Punta dell'Oriente (2112 m) vom Col de Vizzavona


Publiziert von DiAmanditi , 26. September 2018 um 21:08.

Region: Welt » Frankreich » Korsika
Tour Datum:20 August 2018
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 

Während sich nördlich des Col de Vizzavona die gewaltigen Felsmassive von Monte d'Oro und Pointe Migliarello erheben, befinden sich südlich des Passes die zwar ebenfalls felsigen, aber weniger spektakulären Gipfel der Renoso-Gruppe. Nördlicher Eckpfeiler dieses Massivs ist die 2112 Meter hohe Punta dell'Oriente. Diese ist ein prächtiger Aussichtsgipfel und bietet besonders den Vorteil, dass sie vom Vizzavona-Pass aus relativ schnell bestiegen werden kann. Perfekt also für unsichere Wetterbedingungen, wie sie in diesem Sommer häufig im korsichen Bergland vorkamen.

Für den Tag unserer Tour waren ebenfalls mittags wieder starke Gewitter vorhergesagt, weshalb wir uns am Vortag schon bald für eine Wanderung auf die Punta dell'Oriente entschieden hatten. Am nächsten Morgen fuhren wir dann zum Col de Vizzavona hinauf und starteten an der Passhöhe sogleich mit dem Aufstieg. Die ersten Meter verlaufen über eine Asphaltstraße durch schönen Buchenwald zu einer kleinen Funkstation. Dort verschmälert sich der Weg und führt nun etwas steiler durch den Wald aufwärts. Nach einiger Zeit und etwa 200 Höhenmetern erreichen wir dann die Bergeries des Pozzi, wo der Wald einer farnbedeckten, offenen Landschaft weicht. Der Wanderweg biegt nun nach links und steigt teils erdig, teils steinig zum Kamm hinauf, der die Punta dell'Oriente mit dem Vizzavona-Pass verbindet. Von dort hat man bereits einen fantastischen Blick auf Monte d'Oro, Pointe Migliarello und Gravonatal, der sich im Laufe des Aufstiegs noch steigern wird. Unser nächstes Ziel ist jedoch erstmal der schon von der Kammhöhe aus sichtbare, beeindruckende Felsen "La Madonuccia" im Nordostrücken der Punta Grado. Zum Fuß des Felsen gelangen wir über eine kurze Querung durch ein kleines Buchenwaldstück. Das Ersteigen der gut 5 Meter hohen Madonuccia hingegen setzt etwas Geschicklichkeit und Kraft voraus (Kletterei II-III).

Man kann den schönen Felsen allerdings auch einfach nur von unten betrachten und anschließend dem leichten Weiterweg den grünerlenbedeckten Rücken hinauf zur Punta Grado folgen. An dieser Gratschulter befinden wir uns wieder auf dem Hauptkamm, dem wir nun durch Zwergsträucher aufwärts zur nächsten Erhebung im Kamm, der Punta Scarpiccia folgen. Unser Tagesziel ist von hier bereits ziemlich gut sichtbar und scheint schon zum Greifen nahe. Vorher müssen wir allerdings noch in einen kleinen Sattel absteigen und den flach geneigten Kamm eine Weile entlangwandern, bis der Schlussanstieg auf die Punta dell'Oriente beginnt. Ab dort wird der Weg wieder deutlich steiler und erklimmt in Serpentinen die Nordflanke des Gipfels, den vorher sanften Gratrücken haben wir bereits verlassen, er ist inzwischen steilen Felsen gewichen. Auf ungefähr der Hälfte des Hanges entdeckten wir im Aufstieg einen großen Greifvogel, den wir anfangs für einen Steinadler hielten. Bald stellte sich jedoch heraus, dass es sich um einen jungen Bartgeier handelte. Ein majestätischer Anblick, wenn man weniger als hundert Meter entfernt einen solch großen und schönen Vogel durch die Lüfte segeln sieht.

Wenige Minuten nach unserer Beobachtung erreichen wir dann schließlich die Gipfelfelsen der Punta dell'Oriente. Über leichte, nicht ausgesetzte Rinnen und Bänder kraxelt man die einfache Felsflanke aufwärts, quert nach links und nach einer kurzen Rinne steht man am kleinen, eisernen Gipfelkreuz der Punta dell'Oriente. Der wirklich herrliche Ausblick reicht vom Gravonatal mit der Westküste über die großen Bergmassive des Hauptkamms wie Monte d'Oro, Migliarello, Rotondo, Cardo, Renoso und Paglia Orba bis hin zu den sanft gewellten Bergen der Castagniccia und zur flachen, langgestreckten Ostküste. Allerdings befindet man sich am Gipfelkreuz nicht - wie man vermuten könnte - auf dem höchsten Punkt der Punta dell'Oriente. Dieser liegt nämlich auf einem ein wenig schwieriger zugänglichen Granitblock etwas südwestlich des Kreuzes. Über eine steile Rinne und eine etwas knifflige Reibungskletterstelle ist aber auch der "richtige" Gipfel schnell erreicht.

Der Abstieg zum Col de Vizzavona verläuft auf dem Aufstiegsweg, also gibt es hier eher wenig zu berichten. Das einzig nennenswerte Ereignis ist eine weitere besondere Vogelbeobachtung: Einige Meter unterhalb des Gipfels sahen wir einen Gänsegeier in etwa 40 Metern Entfernung auf einem Felsen sitzen. Also zwei verschiedene Geierarten an einem Tag! - nicht schlecht für eine relativ kurze Bergtour, die nicht auf Geierbegegnungen ausgelegt war! Kurz darauf entdeckten wir auch den möglichen Grund für die beiden Zusammentreffen: In einer Senke lagen mehrere Schafs- und Ziegenkadaver. Ein französisches Geierschutzprogramm sieht nämlich vor, dass Bauern tote Schafe und Ziegen als Futterquelle für die Vögel bereitstellen können, die dann mit dem Flugzeug in geierbewohnten Gebirgsgegenden abgeworfen werden. Ansonsten ereignete sich außer der zunehmenden Wolkenbildung im Abstieg recht wenig, bis wir schließlich wieder den Vizzavona-Pass erreichten und es wenige Minuten später zu regnen begann.

Schwierigkeiten:
°Aufstieg bis kurz unterhalb des Gipfels: T2
°Gipfelanstieg zum Gipfelkreuz: T3, I
°Gipfelanstieg zum eigentlichen Gipfel: T3+,I+
°La Madonuccia: II-III

Fazit:
Schöne, relativ kurze Tour, die sehr aussichtsreich ist und sich auch für etwas unsichere Wetterbedingungen und wenig Zeit eignet.

Tourengänger: DiAmanditi


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