Der - ähem - "Bad Dürkheimer Grat"


Publiziert von Nik Brückner , 23. März 2022 um 15:25.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Pfälzerwald
Tour Datum: 1 März 2022
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 300 m
Abstieg: 300 m
Strecke:14 km
Unterkunftmöglichkeiten:In Leistadt

Raunt mir doch neulich jemand was vom "Bad Dürkheimer Grat" zu! Da wären sie als Kinder immer herumgestiegen... Ein Grat, der durch einen natürlich steilen Berghang auf der einen und aufgelassene Steinbrüche auf der anderen Seite gebildet wird. "Das wär doch was für Dich!"

Zugegeben, auf dem Papier klingt das spannend. Was ich nicht wusste: Nicht alle Steinbrüche dort sind aufgelassen, und man latscht sowohl in Brombeerranken hinein als auch in das Gelände eines Schützenvereins. Zum Glück war Ruhetag. Nicht für die Brombeerranken. Leider.



Gestartet bin ich aber ganz woanders, nämlich am Parkplatz Felsenberg-Berntal (213 m) in Leistadt, den ich von einer Tour zu Ungeheuersee, Teufelsbank und Liebesbriefkasten schon kannte. Empfehlenswerte Runde für Romanten. Dieses Mal ging's aber nicht hinauf in den Wald, sondern hinüber zum Felsenberg, den ich Euch jetzt zeigen möchte. Im Ohr bei dieser Tour: Das Album "Sadako e le mille gru di carta" von LogoS.

Weite Teile der Gemarkung Leistadt stehen unter Naturschutz. Das 1952 begründete Naturschutzgebiet Felsenberg-Berntal ist das bekannteste, und das älteste von ihnen. Das etwa 300 Hektar große Gebiet besteht aus dem Felsenberg und dem Berntal.

Um dieses zu erreichen, folgt man der L517 ein kurzes Stück nordwärts, und zweigt dann in den ersten Feldweg rechts ab. Wer sich in der Folge immer rechts hält, ohne ins Berntal abzusteigen, erreicht bald die Kante des Felsenbergs.

Das Berntal erstreckt sich auf einer Länge von 1,2 km innerhalb der westlichen Bruchzone des Oberrheingrabens zunächst von Südwesten in Richtung Nordosten und dann weiter nach Osten. Eine felsige Bruchstufe im Nordwesten ist besonders stark ausgeprägt. Die Bergflanke fällt hier ca. zwei bis drei Meter senkrecht ab und bietet dadurch einen guten Einblick in das Karstgestein. Nördlich davon existiert eine seltene und daher geschützte Tier- und Pflanzenwelt, die sehr empfindlich auf Begehungen durch Wanderer reagiert und deshalb als akut bedroht eingestuft wird. Hier sind Trockenrasen erhalten, die nach ihrem Bewuchs "Kopflauch-Pfriemengras-Steppenrasen" genannt werden. Am südlichen Rand finden sich von Menschenhand errichtete Steinhaufen, sogenannte Pocheln. Sie stehen in Zusammenhang mit der ehemaligen Nutzung des Felsenbergs als Weinbaugebiet.

Auf dem ehemaligen Rebland wachsen heute unter anderem Schlehen-Liguster-Gebüsche, der Blaugrüne Faserschirm und verschiedene Orchideenarten. Auf den Kalkfelsen kommt der Felsen-Goldstern vor, ein besonders schützenswertes Liliengewächs. Tiere, die sich hier besonders wohlfühlen, sind die Mauereidechse, die Zaunammer, die Heidelerche und der Steinschmätzer. 
 
Von einem Schutzhüttl aus kann man zur Weinstraße hinunter-, und von dieser aus ins Berntal hineinwandern, ostwärts, wieder Richtung Leistadt.

Mit "Berntal" ist "Bärental" gemeint. In den Karsthöhlen haben früher wohl Bären Unterschlupf gefunden.

Ich wanderte das Tal entlang fast ganz zurück zum Parkplatz, und stieg dann links hinauf in den ehemaligen Weinberg.

Diese Weinberge wurden in den 1960er und 1970er Jahren mangels Rentabilität aufgegeben und verbuschten in der Folgezeit. Als das Berntal im Jahr 2000 unter Naturschutz gestellt wurde, bewirkten Pflegemaßnahmen, dass Gebüsche zurückgedrängt wurden und sich die Brachevegetation durch Mahd und Beweidung zu einem Magerrasen entwickelte. Auf den meisten Pflegeflächen wurden Obstbäume gepflanzt, bei denen es sich um alte, regionale und bedrohte Sorten handelt.

Auf der Hochfläche östlich von Leistadt wächst noch Wein, sehr guter, habe ich mir sagen lassen. Mich interessierten jedoch die nächsten Felswände, hoch über Kallstadt und der K4, die Leistadt und Kallstadt miteinander verbindet. Und so wanderte ich über das Plateau nach Osten, bis ich an die steil abfallende Felswand gelangte. Dieser folgte ich nun nach Süden bis zu einem künstlichen Wasserreservoir, und von dort aus nach Westen, bis zum "Leistadter Sonnenkreisel", einem Kreisverkehr am südlichen Ortseingang von Leistadt.

Auf der anderen Seite folgte ich kurz der K31, wandte mich aber bei der ersten Möglichkeit links von der Straße ab. In den Weinbergen wanderte ich dann die nächste rechts hinauf auf die Höhe, wo ich einige Meter südlich gleich die nächsten Felsen entdeckte. Wer sich hier nach Osten wendet, wandert wieder einer einige Meter hohen Felskante entlang, die man noch erkunden kann. An ihrem östlichen Ausläufer stößt man auf den Waldrand. Dort befindet sich ein Weg, der direkt nach Süden führt, zum Weingut Annaberg (182 m).

Ein paar Meter westlich des Weinguts überquerte ich die K3.

Hier setzt der Bergrücken an, der mir als "Bad Dürkheimer Grat" verkauft wurde. Na, mal sehen. 

Mit einer gehörigen Portion Skepsis verließ ich den Weinbergweg nur wenige Meter nach der K3, und stieg rechts hinauf zu einem Hochsitz am Bergrücken. Von hier aus wollte ich möglichst konsequent der Kante folgen, die mir versprochen worden war. Immer noch skeptisch umrundete ich ein Gebäude südseitig, und stieg den nächsten Steilaufschwung hinauf. Ich skepste umso mehr, als ich oben in Brombeerranken geriet, die hier die gesamte Kante überwuchern...

Hm? Yep, ich habe "Kante" geschrieben, zwei Mal, und es ist tatsächlich eine. Schmal ist sie zwischen einem halben und einem Meter, und sie ist, wäre, begehbar, wären da nicht diese Brombeeranken. Also Hose runterkrempeln, die Gehtechnik auf Storch stellen, und die Machete rausholen. Oder das Laserschwert, wie Schubi und ich neulich blödelten. Und dann ging's los!

Man muss sowas nicht machen. Oder anders gesagt: Für Euch tu ich alles. Habe mich also leidensbereit durch die Brombeeren geschlagen, und bin tatsächlich Meter für Meter vorangekommen, auf dem - ähem - "Bad Dürkheimer Grat".

Man muss wirklich aufpassen, nicht nur auf die Dornen, denn rechts geht es stets 10, 20 Meter senkrecht hinunter, und links ist es zumindest ordentlich steil.

Absteigen könnte man links durch den Hang (es gibt so etwas wie Brombeergassen) oder rechts auf - ich glaube zwei - Ausläufern nach nordwesten Richtung K3.

Hat man dann irgendwann die Brombeeren hinter sich gelassen, wird der - ich sag jetzt mal - Grat dann aber tatsächlich richtig schön. In diesem Abschnitt passiert man ein in einem ehemaligen Steinbruch befindliches Privatgelände, und hier wird der - ich sag jetzt mal weiter - Grat noch einmal so richtig schmal. Bald bietet sich die Gelegenheit, auf einem schmalen Seitengrat nach rechts auf ein Kanzele hinüberzubalancieren; wieder zurück auf dem Hauptgrat geht es dann steil einen nächsten, letzten Aufschwung hinauf. Oben angekommen, steht man an einem Zaun. Er begrenzt das Gelände eines Steinbruchs, der noch in Betrieb ist. Hier folgte ich dem Zaun weiter Richtung Südwesten. Der Steinbruch gräbt dem Berg zwar auch hier seinen Rücken ab, schmal ist es aber nicht mehr. Ein Weg führt am Zaun entlang, und bald wird klar: Die schmalen Passagen sind überwunden. Brombeerranken gibt es auch keine mehr, und so schlendert man gemütlich...

...

...ins Gelände eines Schützenvereins hinein! Herrje! Zum Glück war hier niemand - das hätte man wohl auch gehört. Hier stehen hölzerne Viecher im Wald, Wildschweine und so, aber auch einen Dino gibt es, für all jene, die mal einen erlegen wollen. Wanderer können hier auch erlegt werden, deshalb machte ich mich schnell aus dem Staub, und ließ auch die Waldgaststätte Schützenhaus hinter mir.

"Bad Dürkheimer Grat! Musst du unbedingt mal machen!"

Am Wanderparkplatz Weilach (274m) trat ich auf die K3 hinaus. Ein Stück östlich der 90-Grad-Kurve wanderte ich in den Wald hinein, auf dem breiten Forstweg, der zunächst ost- dann nordwärts zum nächsten Steinbruch führt. Dort, wo ein Tor zur Rechten auf das Gelände führen würde, lief ich bis zum Tor hinüber, und folgte dann dem Zaun nach links. Bald knickt der Zaun nach rechts, und ich folgte ihm noch ein Stück bergab, bis man weglos zum Fuß einer Felswand absteigen kann. Auch diese ist Überrest eines alten Steinbruchs. Hier führen heute Kletterrouten durch die Wand, die so klangvolle Namen tragen wie "Ready for Lunch" oder "Sweet". Am anderen Ende der Felswand führen Wegspuren wieder hinauf, und zurück auf einem ordentlichen Weg wanderte ich nun nach rechts weiter zum Waldrand. Am Hundeplatz Leistadt (259 m) überquerte ich die K 31 und wanderte durch die Weinberge zurück nach Leistadt (220 m), wo ich meine Tour am Parkplatz Felsenberg-Berntal (213 m) beendete.


Fazit:

Wunderschöne Gegend, felsiges Wandern zwischen Wald und Wein (Alliteration beabsichtigt). Was den "Bad Dürkheimer Grat" angeht - den gibt es zwar tatsächlich, künstlich hin oder her, gehen muss man den aber nicht. Außer - und das ist wörtlich gemeint - man steht auf Brombeerranken. Ob dieser Abschnitt schöner ist, wenn reife Beeren für den Kampf gegen die Dornen entschädigen, werde ich garantiert nicht herausfinden. Aber hey - es gibt ja noch einen anderen Grat im Rheintal, grad gegenüber (schlechtes Wortspiel ebenfalls beabsichtigt). Mal sehen, was das für einer ist....

Tourengänger: Nik Brückner


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