Sommerabenteuer "Kungsleden" - von Abisko nach Nikkaluokta


Publiziert von Metavira2 , 18. August 2022 um 16:01.

Region: Welt » Schweden
Tour Datum:24 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: S 
Zeitbedarf: 6 Tage
Aufstieg: 1150 m
Strecke:Abisko - Nikkaluokta
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Abisko
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Nikkaluokta
Unterkunftmöglichkeiten:STF Stationen

Ein lang gehegter Wunsch soll nun in Erfüllung gehen. Wir machen uns auf den 2403 Kilometer entfernten Weg in den hohen Norden, zum weltberühmten Kungsleden nach Lappland in Nordschweden, 200 km nördlich des Polarkreises.
 
Die Fahrt mit dem PKW verläuft störungsfrei. Dabei passieren wir die Storebaelt und die Öresundbrücke entlang der E4 über Stockholm, Sundsvall und Örnsköldsvik am Bottnischen Meerbusen. Das Küstengebiet Höga Kusten (Hohe Küste) in der schwedischen Provinz Västernorrlands län zwischen Härnösand und Örnsköldsvik wurde im Jahr 2000 zum Weltnaturerbe erklärt. Die Region ist namensgebend für die Högakustenbrücke, eine Hängebrücke über den Fluss Ångermanälven. Entlang der Küste Norrlands - von Härnösand bis Örnsköldsvik - erstreckt sich die höchstgelegene Uferlinie der Welt.

Nach 29 Std. und 15 Minuten erreichen wir am 25.07.22 um 08:15 h die nördlichste Stadt Schwedens, Kiruna. Unser Fahrzeug stellen wir an der Hauptverkehrstraße Hjalmar Lundbohmsvägen, gegenüber der Bushaltestelle, auf einem kostenfreien Schotterparkplatz für die nächsten Tage ab. Der Stadtkern von Kiruna gleicht einer Großbaustelle. In und um Kiruna wird das reinste Eisenerz der Welt abgebaut. Die Abbaustellen kommen der Stadt immer näher. Bis 2040 soll die ganze Stadt um 5 Kilometer nach Osten verlegt werden. Im Cafe Safari in der Geologgatan 4, nehmen wir noch ein kleines Frühstück ein. Da heute kein Bus mehr fährt und der Zug heute wegen Signalarbeiten an der Strecke ausfällt, fahren wir mit Taxi rd.93 Km nach Abisko, 195 km nördlich des Polarkreises und 39 Straßenkilometer östlich der schwedisch-norwegischen Grenze auf einer Höhe von 385 m über dem Meeresspiegel. Der Abschnitt zwischen Abisko und Nikkaluokta mit einer Länge von 105 km ist am beliebtesten und zugleich der gebirgigste.

Der Kungsleden (schwedisch für „der Königspfad“) ist ein Fernwanderweg in der historischen schwedischen Provinz Lappland.
Er besteht aus zwei Teilen, einem nördlichen und einem südlichen Streckenabschnitt. 
Der ältere und bekanntere nördliche Teil führt über etwa 440 Kilometer von Abisko im Norden bis Hemavan im Süden. Der höchste Punkt liegt am Tjäktja Pass in 1150 Metern Höhe, der niedrigste Punkt ist Kvikkjokk mit 302 Metern Höhe. 
Der Weg ist markiert und mit Brücken versehen. Die Wegmarkierungen für Wandernde zu Fuß bestehen aus roten Ringen rund um Baumstämme oder aus Steinhaufen (Steinmännchen) mit einem rot markierten Stein (schwedisch: stenröse, pl. stenrösen) in waldlosen Gebieten. Der vom Verlauf manchmal leicht abweichende Winterwanderweg ist mit roten Kreuzen an ca. 2 m hohen Stangen markiert und führt teilweise durch im Winter zugefrorene Sumpflandschaften bzw. über Seen. Die Sommer- und Wintermarkierungen sind so platziert, dass man von einer beliebigen Markierung die nächste Markierung sehen und darauf zusteuern kann. Der Sommerwanderweg kreuzt an einigen Stellen einen See. Diese muss man dann entweder per vorhandenem Ruderboot selbst überqueren oder man nutzt den allerdings nur während der Hauptsaison angebotenen Bootsservice, welcher meist durch einheimische Samen organisiert wird. 
Der Nationalpark Abisko liegt südlich des Torneträsk in der Gemeinde Kiruna und umfasst 7.700 Hektar.
Kiruna hat subarktisches Inlandsklima mit beträchtlichen Temperaturunterschieden zwischen Sommer und Winter. Im Sommer betragen die Temperaturen in Kiruna zwischen 8 und 16 °C (im Juli). Die Winter sind kalt, die Tagestemperaturen liegen im Januar zwischen −9 und −15 °C. In klaren, windstillen Nächten kann es deutlich unter −30 °C gehen.

Wir alle sind, glauben wir, gut vorbereitet. Lange wurde über Packlisten, Ausrüstung, Wasserversorgung,
Kleidung, Gewicht  usw. diskutiert. Die entsprecheden Absprachen wurden eingehalten. Außerdem sind wir alle in guter körperlicher Verfassung, die Freude, dass es endlich losgeht ist riesengroß, nicht wissend, was uns bevorsteht.
 
 
Um 11:10 h in Abisko angekommen, beginnt unsere Wanderung mit den folgenden Abschnitten:
Tag 2 – Mo, 25.07.2022 
 
Wanderung Abschnitt 1 
Abisko – Abiskojaure plus X (ca. 2 Km) 17 km (5 Std.) 
 
Es geht durch unendliche Birkenwälder und immer wieder an tiefblauen Bächen entlang. Es bieten sich wunderschöne Szenarien. Auch finden sich am ganzen Kungsleden entlang sogenannte "Medidationsplattformen". Diese haben immer einen schönen Ausblick zu bieten. Abiskojaure ist einer von nur drei Orten innerhalb des Nationalpark Abisko, an denen das Zelten erlaubt ist. Wir passieren die Nationalparkgrenze, Zelten ist wieder erlaubt. Nördlich der Hängebrücke  (24 m) über Šiellajohka gibt es ausgezeichnete Plätze zum Zelten. Wir wandern durch das Tal des Kamajåkka und zelten am Fluss Gamaeatnu (17:00 h). Wir spannen ein größeres Tarp ab, um so ein wenig vor Wind und Regen geschützt zu sein. Neben uns zelten zwei Damen aus Deventer.  Der Fluss ist so laut, dass man nicht mal dass Schnarchen aus den Nachbarzelten hört :) . Es gibt dort eine Latrine in der Nähe der Brücke.
 
 
Tag 3 – Di, 26.07.2022 
Wanderung Abschnitt 2 - Abiskojaure – Alesjaure 18 km (6 Std.) 
 
(Abmarsch 9:25)  Hier beginnt ein ausgedehnter Anstieg von etwa 300 m, der Kieronbacken-Piste genannt wird. Die Baumgrenze ist überschritten und an klaren Tagen hat man eine schöne Aussicht. Der Weg ist gelegentlich steinig, mit Weidengebüsch daneben. Die Wanderung verläuft größtenteils auf einem guten Pfad mit einer angemessenen Anzahl von Holzplanken über den sumpfigen Gebieten. Nachdem wir den Berg Gárdinvárri umrundet haben, wird der Anstieg flacher und der Weg führt weiter durch grasbewachsene und mit Büschen bedeckte Heide. Drei Kilometer nach dem Rentierzaun zwischen den Samengemeinden Gabna und Laevas befindet sich eine Rasthütte gleich östlich des Weges am See Rádujávri. Hier kann es sich anbieten eine Pause einzulegen. Am Álisjávri-See wird in der Hochsaison ein Bootstransport angeboten (Roland Enoksson). Dadurch verkürzt sich  Wanderung um 6 km. Ansonsten führt der Weg am See entlang bis zu den Alesjaure-Hütten. Der Weg ist stellenweise steinig und nass und führt durch Weiden- und Zwergbirkengebiete. In Alesjaure haben wir in Nähe der Station und einer langen Hängebrücke (41 m) auf einer kleinen Halbinsel einen schönen Zeltplatz gefunden (16:00 h)
 
 
Tag 4 – Mi, 27.07.2022 
Wanderung Abschnitt 3 - Alesjaure – Tjäktja 17 km (5 Std.) 
 
(Abmarsch 9:00 h) Auf dem Weg nach Tjäktja fängt man wirklich an, sich ins Hochland vorzuarbeiten. Je höher man kommt, desto schöner wird die Landschaft, was allein ausreicht, um in der steilen Erhebung von über 230 m weiterzumachen. Der Tjäktja-Pass liegt 4 Kilometer südlich von STF Tjäktja und ist mit 1.150 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Punkt des Kungsleden-Wanderwegs. Wer den Pass überquert, muss oft im Schnee laufen, und es kann ziemlich nass sein.  Der Pass hat eine Rasthütte und die besten Campingplätze befinden sich direkt unterhalb des Tjäktja-Passes. Der Wind bläst hier besonders stark. Hinter einer kleinen Bergkuppe finden wir Platz für unsere Zelte.
 
 
Tag 5 – Do, 28.07.2022 
Wanderung Abschnitt 4 – Tjäktja – über Sälka - Kuoperjäkka 19 km 
 
(Abmarsch 9:11 h) Nach einem steilen und felsigen Abstieg beginnt der 5 km lange Tjäktjavagge. Eine Felswand säumt die Westseite des Tals. Im Osten sind die Berge abgerundeter, aber immer noch hoch. Man wandert östlich des breiten Baches, der durch das Tal fließt. Erst am Ende sieht man STF Sälka. Von hier aus hat man ein perfektes Basislager für Gipfeltouren unter anderem über den Durlings led zum Kebnekaise. Dieser Weg verlangt keine Kletterei und vermeidet den Umweg über den Vierramvarri. Diese Route ist nach G. Durling benannt, der 1895 als dritter Mensch den Kebnekaise bestiegen hat. Unser Plan beinhaltet die Besteigung des höchsten Bergs Schwedens. Dafür haben  wir einen Tag eingeplant. Da die Wetterbedingungen aber sehr bescheiden sind, geben wir diesen Plan auf. Wir wollen den direkten Weg über  Singi auslassen und gehen über einen Pass in Richtung Kebnekaise Fjällstation. Hier sparen wir nur  3 Kilometer aber dafür ist der Weg    wesentlich anstrengender. Belohnt werden wir hier aber mit einen superschönen Zeltplatz (17:15 h) direkt am See.  Wie gehen früh ins Zelt, da es sehr kalt und windig ist. Nachts muss es wohl leicht gefroren haben, berichtet ein Wanderkollege. Den Raureif hat er nachweislich auf der Zelthaut fotografiert.
 
Tag 6 – Fr, 29.07.2022 
Wanderung Abschnitt 6 – Kuoperjäkka – Kebnekaise Fjällstation – 19 km 
 
Heute geht es erheblich früher los als sonst – die Nacht war sehr kalt – Abmarsch ist um 6:30 h. Nach kurzer Wegstrecke sind wir wieder auf dem ursprünglichen Weg von Singi kommend. Den Kungsleden haben wird verlassen. Er führt von Singi weiter Richtung Norden. Unser Weg führt weiter durch da enge Tal des Ladjuvaggi zwischen den Riesen Singicohka und Skartoaive. Eine Brücke überquert den Kesselbach Kittelbäcken, der vom Hochtal Singivaggi runterkommt.
Wettertechnisch ist heute der schönste Tag. Um 13:50 treffen wir an der Kebnekaise Fjällstation ein. Die Berhütte liegt auf einer Höhe von 690 m. Sie verfügt über mehr als 200 Betten, einen Campingplatz, ein Restaurant, eine Bäckerei und eine eigene Sauna. Sie ist von Mitte Februar bis Mitte Mai und von Mitte Juni bis Mitte September geöffnet. Außerhalb der Saison ist immer ein Schutzraum für Notfälle geöffnet. Die Hütte ist auch Ausgangspunkt für die meisten Wanderer, die den 2.117 Meter hohen Kebnekaise besteigen wollen. 
 
Dort gönnen wir uns als erstes ein kaltes Norrland-Bier. Der Versuch hier Bargeld loszuwerden scheiterte. Hier in Schweden will keiner mehr Bargeld haben. Erst  nach rund 8 km in Richtung Nikkaluokta, nach dem Bootsanleger,   finden wir einen anständigen Zeltplatz (18:30 h). Hier haben wir erstmalig ernsthaft mit Mücken zu kämpfen. Die anderen Tage waren wohl wind- u. temperaturbedingt  Mückenfrei.
 
Tag 7 – Sa, 30.07.2022 
Wanderung Abschnitt 7 – Kebnekaise Fjällstation+8 – Nikkaluokta  -19 km

Der Weg verläuft größtenteils durch Birkenwald. Später geht der Trail in einen relativ steinigen und holprigen Weg über. Auf dieser Strecke ist enorm viel Wanderpublikum unterwegs. Es nervt.  Kurze Zeit später erreichen wir das Ostufer des Laddjuvarri, mit herrlichem Blick auf das Kebnekaise-Gebirge und des Tuolpagorni. Aufgrund seines markanten Aussehens gehört er zu Schwedens mit am meisten fotografierten Natur-Objekten. Im dortigen Restaurant Enoks wird der legendäre Rentierburger für den hungrigen Wanderer serviert.  Wir sehen es als Pflichtprogramm den  „LapDonald-Burger“ für umgerechnet 18 € zu probieren. Alle haben ihn für gut befunden.
 
Nach rund 5 Kilometern erreichen wir um 13:50 h das Dorf Nikkaluokta. Das Ende unserer Wanderung.
 
Abreise von Nikkaluokta mit dem Bus nach Kiruna ist um 16:45 h. In Kiruna können wir auf dem Campingplatz „Camp Ripan“ für umgerechnet 3 €/Person duschen. Danach besuchen wir noch die Pizzeria Sicilia in der VÄNORTSGATAN 10. Gegen 20:00 Uhr treten wir die Rückfahrt in die Heimat an.
 
Tag 8 – So, 31.07.2022 – 23:50 h Ankunft in der Heimat

Fazit:
Unsere abenteuerliche und wunderschöne Reise ist erfreulicherweise planmäßig und ohne Störung verlaufen. All unsere Erwartungen wurden vollumfänglich erfüllt. Die Ausrüstung hat allen Anforderungen Stand gehalten. Vielleicht hat der Ein oder Andere Mal in der Nacht gefroren. Der Kungsleden ist bestens markiert, so dass alle Ziele ohne Schwierigkeiten, trotz steiniger und sumpfiger Passagen, erreicht wurden. Mit seiner faszinierenden, urwüchsigen und wilden Natur mit Bergen, Moor- u. Heidelandschaften, Fjorden, Seen, Wasserfällen, Flüssen, unzähligen Brücken u. Stegen bietet der Kungsleden ein abwechslungsreiches Schauspiel. Grellgrün leuchten die Birken, rot die Flechten, weiße Wollgräser und manchmal azurblaue Himmel sowie aufgewühlte Wolkenformationen: Mit Farben und Licht geizt Lappland nicht. Die bunte Vegetation, die intensiven Grünlandschaften, die Fernsicht sowie ständig wechselnde Lichtverhältnisse sorgen für dauerhafte Wow-Effekte. Unterwegs haben wir wenig Tiere gesehen; ab und zu mal einige Rentiere. Aufgrund des Wetters blieben uns die Mückenscharen erspart. Auch über übermäßiges Wanderpublikum kann nicht berichtet werden. Gemütliche Abende waren eher eine Seltenheit. Kräftige Winde mit Kälte und Nässe zwangen uns förmlich ins warme Zelt. Zeitweise musste die Frühstückseinnahme sogar im Zelt erfolgen. Die Einkaufsmöglichkeiten am Kungsleden sind rar gesät. In der Sommersaison kann an den Fjällstationen Proviant aufgenommen werden. In den Hütten gibt es vereinzelt auch Lebensmittel zu kaufen, die aber sehr teuer sind. Eine Wohltat ist es, kein Wasser mitschleppen zu müssen. Davon gibt es hier reichlich.
Es gibt unterwegs keinen Handyempfang. Erst kurz vor der Kebnekaise-Fjällstation wieder. 

Diese Wanderung am schwedisch lappländischen Polarkreis, am 68. Breitengrad,  bleibt für uns ein unvergessenes Erlebnis.
 

Tourengänger: Metavira2


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