Cerro Quemado - Dschungel und Lavawüste


Publiziert von mannvetter , 25. Januar 2020 um 20:11.

Region: Welt » Guatemala » Quetzaltenango
Tour Datum: 3 Januar 2020
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: GCA 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Joggen!
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Sehr schnelles Joggen!

Das hätte auch böse ausgehen können. Wieder mal hatte ich einen harmlos aussehenden gps-Track geladen. Ganz nah an Quetzaltenango oder Xela, wie hier alle sagen, zu Fuß vom Hotel aus erreichbar, genau das Richtige, bevor am Abend die Vorbesprechung zur Tajumulco-Tour stattfinden würde. Mit vier Stunden rechnete ich, der Abstieg nett gewürzt mit einer sicher bequemen Querung eines großen Lavafeldes. Es war dann alles nicht ganz so bequem!
Ich lief also direkt nach der Ankunft in Xela (mit einem quietschbunten sogenannten Chicken Bus) nur mit Foto ausgerüstet los. Den Berg sah man, das Wetter war sicher, was brauchte ich Wasser oder andere Nahrung? Zwei Stunden rauf, Gipfelrast, für alles veranschlagte ich vier Stunden. Sechs sind es dann geworden, aber auch nur, weil ich die letzten 6km wie ein Wahnsinniger gejoggt bin, um rechtzeitig wieder in Xela zu sein. Ein nüchterner Beginn auf der Hauptstraße nach Almolonga. Bei einer auffälligen Linkskurve auf eine kleine Straße rechts abgebogen, kurz danach auf eine Staubpiste, so langsam fing das Farmland an, die üblichen Maisfelder, aber auch richtige Blumenwiesen. Dank gps-Track gelang es mir, einen verschwiegenen Pfad durch den Wald zu finden, der eine erste Steilstufe hinaufführte. Dort auf 2700 Meter dann eine Hochebene, der Gipfel sah schon viel näher aus. Dann endgültig in den Nebelwald eingetaucht, der höher und dichter wurde, der Anstieg steiler und steiniger. Allmählich war ich von Felsblöcken umgeben, zwischen denen der Pfad entlang ging. Dann passierte, was nicht passieren darf in solch einer Umgebung: ich verlor den Pfad. Er war aber auch viel schlechter als gedacht. Ich wähnte mich auf einem Sonntagsspaziergang der Quetzaltenanganer, aber das hier war Urwald. Ich kämpfte mich durch das Gestrüpp, fiel nur deswegen nicht in die vielen Löcher zwischen den Felsbrocken, auf denen man gehen musste, weil mich Lianen und Äste festhielten. Mehrfach wurde mir die Brille kom Kopf gerissen von bösen Ästen. Über mir sah ich es immer steiler aufragen, noch lange kein Gipfel. Das konnte Stunden dauern. Aber dank gps wusste ich, ob ich zu weit links oder rechts war, fand nach einer Viertelstunde den Pfad wieder.
Frohen Mutes und mit großer Konzentration weiter hinauf, bis ich vor einer Felswand stand.  Später las ich irgendwo, dass das hier das Kletterdorado Guatemalas sei. Für mich jedenfalls nichts. Ich ging daran entlang, dachte schon, auf die letzten 20 Meter bis zum Gipfel verzichten zu müssen. Fand dann aber einen Kamin, in dem ein toter Baumstamm schräg angestellt war, an dem man hinaufklettern und oben sich hinauszwängen konnte. Ich war so nervös und hibbelig, dass ich leider kein Bild davon gemacht habe. Jedenfalls war ich dann tatsächlich auf dem Gipfel mit schöner Sicht auf Xela und auch den benachbarten und viel höheren Volcan Santa Maria.
Unter mir die "Lavawüste", dieser 2 Kilometer lange Erguss, über den mein Rückweg nach Pinos de lo Alto ging. Hm - man sah von hier aus keinen Weg, ich hatte irgendwie mit einem beleuchteten Touristenweg a la amerikanischer Nationalparks gerechnet. Da war aber nichts!
Zunächst fand ich eine andere Abstiegsmöglichkeit östlich von meinem Kamin, der mich steil, aber ohne Baumstammkraxeln wieder zum Fuß der Steilwand führte. Von da an wieder über einen bedenklich schmalen und überwucherten Pfad hinunter, wieder unwegsam, ab und zu hatte jemand Fäden an Bäume geknotet zur Orientierung. Nützte alles nichts - ich verlor beim Felsblockkraxeln abermals den Weg! Und diesmal half mir kein gps - da war einfach nichts mehr! Eine halbe Stunde, dann erreichte ich mit Müh und Not die Felsblockgegend unterhalb des Waldes. Hier zwar immer noch kein Weg, aber wenigstens auch kein garstiger Wald mit Löchern und Fangarmen mehr. So kam ich dann auf den Lavastrom - selbstverständlich kein Weg, kein Pfad, keine Trittspuren. Das war mühsam, unwegsam, scharfkantiger, dazu bröseliger Tuff, der gerne unter meinem offensichtlich zu großen Körpergewicht nachgab. Blutige Hände, eine aufgerissene Hose und ganz viele Erinnerungen habe ich mir von da mitgenommen. Dabei war die Szenerie faszinierend, weil neblig, von Kiefern durchsetzt. Werwölfe hätten mich hier wenig in Erstaunen versetzt.
Nach 2 Kilometern, 300 Höhenmetern und zwei Stunden ab dem Gipfel erreichte ich eine letzte sehr steile Passage, dort aber endlich Spuren, die mich nach Pinos de lo Alto führten. Halleluja! Eine Cola brachte mich in den nötigen Schwung für die anstehenden 6 Kilometer, die ich jetzt nach Xela zurückjoggte.
Duschen wäre nett gewesen, ging leider nicht, weil ich blutig und zerrissen, wie ich war, zu meinem Vortreffen für die morgige Gruppentour eilte, die mich dann auf Guatemalas höchsten Berg bringen sollte: den Tajumulco.
Die Moral von der Geschicht? Trau keinem fremden gps-Track nicht!

Tourengänger: mannvetter


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