Auf den heiligen Imbabura Norte (4570m)


Publiziert von Kris , 19. September 2019 um 02:15.

Region: Welt » Ecuador
Tour Datum:30 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: EC 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m

Heute steht die letzte Konditionsprüfung vor den 3 großen Gipfelbesteigungen an. Dafür soll der in der indigenen Kultur heilige Imbabura herhalten. Heilig ist er u.a., da er sich fast immer in den Wolken befindet und sich zumeist nur zum Sonnenauf- und -Untergang zeigt. Wir sollten heute mehr Glück haben..

Diesmal stehen wir um 5 Uhr morgens auf, damit wir frühzeitig zum Berg fahren können, es steht ca. eine anderthalb-stündige Fahrt one-way bevor. Wir sind in einem Hotel in Otavalo einquartiert, und nehmen diesmal das Frühstück im allg. Frühstücksraum zu uns. Wir sind die Ersten und bekommen das auch zu spüren. Das Frühstück kommt nur sehr bruchstückhaft und langsam in einzelnen Chargen bei uns an, das ganze Prozedere nimmt sicherlich 20min in Anspruch. Wir kommen dennoch pünktlich los. Um die Besteigung zu starten, fahren wir an der Nordseite des Imbabura entlang, um ihn herum um dann schließlich an der Ostseite auf ca. 3500 Meter zu beginnen. Mit ca. 1100 Höhenmetern ist dies die erste ECHTE Konditionsprüfung der Ecuador-Reise. Dies ist auch unter der Ankündigung zu verstehen, dass der Aufstieg sehr steil wird. 

Der Bus quält sich also die letzten Meter nach oben und wir machen uns wie gewohnt fertig. Der Tag ist sehr sonnig dass ich über meine nochmals zugekaufte Sonnencreme mit LSF 100(!) sehr froh bin. Die Strahlung in Äquatornähe ist bekanntermaßen einfach enorm stark und es ist quasi keine Wolke am Himmel. Die ersten Meter nehmen wir auf den Ausläufern der Fahrstraße, welche bis zu einer kleinen Turmruine führt. Ab hier führt der Weg durch hohes Gras auf einigermaßen ausgeprägten Pfadspuren durch Bewuchs in offenes Gras-Gelände, welches einen Hang hinaufführt, wo man bereits ein Schild ausmachen kann. Hierauf steuert man zu. Danach zieht der Weg nach rechts auf einen steilen Hang zu. Marcelo sollte als Recht behalten - es wird in der Tat sehr steil und anstrengend. Die ersten 500 Höhenmeter kämpft man sich nicht endend wollend diesen eigentlich kurz und klein aussehenden Grashang nach oben, teils unnormal steil, erdig, nicht griffig. Die Ecuadorianer haben leider keine Vorliebe für Serpentinen sodass man den Hang einfach direttisima nimmt, was die Neigung natürlich erhöht. Ich schnaufe wirklich ordentlich und die Wadeln merkt man diesmal auch. Ich frage mich schon, ob dass ein gutes Zeichen für die kommenden Aufgaben ist, immerhin sind das erst die ersten Höhenmeter und nur auf vergleichsweise geringer Höhe. Dementsprechend dankbar bin ich über die erste Pause. Die Gruppe hat sich hier noch viel weiter aufgeteilt als sonst, das junge Paar wie immer vorn mit dem Guide und ich in der Mitte. Nur das es diesmal noch eine vordere und hintere Mitte gab ;-). Als ich am Pausenplatz ankomme macht Marcelo gerade ein kleines Schläfchen - ein typisches Merkmal für ecuadorianische Guides jede Minute für einen Power-Nap zu nutzen wie sich auch später noch zeigen wird! Nach Foto-Sessions mit dem Cayambe der wirklich wolkenfrei toll zu sehen ist, geht es dann doch weiter.

Bis zur nächsten Pause sind es diesmal aber nur knapp 250 Höhenmeter, das Gelände sieht weniger steil aus - gut! Nur diese eine steile Passage an einem nächsten Hang sieht von weitem sehr anstrengend aus. Wir peilen nun eine kleine Scharte an. Ein paar Meter ansteigend queren wir unterhalb des eben erstiegenen Hügels an den nächsten Hang heran, welcher dann wirklich nochmal genauso aufsteilt wie zuvor. Allerdings ist es hier begrenzt (ca. 50Hm), sodass man sich hier in jedem Falle durchbeißen kann! Danach folgt eine Querung, in der das erste Mal ggf. die Hände zum Einsatz kommen (T3+). Nach ein paar letzten Aufwärtsmetern, in denen bereits ordentlich der Wind pfeift, steht man in der angepeilten Scharte - hier wird es dann so richtig kalt. Ein Vorgeschmack auf den bekannten ecuadorianischen Wind. Ich packe neben Softshell auch die Hardshell sowie eine Mütze aus und versuche mich so zu setzen dass ich nicht direkt in der "Schusslinie" sitze. Quasi vergebens. Aus der Scharte sichtbar sind die weiteren Spuren, die auf einen Felsaufschwung hinführen, der von weitem ausgesetzt aussieht. Diesen peilen wir als nächstes an, genießen aber vorher die tolle Aussicht auf Cayambe, Cotopaxi, Cotacachi und Ibarra. Hat man gutes Wetter ist der Imbabura wirklich ein toller Aussichtsberg - die Sicht reicht auch bis Kolumbien. Wir waren bis hierhin wieder insg. flott unterwegs. Die 750Hm haben wir in 2 Std inkl. der Pausen absolviert.

Zum Felsaufschwung hin führt ein breiter Gratrücken mit ausgeprägten Wegspuren, Wegfindung kein Problem. Gleich am Anfang muss einmal ein Fels etwas ausgesetzt überklettert werden (T4-), danach wird es wieder einfacher bis zum Aufschwung. So folgt man den Spuren bis zu einem Felseinschnitt, der den Einstieg in die Kraxelpartien markiert. Wir sehen auch zwei andere Bergsteiger. Hier warten wir nochmals auf die Nachzügler, sodass wir die folgenden Höhenmeter gemeinsam angehen können. Ich fühle mich wieder bedeutend fitter als noch am Anfang nach dem steilen Hang, geradezu regeniert. Meine Bedenken zerstreuen sich also wieder. Die nun folgende Kletterei ist reinste Plaisir. Wegfindung ist weiterhin ziemlich einfach, der Fels ist ordentlich fest und das Gelände einfach. Die ca. 150-200 Höhenmeter bis zum Gipfel bewegen sich nun fortan immer im ersten Grad. Nur eine Stelle kurz unterhalb des Gipfels könnte evtl. ein niedriger IIer sein, ist aber wenig ausgesetzt. Der Felsaufschwung wird gewonnen in dem man ihn südlich bis auf den Grat ersteigt und nun in leichtem Auf und Ab in eine kleine Scharte schließlich den Nordgipfel erreicht. Die gesamte Gruppe kommt zügig voran und so stehen wir nach 3:30h und knapp 1100 Hm auf 4570m lt. des am Nordgipfel angebrachten Schilds. Ich bin nun gespannt, ob wir weiter zum Hauptgipfel gehen, was leider schnell verneint wird. Es gibt weitere Ier und IIer Kletterstellen und es wäre einfach zu weit. Hin und Retour wären mindestens eineinhalb Std. zu veranschlagen, da der gesamte Krater umrundet wird, eher mehr. Ausserdem sollten die konditionell etwas schwächer aufgestellten Teilnehmer der Gruppe für die kommenden Aufgaben geschont werden, was im Grunde genommen aber für die gesamte Gruppe galt. Im Rückblick: Schade, aber wahrscheinlich zur Schonung die richtige Entscheidung. 

Nach den obligatorischen Gipfelfotos, Selfies, Video, Energy-Riegeln und Trinken verabschieden wir uns wieder vom Imbabura und gehen den Abstieg auf gleichem Wege an. Durch das durchaus ausgesetzte Gelände ist Konzentration für das Abklettern gefragt. Das Gelände wird dann ab Ende des Felsaufschwungs wieder einfacher und wir kommen sehr zügig voran. Hier geht wieder jeder sein eigenes Tempo. Nachdem wir uns in der Scharte den überschüssigen Kleidungsstücken entledigt haben (bspw. Hardshell, Mütze) geht es schnell weiter. Ich fühle mich mittlerweile richtig gut und bin im Tempo nah hinter dem Guide und dem jungen Paar. Für Nachahmer muss allerdings gesagt sein: der Hang, der beim Aufstieg schon so steil wirkte ist auch im Abstieg nicht ohne. Stolperer können hier trotz weichem Gras sehr schmerzhaft enden, wie 2 Gruppenmitglieder feststellen mussten. Einmal gab es durch einen Rutscher einen verstauchten Knöchel, was die folgende Tour vereitelte! Einmal gab es einen Stolperer mit nachfolgendem Sturz nach vorne, der zum Glück schnell vom Gras abgefedert wurde um schlimmeres zu verhindern. Nach exakt anderthalb Stunden Abstieg bin ich wieder am Reisebus und muss diesmal wirklich zwei Dinge tun: ich dehne mich ausgiebig und muss mich vom Vulkanstaub befreien der wirklich allgegenwärtig ist.. 

Nachdem die Gruppe komplett angekommen und gesäubert ist, fahren wir retour nach Otavalo. Hier gehen wir abends gemeinsam in ein Restaurant mit unserem Busfahrer und Guide und besprechen die kommenden Touren inkl. der Seilschaften, was u.a. auf den Beobachten während der Akklimatisationstouren beruhte. Die nun folgende Nacht war eigentlich zur Erholung gedacht.. wir haben allerdings nicht mit dem "Yamor" Fest gerechnet, welches ecuadorianische und indigene Tradition vereinen soll. Wir besuchen das Fest kurz und gehen auch auf die Dachterrasse des Hotels um Otavalo, die nächtlichen Berge und das Fest einzufangen. Leider ging das Fest bis 3 Uhr morgens mit sehr lauten, ununterbrochenen Dankessagungen und Live Musik sowie viel Verkehr und Geräusch in den Gassen. Durch die nicht vorhandene Dämmung war quasi an Schlaf nicht zu denken, bevor wir eigentlich ausgeschlafen in Richtung Cayambe aufbrechen wollten.. richtigen Schlaf finde ich so erst nachdem das Fest zu Ende ist, trotz Musik und Ohropax. Der Imbabura hingegen aber wird mir immer als ein Berg mit toller Form, beeindruckender Gestalt und Aussicht in Erinnerung bleiben, eine tolle Tour!


KONDITION 3.5/5
ORIENTIERUNG 2/5
TECHNIK 2.5/5
EXPONIERTHEIT 2.5/5

Tourengänger: Kris


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Imbabura (4640) · cardamine

Kommentare (1)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 25. November 2019 um 13:29
Hi Kris.

Sehr schöne Tour. Ich war vor Jahre für ein Uni-Projekt mal im unterhalb liegenden Talörtchen Cotacachi (nach dem Nachbar-Berg benannt). Freunde von mir sind damals auch den Imbabura hoch, aber ich hatte mich noch Null für Berge interessiert.
Dein Bericht jedoch weckt diese verpasster Chance wieder wach und so werde ich mir den Imbabura mal auf meine To-Do-List setzen ;-)
Eindrücklich auch deine anderen Berichte aus Ecuador, das Lesen hat Freude gemacht!

Beste Grüße, Frank


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