Auf zwei Erhebungen im Hochkarkopf-Nordostgrat


Publiziert von Ben77 , 23. Februar 2021 um 17:21.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Verwallgruppe
Tour Datum:30 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1400 m
Strecke:Blackenwald – Innere Rendlalpe – namenloses Kar südöstlich der Inneren Rendlalpe (lt. Kompass-Karte: „Hochkar“) – Hochkarkopf-Nordostgrat (2772 m & ca. 2760 m) – nördlicher Seitengrat – Innere Rendlalpe – Blackenwald
Kartennummer:freytag & berndt WK 5504; Alpenvereinskarte 28

Vorbemerkungen

Ich beschreibe hier eine eher unscheinbare Unternehmung, die wohl nicht oft durchgeführt wird. Dessen wurde ich mir schon auf dem Weg in das Kar bewusst, welches sich südöstlich der Inneren Rendlalpe befindet*, und dies bestätigte sich auch insgesamt, da ich kaum irgendwo Begehungsspuren ausmachen konnte.
 
Mein vornehmliches Ziel war es, die Frage zu klären, die ich mir 2018 auf dem vermeintlichen Hochkarkopf** gestellt hatte (siehe hier), nämlich ob man dessen Nordostgrat mit vertretbaren Schwierigkeiten begehen könnte. Diese Frage konnte ich zwar erneut nicht abschließend beantworten, es ergaben sich jedoch weitere Anhaltspunkte – und neue Erkenntnisse die nördliche Rendlgruppe allgemein betreffend. Belohnt wurde ich zudem mit dem beinahe exotischen Farbenzauber herbstlich blühender Heidekrautwiesen.

* Hinweis zur Benennung und Lokalisierung des Kars: Auf den Karten des Alpenvereins und von freytag & berndt ist dieses Kar nicht benannt, auf der Kompass-Karte jedoch trägt es den Namen Hochkar. Verwirrenderweise befindet sich auf allen drei Karten ein (weiteres) Hochkar auf der gegenüberliegenden Seite bzw. nordöstlich der Hinteren Malfonalpe.
 
** Ich schreibe „vermeintlicher“ Hochkarkopf, da ich mir hinsichtlich dessen genauer Position und Höhe nicht sicher bin. Siehe dazu auch meinen Bericht „Unklarheiten in der nördlichen Rendlgruppe“ hier.

Wegbeschreibung

Start- und Endpunkt war der kleine Waldparkplatz an der B 197 zwischen St. Anton und St. Jakob kurz vor einer kleinen Brücke. Die Wegstrecke zur Inneren Rendlalpe kannte ich schon von meiner Tour 2018. Dieses Mal wählte ich den markierten Wanderweg sowohl hinzu als auch zurück und ließ die Forststraße außenvor.
 
Erst nach der Alpe folgte ich besagter Forststraße für ein Stück in südöstlicher Richtung, und zwar bis zur markanten Haarnadelkurve nach rechts (westlich). Dort bog ich weglos nach links (östlich) hinein in die weinrot und purpurn leuchtende Vegetation. Laut den Karten sollte sich ein Pfad etwas weiter südlich befinden, der in das Zielkar leitet. Diesen konnte ich aber nicht sehen und dachte mir, dass ich auch auf eigene Faust über die Geländestufe kommen würde. (Oben vom Gratkamm aus erblickte ich dann später noch eine entsprechende Wegschneise. Siehe bei den Bildern.)
 
So ging ich auf schwachen bis gedachten Spuren vielleicht 200 Meter in östlicher Richtung – in etwa parallel zu dem vermuteten Pfad –, zuerst leicht ansteigend, dann auf Höhe bleibend. So gelangte ich zu einer Rinne, durch die stellenweise nicht sichtbar ein kleines Rinnsal fließt und durch die man vorteilhaft hinauf ins Kar gelangt. Auch wenn sie nicht sonderlich stark ausgeprägt ist, sollte man die Einsenkung im Gelände schon aus einiger Entfernung sehen können. In ihr konnte ich ziemlich weit aufsteigen (südlich), wobei das teilweise etwas glitschig war. Weiter oben musste ich dann in das grasige bzw. mit Sträuchern bewachsene Terrain links und rechts ausweichen.
 
Bald darauf erreichte ich das Kar, welches sehr eindrucksvoll halbkreisförmig umrahmt wird von einem von Norden tief aus dem Stanzertal hinaufziehenden Seitengrat, dessen Fortsetzung – die ich als Hochkarkopf-Nordostgrat bezeichne – sowie seine nordwestliche Verlängerung, die mit dem Zwölferkopf aufschließt.
 
Der nächste Routenabschnitt ist im Prinzip durch das Gelände vorgegeben und erfolgt auf einer Art Piste, die sich stromlinienförmig durch das Kar und bis hinauf zum erwähnten, nördlich ausgerichteten Seitengrat zieht. Man muss ihr also nur folgen: Zuerst geht es südlich – meist über grasiges Gelände, dann zunehmend auch über Geröll – tiefer in das Kar hinein. Anschließend biegt man links (östlich) um einige Felsen herum und steigt dann östlich/leicht nordöstlich hoch zum Grat. Das ist alles Gehgelände, nur eben ohne Wegspuren.
 
Vom Ausgangspunkt bis zum Erreichen der Grathöhe habe ich insgesamt ca. 2 Stunden und 45 Minuten gebraucht. Nach einer kurzen Pause stieg ich sodann südlich/leicht südwestlich über den mal mehr, mal weniger breiten, zum Teil auch brüchigen Blockgrat in süd-südwestlicher Richtung und traf dabei auf zwei, drei leichte, nicht ausgesetzte Kraxelstellen (I-II). Das dauerte weitere 45 Minuten; es zieht sich also etwas.

Blick auf den Weiterweg zum Hochkarkopf?

Von der ersten, meiner Meinung nach gipfelbildenden Erhebung folgte ich dem Verlauf des nun schärferen Grats zu einer zweiten, meiner Meinung ebenfalls gipfelbildenden Erhebung und dann noch ein Stück weiter, bis ich oberhalb einer markanten Scharte stoppte. Von dort konnte ich den weiteren Gratverlauf gut in Augenschein nehmen: Man bekäme es mit einer brüchigen, recht steilen Kante zu tun. Wobei es so aussah, als ob man an einigen Stellen rechts in die Flanke ausweichen kann (falls es dort nicht ebenso steil und brüchig ist).
 
Es stellt sich hierbei für mich die Frage, ob es sich bei den beiden überschrittenen Erhebungen um den Hochkarkopf handelt – das würde mit dessen Position auf den Wanderkarten übereinstimmen. Oder ob der Hochkarkopf der Gipfel ist, zu dem der Grat in der Folge hinaufzieht und von dem aus ich im Jahr 2018 auf die Stelle hinabblickte, auf der ich mich in diesem Augenblick befand. Das würde von der Höhe des Gipfels dann zwar passen, aber eben nicht von dessen kartierter Position. (Dazu mehr in meinem Bericht „Ungereimtheiten in der nördlichen Rendlgruppe“, Verlinkung oben.)
 
Da ich dieses Rätsel selbst nicht auflösen kann, habe ich mich dazu entschlossen, die beiden überschrittenen Erhebungen schlicht dem Hochkarkopf-Nordostgrat zuzuorden und den Hochkarkopfgipfel der 2018 betretenen Erhebung zugeschrieben zu lassen, die das Kar im Übrigen auch am höchsten überragt. Aber damit könnte ich falschliegen.
 
Den Mut zum Weitergehen brachte ich an diesem Tag jedenfalls nicht auf. Bereits an den Tagen zuvor hatte er mich an einigen Stellen im Wetterstein verlassen. Und dieses Muster schien sich nun fortzusetzen. Allerdings sagte ich mir, dass ich die verbliebene Passage schon noch einmal angehen könnte, und zwar in Verbindung mit einem Aufstieg aus dem Malfontal. (Das habe ich dann im Folgejahr (2020) versucht. Leider aber wieder ohne finalen Erfolg.)

Retour

Für den Abstieg entschloss ich mich zu einer Variante: Anstelle nochmals den Weg durch das Kar zu nehmen, wollte ich auf dem nördlichen Seitengrat soweit absteigen, bis ich an geeigneter Stelle zur Inneren Rendlalpe hinüberqueren könnte.
 
Dort wo ich den Grat im Aufstieg erreicht hatte, folgte ich daher dessen Verlauf nach Norden und traf dabei anfangs auf einige leichte Kraxelstellen (I). Bald darauf wurde es hauptsächlich etwas „struppig“.
 
Nach knapp 30 Minuten erreichte ich schließlich die ersten Bäume und erblickte gleich an einem der ersten eine auffällige schwarz-weiße Markierung. Dort hielt ich mich links, nunmehr mit dem Ziel, das Gelände zu erreichen, von dem aus ich die anfangs beschriebene Rinne betreten hatte. – Ab hier wäre ein Weitergehen auf dem Ausläufer des Grats auch nicht mehr sinnvoll gewesen, da in der Folge sehr dichter Bewuchs zu erkennen war.
 
So bog ich bei der Markierung nach links und stieg hinab über steiles Wald- und Wiesengelände querfeldein in westlicher/leicht nordwestlicher Richtung. Weiter unten – ich hatte die Forststraße auf meiner Höhe aufblitzen sehen – querte ich dann aus dem Hang nach links hinaus, arbeitete mich durch Busch- und Astwerk und erreichte so schließlich wieder das Heidekrautgelände.
 
Der Rest des Abstiegs vollzog sich dann auf dem Aufstiegsweg.

Fazit

Eine Wanderung der abenteuerlicheren Art, in einem stillen Winkel des Verwalls, bei der man seine Orientierungsfertigkeiten trainieren kann. Etwas Kraxelei ist auch dabei, und wenn man sich den weiteren Gratverlauf des ominösen Hochkarkopfs vornimmt, hat man auch eine anspruchsvolle Passage. Maximal der dritte Schwierigkeitsgrat, würde ich sagen. Vermutlich ist es aber auch nur eine ausgesetzte II in brüchigem Gelände.

Tourengänger: Ben77


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