Scafell Pike - Top of England


Publiziert von Delta Pro , 5. November 2021 um 23:20.

Region: Welt » United Kindom » Cumbria
Tour Datum:31 Oktober 2021
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: GB 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 1370 m
Strecke:21 km

Auf einsamen und wilden Pfaden auf den höchsten Gipfel Englands - mit Regen und Nebel fast etwas ein Abenteuer

Was für ein Wetter! Nachdem die Böden nach der Sintflut der letzten Tag schon gesättigt waren, öffnete der Himmel über Nacht wieder die Schleusen. Alles andere als gute Voraussetzungen für die Tour auf die höchsten Gipfel des Lake Districts, auf die ich mich schon lange gefreut hatte. Der Lake District war mir schon seit Jahrzehnten ein Begriff gewesen - nicht bergsteigerischer Natur, aber für die schiere Anzahl besteigbarer Gipfel (der Rekord für 24 Stunden liegt offenbar bei rund 90, gut dann aber mit über 15'000 Höhenmetern...). Und die Schönheit der Landschaft ist ebenfalls ein Besuch wert: Lieblich und abgerundet einerseits, dennoch felsig, karg und rauh andererseits. Im Herbst, und wenn man in den einsamen Hochtälern unterwegs ist, fühlt man sich so gar nicht im übervölkerten England. 

Nachdem ich abends zuvor im Langdale (im Osten), einem der typischen Startpunkte für die Tour zum Scafell Pike war, suchte ich mir andere Optionen. Der kürzeste und wohl bei weitem am häufigsten ausgeführte Anstieg startet im Westen vom Wasdale. Dorthin zu fahren, passte aber nicht ins Zeitbudget und so startete ich im Süden. Der Anstieg und meine damit verbundene Rundtour ist sehr zu empfehlen, ist allerdings erstaunlich selten begangen, so dass die Wanderwege - die auf der Karte zwar eingezeichnet sind - oft undeutlich sind und aufgrund der fehlenden Markierungen einfach verloren werden können. Die Landschaft ist aber traumhaft schön und rauh, auch wenn die Distanzen gross sind, bis der eigentliche Aufstieg beginnt. Da ich im Gipfelbereich im dichten Nebel stecke, nehme ich den falschen Grat im Abstieg und habe beim Übergang zum Scafell auch etwas Mühe mit der Route in überraschend steilem, felsigem Gelände - also doch etwas Abenteuer am höchsten Berg Englands. 


Als der Tag erwacht, schüttet es wie aus Kübeln. Ich lasse meine erste Garnitur Kleider durch mit einem Lauf (45min) von meiner Unterkunft zur Brathay Bay und zum Windermere - der See ist über die Ufer getreten und von oben und unten ist es so nass wie es nur sein kann... Nachdem ich wieder trocken bin, entschliesse ich trotz anhaltendem Regen, mich in Stellung im Eskdale zu bringen. Irgendwann muss der Regen ja nachlassen... Schon die Fahrt dorthin ist aber ein Abenteuer: Die unglaublich schmale Strasse über den Hardknot Pass weisst eine Steigung von bis zu 30% (!) auf. Dabei wirken sich der Nebel und die reissenden Bäche auf dem holprigen Asphalt nicht entspannend aus. Im Eskdale angekommen, harre ich erst einmal eine halbe Stunde im Auto aus und horche dem prasselnden Regen. Dann verlässt mich die Geduld - ich werde ja eh nicht trocken bleiben...

Mit Regenschutz ausgestattet jogge ich zur Farm Brotherilkeld und bleibe dort auf der rechten Seite des Flusses. Der Wanderweg scheint hier ab und zu begangen und ist logischerweise komplett unter Wasser. Die Route steigt schwach durch das breite Tal mit seinem reissenden Fluss an. Eine wunderschöne, schmale Steinbrücke (Lingcove Bridge) führt über einen Seitenfluss. Ich folge dem Hauptfluss durch extrem nasses Sumpfgelände (Wasser oft über die Knöchel) zu einer eindrücklichen Hochebene. Mit der Nebeldecke gut 100 Meter darüber scheint man hier am Ende der Welt und komplett einsam zu sein - genial. Mittlerweile hat es fast aufgehört zu regnen. Dennoch entscheide ich mich auf die Gratrunde über Great End etc. zu verzichten, da ich dort eh nichts sehen würde, und halte direkt gegen den markanten Wasserfall, welcher vom Scafell herunter kommt. Eigentlich hatte ich hier breite Wanderwege und eine Brücke über den Fluss erwartet. Ausser einer kaum kenntlichen Wegspur gibt es aber nichts und der Fluss muss durchwatet werden (im Moment Wasser bis zu den Oberschenkeln...). Beim Wasserfall geht es endlich steiler bergauf und recht effizient erreiche ich auf einem Pfad den Pass (Mickledore). Im stockdichten Nebel irre ich dann gegen den Gipfel des Scafell Pikes - wiederum keine Wegspuren mehr erkennbar. Aber wenn man den Gipfel sucht, ist es einfach - immer bergauf. Schliesslich finde ich das Gipfelsignal und mache eine kalte, nasse Rast. Ohne danach gestrebt zu haben, war ich nun auf den höchsten Gipfeln von England, Schottland, Wales und Irland - ironischerweise immer exakt mit dem gleichen Wetter (also Nebel)...

Auf dem Abstieg freue ich mich, nun doch einen breiten Pfad zu finden. Endlich mal etwas rennen. Viel effizienter als auf dem Weg hinauf komme ich voran. Irgendwann kommt mir die Umgebung aber doch etwas zu unbekannt vor. Ein Blick aufs GPS sagt mir, dass ich 150 Höhenmeter zu viel in die falsche Richtung gegen Nordwesten, statt Südwesten abgestiegen bin - tolle Orientierung, im Nebel aber wirklich nicht trivial. Also zurück und schliesslich doch noch zum Fuss des Scafells, des zweithöchsten Gipfels der Region. Hätte ich den Hikr-Bericht von Ledi studiert, wäre ich hier nicht so überrascht gewesen. Aus dem Nebel taucht nämlich eine senkrechte Wand auf. Bei der Nässe zu klettern kommt nicht in Frage. Ich entscheide mich für die Umgehung links (rechts gäbe es eine wohl schnellere T5 Route) und steige hart unter der Felswand durch unwegsames Gelände ab. Ein Schauer mit Hagel durchnässt mich einmal mehr innert Minuten. Mit null Sicht wirkt das Gelände gfürchiger als es ist. Auf etwa 750 m.ü.M. folge ich dennoch schwachen Trittspuren in die steile, felsige Flanke. Auf Grasbändern queren diese leicht ansteigend. Die Route ist problemlos (T4), fühlt sich aber wegen der Nässe und des Nebels doch ernsthaft an. Schliesslich in flacherem Gelände auf einem öfters begangenen Weg von Süden in einen Sattel. Kurzer Abstecher auf den Gipfel rechts und in wenigen Minuten zum Scafell - das hat länger gedauert als gedacht... 

Nun folgt noch das Auslaufen. Entlang eines deutlichen Wegleins folge ich immer noch im dichten Nebel dem breiten Kamm. Dieser ist immer noch geröllig und schnell komme ich nicht voran. Beim Slight Side, einem schönen, Felsgipfelchen, öffnet sich endlich wieder der Blick unter den Nebel - was für eine Wohltat. Ich steige in weite, sumpfige Ebenen ab und folge einem schönen Weglein hinab ins Eskdale, wo sich sogar die Sonne blicken lässt. Leider verliere ich das Weglein wieder und versuche direkt ins Eskdale runterzustechen, was mir aber nicht viel bringt. Am Schluss 2 km auf der Strasse zurück zum Ausgangspunkt, wo ich knapp vor den nächsten Schauern ankomme.


Durchgangszeiten:
Brotherilkeld (Eskdale): 9.42
Scafell: 11.34
Sca Fell (inkl. Verhauern): 12.44
Brotherilkeld (via Slight Side): 14.06 

Tourengänger: Delta


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Kommentare (2)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 6. November 2021 um 08:40
Eindrückliche Geschichte! Hut ab vor deiner Hartnäckigkeit. Trotz des echt miesen Wetters-selbst für englische Verhältnisse- loszuziehen...

VG, Nyn

zaufen hat gesagt:
Gesendet am 22. Dezember 2021 um 22:53
Wir waren da offenbar in einer absoluten Trockenzeit...Bin ich aber nicht traurig drum - auch wenn die Wassermassen schon beeindruckend sind.


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