Kasseler Nock 2898m - Der Adler ist erwacht


Publiziert von georgb , 19. Juni 2019 um 10:13.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:18 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Antholz Obertal
Kartennummer:tabacco Antholzer Tal

Lange hat der Antholzer Adler Winterschlaf gehalten. Die Kälte und der viele Schnee haben sein Erwachen verzögert. Doch jetzt ist es so weit, er breitet sein Gefieder aus und öffnet das Auge, die Zeit ist reif für einen Besuch. Ich will ihn nicht nur aus der Ferne bewundern, sondern ihm ganz nah zu Leibe rücken und direkt ins Gesicht schauen. Er ist überhaupt nicht heikel oder menschenscheu, uralt und unsterblich, jedes Jahr erscheint er am selben Ort und verschwindet, wenn die Sonne den Schnee um ihn herum geschmolzen hat. Der Phönix wird zu Gestein, später zu Schnee und steht im nächsten Frühjahr wieder neugeboren auf.
Auch ich habe lange geschlafen und von dem sagenhaften Adler nichts gewusst, erst jetzt ist er mir aufgefallen und er zieht mich natürlich unwiderstehlich an.
So steige ich von Antholz Obertal zur Schwörzalm und weiter ins Rauterfeld, dort oben treibt er sein Unwesen. Doch je näher man ihm kommt, umso weniger ist von ihm zu sehen, nur Steine und Schnee weit und breit. Dafür sichte ich die Antholzer Scharte und den Kasseler Nock, ein neues Ziel ist gefunden. Ich schnalle die Steigeisen und Gamaschen an und stapfe durch den Schnee dem Übergang zur Kassler Hütte entgegen. Von den angeblich 147 Holzstufen und Drahtseilen ist noch nichts zu erkennen, so spitze ich in vielen Kehren durch den aufgefirnten Hang und komme mühsam, aber ohne Zwischenfälle auf die Antholzer Scharte.
Der Blick öffnet sich auf die herrliche Rieserfernerwelt und den kaum beachteten Kasseler Nock. Der Westhang ist kurz und unschwierig (I), aber so gut wie nie begangen und entsprechend jungfräulich ist das Gelände. Fast von selbst bewegen sich die Steine und der lose Schotter rutscht vor sich hin, ich prüfe jeden Tritt und jeden Griff.
In wenigen Minuten stehe ich auf dem Geröllhaufen Kasseler Nock und lasse die raue Umgebung wirken. Gegenüber strotzen Hoch- und Wildgall, beeindruckende Berge. Mein kleiner Nock verblasst dagegen in seiner Bedeutungslosigkeit, mir gefällt das gut! Behutsam steige ich zurück und an der Scharte beginnt eine rasante Abfahrt. In wenigen Minuten verliere ich viele Höhenmeter und stehe in Windeseile wieder mitten im Gefieder des Antholzer Adlers. Zu erkennen ist er aber nicht, es braucht den nötigen Abstand und den finde ich erst auf der Heimfahrt.
So beeile ich mich und hüpfe zurück in die Niederungen, um vor den nahenden Gewittern den gewaltigen Adler noch einmal hellwach und in seiner vollen Pracht zu bewundern.



Tourengänger: georgb


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»