Göttinger Spitzen (2749m)
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Am Tauernhauptkamm zwischen Hochalmspitze und Großglockner, diesem so zentralen wie überraschend vernachlässigten Bereich der Ostalpen, kann man (abseits weniger häufiger begangener Ziele wie Ankogel, Schareck und Sonnblick) noch viele einsame Touren entdecken. Zu einigen Gipfeln gibt es tatsächlich bis heute keinerlei Informationen online, und sogar alteingesessene Hüttenwirte können sich oftmals kaum an die letzte Besteigung dieser weltabgeschiedenen Ziele erinnern... (So erzählte mir z.B. die Hüttenwirtin der Duisburger Hütte, dass heute niemand mehr wisse, wie der heute noch selten als Skitour bestiegene Weißseekopf überhaupt an sein Gipfelkreuz gekommen sei!) Als alleinige Richtlinie muss also wohl oder übel der alte Alpenvereinsführer Ankogel- und Goldberggruppe aus dem Jahre 1986 herhalten, als man dort offenbar noch bergsteigen ging. Seither sind natürlich nicht nur Gletscher verschwunden, sondern ist auch einiger aus dem Leim des Permafrosts geratener Fels zu Tal gerauscht. (Als ein Beispiel hierfür sei der vor wenigen Jahren noch gut begehbare Übergang vom Hohen Sonnblick zur Goldbergspitze genannt.) Eine Woche unterwegs auf dem Tauernhöhenweg, hatte ich mir vorgenommen, etwas von der unbekannten Gipfelwelt zwischen Ankogel und Sonnblick zu erkunden. Das wenig kooperative Wetter erlaubte mir dann immerhin eine morgendliche Spritztour von der urigen Mindener (Selbstversorger-)Hütte auf die Göttinger Spitze (je nach Karte auch im Plural Göttinger Spitzen).
Nachdem wir erst spätabends auf der Mindener Hütte angelangt sind, strahlt mir anderntags um sieben Uhr früh ein sonniger Morgen entgegen! Meine Wanderkameraden schlummern noch... mich treibt's hinaus! Nach Norden, an mehreren kleinen Seeaugen vorbei in Richtung des Grates. Mein Ziel ist noch nicht klar -- erst einmal möchte ich in die langgezogene Scharte zwischen Gamskarlspitz und Göttinger Spitzen gelangen. Einigen Steinmandln folge ich zunächst auf Gras, dann über lose Blöcke auf Moränenrücken bis unter den Grat. Das Gelände hier sieht nicht unbedingt verlockend aus, doch links ziehen einigermaßen feste Felsen bis fast zum Grat hinauf. Hier steige ich ein, und tatsächlich erweist sich der Aufstieg bis zur Grathöhe als recht unproblematisch (T4+, I). Der Südwestgrat zur Gamskarlspitz von hier sieht gruselig brüchig aus... Also wende ich mich nach Westen, dem Ostgrat der Göttinger Spitzen zu. Zunächst geht es einfach entlang des kaum ansteigenden Grates. Bald wird es steiler, ein paar wenige Kletterstellen im II. Grad dürfen in festem Fels absolviert werden, doch vielerorts besteht der Grat aus nur lose zusammenhängendem Gestein, was das Fortkommen mühsam macht. Eine kurze, schmale Stelle muss abgeklettert werden (I), durch die hier besonders heikle Felsqualität sehr unangenehm. UIAA III (wie im alten AV-Führer für "zwei längere Passagen" angegeben, finde ich jedoch bis zum östlichen Gipfel der Göttinger Spitzen nirgendwo mehr vor.
Ist das ein Steinmandl, was hier oben am Ostgipfel steht? Oder doch nur eine zufällig stehengebliebene Gratspitze? Ich kann mir über den menschlichen Einfluss nicht ganz klar werden. Der morgendliche Blick zurück zur Hütte und die Grate entlang nach Ost und West begeistert mich jedenfalls!
Abstieg: Auf der anderen (westlichen) Gratseite steige ich kurz über zur Abwechslung einmal bombig-festen IIer-Fels in die folgende Gratscharte ab: Ein Vergnügen! Mittlerweile ist es halb neun, die Kameraden sind sicher längst wach... Der weitere Gratverlauf über die anderen Spitzen lockt mich eh nicht übermäßig, scheint es doch wieder brüchig weiter zu gehen. Also südlich hinab, zurück ins Moränengelände. Eine hinunterführende Schuttrinne sieht garstig aus, so begebe ich mich in das abwärts geschichtete Plattengelände links (östlich) davon. Hier braucht es etwas Vor- und Umsicht, man befindet sich für eine Weile in Absturzgelände (T5+, I). Nicht alles scheint vertrauenerweckend, ich suche optisch nach den festesten Stellen und treffe zum Glück nicht auf lose Platten. Na, immerhin besser, als den ganzen Anstiegsweg auf dem brüchigen Grat zurückzubalancieren... Glücklich unten angelangt, steige ich etwas linkshaltend, dann bequem auf einem Rücken aus Gletscherschliff zum kümmerlichen Rest des Woisgenkees und dem größten der davon zurückgelassenen Seeaugen ab. Von hier finde ich linkshaltend bald wieder die Steinmandln der Aufstiegsroute und gelange alsbald zur Hütte und einem (mittlerweile heißersehnten) Frühstück.
Fazit: Die Göttinger Spitzen sind heutzutage wohl am zutreffendsten im Plural bezeichnet, da der Grat in diesem Bereich tatsächlich mehrere, etwa gleich hohe Spitzen aufweist. Meine Tour führte mich nur auf die östliche dieser Spitzen. Sollte sich jemand ausgerechnet diese als Einzelziel erküren, empfiehlt sich meiner Ansicht nach der Aufstieg und Abstieg über die von mir begangene Abstiegsroute, da hier am wenigsten Bruch begangen wird und die kurze IIer-Kletterei am Gipfelgrat in allerbestem Genussfels erfolgt. Die hier beschriebene Überschreitung ist sicher nicht wegetechnisch, vielleicht aber doch landschaftlich noch bedingt empfehlenswert. Die entsprechenden AVF-Routen sind allerdings mit den heutigen Verhältnissen kaum noch zu vergleichen: Der "Ostgrat" hat offenbar seine IIIer-Stellen eingebüßt und dafür an Brüchigkeit gewonnen, die Route "von Süden" ist nun gletscherbefreit und in Gipfelnähe wohl deutlich steiler als früher.
Interessant wäre noch zu wissen, wie es beim Rest der Spitzen aussieht... falls jemand sich dorthin verirrt, schreibe er gerne!
Darüberhinaus sind unzählige weitere Gipfel dieses und der angrenzenden Kämme nach wie vor als "weiße Flecken" in der Bergsteigerlandkarte zu betrachten und allen Weltferne liebenden, nicht vor Bruch zurückschreckenden Erkundern offen :)
Nachdem wir erst spätabends auf der Mindener Hütte angelangt sind, strahlt mir anderntags um sieben Uhr früh ein sonniger Morgen entgegen! Meine Wanderkameraden schlummern noch... mich treibt's hinaus! Nach Norden, an mehreren kleinen Seeaugen vorbei in Richtung des Grates. Mein Ziel ist noch nicht klar -- erst einmal möchte ich in die langgezogene Scharte zwischen Gamskarlspitz und Göttinger Spitzen gelangen. Einigen Steinmandln folge ich zunächst auf Gras, dann über lose Blöcke auf Moränenrücken bis unter den Grat. Das Gelände hier sieht nicht unbedingt verlockend aus, doch links ziehen einigermaßen feste Felsen bis fast zum Grat hinauf. Hier steige ich ein, und tatsächlich erweist sich der Aufstieg bis zur Grathöhe als recht unproblematisch (T4+, I). Der Südwestgrat zur Gamskarlspitz von hier sieht gruselig brüchig aus... Also wende ich mich nach Westen, dem Ostgrat der Göttinger Spitzen zu. Zunächst geht es einfach entlang des kaum ansteigenden Grates. Bald wird es steiler, ein paar wenige Kletterstellen im II. Grad dürfen in festem Fels absolviert werden, doch vielerorts besteht der Grat aus nur lose zusammenhängendem Gestein, was das Fortkommen mühsam macht. Eine kurze, schmale Stelle muss abgeklettert werden (I), durch die hier besonders heikle Felsqualität sehr unangenehm. UIAA III (wie im alten AV-Führer für "zwei längere Passagen" angegeben, finde ich jedoch bis zum östlichen Gipfel der Göttinger Spitzen nirgendwo mehr vor.
Ist das ein Steinmandl, was hier oben am Ostgipfel steht? Oder doch nur eine zufällig stehengebliebene Gratspitze? Ich kann mir über den menschlichen Einfluss nicht ganz klar werden. Der morgendliche Blick zurück zur Hütte und die Grate entlang nach Ost und West begeistert mich jedenfalls!
Abstieg: Auf der anderen (westlichen) Gratseite steige ich kurz über zur Abwechslung einmal bombig-festen IIer-Fels in die folgende Gratscharte ab: Ein Vergnügen! Mittlerweile ist es halb neun, die Kameraden sind sicher längst wach... Der weitere Gratverlauf über die anderen Spitzen lockt mich eh nicht übermäßig, scheint es doch wieder brüchig weiter zu gehen. Also südlich hinab, zurück ins Moränengelände. Eine hinunterführende Schuttrinne sieht garstig aus, so begebe ich mich in das abwärts geschichtete Plattengelände links (östlich) davon. Hier braucht es etwas Vor- und Umsicht, man befindet sich für eine Weile in Absturzgelände (T5+, I). Nicht alles scheint vertrauenerweckend, ich suche optisch nach den festesten Stellen und treffe zum Glück nicht auf lose Platten. Na, immerhin besser, als den ganzen Anstiegsweg auf dem brüchigen Grat zurückzubalancieren... Glücklich unten angelangt, steige ich etwas linkshaltend, dann bequem auf einem Rücken aus Gletscherschliff zum kümmerlichen Rest des Woisgenkees und dem größten der davon zurückgelassenen Seeaugen ab. Von hier finde ich linkshaltend bald wieder die Steinmandln der Aufstiegsroute und gelange alsbald zur Hütte und einem (mittlerweile heißersehnten) Frühstück.
Fazit: Die Göttinger Spitzen sind heutzutage wohl am zutreffendsten im Plural bezeichnet, da der Grat in diesem Bereich tatsächlich mehrere, etwa gleich hohe Spitzen aufweist. Meine Tour führte mich nur auf die östliche dieser Spitzen. Sollte sich jemand ausgerechnet diese als Einzelziel erküren, empfiehlt sich meiner Ansicht nach der Aufstieg und Abstieg über die von mir begangene Abstiegsroute, da hier am wenigsten Bruch begangen wird und die kurze IIer-Kletterei am Gipfelgrat in allerbestem Genussfels erfolgt. Die hier beschriebene Überschreitung ist sicher nicht wegetechnisch, vielleicht aber doch landschaftlich noch bedingt empfehlenswert. Die entsprechenden AVF-Routen sind allerdings mit den heutigen Verhältnissen kaum noch zu vergleichen: Der "Ostgrat" hat offenbar seine IIIer-Stellen eingebüßt und dafür an Brüchigkeit gewonnen, die Route "von Süden" ist nun gletscherbefreit und in Gipfelnähe wohl deutlich steiler als früher.
Interessant wäre noch zu wissen, wie es beim Rest der Spitzen aussieht... falls jemand sich dorthin verirrt, schreibe er gerne!
Darüberhinaus sind unzählige weitere Gipfel dieses und der angrenzenden Kämme nach wie vor als "weiße Flecken" in der Bergsteigerlandkarte zu betrachten und allen Weltferne liebenden, nicht vor Bruch zurückschreckenden Erkundern offen :)
Tourengänger:
rele

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