Dürrenstein 2839m - Mozzafiato


Publiziert von georgb , 1. September 2021 um 19:27.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:14 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m

Er gilt als einer der schönsten Aussichtsberge in den Dolomiten und das Panorama vom Gipfel ist tatsächlich atemberaubend. Weniger spektakulär zeigt sich der Dürrenstein selber, von der Plätzwiese aus ist er nur ein langweiliger Rücken.
Bei der Anfahrt durchs Pragser Tal allerdings ist auch der Dürrenstein mozzafiato, von Norden gesehen eine beeindruckende Felsburg, mit atemberaubenden Türmen und Zacken. Auch von dieser Seite ist er für abgehärtete "Normalbergsteiger" erreichbar. Entweder durch die Nordrinne oder über den Nordostsporn. Beides sind aber kaum begangene Touren und entsprechend wild, bzw. sogar gefährlich.
Schon der Zustieg ist eine Herausforderung. Der Geröllhang wird immer wieder abgespült, einstige Begehungsspuren sind lange schon verschwunden und tiefe Gräben sind zu annähernd unüberwindbaren Hindernissen geworden. Der Zustieg zur Nordseite ist nur noch in einer mit Schnee gefüllten Rinne vertretbar, am linken Rand des Hanges. Je nach Beschaffenheit sind hier unter Umständen allerdings Grödel notwendig!
Ich habe lange gezögert, von dieser Tour zu berichten, aber am Ende wäre ich heute froh über mehr Begehungsspuren gewesen. Es täte dieser Variante gut, wenn sie gelegentlich begangen würde. So ist es ein teilweise heikler Anstieg über abschüssiges Geröll, in "lebendigem" Gelände. Mancher der losen Blöcke bewegt sich schon beim Hinschauen.
Als Orientierungspunkt dient eine Erinnerungstafel unter der Nordwand, man erkennt sie allerdings erst, wenn man beinahe unter ihr steht!? Ab hier lege ich den Helm an und quere unter der Glanvellschlucht Richtung Osten. Die Orientierung ist klar, aber der Untergrund erfordert sorgfältige Tritte und ein Schneefeld kann zum ernsten Hindernis werden ohne Steigeisen. Heute ist der Schnee aber gut griffig, die Grödel habe ich umsonst mitgeschleppt. Ein kurzes Wandl steht im Weg (II) und der Blick öffnet sich in die Nordflanke des Dürrensteins.
Offensichtlich gibt es hier kein Durchkommen, kaum vorstellbar, dass man vom Nordost- zum Hauptgipfel queren kann. Ich vertraue auf meine Informationen und steige mit leichtem Zweifel weiter, immer auf böse Überraschungen gefasst. Ein paar vereinzelte Steinmänner geben mir Zuversicht und helfen zumindest bei der Groborientierung.
Das Gelände steilt auf und wird recht anspruchsvoll, einige Stellen in der Wand erfordern kräftiges Zupacken (II+). Nebenbei braucht es viel Gefühl für naturbelassenen, bröckligen Fels und schotterbedeckte Bänder, bis sich am Nordostsporn auf 2775m endlich der Blick öffnet. Ich atme durch und staune in die Umgebung, die Sextner Dolomiten strahlen herüber und nebenan lockt der Dürrenstein mit Gipfelkreuz.
Immer noch habe ich Zweifel, hier umdrehen und abklettern wäre sehr unsympathisch. Zunächst steige ich ein Stück ab und quere durch den haltlosen Schotter im Gehgelände wieder aufwärts. Einen zweiten Sporn muss ich umgehen und dann sehe ich endlich den Gipfelaufbau. Nocheinmal braucht es beide Hände (I-II), erst dann begrüßen mich die anderen Dürrensteinaspiranten mit erstaunten Blicken "Wo kommst du denn her?"
Ich lasse mich nieder und beinahe stockt mir der Atem, was für ein Abenteuer und was für eine Aussicht. So ganz nebenbei stecken mir wohl auch die gut 1400 Höhenmeter und einiges an Kletterstrecke in den Knochen!? Ich lasse den Dürrenstein wirken, stärke mich ein wenig und begebe mich auf den langen Abstieg. Denn der Rückweg zum Flodigen Sattel  ist nicht zu unterschätzen, bietet einiges an zusätzlichen Höhenmetern und ist immer für Überraschungen gut.
Kurz denke ich über eine Kaffeepause an der Plätzwiese nach, von dort könnte man sogar mit dem Bus abfahren!? Doch die Touristenmassen und mein Stolz lassen das nicht zu, ich quere noch über der Hütte zum Dolomitenhöhenweg Richtung Kirchler Sattel. Man hat den Steig notdürftig gerichtet, er ist begehbar, die versicherten Stellen sind intakt, aber die steilen Geröllhänge sind nicht jedermanns Geschmack. Auch hier würde es helfen, wenn mehr Betrieb wäre, jeder Wanderer würde dem Steig guttun und den Schotter verfestigen. Doch während woanders Karawanen ziehen, begegne ich hier nur zwei Individualreisenden.
Ich komme trotzdem gut durch, aber so langsam geht mir die Puste aus. Die schwüle Luft und das viele Auf und Ab rauben mir den Atem und meine Schritte werden erschreckend schwer. Mit den letzten Energiereserven schleppe ich mich zum Sarlriedel und trotte hinab zu den Kameriotwiesen. Noch ein letzter atemberaubender Blick zum Dürrenstein und dann heim unter die kalte Regenerationsdusche.

Tourengänger: georgb


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