Úhošť a Císařský den v Kadani


Publiziert von lainari , 29. August 2016 um 22:02.

Region: Welt » Tschechien » Doupovské hory
Tour Datum:27 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 340 m
Abstieg: 340 m
Strecke:13 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug der ČD bis Kadaň město oder Kadaň předměstí, an den Wochenden von April bis Oktober auch Zug von Railway Capital
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 7 Žatecko

Burberg und Kaisertag in Kaaden
 
Der Kaiser ruft! Nicht Roland der Schnulzen-Kaiser verlangt nach Aufmerksamkeit, nein Karl IV. seines Zeichens Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und im Nebenamt auch König von Böhmen (Římský císař a český král Karel IV.). Bei dieser Titeldichte wandern die Hände in altösterreichischer Manier automatisch an die Hosennaht und es wird alles stehen und liegen gelassen um Ihn zu huldigen. Auch ein neuerlicher Hitzetag kann mich nicht aufhalten. So sattele ich frühmorgens die Pferde und mache mich auf in die alte böhmische Königsstadt Kadaň (Kaaden). Hier wird heute der 24. Císařský den (Kaisertag) gefeiert. Die Feier bietet Gelegenheit, ein Paket aus Wanderung, Citytrip, Sonderzugbeobachtung und Festbesuch zu schnüren. Ich überquere den Erzgebirgskamm, komme nach zügiger, störungsfreier Fahrt in Kadaň an und parke hinter der Brücke über die Ohře (Eger).
 
Auf mein heutiges Wanderziel hat mich dieser Bericht von pika8x14 neugierig gemacht. Mit leichtem Gepäck gestartet, führt mich ein blau markierter Wanderweg hinauf nach Kadaňská Jeseň (Gösen). Hier werde ich von einem freilaufenden, giftig bellenden und knurrenden Schäferhund empfangen. Die pflaumenpflückende Halterin tritt später aus einem Gebüsch und greift regulierend ein. Auf einem unmarkierten Flurweg gehe ich leicht fallend durch einen seltsam verfilzten Wald hinüber nach Pokutice (Pokatitz). Ich biege nach links auf einen rot markierten Wanderweg ab und verlasse das Örtchen sogleich wieder. Durch eine schattige Taleinkerbung arbeite ich mich von Norden auf die Hochfläche des Tafelberges Úhošť (Burberg) hinauf. Die einstige Siedlung Burberg auf dem Plateau ist eingegangen. Einige Historiker vermuten hier auch einen möglichen Standort der legendären Wogastisburg des Königs Samo aus der Fredegar-Chronik (um 631/632). Aber da noch nicht einmal erforscht ist, ob es sich um ein festes Bauwerk oder eine Wagenburg gehandelt hat, sind dies nur Spekulationen. Keine Spekulation ist die faszinierende steppenartige Vegetation um und auf dem vulkanisch entstandenen Berg. Gern hätte ich dazu einen ausgewiesenen Versteppungs-Experten beigezogen, der aber im Sommer wegen der Bekämpfung von Neophyten in seinem Garten leider keine Zeit hat. So umrunde ich auf dem markierten Pfad etwa hälftig das Gipfelplateau. Da sich hier ein Schutzgebiet der höchsten Schutzklasse befindet, herrscht Wegegebot. Nach einer kurzen Frühstücksrast steige ich im Süden vom Berg ab und umrunde auf fallendem Weg den zu dieser Tageszeit angenehm schattigen Westfuß. In der Ortschaft Zásada u Kadaně (Sosau) verlasse ich den Wanderweg und laufe auf einem unmarkierten Sträßchen hinunter an die Ohře. Hier biege ich flussabwärts ein und folge dem Ufer auf einem Radweg bis zur Talsperre Kadaň. Hinter der Staumauer gehe ich auf der zur Flaniermeile ausgebauten Uferpromenade entlang bis zur Brücke. Auf einer Wiese ist ein Rummelplatz aufgebaut. Über Anliegerstraßen passiere ich den Bahnhaltepunkt Kadaň předměstí (Kaaden-Vorstadt) und begebe mich zum Bahnhof Kadaň město (Kaaden-Stadt).
 
Am Nordkopf des Bahnhofs trifft die elektrifizierte Anschlussbahn des landschaftsbestimmenden Kohleunternehmens Severočeské doly (SD) auf die einstige Duppauer Lokalbahn (Doupovská dráha). Ich schaue eine Zeit lang aber außer flimmernder Hitze über den Schienen herrscht nicht die geringste Bewegung. Für die Gleichstromsechsachser des Eisenbahntransportunternehmens SD-KD besteht momentan einfach kein Beförderungsbedarf. So begebe ich mich langsam zum Bahnhofsgelände und warte an einem schattigen Plätzchen auf den angekündigten Sonderzug. Nach und nach vermehren sich die Fotografen an meinem ausgesuchten Standplatz. Schließlich erscheint der Zug von ČD nostalgie aus Děčín mit einer Gebirgsschnellzugdampflok der Reihe 464.0 „Bulík“ an der Spitze. Einer der Fotofreunde postiert sich in letzter Sekunde vor der Fotografenlinie und beschränkt so meinen Bildausschnitt. Aber es ist zu warm um sich aufzuregen. Kaum ist der Zug eingefahren, stehe ich fast allein auf weiter Flur, da die Zugverfolger zu ihren Autos sprinten. So erlebe ich ungestört die Abfahrt des Zuges zu einer Pendelfahrt nach Chomutov. Nun begebe ich mich ins Stadtzentrum und erkunde das Festgelände auf dem Markt und den angrenzenden Straßen, Plätzen und Gassen. Nach einer Mittagspause schaue ich mir an der Bühne die Auftritte von BraAgas (Mittelaltermusik), Adorea (Fecht- und Stuntshow) und Quanti Minoris (Folkrock) an. Wegen guter Sicht und gutem Ton habe ich mich hinter den Sitzbankreihen unter dem Tonmeisterturm postiert. Da Tschechien bekanntermaßen den Zuzug mediterraner Fachkräfte sehr restriktiv handhabt, hat man hier diese in Deutschland liebgewonnene Bevölkerungsgruppe einfach durch rüpelhaft auftretende chinesische Touristen ersetzt. Drei dieser Exemplare haben beschlossen, mich trotz dutzender freier Quadratmeter Standfläche einzukreisen. Einer stellt sich gar neben mich und sucht Körperkontakt. Nicht nur temperaturbedingt habe ich etwas gegen Männerkuscheln. Nachdem ein vorsichtiger Ellenbogeneinsatz keinen nachhaltigen Lerneffekt erzielt, stelle ich ungeschickterweise den Absatz meines Bergschuhes auf die Spitze seiner Sandale - der Hauptdarsteller des Hau-drauf-Streifens „Plattfuß an der Eger“ ist gecastet. Ich bekomme einen Kurzvortrag in chinesischer Fäkalsprache, aber da mein Chinesisch praktisch inexistent ist, tropft Mao sein Dung einfach an mir ab. Ich setze ein asientypisch freundliches Lächeln auf (vielleicht war es auch ein Grinsen) und sehe, dass seine Augen von den Schlitzen fast verschluckt werden. Sei es drum, jetzt habe ich wieder Platz. Nach einiger Zeit muss ich mich zur Abkühlung auf eine schattige Parkbank zurückziehen, die Hitze fordert ihren Tribut. Rechtzeitig begebe ich mich zurück zur Bühne und erlebe den, dem Einzug des Kaisers im Jahre 1367 nachempfundenen Festakt. Der Umzug wird angeführt von Musikern, es folgen Gaukler, Hofdamen, Fahnenträger, berittene Edelleute, eine Leibgarde, das Kaiserpaar und Gefolge, alle in historischen Kostümen, die bei der heutigen Temperatur eine Art mobile Minisauna sein dürften. Auch ich muss nun langsam die Segel streichen und trete den Rückzug an. Fazit: Eine schöne Wanderrunde, eine sehenswerte Stadt, die einen zusätzlichen Besuch in aller Ruhe verdient hat und ein grandioser Festanlass. Kadaň, wir sehen uns wieder!
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h.
Die Strecke ist mit überwiegend mit T1 zu bewerten.
Der absolvierte Zugang zum Úhošť und der Abstieg haben jeweils kurze T2-Abschnitte.

Tourengänger: lainari


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