Brisen - der "Peak Nidwalden"


Publiziert von Zolliker , 17. April 2017 um 11:32.

Region: Welt » Schweiz » Nidwalden
Tour Datum:12 April 2017
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Bauen - Brisen - Bürgenstock   CH-NW   CH-UR 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Strecke:Brändlen-Haldigrat-Brisen

Der Brisen ist DER Logenplatz im Kanton Nidwalden schlechthin, um die Alpenkette zu bewundern und gleichzeitig den Weitblick über das Mittelland schweifen zu lassen. Und nicht nur das – der elegante Spitz sieht selber auch echt gut aus. Darum ist er für mich der „Peak Nidwalden“. Wer bei Brändlen beginnt, erobert ihn über den lang auslaufenden Haldigrat, der um diese Jahreszeit Winter und Frühling voneinander trennt.

Das Vergnügen beginnt bei der Talstation des winzigen Bähnchens in Wolfenschiessen, wo eine adrette Frau gerade den Garten um das Bahnhäuschen versorgt. Sie erklärt mir im schönsten Nidwalder-Dialekt die Selbstbedienung des Gefährts. „Faret uif und zahlit bim vatter“, meint sie, und schon entschwebe ich in die Höhe. Über den Felsen erwartet mich der hübsch angelegte Berghof (www.berghof.ch), wo mich nicht nur ein rüstiger Herr begrüsst, sondern auch gleich ein Pfau zu meinen Ehren ein Rad schlägt. Kann man freundlicher empfangen werden?

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Die kleine Bahn fährt auf Abruf und spart 650 Hm
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Der heimelige Berghof Brändlen mit Pfau, Enten und Dexterkühen

Erwartungsvoll folge ich dem Feldweg und mache mich an die Erklimmung der heftig grünenden Südflanke. Mit den verschneiten Walenstöcken vor Augen gewinne ich rasch an Höhe. Als der Weg bei Ober Sack zum etwas steileren Pfad wird, sind die Beine schön warmgelaufen. Aus Wiese wird lichter Wald, ich erreiche die Krete, danach folgt die Route genau dem Gratverlauf. Das lässt von nun an auch schöne Blicke zum Buochserhorn, zum Bürgenstock und nach Luzern zu. Vor lauter Umherschauen muss ich aufpassen, dass ich die vielen Krokusse zu meinen Füssen nicht zertrample.

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Oberrickenbach – und darüber die noch winterliche Bannalp mit seinem Bergkranz
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Die unteren Ausläufer des Grats, dem der Pfad folgt. Dahinter die Arvigrat-Kette

Bald erreiche ich die noch verlassene Alp Gigi oberhalb der Waldgrenze. Hier wird das Gratgelände für einige Hunderte Meter breiter, die Alp liegt wie in einer Senke geschützt. Ich entscheide mich, den Hinweg auf der Nordseite und den späteren Abstieg südlich zu begehen. Die Markierungen weisen nördlich, auch wenn die Landeskarte sie im Süden anzeigt (wo keine sind). Egal, laufen kann man hier überall bestens. Kurz vor dem Gigichrüz (1876) erspähe ich den Brisen, der alpinere Teil der Tour kann beginnen. Zeit für eine Pause.

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Alp Gigi
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Das Tagesziel und der Haldigrat (Sesselbahn in der Bildmitte)

Meint Magen knurrt, das in Dällenwill frisch gemachte Sandwich ruft nach Verzehr. Ich lasse mir viel Zeit für die Inhalierung der betäubenden Aussicht: Das Gigichrüz ist eine Tourenziel für sich! Nördlich breitet sich das hügelige Klewenalpgebiet sanft unter mir aus, dahinter glitzert der Vierwaldstättersee, gegen Süden reckt der Titlis seinen starren Hals hinter dem Ruchstock hervor. Auf dem Haldigrat vor dem weiss-schwarzen Brisen liegt kaum mehr Schnee, Pickel und Steigeisen scheinen vergeblich eingepackt worden zu sein.

Das nächste Teilstück bis zur Bergstation des Haldigrat-Sessellifts ist ziemlich flach, dafür gilt es die ersten Schneefelder zu überqueren. Der Lift ist übrigens ein guter Tipp für alle, die den Brisen mit nur rund 500Hm Steigleistung besteigen wollen. Unter der Woche ist alles (noch) geschlossen und der Grat ein Ort der Stille, wogegen ich keine Einwände habe.

Der folgende Aufstieg über den Grat übersteigt kaum eine T3, auch ausgesetzt ist es nie. Nur im oberen Teil liegt noch etwas Schnee, sodass der Pickel schliesslich doch noch hervorgenommen wird, die Steigeisen bleiben aber im Rucksack. Die letzten Meter zum Gipfel kraxle ich abseits der Route hoch, um einem steilen, vereisten Schneefeld auszuweichen. Dann stehe ich auf dem Gipfel, ramme den Pickel in den Schnee und stosse einen Jauchzer aus. Die drei Bergdohlen müssen sich totgelacht haben, sagen später aber nicht „Nein“ zu meinen Brotkrümmeln.

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Sie sind nicht so dick dieses Jahr, die Gratwächten.
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Freie Sicht ins Mittelland!

Der Brisen ist im Wohnzimmer des Uri-Rotstocks und seiner Trabanten. Sie sind die Eyecatcher der Region. Östlich davon reicht die Sicht von den Windgällen bis zum Säntis, westlich breiten sich die Berner Viertausender aus, ich meine sogar das Wildhorn erkennen zu können. Der Blick nach Norden braucht etwas Mut. Nur wenige Meter hinter dem Gipfelkreuz bricht das Gestein fast senkrecht ab. Vom Westen her erklimmt man den Brisen von der Alp Gitschenen aus. Ich erinnere mich daran, wie Rolf, Chris und ich uns im heissen Sommer 2015 durch viel Geröll hochgequält haben. Der Haldigrat im April ist die schönere und angenehmere Variante.

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Das Wohnzimmer des Uri Rotstocks

 

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Von Titlis bis Eiger….

Im Gipfelbuch lese ich, dass sich vor wenigen Tagen noch ein paar Einheimische mit „die letzten Snowboarder“ eingetragen haben. Ich schmunzle und denke an den Wetterbericht für die Ostertage, der Schnee bis in tiefe Lagen ankündigt. Soll er doch kommen, den Sommer kann er nicht mehr aufhalten!

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Blick von oben: Der Haldigrat bis zum Gigichrüz, dahinter Stanserhorn und Pilatus

Der Sommer macht sich auf dem unteren Teil des Abstiegs schon ziemlich intensiv bemerkbar. Die Enziane blühen um die Wette und die Kälber der Dexter-Kühe des Berghofs tollen sich sonnentrunken auf den Wiesen. Die aufmerksame Bauernfrau erkennt mich wieder und bringt mir ein feines Kaffi. Was will Mann mehr? Später lässt mich ihr Vater mit dem Gondelchen wieder in die Tiefe sausen. Peak Nidwalden, ich komme wieder!

Einen interaktiven Kartenausschnitt dieser Tour findest Du auf meinem Wanderblog:
http://www.edwinwandert.com/2017/04/peak-nidwalden/

 


Tourengänger: Zolliker


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