Inka-Trail


Publiziert von mannvetter , 30. August 2019 um 22:09.

Region: Welt » Peru
Tour Datum: 5 Juli 2018
Wegpunkte:
Geo-Tags: PE 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 2600 m
Strecke:45km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Alle großen Touroperator starten von Cusco aus. Von Hotels aus dem innerstädtischen Bereich wird am abgeholt und dorthin wieder zurückgebracht.

Seit mir mit neun Jahren mein Vater von seiner Perureise ein Poster von Machu Picchu mitgebracht hatte, das jahrelang bei mir im Kinderzimmer hing, hatte dieser Ort für mich einen besonderen Klang. Gut noch habe ich die fassungslos begeisterten Worte meines Vaters ob dieses mystischen Erdenplatzes in Erinnerung. Da mit über 50 Jahren nunmehr eine eigene Perureise anstand, war klar, dass ich mit meiner Frau den "echten" Inka-Trail gehen wollte, sollte er voll oder teuer sein, wie er wollte. Da wollten wir auf jeden Fall hin, und wir wollten von oben ankommen, zu Fuß, nicht mit dem Bus von Aguas Caliente hinauffahren.
Den Inka-Trail kann man schon lange nicht mehr individuell laufen, mittlerweile gibt es eine Handvoll zertifizierte Anbieter, die in puncto Müllentsorgung, Entlohnung und maximale Traglast der Porter strenge Auflagen haben. Daher sind diese Gruppenreisen kein Schnäppchen, und ob das Geld dort ankommt, wo es soll, weiß man natürlich nie. Wenn man bei einem der großen lokalen Anbieter in Cusco bucht, zahlt man ziemlich die gleichen Preise für den gleichen Service. Große Unterschiede habe ich nicht auf der Tour wahrgenommen.
Eine ausführliche Wegbeschreibung muss an dieser Stelle aus diesem Grund nicht sein - niemand kommt in den Genuss, sich die vier Tage alleine ohne Touroperator fortzubewegen.
Die Plätze sind kontingentiert, 200 Touristen pro Tag. Ich habe ein Dreivierteljahr vorher gebucht, da hatte ich noch die volle Auswahl der infrage kommenden Zeitfenster. Auch die beiden möglichen Gipfel, der Machu Picchu Mountain südseitig, und der Huayna Picchu nordseitig, sind buchbar bzw. buchungspflichtig. Ein Erklimmen ohne Ticket ist nicht möglich. Die Tickets sind personalisiert und auf einen halbstündigen Slot genau einzuhalten. Das ist schon gewöhnungsbedürftig. Ich habe auf die Gipfel verzichtet, es kam mir irgendwie unwürdig vor. Oben gewesen wäre ich dennoch gerne!
Die typischen Standardtouren sind wirklich luxuriös. Man durfte dem Träger 8kg eigenes Gepäck in einem Seesack geben, den Rest musste man selbst tragen. Großzügige 2-Mannzelte wurden gestellt, außer uns hatten sich alle noch Luftmatratzen gemietet, wir nahmen unsere eigenen Isomatten. Es gab so viel Essen, dass man kalorienmäßig niemals alles verbrauchen konnte. Frühstück immer mit Toast, Rührei, Obst, Tee (Coca und Kräuter), löslicher Kaffee (mit Milchpulver). Mittags und abends 3-4 Gänge meist mit Huhn, viel Avocado, Reis, Mais, Oliven... Nachmittags außerdem noch Mate, also Tee mit Keksen und Popcorn.
Unsere Essensplatten wurden niemals leer, den Rest aßen immer die Porter. Für 14 Gäste 21 Träger, Köche, Guides etc.! Wenn man es weniger als koloniales Gehabe, sondern als Arbeitsbeschaffung sieht, hat man kein schlechtes Gefühl dabei. Wenn man ein wenig Spanisch kann, geht auch nette Konversation, obwohl einige Porter aus der Gegend nur Quetchua können, da hilft kein Spanisch!

Jeder Touroperator hat seine eigenen Etappen, so dass sich diese 200 Menschen pro Tag doch ziemlich verteilen. Eigentlich war es außer dem letzten Campground und dem Ansturm auf Machu Picchu niemals voll, das war angenehmer als gedacht. Unsere Zeltplätze lagen auf 3300m, 3600m und 2700m. Der höchste Punkt, der Dead Womans Pass (4200m) wird am 2. Tag überschritten. Man sollte also akklimatisiert sein. Ein paar Tage vorher in Cusco empfehlen sich unbedingt - Sacsayhuaman ist ein Muss, am besten selbst hinwandern, keinesfalls als Bustour buchen! Man kann von da aus selbst über Villa San Blas und Templo de la Luna wunderbar über die Felder nach Osten laufen. Gleich ist man völlig alleine, tankt Höhe und sieht noch mehrere Inkatempel.
Das Gehtempo ist keine Herausforderung, zumal das internationale Publikum des Inka-Trails immer auch Leute beinhaltet, die sonst nicht unbedingt in den Bergen unterwegs sind. Es war kein Problem, alleine vorneweg zu laufen, wenn man einen Treffpunkt vereinbart hat. Trekkingsprache ist natürlich Englisch, die Guides sprechen ein gutes Englisch, die anderen "Angestellten" meist nur Spanisch oder Quetchua.
Das Wetter ist im europäischen Sommer zwar recht stabil, aber insgesamt ist das Urubamba-Tal nicht selten ein Regenloch. Kein Wunder, dass es hier so grün ist! Wir hatten drei Tage strahlenden Sonnenschein mit extremen Temperaturschwankungen. Morgens und abends ging es nur mit Daunenjacke, tagsüber in der Sonne sehr warm, auch über 4000m, da suchte man den Schatten. Ausgerechnet am letzten Tag, Dem Tag von Machu Picchu, regnete es, wir kamen bei völligem Nebel am Sungate an, dem kleinen Joch, an dem man zum ersten Mal die archäologische Stätte sehen kann. Wir sahen nichts! Entsprechend war die Laune! Zum Glück riss es dann allmählich auf, so dass wir doch von Nebelfetzen bis Sonnenschein eine beeindruckende Szenerie genießen konnten.
Und Machu Picchu ist beeindruckend. Ich liebe sonst sehr die Einsamkeit, aber hier, trotz der 2000 Besucher, die diesen Ort am Tag besuchen dürfen, kamen mir die Tränen. Zumal wir wandernd von oben kamen ohne Ticketschalter, Klohäuschen, Busparkplatz und Colaverkäufer gleich den wirklich unglaublichen Fotoblick hatten, der sich ja längst ins weltweite touristische Stammhirn eingeprägt hat. Die Führung durch den Komplex ist im Prinzip eine Einbahnstraße. Ein Zurückgehen oder eine zweite Runde ist nicht vorgesehen. Mit viel Mühe und einem auf eine andere Person ausgestellten Ticket habe ich mir eine zweite Runde erkämpft, um noch einmal in Ruhe alles anzuschauen. Das mag nach Almabtrieb aussehen, anders wäre bei den engen Gassen und den Besuchermassen Chaos aber vorprogrammiert.
So sehr alles auf dieses finale Bauwerk ausgerichtet ist, so ist doch der Inka-Trail kein "Machu Picchu"-Trail, er ist viel mehr! Die Landschaft ist wunderschön. Einige 6000er im Hintergrund, das sehr steile und grüne Urubamba-Tal am Anfang und Schluss, die steilen Seitentäler. Diese gepflasterten Wege über drei Tage - das ist schon eine ganz eigentümliche Atmosphäre. Und man kommt an wirklich vielen Inka-Stätten vorbei. Angefangen von Patallacta, einer großzügigen Terrassenlandschaft am Talgrund, über Runkuncaray, einem mystischen Halbrund auf knapp 4000m. Immer wieder hört man etwas über den religiösen und spirituellen Background der Inkabauten, über exakt nach Himmelsrichtungen ausgerichtete Steinthrone, auf denen ein Herrscher zur Sommersonnenwende den ersten Sonnenstrahle erwartete... Man kann es eigentlich alles kaum glauben oder verarbeiten. Dann Intipata, die beeindruckend große Kornkammer der Inkas in diesem Gebiet - riesige Terrassen am Steilhang über dem Fluss, sehr beeindruckend. Winay Wayna im Abendlicht - ohne Worte! Ich würde den Trail fast als Pilgerweg bezeichnen - wenn es einem gelingt, die Besuchermassen in Machu Picchu auszublenden.
Jedenfalls: ich würde es wieder tun. Diesen Weg musste ich gehen. Als nächstes gerne den Lares, Choquequirao oder den Salkantaytrek links und rechts daneben. Aber das darf ja jeder selbst entscheiden. Und was die Regelungen auf dem Trail betrifft, ist noch nicht das Ende erreicht: dieses Jahr hat man ja begonnen, die Besucherzahlen bei einigen Gebäuden innerhalb des Komplexes zu limitieren.
Auch hier also kommt kein Tourist an der Erkenntnis vorbei, dass er zerstört, was er sucht, indem er es findet.

Tourengänger: mannvetter


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Kommentare (2)


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georgb hat gesagt: Bravo
Gesendet am 31. August 2019 um 11:31
Danke mannvetter für diesen Bericht. Eindrucksvoll! Jetzt weiß ich, dass ich hin will, aber nie hingehen werde. Deine Bilder genügen mir. Als wär ich mit dort gewesen!

mannvetter hat gesagt: RE:Bravo
Gesendet am 31. August 2019 um 13:03
Danke! Obwohl natürlich Bilder nie genügen...


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