Pflunspitzen (2912m) von Süden


Publiziert von rele , 20. Juli 2021 um 11:21.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Verwallgruppe
Tour Datum:10 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 

Die Pflunspitze, wild geformter Kletter-Hausgipfel der Reutlinger Hütte und laut AV-Gebietsführer "höchste Erhebung der westlichen Verwallgruppe", zieht mich in ihren Bann, seit ich das erste Mal im Verwall unterwegs war. Auch dem kraxel-affinen Wanderer sollen Wege zum Gipfel offenstehen, die Quellen sind jedoch eher rar: Im notorisch unterbewertenden Verwall-Gebietsführer aus dem Jahre 1988 sind die leichtesten Anstiege mit UIAA I zu haben; ein Hikr-Eintrag zur Südlichen Pflunspitze berichtet von UIAA II, ein anderer Bericht einer Gesamtüberschreitung ebenfalls. So war ich dankbar, an einem wunderschönen Tag bei einem Hüttenübergang nun endlich die Gelegenheit zu erhalten, diesem selten bestiegenen und doch klettergeschichts-trächtigen Berg etwas näher zu treten!

Auf dem Weg von der Reutlinger Hütte in Richtung Konstanzer Hütte führt der Weg am Gafluna-Winterjöchle vorbei. Wenn nicht schon direkt von der Reutlinger Hütte, so bietet sich von hier ein kleiner Abstecher zur Pflunspitze an (entsprechend R514 des alten Gebietsführers). Ich erbitte mir ein wenig Auslauf, deponiere meinen schweren Wanderrucksack und mache mich unbelastet an den Anstieg in nördlicher Richtung, den mit wenigen Felsen durchsetzten Grashang hinauf. Dieser ist steil, doch gut gangbar. Ich ziele auf den Gratabschnitt rechts (östlich) zweier markanter Gratzacken (Foto), den ich nach halbstündigem bergauf-kriechen glücklich erreiche. Auf dem breiten, grobblockigen Grat erhebt sich nun rechterhand eine markante Felsnadel, welche sowohl linksseitig als auch rechtsseitig umgangen werden kann. Im Anstieg wähle ich die rechte Variante, wobei ich noch ein weitläufiges Schneefeld umgehe und zeitweise in recht losen Schotter gerate. (Die linke Variante, später im Abstieg gewählt, ist wohl angenehmer.) Hinter der Felsnadel erhebt sich dann der wandartige Gipfelaufbau der Südlichen Pflunspitze. Er kann von rechts unten nach links oben in schrofigen Platten mit schöner, leider nur sehr kurzer Kletterei direkt erstiegen werden (II). Auf dem Gipfel der Südlichen Pflunspitze angekommen, reicht der Blick nicht nur weit hinaus ins wunderschöne Verwall und darüber hinaus, sondern auch den reizvollen Grat über die weiteren Pflunspitzgipfel bis zum Kaltenberg entlang -- eine grandiose Überschreitung! Eigentlich wollte ich es ja hiermit bewenden lassen... aber ganz kurz will ich mir den weiteren Gratverlauf
doch noch angucken! Also auf der anderen Seite des Gipfels ein kurzes Steilstück (I) wieder hinab und weiter den zum Teil schmalen Grat entlang in die Scharte zwischen Südlicher Pflunspitze und dem Südgipfel der Pflunspitze (jaja, die Feinheiten in der Namensgebung...). Direkt an der Scharte lockt ein kurzes Steilstück (II) am Grat hinauf, und ich gehe doch noch ein Stückchen weiter, nun ein paar spärlichen Steinmandln folgend (I und Gehgelände), und schon stehe ich auf dem Südgipfel der Pflunspitze! Von hier ist es zum Hauptgipfel nur noch ein Katzensprung: Zunächst im Gehgelände auf den Vorgipfel, von dort über einen kurzen, scharfen Gratabschnitt auf den Pflunspitz-Hauptgipfel. Der weitere Gratverlauf zum Nordgipfel sieht anspruchsvoller aus (und ist auch in der Literatur anspruchsvoller beschrieben), ohnehin habe ich meine Zeit schon über die Maßen strapaziert... Aber irgendwann sollte die Gesamtüberschreitung bis zum Kaltenberg auch noch mal dran sein! Nun aber zurück auf dem Aufstiegsweg -- mit minimalen Varianten: Die Südliche Pflunspitze überklettere ich nicht mehr, sondern umgehe sie nun rechts (westlich) in steilem Schrofengelände, wobei ich einigen Gehspuren und Steinmandln folge. Eine Steinmandl-Route scheint jedoch zur Reutlinger Hütte hinab zu führen, sodass ich ein bisschen zu tief gerate und mich in etwas heiklem Gelände querend wieder etwas nach oben bewege, bis ich querende Trittspuren und Steinmandln erreiche. Diese Episode führt mich kurz in T6er-Gelände, bei besserer Wegwahl sollte jedoch T5+ durchaus auch für diese Querung reichen ;) Wieder am Wandfuß der Südlichen Pflunspitze angekommen, halte ich mich nun eher rechts und umgehe die erste (nun letzte) Gratnadel auf der in Abstiegsrichtung rechten Seite (was sich wie gesagt als die etwas bequemere Variante erwies). Nun über die groben Blöcke zum Einstiegspunkt des Grates, und die steilen Grashänge wieder hinab. Hier nun bitte schön vorsichtig gehen, Bergschuhe können in der Vegetation beim steilen Abstieg doch einigen Schaden anrichten...

Fazit: Bei guten Bedingungen lohnenswerte Tour auf einen einsamen Gipfel. Mit der großen Gratüberschreitung zum Kaltenberg wohl noch wesentlich lohnender -- auf diese Weise könnte man wohl gar einen sehr hochalpinen Hüttenübergang von der Reutlinger zur Kaltenberghütte (oder umgekehrt) realisieren...
Nicht bei Nässe, hier wären insbesondere die steilen Grashänge unangenehm.



Tourengänger: rele


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Kommentare (16)


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Nyn hat gesagt: Toll
Gesendet am 20. Juli 2021 um 15:07
...und wieder eine großartige und einsame Verwall-Tour

Die Pflunspitzen lugen aus dem LQG+lechtal gesehen immer frech herüber. Bisher habe ich es dorthin leider noch nicht geschafft - dieser Bericht inspiriert mich jedoch sehr.
Danke, rele

rele hat gesagt: RE:Toll
Gesendet am 20. Juli 2021 um 22:44
Freut mich sehr, dass er gefällt! Auch die Reutlinger Hütte als Selbstversorgerhütte ist ja sehr gemütlich und quasi ein Kleinod... und ansonsten gäbe es in der stillen Ecke sicher noch einige andere weitere spannende Projekte für Dich, Nyn :) Bin gespannt, ob's Dich mal dorthin verschlägt!

Nyn hat gesagt: RE:Toll
Gesendet am 21. Juli 2021 um 08:13
Im Verwall stehen einige auf meiner Wanted-Liste, (Riffler-Nordostgrat, Valschavieler Maderer-Runde, Eisentalerspitzen-Ü usw..., aber als Tagestouren sind diese Ziele für mich leider zu weit.
Bleibt also nur der Urlaub. Vielleicht klappt dann ja mal das Ein oder Andere. VG

Gelöschter Kommentar

sven86 hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. Juli 2021 um 16:45
Gratulation zur schönen Tour, die gewiss mit zu den spektakulärsten Bergfahrten in den Klostertaler Bergen zählt. Die angebliche Einser-Route aus dem AVF konntest Du also auch nicht finden ;)
Viele Grüße, Sven

rele hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. Juli 2021 um 22:52
Herzlichen Dank für die lobenden Worte! Ja, die "Einser" des AVF im Verwall kennen wir ja mittlerweile zur Genüge, nicht wahr Sven ;) Glaube ehrlich gesagt, dass sich dort am Grat die Kletterstellen in den letzten 30 Jahren kaum verändert haben, die entsprechenden Felsen wirkten doch sehr stabil... also auch hier mal wieder eine der altbekannten Schwierigkeits-Untertreibungen des Führers.

gstuermer hat gesagt: Gesamtüberschreitung
Gesendet am 29. August 2022 um 12:36
Wenn das Wetter passt, werde ich mir nächste Woche von der Reutlinger Hütte mal die Gesamtüberschreitung inkl. Satteinser Spitze anschauen. Nachdem ich den Bericht bei Stein+Schnee gelesen habe befürchte ich aber, dass der Abstieg über den Kaltenberg SW-Grat wohl zu heftig ist. Evtl. lasse ich den Kaltenberg dann aus und suche mir eine Umgehung... schade, dass der AVF alles immer derart verharmlost. Andererseits bleibt es dafür immer spannend und man hat noch was zu entdecken. ;-)
Danke für den Bericht, so ist wenigstens der Abstieg zur Reutlinger Hütte gesichert.

gstuermer hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 29. August 2022 um 12:52
Ups, ich meinte von der Kaltenberg Hütte via Satteinser/Kaltenberg/Pflunspitze/Reutlinger.

rele hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 31. August 2022 um 06:48
Ja, das wäre bestimmt eine fantastische Tour! Bin sehr gespannt auf Deinen Bericht! Auch dort macht ja der Schwund des Permafrostes keinen Halt... Wahrscheinlich muss man jetzt immer von Jahr zu Jahr sehen, was noch möglich ist.

gstuermer hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 2. September 2022 um 16:23
Hoffe es klappt, zur kommenden Wochenmitte deutet sich leider ein Wettersturz an. Aber ich werde am Sonntag starten, dann sollte ich wenigstens drei Tage haben und werde die geplante Tour eben halbieren. Hauptsache endlich mal wieder ein paar Tage im Verwall. :)

Tja, und was die Verhältnisse am Kaltenberg anbelangt bin ich auch mal gespannt. Hab ja eh kein gutes Verhältnis zu dem, nachdem ich 2002 dort schon mal recht naiv über den Gletscher aufgestiegen war und beinahe in einer Spalte gefallen wäre...

gstuermer hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 9. September 2022 um 21:37
So, bin wieder zurück!

Kurzzusammenfassung:
1. Tag perfekte Tour: Salzhütte, Wildebene, Gstanskogel, Krachelspitze, Krachelgrat, Stubener Albonakopf, Kaltenberghütte, 1800 Hm. Hat alles gepasst, auch wenn ich den Krachelgrat etwas unterschätzt hatte. War kurz vor 20 Uhr auf der Hütte, hab aber noch was zu essen bekommen. ;)

Leider war ich am nächsten Tag physisch und psychisch etwas angegriffen, so dass es nur zur Satteiner Spitze gereicht hat (Aufstieg gemäß AVF war heftig, Abstieg/Rückzug deutlich optimierter). Bin dann außenrum zur Reutlinger. Hab aber im Gipfelbuch der Satteiner Spitze und woanders noch von Leuten gelesen, die die Überschreitung über den Kaltenberg gemacht haben.

Am 3. Tag bin ich durch morgendliches Regenwetter recht spät los, so dass es nur zur Pflunspitzenüberschreitung gereicht hat (Abstieg vom Nordgipfel durch die Rinne war auch recht heikel). Bin dann nochmal auf der Reutlinger geblieben und hab beim Abstieg am 4. Tag nochmal beim Drosberg (Nordseite) vorbeigeschaut - laut alten und neuem AVF soll da ein Firnfeld gewesen sein, von wo es hoch ging. Man konnte an dem (hellen) Gestein erkennen, dass bis zur Hälfte der Wand evtl. ein Firnfeld war, jetzt war da nur häßlicher Bruch und abwärts geschichtete Felsen. Habs dann gut sein lassen und bin (wetterbedingt) zurückgefahren.

Berichte und ggf. Videos folgen und ich werde die Runde sicher irgendwann fortsetzen. :)

rele hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 9. September 2022 um 21:53
Klingt sehr spannend... freu mich auf Deine Berichte :)

Plauscher hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 31. August 2022 um 17:33
Lieber Gipfelstürmer,

würde mich freuen, von dir mal wieder ein tolles Youtube-Video sehen zu können.

LG und gutes Gelingen im schönen Verwall,
Plauscher

gstuermer hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 2. September 2022 um 16:25
Hallo Plauscher,

ok, dann nehme ich mal die GoPro mit und werde mich bemühen mal wieder ein Video zu machen. :)
Die letzten Jahre war durchs Kinderhüten die Zeit für sowas leider knapp bemessen..

Gruß,
Thorsten

Grimpeur hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 29. März 2023 um 22:57
Hallo zusammen,

ich habe die Gesamtüberschreitung der Pflunspitzen und nachfolgend den Südgrat auf den Kaltenberg und den anschließenden Abstieg über die Satteinser Spitze nach Klösterle mal vor ein paar Jahren im Sommer unternommen. Der Südgrat auf den Kaltenberg empfand ich damals als recht grimmig (paar Stellen gingen Ri III glaub gleich unten am Einstieg wo es meine ich sehr schmal zugeht) sowie der Übergang vom Ende des Südgrats am Gipfelblock rüber zum Kreuz. Da steht nämlich so doofer sperrender Gratttum im Weg, an den ich mich damals direkt nicht rangetraut hatte. Stattdessen ging es auch etwas wilder unterhalb dieses Zackens auf der Nordseite rüber zum kleinen Kreuz traversierend. Da muss man den Allerwertesten aber schon etwas zusammenkneifen dabei ^^ Der Abstieg über die Satteinser Spitze ist nachdem man den Abzweig bzw, Einstieg hinterm Minigletscher am Kaltenberg gefunden hat, eigentlich kein Problem im Vgl zu den Schwierigkeiten vorher (alles Gehgelände wenn ich mich recht erinnere).


LG Grimpeur

gstuermer hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung
Gesendet am 6. Juni 2023 um 21:48
Hallo Grimpeur,

danke für deine Info. Den Südgrat des Kaltenbergs habe ich mir von der Einschartung nördlich der Pfunspitzen angeschaut und glaube dir gern, dass er recht heftig ist. Hatte woanders auch nochmal ähnliche Infos gefunden. Der Abstieg von der Satteinser ist schon auch was um die II, aber nach der Kaltenbergtour wahrscheinlich von dir als Erholung empfunden worden.
Glaub für den Kaltenberg muss ich mich erstmal woanders wieder abhärten.. ;-)
Falls du es noch nicht gemacht hast, kann ich dir den Krachelgrat empfehlen..

Gruß,
Thorsten


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