Grande Motte (3.653 m) - Gipfelgenuss trotz Liften, Müll und Pistenraupen


Publiziert von panodirk , 10. September 2018 um 21:30.

Region: Welt » Frankreich » Grajische Alpen
Tour Datum:29 August 2018
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 650 m
Abstieg: 650 m
Strecke:6 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Tignes - Val Claret. Recht gut an den kollossalen Bauten und dem gigantischen Parkplatz zu erkennen. Bis zum Ticketverkauf sehr wenig Orientierungsprobleme... :-)
Kartennummer:IGN 3633 ET Tignes Val d'Isère Haute-Maurienne

Allgemeines
Wer Pistenraupen, Müll und Skilifte auf einer Bergtour mag, dem sei diese Tour wärmstens ans Herz gelegt. Demjenigen, der bereit ist, diese techischen Errungenschaften in Kauf zu nehmen, um einem der großartigsten Hochgipfel der Vanoise einen Besuch abzustatten, sei empfohlen, einen schönen halben Tag hiefür zu investieren.
Mit der Schwierigkeitsbewertung tue ich mir schwer. Man kann ein L+ geben, denn der Gipfelgrat wird mit dem Gletscherschwund von Jahr zu Jahr etwas steiler (35°) im Einsteig. Wenn der Gletscher aper ist, kommt der Steigeisen-und-Pickel-erprobte Alpinwanderer hingegen auch auf seine Kosten und wird kaum eine Schwierigkeit oberhalb T4 vorfinden. Doch sei er gewarnt: Auch der malträtierte und gezähmte Skigebiets-Gletscher hat Spalten und einige davon sind gar nicht einmal klein!
2018 fuhr die obere Seilbahn nicht; dafür ging es mit der Funiculaire für nur 11 Euro pro (Fußgänger-)Nase zur Station La Grande Motte (3.019 m) und auch wieder zurück. Ab 2019 fährt ja die Seilbahn wieder - und dann hat es auch keine Spalten mehr.
Laut Internetseite fährt die erste Standseilbahn um 9:30. Es scheint auch eine erste Alpinistenbahn um 8:30 zu geben - ich habe keine Ahnung, wo man diese Information findet.
 
Die Tour
Der Wetterbericht sagt, dass nachmittags das Wetter kippt. Doch es herrscht wolkenloser Himmel um kurz vor 10 an der Station La Grande Motte (3.019 m), der Anstiegsweg ist sofort zu erkennen und sieht auf den aperen Skilift-Gletscher-Hängen entlang des Skilifts gar nicht mal so einladend aus. Die ersten 10 Minuten geht es auf den Felsen hinab zum Gletscher. Pistenraupen sausen fröhlich in emsiger Betriebsamkeit hin und her, verbreiten ein durchgehendes heimeliges Brummen und Piepen - doch so ganz erkennt man nicht, was sie in Ermangelung von frischem Schnee und Skifahrern da so eigentlich treiben. Aber vielleicht ist das ja einfach das Tignes-Ambiente, welches einfach dazu gehört... 
Den Skihang kann man recht direkt hochtigern; neben viel Müll, gebrochenen Skistangen und Zigarettenkippen hat es im oberen Teil dann auch mal größere Spalten und nach einer guten Gletscher-Stunde kommt man an der Seilbahnstation an (3.456 m). Demnächst (also in 2019 wieder) greift der wackere Bergsteiger erst an dieser Stelle ins Geschehen ein. Immer noch herrlich blauer Himmel!
Mittlerweile sind es mehr als 100 Höhenmeter (Tendenz jährlich steigend), die man im Fels überwindet. Sobald es etwas steiler wird, hilft eine ganze Fixseil-Armee hinauf über die kniffligeren Stellen und schon steht man vor dem Gipfel-Eisgrat. Dieser ist zu Beginn recht steil (35°) und so kommt endlich ein klein wenig Alpinisten-Feeling auf, doch auch das währt nur kurz: Nach 5 Minuten (insgesamt knapp 2 Stunden, 30 Minuten ab Seilbahn) steht man oben auf der Grande Motte (3.653 m); auf diesem Weg kommen mir zwei Seilschaften a 4 und 5 Personen entgegen; was würde passieren, wenn eines der Seilschaftsmitglieder auf den steilen Hängen ausgleitet? Man will es nicht wirklich wissen!
Nun stellt sich doch das Gipfelglück ein und die Aussicht gehört zum Feinsten weit und breit: Besonders die Grande Casse steht eindrücklich gegenüber, doch auch die Glaciers de la Vanoise sowie weitere Hochgipfel dieser Region, der Paradiso, der Mont Blanc und das Wallis rücken ins Blickfeld. Es ist wirklich wunderschön hier oben und ich trauere darum, dass einer der schönsten Eisberge der Gegend derartig domestiziert und verschandelt wurde. Welch eine großartige Tour muss das früher einmal gewesen sein!
Hier oben ist immer noch blauer Himmel und Sonnenschein, doch die Front lauert schon hinter der Grande Casse und so wird ganz geschwind der Rückweg angetreten. Doch die Geschwindigkeit reicht nicht. Keine Stunde nach dem blauen Himmel auf dem Gipfel ist der Gletscher in Wolken eingehüllt, das GPS hilft beim Rückweg-Suchen und die immer noch fröhlich durch den Nebel sausenden Pistenraupen machen den Rest des Rückwegs zu einem ganz besonderen Abenteuer. Und dann kommt auch noch der Regen, der Rucksack, Hose und Gore-Tex-Membranen in nur 5 Minuten überwindet, dass wir pitschnass in die Funiculaire einsteigen, in der wir erfahren, dass für Alpinisten (s.o.) auch eine Bahn eine Stunde früher gefahren wäre, was uns den Whiteout mit Regenschauer erspart hätte.
So sarkastisch dieser Bericht klingt, so froh bin ich auch, auf der Grande Motte gewesen zu sein - trotz all der negativen Begleiterscheinungen. Letzten Endes lohnt es sich, spätestens, wenn man bei schönem Wetter dort oben steht!

Tourengänger: panodirk


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