Kurzbericht 

Pizzo Rotondo Face Nord


Publiziert von Dolmar , 25. April 2017 um 22:41.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:23 April 2017
Ski Schwierigkeit: SS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   CH-VS   Gruppo Pizzo Rotondo 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1950 m
Abstieg: 1950 m

Ein letztes mal für diese Saison zieht es mich ins Val Bedretto, ich habe hier noch ein Projekt offen welches ich leider bei meinem letzten Besuch im Frühwinter aufgrund mangelnder Kondition nicht beenden konnte.

Nun fand die Beendung in einer separaten Etappe statt. Zusammen mit dem etwas umständlichen Rückweg eine letztlich doch ausgewachsene Skitour.

Anreise am Abend zuvor nach All`Aqua. Hoppla auf den Südhängen sieht es aber schon recht mager mit dem Schnee aus, da wird wohl am morgen eine längere Tragepassage von Nöten sein, Ab wann der Schnee reicht wird sich am kommenden morgen weisen.
Diesen Winter bin ich was die frühen/nächtlichen aufstehzeiten angeht  bisher drum rum gekommen, so auch dieses mal, ich möchte ja eine Nordwand fahren, und der Aufstiegsweg/Normalweg auf den Pizzo Rotondo liegt westseitig also morgens im Schatten, wozu hier unnötig den frühen Vogel rausholen, nicht übermäßig lang ist das vorhaben und die Temperaturen ziemlich kühl für die Jahreszeit, also wecken um 5:00 Uhr reicht.

Mit aufgeschnallten Ski starte ich noch später als gewollt erst um 6:00 Uhr, nach einer 3/4 Std. passiere ich die Hütte Piansecco, den bekannten Wanderweg weiter über den Moränenrücken hinan, Schneeflecken und Schrofen/Fels Gelände wechseln sich noch eine Zeit lang ab, was ein anfellen sinnlos macht. Eine weitere 3/4 Std. später ca. auf  Höhe 2300m kann ich anfellen. Der frischer Wind treibt nicht nur Wolken über den Passo Rotondo, er kühlt mich selbst beim aufsteigen aus. Die Schneedecke ist durch die nächtliche Abstrahlung optimal gefroren, die Harscheisen sind hier gut gewählte Begleiter.
Dezent unterkühlt erreiche ich das Westcouloir des Pizzo Rotondo.
Weider mal umbauen auf die Steigeisen und Pickel. Nur dieses mal werden die Ski nicht hier unten deponiert sondern werden mit hinauf genommen. 
Im Aufstieg mit den aufgebundenen Ski wird mir dann doch warm "nicht ums Herz" aber in den Oberschenkeln und Waden. Bei der Gabelung kurze Überlegung ob ich nicht gerade aus (linker Arm) aufsteigen soll, da ich weiß das hier ein einfahren in die Nordwand möglich ist. Ob ich eine mögliche Einfahrt vom rechten höheren Arm finde ist noch völlig unklar.

Ich gehe den rechten Arm, ich bin hier um zumindest zu versuchen vom höchst möglichen Punkt aus in die Wand einzufahren. Wenns nicht geht, retoure bin ich gleich.
Am Ende des Couloirs, präsentiert sich die Nordwand mit guter Schneelage, lediglich ob ein Start mit den Ski von hier möglich ist wirft noch Zweifel auf. Kurze Querung nach rechts klar, aber der sperrende Felsriegel macht mir noch Sorgen, vom Standpunkt aus kann ich nicht genügend in die Wand einsehen.

Rucksack und Ski werden am Sattel(Couloirende) abgelegt, dann steige ich entlang einer Felskante in gutem Trittfirn ca. 10 Meter in die Wand hinab, mit der Hoffnung mir einen besseren Einblick in die Crux zu verschaffen. Alles was ich von hier aus sehen kann sagt, das geht leider nicht, ich muß wohl doch vom linken Ast aus Starten. Von diesem kommend ziehen bereits ein paar Abfahrtsspuren in die Wand.

Na dann will ich wenigstens noch ganz auf den Gipfel des Pizzo Rotondo steigen, da war ich zwar schon mal, aber wenn ich schon nicht wie gewünscht starten kann dann soll doch wenigstens ein Gipfelglück herhalten.
Vom Gipfel aus erhasche ich erneut Einblicke in die Nordwand. Von Gipfel aus glaube ich eine Schneezunge um einen Felsblock herum zu sehen, mittels welchem es möglich sein könnte den sperrenden Felsriegel zu überwinden.
Zurück am Sattel will ich es doch versuchen, der Schnee ist gut, was schon bei den paar Erkundungsschritten klar wurde, das ist also kein Hindernis mehr, falls es nicht geht wird ein Wiederaufstieg irgendwie möglich sein.
Ohne langes zögern Quere ich in die ca. 55° Grad steile Wand bis zur vermeintlichen Durchschlupfpassage. 
Das ist der Schlüssel in die Wand. Ein mal umspringen etwas schräg abrutschen, die Schneeauflage reicht gerade so aus und schon bin ich durch. 
Unter mir öffnet sich nun die Wand, zuerst weiterhin sau steil aber in gutem Schnee leicht rechts haltend hinab um Felsabbrüche zu umgehen. Dann eine Querung nach links in den Haupttrichter der Wand.
Die steilsten Passagen liegen bereits hinter mir, wenig später stehe ich auf dem Gerengletscher.

Das Projekt Pizzo Rotondo Nordwand ist abgehackt, jetzt steht aber noch der Rückweg an, Das folgende war dann kein easy going, vielmehr eine Steigerung der Ernsthaftigkeit aufgrund ich sag mal nicht optimal durchdachter Entscheidungen bzw. fehlender Routenplanung und Recherche.

Den bekannten Übergang vom Gerengletscher zurück auf die südseiten Sonnenhänge den Passo Superiore di Pesciora wollte ich nicht nehmen, das schien mir zu weit. Ich würde lieber noch das Gerenhorn besteigen, dessen Westgrat sieht einfach aus.
Also ziehe ich meine Skispur unter die Lücke im Verbindungsgrat zwischen P. Rotondo und Gerenspitze Westgrat. Das ist nicht der Passo Inferiore di Pesciora.
Wieder wird umgebaut auf Steigeisen, Ski an den Rucksack und steil hinauf zur Grateinsattelung.
Hier Skidepot, Auf der Sonnenseite ist der Schnee schon merklich durchfeuchtet, nach einfacher Kletterei stehe ich bald schon auf dem Gipfel des Gerenhorn und kann schöne Einblicke in die P. Rotondo Nordwand erhaschen.
Mein Gefühl drängt mich nun zur Eile, es ist 12:15 Uhr und die Sonne lässt den Schnee hier auf der Südostseite gnadenlos schwer und tief werden.
Zurück am Skidepot steige ich ohne Pause auf die Ski. Um nach All`Aqua direkt zurück zu kommen müsste ich eigentlich noch über den Südgrat des P. Rotondo, hier gibt es einen Pass / Übergang lt. Landkarte.

Vielleicht aber doch ins Tal abfahren und im Tal von Ronco nach All`Aqua laufen. Ich fahre los und befinde mich sofort in tiefem schweren Sulzschnee eine halbwegs vernünftige Abfahrt ist gar nicht möglich, also doch über den Pass, dann müsste ich auch nicht im Tal 2 km zurücklaufen, und ich wüsste wie weit ich mit den Ski hinab komme bevor diese geschultert werden müssen.
Die Sonne brennt mir wieder mit ganzer Kraft aufs Hirn, die Brühe läuft nur so an mir herunter.
Ich beginne mit einer langen Querung unter den Felswänden nach Westen bis zum Passo di Ruino.
Wie das hier gehen soll, scheint mir alles andere als trivial, einen einfachen Übergang gibt es nicht. Von einem Passo zu sprechen spottet ja schon der Beschreibung. Unklar wo es hier hoch gehen soll wähle ich die mir angenehmste Steilrinne aus. Erneut baue ich um auf die Steigeisen und die Eisgeräte. Es geht unter brennender Sonne eine ca. 120 Meter hohe Rinne in gut 60 Grad Neigung hinauf. Das die Rinne so steil wird war von mir nicht gleich so wargenommen, aber retoure wollte ich auch nicht mehr.
Am Ende der Rinne durfte ich dann feststellen, das auf der anderen Seite nicht gangbares Gelände bestand, ich war schon zu hoch und zu weit nördlich vom Sattel.
Nun beginnt die an diesem Tage nach der gerade begangenen Steilrinne der noch schweißtreibendere Teil des Tages. Nein nicht wegen der Sonne,
Ich habe nach wie vor einen Bammel vor Schnee/Felsgraten.
Zuerst 20 Meter abklettern über den Grat, dann über Wechten und Felsblöcke ca. 100m nach Süden bis eine Skiabfahrt auf der Westseite des Südgrates möglich ist. 
Sehr langsam und mit penibelster Vorsicht überschreite ich den Grat und bin froh endlich wieder die Ski unterschnallen zu können.
Was die Skifahrerei angeht hat sich die Aktion gelohnt, auf dieser Seite des Südgrates sind gut 3 Std. weniger Sonnenscheindauer in die Schneedecke eingewirkt und dadurch noch richtig gut zu befahren.
Mit nur 2 Portagen gelange ich bald schon bis kurz oberhalb der Hütte Piansecco,
hier ist Schluß mit skifahren.
Hinab nach All`Aqua müssen die Bretter die die Welt bedeuten getragen werden.

Der Übergang Passo di Ruino kann nicht empfohlen werden, bzw ist nur dem sehr gefestigten Berggänger im Winter zu empfehlen.
Selbst die eventl. richtige Aufstiegsrinne zum Passo war oben raus schlecht zu begehen. Sand und Dreck/Schneegemisch + sperrende Wächte.

Eine Rückwegszeit von 5 Std. gegenüber einer Aufstiegszeit bis zum Gipfel von 4 1/2 Std. ist verhältnismäßig lange und spiegelt die Problematik auf der Sonnenseite des Pizzo Rotondo wieder.  

Die Bilder sind anders als sonst, habe eine Fehleinstellung bei der Kamera nicht bemerkt.




 
 
 



Tourengänger: Dolmar


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