Mont Outheran via Pas du Cuert

Chapeau vor den französischen Berggängern! Was dem "Wanderer" dort alles zugetraut wird, übersteigt ganz deutlich das Niveau der DACH-Region. Ein markierter Weg führt hier ganz ohne Vorwarnung in T5-Gelände (der franz. Alpenverein kennt keine Unterscheidung der Schwierigkeitsgrade bei der Markierung). Die DACH-Alpenvereine hätten den Aufstieg zum Mont Outheran wohl komplett mit Stahlkabeln und Tritthilfen entschärft - hier gibt es nur ein paar verblasste gelbe Wegmarkierungen. Aber der Reihe nach...

Mit dem Ziel noch eine kurze Abendwanderung zu machen, breche ich im verlassenen Sommerskigebiet Le Désert d'Entremont zum Mont Outheran auf. Der Wanderweg führt an der Auberge Notre-Dame des Bruyères auf in den Wald hinein, wo er später auf einen Forstweg trifft. Auf diesem geht es bis zu einer flachen Lichtung, die als Kuhweide genutzt wird. Auf der anderen Seite der Weide geht es steil aufwärts, bis man auf die Piste du Grapillon (Skipiste) trifft. Der steinigen Piste folgt man bis zum Col du Grapillon. Hier steht der Mont Outheran mit 40 Minuten ausgeschildert. Komisch, 40 Minuten für nur 170 Höhenmeter?! frage ich mich an der Stelle noch. Bald wird klar, warum: Plötzlich steht man vor der Felswand des Mont Outheran, an dieser Stelle ist kein Durchstieg möglich. Ein ausgesetzter schmaler Pfad führt unterhalb der Felswand weiter. Plötzlich endet der Pfad vor einem steilen Schrofenhang. Kein Zweifel, das muss der Weg zum Gipfel sein, die gelben Punkte führen dort hinauf. Vor dem Abstieg graust mir jetzt schon. Die Stöcke lasse ich gleich stehen, für den Aufstieg braucht man die Hände frei. Kraxelpassagen wechseln sich mit abschüssigen Grasbändern ab. Am Schluss klettert man durch einen kurzen Kamin auf das Gipfelplateau. Von dort sind es nur noch wenige Minuten zum Gipfelkreuz. Geniessen kann ich den Abstieg nicht wirklich, denn der schwierigste Teil der Tour steht noch bevor. Der Abstieg erfordert noch mehr Vorsicht als der Aufstieg, grösstenteils taste ich mich im Rückwärtsgang abwärts. Erleichterung am Col de Grapillon, so ein Abenteuer hätte ich mir vone einem markierten Weg nicht erwartet! Um den Rückweg etwas abwechslungsreicher zu gestalten, bin ich an der ersten Kreuzung nach dem Col de Grapillon über die Skipiste abgestiegen. Kaum zu glauben, dass der rostige Skilift noch in Betrieb sein soll.... Bei einem Bauernhof erreicht man die Strasse, auf der man in wenigen Minuten zurück am Parkplatz ist.
 
Alternativroute für den Abstieg: Über das gesamte Gipfelplateau bis zum Col du Planet oder der Cabane de l'Outheran, dann langer Hatsch über den Forstweg zurück.