Der Lago de Atitlan ist ein mystisches Paradies, eingefasst wie ein Juwel von drei Stratovulkanen. Das Klima in der Trockenzeit herrlich, die Nächte frisch und sternklar, die Sonnenaufgänge meist wolkenlos, mittags warm, der See lädt zum Baden ein. Und grün bis auf die Bergspitzen. Es ist ein Kratersee, der keinen Abfluss besitzt. Im Osten sieht man meist die Eruptionswölkchen über dem Volcan Fuego, im Westen des Sees thront eine kühne Spitze - El Nariz del Indo, die Nase des Indio. Tatsächlich ein Gesicht, diese Silhouette. Ich kam mittags am See an, Bootsverkehr gibt es so lange Tageslicht da ist, alle 10 Minuten, kostet zwei drei Euro.
Der Nariz wird überall als frühmorgendliche Tour angeboten. Um 4 Uhr mit dem Shuttle hoch nach Santa Clara, Sonnenaufgang auf dem Nariz, dann steiler Abstieg nach San Juan. Alleingängern wird der Besuch abgeraten, weil Einheimische ihnen wohl gerne auflauern und "Wegezoll" verlangen. Diesbezüglich war ich etwas paranoid, als ich mich entschloss, nachmittags eine schöne Rundtour über den Nariz zu machen - in jedem Einheimischen sah ich zunächst einen Raubritter, der mich um Dineros und Fotoapparat erleichtern wollte. Passiert ist nichts, ein paar Bauern habe ich unterwegs freundlich zugenickt.
Von San Pedro, wo ich untergebracht war, bis San Juan sollte man ein Tuctuc nehmen, also eines dieser Motorrad-Taxis, ohne die der guatemaltekische Nahverkehr nicht denkbar wäre. Denn diese elende Staubpiste ist für die Lunge schlimmer als drei Päckchen Zigaretten! Im Ort meinem gps-Track folgen bis in die Kaffeeplantagen, die den ganzen Westhang des Lago Atitlan bedecken. Das Schöne an Kaffeeplantagen ist ja, dass sie nicht danach aussehen, sondern durch die unbedingt nötigen schattenspenden Bäume fast wie natürlicher Wald. Aber hier ist ergiebigste Kaffeeregion - alles wandert in die ortsansässige Kooperative "La Voz", die das meiste an eine beliebte USA-Fastfood-Kaffeekette liefert. Nur die dritte Wahl bleibt vor Ort den Einheimischen zum Verkauf. Es geht dann im Wald steil hinauf bis zur Abbruchkante, an der man durch Maisfelder entlangläuft. Hier hat man schöne Sicht auf den See, und die wird immer besser, je näher man dem Nariz kommt. Noch einmal 200 Höhenmeter, dann ist man ganz oben. Es gibt einige Pavillons für die Gruppen, die hier auf den Sonnenaufgang warten.
Der Abstieg ist sehr steil, der Pfad verliert sich auch einmal übelst im Gebüsch, dann aber gut bis zum Tal zu finden, und ein wunderbares Aussichtsparadies.
Ich war eine Woche später noch einmal auf den Nariz, habe am Ende einer organisierten Dreitagestour knapp unterhalb des Gipfels den Sonnenaufgang erlebt, daher finden sich hier Bilder mit verschiedenen Sonnenständen - sie wurden an verschiedenen Tagen aufgenommen. Und bei diesem Sonnenaufgang hatte unsere Gruppe tatsächlich Polizeischutz. Aus der Luft gegriffen waren meine Befürchtungen also nicht - Guatemala ist kein ungefährliches Land für den Touristen.
Kommentare