Kleine Sarek Runde


Publiziert von Westfale , 2. April 2020 um 22:45.

Region: Welt » Schweden
Tour Datum: 7 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: S 
Zeitbedarf: 11 Tage
Aufstieg: 6236 m
Abstieg: 6419 m
Strecke:207km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Flug nach Abisko, Zugtransfer nach Gällivare. Von dort per Bus nach Suorva.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Rückweg von Kvikkjokk nach Jokkmokk. Dort erneut Umstieg nach Gällivare
Unterkunftmöglichkeiten:Gällivare: Quality Hotel Lapland --> Perfekt!
Kartennummer:Fjällkarte BD10 Sarek

Vorgeplänkel, Ausrüstung:

Zu Corona-Zeiten muss man sich auf Vergangenes besinnen, um nicht die Wände hochzugehen. Daher breche ich nun erneut mit meiner Tradition, meine publizistische Aktivität nur aufs Karwendelgebirge zu beschränken.

Lange stand der Sarek-Nationalpark bereits auf meiner Wunschliste. Erfahrungen, was das Trekking angeht hatte ich bereits zu genüge auf anderen Pfaden u.a. in den Alpen, Schottland, Rumänien und den Pyrenäen gesammelt. Zeit also etwas wilderes zu wagen. Den Sarek sollte man wirklich nicht auf die leichte Schulter nehmen. Navigationskenntnisse, eine solide Kondition, sowie alpine Erfahrung können hier nicht hoch genug bewertet werden, um im Fall der Fälle noch Reserven zu haben, eine brenzliche Situation zum Guten zu wenden. Insbesondere die Furten der Flüsse sind je nach Wasserstand nicht zu unterschätzen. Auf der anderen Seite will ich hier auch kein abschreckendes Bild zeichnen, man muss auch kein Übermensch sein, um sich in diese Gegend zu wagen.
Von der Ausrüstung her hatte sich auf vergangenen Touren ein bewährtes Set etabliert. Die einzige (aber schon größere) Schwachstelle war hier ein <100€ Salewa-Zelt, das erprobterweise NICHT sturmfest war. Als Backup gab es aber noch einen 2-Mann-Biwaksack, den wir mit dabei hatten. Die Ausrüstung war bewußtermaßen nicht auf Ultralight getrimmt, da ich persönlich lieber ein paar Kilos mehr mitschleppe, aber dafür am Lagerplatz etwas Komfort genieße. Startgewicht meines Rucksacks ca. 24kg+.

Für die Planung unentbehrlich ist der Führer von Claes Grundsten. Aus diesem hatten wir uns ein paar interessante Wegpunkte herausgepickt, die wir so gut wie möglich abklappern wollten. Die Route hierzu hatten wir nur grob gewählt, da bereits klar war, dass diese unterwegs entsprechend der Umstände Änderungen unterworfen sein würde. Es gibt ja auch keinen klar vorgezeichneten Weg.
Wir hatten uns 14 Tage Zeit zum Ende der Saison im September genommen. Die Planung ist hier bereits etwas vage. Einige Buslinien, sowie Bootstranfere stellen in dieser Zeit bereits den Betrieb ein. Weiterhin wird die Brücke in Skarja im September abgebaut. Das genaue Datum war für uns im Netz nicht ersichtlich, was auch für ein bisschen Spannung gesorgt hat.
Neben den oben genannten Nachteilen sind natürlich die kalten Nächte, mögliche Schneefälle, sowie kürzere Tage zu nennen. Vorteil zum Ende der Saison ist andererseits, dass:

- Es noch einsamer ist.
- Keine Mücken mehr unterwegs sind.
- Das Fjäll herbstlich leuchtet.
- Heidel-, Preisel- und Mjoltebeeren in Hülle und Fülle reif sind.
- Nordlichter zu beobachten sind. (Wir hatten diesmal nicht das Glück, haben aber Bilder von anderen Wanderern gesehen, denen es vergönnt war zur richtigen Zeit nachts rauszumüssen.)

Der Tourenbericht:

Wir lassen es im sehr zu empfehlenden Quality Hotel Lappland in Gällivare angesichts der bald auf dem Menü stehenden Astronautennahrung morgens am pervers dekadenten Buffet noch ein letztes Mal krachen, bevor es gegen Mittag in den Bus in Richtung Ritsem geht. Dieser ist rammelvoll mit anderen Wanderern, von denen >90% jedoch Kungsleden und Nordkalottaleden bestreiten wollen. Wir verlassen den Bus am Staudamm in Suorva. (Der Bus stoppt vorher nochmal in Vietas. Hier die Möglichkeit Vorräte und Gas zu kaufen). Nun geht es also los. Wir schlagen uns durch dichtes Weidendickicht in Richtung Skarja. Auf wundersame Weise geraten wir von der direkten Linie am See Liehtjijavrre ab und driften unbemerkt ins Vuosskelvagge. Na prima. Schon gleich am Anfang ein dicker Verhauer. Um uns einen langen Umweg zu ersparen übersteigen wir die Berge zum Guhkesvagge in direkter Linie und sind nun wieder auf Kurs. Zu unserer Erleichterung ist die Brücke in Skarja noch an Ort und Stelle. Wir schlagen hier unser Zelt auf. Abends ersteige ich ein Stück weit den Skarjarjahkka, von dem es einen schönen Rundblick, sowie ein tolles Abendrot zu bestaunen gibt. 
Am nächsten Tag Regen. Daher Planung das eher einfache Alggavagge zu durchschreiten. Nach kurzem Abstecher zur urigen Kappelle schlagen wir den Bogen über den Pass in Richtung des Berges Tsahtsa. Der steht auch auf der Wunschliste. Hier ist im 2.WK ein Flugzeug abgestürzt und bis in die 1970er unentdeckt geblieben. Wir waren aufgrund miserablen Wetters aber nicht oben. Wir wollen nun vom Njoatsosvagge den Weiterweg über die Hochebene in Richtung Sarvesvagge fortsetzen. Auf der Hochebene noch der verwegene Versuch von hier zum verlassenen Partetjakka Observatorium zu gelangen. Der Weg würde sich ewig ziehen und ist auch nicht ganz ohne, weswegen der Plan schnell verworfen wurde. Stattdessen am nächsten Tag Abstecher zum Noajdde. Eine super Aussichtswarte, bei uns allerdings in Wolken gehüllt.
Nun neben dem Rapadalen das Filetstück der Tour, das Sarvesvagge. Hier wurden vor einigen Jahren an einem einzigen Tag die Spuren von Wolf, Bär und Luchs entdeckt, den großen Beutegreifern in dieser Gegend. Sie sollen auch heute noch da sein, sind allerdings kaum zu sichten. Eine wirklich urige Landschaft mit dichtem Birken- und Weidengestrüpp. Von hier aus weiter durchs Rapadalen (es war unserer Meinung nach nicht so hart wie im Führer beschrieben: "Knochenbrechergelände"). 
Wir zelten in der Nähe des Gadokvarasj, von dem aus das magische untere Rapadalen prima zu überblicken ist.
Am nächsten morgen ist das Zelt tief eingeschneit. Null Sicht. Wir navigieren zur Brücke über den reißenden Gadokjahka. Hier gibt es eine "Renwächterstube" (Renvaktarstuga). Diese ist laut Führer offen und kann gegen Entgelt genutzt werden. Bei uns war sie jedoch fest verschlossen. Na prima, so durchgefroren und nass wie wir waren. Nach einem Rütteln an der Tür fällt diese unvermittelt auf. Das Schloss war aufgebrochen und dieses mit dem Riegel zusammen nur angedrückt. Für uns an diesem Tag die Rettung, auch wenn unser Besuch sicher nicht 100% korrekt war.
Ohne uns hier aufzupeppeln wäre der Abstecher am nächsten Tag zum Observatorium zumindest moralisch eventuell nicht drin gewesen. Er zieht sich gewaltig, ich habe mich noch immer nicht an die 1:100000er Karte gewöhnt, auf der man mit dem Finger immer so schnell von A nach B kommt.
Das Observatorium ist auch ein gigantischer Ort, bzw. Lost Place. Gerätschaften, aus längst vergangenen Tagen, deren Nutzen sich uns nicht erschließt sind scheinbar wirr und geradezu surreal am Gipfel verteilt.
Nach einer weiteren Nacht In der Renwächterstube dann Abstieg zum Kungsleden in Richtung Kvikkjokk, wo wir uns in der Fjällstation einem weiteren Festgelage hingeben und uns angesichts des Erlebten auch Bierpreise an die 10€ für die Halbe nicht schocken können. Eine schöne Sauna hatte es auch.
Die zwei Reservetage lassen wir später in bewährter Manier und Dekadenz im Quality Hotel Lappland in Gällivare ausklingen. Wir kommen irgendwann wieder, so viel ist sicher.
Das Billigzelt hat übrigens gehalten. Wir haben es gelegentlich gegen den Wind von innen mit Trekkingstöcken versteifen müssen.. :-)

Tourengänger: Westfale


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»