem das Rif. Scotter ein wenig abseits der Route liegt.  Als wir die Hütte eine halbe Stunde später erreichen sind wir begeistert vom hervorragenden Ausblick der sich hier bietet, vis-a-vis dem am Tag zuvor bestiegenen Monte Pelmo.  Nachdem der weitere Aufstieg noch lang ist machen wir hier eine erste Pause und genießen die Aussicht.  Aber allzu lange können wir uns natürlich nicht aufhalten, denn wir haben noch 1400 Hm vor uns!

 

Nach dem Rifugio San Marco geht der Wanderweg Richtung Forcella Grande, unseres nächsten Etappenziels, erstmal eher höhengleich Richtung Norden bevor es entlang einer bewachsenen Rinne bzw. an deren linken Rand nach oben geht.  Anschließend steigen wir stetig Richtung Forcella Grande an und erreichen diese eine knappe Stunde nach Aufbruch an der Hütte.  Der Ausblick verschlägt uns erstmal die Sprache: nach Norden hin endet der Blick in einem Bollwerk aus Fels.  Irgendwo da oben ist auch unser Gipfel, nur vorerst ist der höchste Punkt dieser Felsenfestung schwer auszumachen wenn man nicht weiß wo man suchen muss.  Nach Süden, und diesen Blick konnten wir bereits im Aufstieg zur Scharte erhaschen, präsentiert sich König Antelao in voller Pracht.  Es ist einfach beeindruckend hier oben - und total einsam, seit der Hütte war letztlich nichts mehr los.  Aber es ist zu früh für eine weitere Pause und so geht’s weiter Richtung Norden, Richtung Bivacco Slapater an dem der Klettersteig vorbeikommt der die Punta Sorapis umrundet.  Der Steig dorthin ist gut angelegt und angenehm zu gehen.  Wir wissen dass die Mühsal mit Erreichen des Hochkars Fond di Rusecco beginnen wird, weshalb wir etwas unterhalb des Biwaks nochmal eine Pause zur Erholung einlegen.  Es liegen schließlich immer noch 600 Hm vor uns, und jetzt wird’s erst so richtig anstrengend und dann anspruchsvoll.  Nebenbemerkung, und das ist uns erst bei der Pause kurz unterm Biwak klar geworden: schlauer wäre es gewesen gleich ein ganzes Stück unterhalb des Biwaks zu queren.  Denn einen Besuch muss man diesem nicht abstatten, im Gegenteil, man steigt wieder ein wenig ab wenn man es macht wie wir.  Schlauer wäre es also das Biv. Slapater nicht anzusteuern.

 

Mit der Einschätzung dass es mühsam wird lagen wir jedenfalls nicht verkehrt, das stellt sich nach der Pause sehr schnell heraus.  Es gibt Steigspuren im Kar, das schon.  Aber es ist alles lose und somit äußerst mühsam.  Wir sind durchaus Geröll-erfahren durch Karwendel und Co., aber hier wühlen wir uns im Schneckentempo nach oben zum Felsriegel der die letzten 400 Hm zum Gipfel bedeutet.  Ziemlich fertig nach letztlich nur 200 Hm kommen wir am Einstieg an, der immerhin leicht zu finden war, mit der roten Markierung war er bereits ausreichend frühzeitig aus dem Kar heraus identifizier- und ansteuerbar.  Nochmals machen wir eine kurze Pause um Kraft zu tanken.  Aber immerhin fängt jetzt der Spaß im Fels an!

 

In der Tat.  Der Einstieg ist schon mal eine gute II und Mike hat erstmal ein wenig Mühe die Stelle richtig zu erwischen.  Nach der kurzen Einstiegswand geht es nach links entlang eines Schuttbandes.  An dessen Ende wartet uns, nach schräg rechts oben führend und gut markiert, die Schlüsselstelle des Aufstiegs, ein Kamin mit Klemmblock (III).  Die Situation hier war uns nicht klar, aber Stand September 2022 lag ein Fixseil drin.  Und ganz ehrlich, ohne dieses wäre die Stelle keine III sondern eher noch ein gutes Stück schwerer, das Seil hat definitiv seine Berechtigung.  Man hat nur speckiges Zeug zu treten und für den angeblich guten Griff oben am Klemmblock bin ich offenbar auch zu kurz geraten.

Nach Überwindung dieser Schlüsselstelle folgen wir einem weiteren Geröllband, durchsetzt von ein paar abschüssigen Felsplatten, weit nach links, Richtung Westen.  Erst unterhalb des Nachbargipfels Croda Marcora biegen wir über leichtes Felsgelände (wohl nicht mehr als I+) nach schräg rechts oben, zum nächsten Band, ab.  Dieses ist im Frühherbst trotz der südseitigen Exposition bereits mit etwas Schnee bedeckt.  Es handelt sich aber um guten Trittschnee, weshalb der Weiterweg hierdurch nicht erschwert wird.  Und so gelangen wir Schritt für Schritt näher an den Gipfelaufbau der Punta Sorapis.  Zu verfehlen ist die Route nicht, sie ist immer wieder mit roten Punkten oder Steinmandln markiert.  Was definitiv nicht verkehrt ist, das Felsgelände ist ziemlich beliebig hier oben und wo sich der Gipfel konkret über uns befindet ist nach wie vor komplett unklar.  Aber dank der Markierungen haben wir kein Problem den Abzweig zu finden.  Über diverse Aufschwünge (II) geht es spaßig hinauf auf den Gipfelgrat welcher uns schlussendlich in wenigen Schritten auf den Gipfel geleitet.  Knapp 1,5 Stunden haben wir ab dem Felseinstieg hier hoch gebraucht.

 

Der Blick auf die Uhr verrät: passable 6,5 Stunden haben wir inklusive aller Pausen gebraucht.  Welch erhabenes Gefühl nun hier zu stehen!  Der Rundumblick lässt nicht zu wünschen übrig.  Im Süden erhebt sich majestätisch der Antelao.  Im Westen geben sich Pelmo und Civetta die Ehre.  Und im Norden ist einiges an Prominenz aufgereiht, angefangen von den Tofanen über den Cristallo bis zu den Drei Zinnen, die von hier aus aber klein und unscheinbar aussehen. ;)  Laut Gipfelbuch kommen auch nicht allzu viele Partien hier oben an.  Klar, egal woher man kommt, der Zustieg ist lang, und wie beschrieben am Schluss nicht nur mühsam sondern auch technisch anspruchsvoll.  Umso schöner ist es diesen Gipfel erklommen zu haben. :)  Und nachdem wir noch einigermaßen gut in der Zeit liegen können wir diesen auch ein wenig genießen.

 

Aber irgendwann ist immer die Zeit für den Abstieg gekommen.  Dieser erfolgt entlang der Aufstiegsroute, also verliere ich nicht allzu viele Worte dazu.  Nur so viel: die Schlüsselstelle mit dem Klemmblock habe ich kurzerhand abgeseilt (Tourengurt und Tuber waren extra hierfür eingepackt), ich hatte keine Lust auf hin und her.  Mike hat einfach beherzt ins Fixseil gegriffen.  Jedenfalls, und nicht nur deshalb, haben uns die oberen 400 Hm Abstieg im Felsgelände ziemlich exakt die Zeit gekostet wie raufzugs, hier  ist man eher nicht schneller.  Das krasse Gegenteil dazu ist naturgemäß das Schuttfeld unterhalb der Felsenfestung.  Hier geht es rasant bergab - welch Wohltat nach dem mühsamen Gewühle vorhin an selber Stelle!  Aus irgendeinem Grund ist mir hier meine GPS-Aufzeichnung ausgestiegen, aber der weitere Routenverlauf ist denke ich eh klar. ;)  Der Rest des Weges ließ sich vergleichsweise flott absteigen, und so waren wir nach ca. 4 Stunden gegen 19 Uhr und somit eine gute halbe Stunde vor Sonnenuntergang wieder am Parkplatz.

 

Alles in allem eine wunderschöne, konditionell anspruchsvolle und technisch herausfordernde Tour an die wir uns immer wieder gerne zurück erinnern.  In Summe sind etwa 2050 Hm bei 24 km Wegstrecke zusammengekommen.  Bis auf die letzten 400 Hm ist es eine eher einfache Geschichte, von der Mühsal des Kars mal abgesehen, dann im Fels aber T6 und bis III in der Schlüsselstelle.


Tourengänger: Kaiserin


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Kommentare (2)


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Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 22. Juli 2023 um 09:12
Glückwunsch zur genialen Tour.
Die möchte ich dieses Jahr unbedingt auch noch machen. :-)
LG Andy

Kaiserin hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Juli 2023 um 13:04
Vielen Dank Andy! Ich drücke Dir die Daumen dass es bei Dir dann auch klappt! Ist eine wirklich eindrucksvolle Tour in den wie immer wunderbaren Dolomiten. :)


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