Über einen brüchigen Rhyolithgrat zum Mauersechseck


Publiziert von Nik Brückner , 5. September 2022 um 15:06. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum:15 Juli 2007
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m
Strecke:3 Kilometer

Schon vor Jahren bin ich mal auf der Suche nach einer fast nicht mehr vorhandenen Burg gewsen: dem Mauersechseck. Diese Ruine, die einst auch Waldsberg oder Wolfsgrund genannt wurde, ist der Rest eines aus einem burgähnlichen Ansitz hervorgegangenen mittelalterlichen Herrenhofs. Leider ist davon kaum noch etwas zu sehen, da das Gebäude stark verfallen und das Gelände stark zugewachsen ist. Ich wollte trotzdem hin, weil ich die Ruine noch nicht kannte.

 
Ich legte "My Downfall" von Venetian Snares ein und fuhr nach Dossenheim (153m), wo ich mein Auto abstellte, an der Gabelung zwischen Talstraße und Mühltalstraße und wanderte von dort aus die Mühltalstraße hinauf. Bald zweigt rechts zwischen zwei Wohnhäusern ein steiler, geschotterter Waldweg ab, der schnell zu einem Wendeplatz führt, wo er endet. Hier stieg ich links im Wald hinauf zu einer Serpentine der Straße, die von Dossenheim zum Weißen Stein hinaufführt. Hier befindet sich ein Hügel, an dem das kleine Abenteuer begann.

Spuren führten dort hinauf, fast schon ein Weg. Wird das begangen? Sind das Tierspuren? Man neigt mal mehr zum einen, mal mehr zum anderen. Oben angelangt, musste ich mich kurz durchs Unterholz kämpfen, dann stand ich auf einem kleinen künstlichen Plateau. Hier begannen die Schwierigkeiten.

Die Steinbrüche von Dossenheim prägen das Landschaftsbild der Bergstraße nördlich von Heidelberg. Vier Haupt- und mehrere Nebenbrüche, in denen seit dem 19. Jahrhundert Rhyolith, also Quarzporphyr abgebaut wurde, hat man hier auf einer Länge von knapp zwei Kilometern in den Hohen Nistler, den Kirchberg und den Ölberg gegraben. Ein riesiges Gelände, das bis heute, zwanzig Jahre nach der Einstellung der Steinbrucharbeiten, Ort und Landschaft zutiefst prägt.

Der Grat zog sich an dieser Stelle derart schmal zusammen, dass ob des brüchigen Ryoliths keine Chance bestand, direkt auf der nur handbreiten Kante voranzukommen. Links ging es senkrecht hinunter, deshalb musste ich rechts ausweichen. Doch auch dort befand sich eine einige Meter hohe senkrechte Stufe. Es gab zwei Möglichkeiten, hinunterzugelangen. Die erste befand sich wenige Meter neben der Gratkante. Es ging hinunter auf ein schmales Bandl, das vermutlich erst durch Begehungen entstanden ist, dann konnte man auf diesem wenige Meter zurück zum Grat queren. Die zweite Möglichkeit bestand darin, die senkrechte Stufe soweit bergab zu verfolgen, bis man in stark erodiertem Gelände in die darunter befindliche große Rinne absteigen kann. Das wäre länger gewesen, ein ziemliches Gerutsche, und der Abstieg in die Rinne wäre auch nicht gerade angenehmer gewesen als die Variante weiter oben. Zudem hätte man nun im Geröll der Rinne wieder zum Grat aufsteigen müssen.

Zurück am Grat ging ich nun auf der Kante weiter, die Spuren um Hang rechts davon ignorierend. Das war (nicht mehr ganz so) schmal und brüchig, aber zunächst waagrecht und gut machbar. Dann führt der Grat hinauf zu einem Köpfl.

Die Spuren führten rechts daran vorbei, oder kamen von dieser Seite herauf. Wollte man drüben hinuntergelangen, bleibt man besser auf der Kante. Deutliche Spuren leiteten im Zickzack zwischen Dornenbüschen und kargen Bäumchen zunächst nach rechts, eine kurze steile Stufe hinunter, und dann nach links zurück zur Hauptkante. Diese war hier breiter, und die Spur nahm - vorübergehend - Wanderwegcharakter an. Wieder waagrecht ging es hinüber zu einem weiteren, diesmal dicht bewaldeten Kopf. Hier hieß es Obacht geben: Metallreste und alte Fundamente standen hier herum. 

Auf der Kante war hier kein Durchkommen, zu dicht war das Gestrüpp. Deshalb folgte ich den Wegspuren, die links der Kante zu einem alten Gebäude hinunterführten. Dort wandte ich mich nach links und lief auf einem breiten Weg zunächst geradeaus, dann in einer Rechtskurve aus dem Gelände heraus.

Ich folgte nun dem Hauptweg, hinauf zu einem Panopunkt (253m), von dem aus man große Bereiche des Geländes übersehen kann. In der Nähe befindet sich eine scharfe Linkskurve. Aus dem Tal kommend, kann man hier geradeaus zum Parkplatz Drei Eichen aufsteigen, wer aber auf dem Hauptweg bleibt, gelangt bald an eine - wenn auch recht unscheinbare - Burgruine: Das Mauersechseck (255m).

Das sogenannte Mauersechseck, eine Ruine, die auch Waldsberg oder Wolfsgrund genannt wurde, ist der Überrest eines aus einem burgähnlichen Ansitz hervorgegangenen mittelalterlichen Herrenhofs. Tatsächlich ist davon kaum noch etwas zu sehen, da das Gebäude stark verfallen und das Gelände stark zugewachsen ist. Mauerreste sind zwar noch erkennbar, aber diese Reste ragen nur wenige Dutzend Zentimeter über den Waldboden.

Da es keine schriftlichen Überlieferungen über den Ansitz gibt, lässt sich nur noch anhand der spärlichen Überreste erschließen, wie er einst aussah. Die Außenmauer bildet ein unregelmäßiges Sechseck. Sie umfasste einst wohl mehrere Gebäude. In der Mitte des Komplexes stand ein unterkellertes, mehrgeschossiges Turmhaus, mit Stein- und Fachwerkteilen und einem jüngerem Anbau. Der Kernbau war wahrscheinlich zwei oder drei Geschosse hoch, und stand auf einer Grundfläche von 9,7 x 8 Metern. Die Mauerdicke betrug einen Meter. Dieser Bau wurde später nach Osten und nach Süden hin erweitert. Der südliche Anbau nahm den Hauptzugang zum Gebäude auf.
 
Die Ruine wurde 1932 entdeckt und ergraben. Man fand dabei mehrere Keramikteile, unter anderem schön gearbeitete Ofenkacheln. Solche Kacheln wurden einst im nahen Dieburg gefertigt. Ihre Qualität wies darauf hin, dass die kleine Anlage mindestens zwei Öfen besaß, was für solche Anlagen nicht selbstverständlich ist.

Daneben fand man auch ein Beil, Messerreste, eine Sichel, zwei Bohrer, einen gotischen Schlüssel, eine Feile, sowie unter anderem auch ein Steinkreuz, möglicherweise ein Sühnekreuz. Interessant ist auch ein bronzener Ring mit der Inschrift "S. ANTONIVS HJUTAME", "Heiliger Antonius steh mir bei". Noch interessanter ist allerdings, dass niemand weiß, wo sich diese Funde heute befinden...

 
Nach den Ausgrabungsergebnissen konnte man das turmartige Haus ins 11. Jahrhundert datieren. Es wurde also zu Beginn des Burgenbaus in dieser Gegend errichtet. Vielleicht stand es in Zusammenhang mit dem abgegangenen Dorf Hillenbach ("Hillinbach" oder Höllenbach), das sich einst nur wenige hundert Meter entfernt befinden haben muss. Ob auch Verbindungen zum ebenfalls nur wenige hundert Meter entfernten Kronenburg ("Altes Schlössel") bestanden, ist nicht zu belegen.
 
Der spätere Umbau zum konnte in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert werden. Als solcher war das Mauersechseck wahrscheinlich Sitz eines niederadligen Burgmannes der Schauenburg.

Die Anlage wurde später aufgegeben, ohne dass Anzeichen eines Kampfes ersichtlich wären. Vermutlich steht das mit der Errichtung neuer Burgmannenhäuser in der Schauenburg um 1420/31 in Zusammenhang.
 

Ich wanderte nun auf dem breiten Waldweg hinauf zum Wanderparkplatz Drei Eichen (302m), nicht ohne bei guter Aussicht nach links noch ein paar Fotos von dem zuvor begangenen Grat zu machen. Vom Wanderparkplatz aus lief ich dann weglos geradewegs hinunter zu der Straße, die von Dossenheim zum Weißen Stein hinaufführt. Ich gelangte ziemlich genau an der Stelle an die Straße, an der ein von Dossenheim heraufkommender Fußweg endet. Diesen nahm ich, um wieder zurück in die Mühltalstraße zu gelangen.
 
 
Fazit:

Wildes kurzes Töürl, schön, wenn man auf sowas steht. Heute ist das Gelände mit dem Grat abgesperrt, und das ist auch besser so.

Tourengänger: Nik Brückner


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