Sustenhorn (3503m) - Versuch


Publiziert von أجنبي , 1. Mai 2012 um 23:20.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:28 April 2012
Ski Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:Route: 710a nach SAC-Führer Skitouren Zentralschweizer Voralpen und Alpen: Feldmoos – Bäregg – P. 1794 – Steingletscher – Chüöbärgli – Steigletscher – retour auf gleicher Route
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Feldmoos
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Auto ab Feldmoos
Kartennummer:LK 1:50.000: 255 S Sustenpass / LK 1:25.000: 1211 Meiental

„Vom Winde verweht“, so könnte unser erfolgloser Effort am Sustenhorn am Besten charakterisiert werden. Föhnböen bereiteten unserer Tour etwas unterhalb der Sustenlimi ein vorzeitiges Ende. Zur Besteigung der Fünffingerstöck am nächsten Tag setzten wir nicht einmal an – und drehten uns nochmals im Bett um.

Das Sustenhorn habe ich schon ein paar Mal von unten (Voralptal) und von der anderen Talseite bewundert und angesichts meiner bislang äusserst gut verlaufenen Skitouren-Rookie-Season sah ich nun den Moment gekommen, diesem Gipfel mal einen Besuch abzustatten. Da die Passstrasse bislang nur bis Feldmoos geöffnet ist (ab kommendem Freitag wird sich das wohl ändern), erhofften wir uns trotz des Wochenendes einen verhältnismässig geringen Ansturm auf das Sustenhorn.

Da die Wetterberichte zunehmend heftigen und schliesslich orkanartigen Föhn prognostizierten, wollten wir unbedingt noch am Samstagmorgen zum Gipfelsturm ansetzen, wenn der Wind noch etwas schwächer sein würde. Deshalb fuhren wir noch am Freitagabend bis Feldmoos. Das kurze Stück auf der alten Passstrasse war auf Skis zu machen, doch danach ging's Skis-tragend auf der geräumten Strasse weiter bis kurz vor Steingletscher, wo dann wieder auf die weisse Unterlage gewechselt werden durfte.

Kurz nach 5.15, im Licht der Stirnlampen, starteten wir am Samstag unsere Tour. Es war sehr warm, der Schnee nass und die Handschuhe konnten getrost im Rucksack bleiben. Statt um's ging's über's Chüöbärgli. Die kurze Traverse am steilen Nordhang des Bockbergs war kein Problem und schon standen wir auf dem Steingletscher. Das Gschtältli hatten wir zwar schon in der Unterkunft montiert, doch auf's Anseilen verzichteten wir.

Das herrliche Morgenrot war nun vorüber und so konzentrierten wir uns auf den Aufstieg über die Steilrampe (34° auf 100Hm gemäss Führer). Der Wind hielt sich derweil noch ziemlich in Grenzen, das Terrain flachte ab und bald erschien die Tierberglihütte am Horizont. Wir steuerten auf's Gwächtenhorn zu und beobachteten, wie eine von der SAC-Hütte herkommende Seilschaft vor uns mit Windböen zu kämpfen hatte. In der Steilstufe angekommen machten dann auch wir mit dem Wind unangenehme Bekanntschaft. Ausgangs der Rampe, so auf 2900m, riss mich eine Böe ein erstes Mal zu Boden.

Die vorausgehende Seilschaft kehrte nun um, doch wir kämpften weiter gegen den zunehmend starken Wind an. Die Angelegenheit wurde immer unwirtlicher: Ein paar Meter laufen, dann wieder in Deckung gehen, das Gesicht vor den herumfliegenden Eisstücken schützen und sich gegen den Wind stemmen, dann wieder paar Meter vorwärts laufen usw. Auf knapp 3000m schmiss mich eine heftige Böe ein weiteres Mal zu Boden, meiner Freundin erging's nicht besser. Am Gipfelhang des Sustenhorns beobachteten wir die einzigen zwei Seilschaften, welche an diesem Tag das Sustenhorn erreichten: Auch sie mussten sich immer wieder in den Hang legen, um nicht umgerissen zu werden.

Wir beschlossen den Abbruch. Dass der Wind nachlassen würde, war angesichts der Prognosen nicht zu erwarten. Der Genussfaktor der Tour hatte sich definitiv verabschiedet, Sicherheit ging vor und das Sustenhorn würde uns nicht davon laufen. Ein vernünftiger Entschluss und irgendwie habe ich das Gefühl, mit jeder abgebrochenen Tour falle mir solch eine Entscheidung etwas leichter.

Das enorm diffizile Abfellen bei diesen Bedingungen war zeitraubend und die Finger wurden kälter und kälter. Glücklicherweise war die Steilstufe gut zu fahren, so dass wir mit dem starken Rückenwind und den üblen Böen gut zurecht kamen. Sämtliche uns entgegenkommenden TourengängerInnen brachen ihren Ausflug ebenfalls spätestens nach der Steilstufe ab. Der Schnee wurde auf dem flacheren Gelände östlich er Tierberglihütte zunehmend miserabler (Bruchharsch), doch dort wo ich mir am Sehnlichsten bessere Verhältnisse erhoffte, nämlich in der Steilrampe weiter unten, gab's guten Sulzschnee. Je näher wir dem Hotel Steingletscher kamen, desto tiefer, mühsamer und bremsender wurde der nasse Schnee. Dank des starken Rückenwindes und der strikten Anwendung der Segel-Skifahr-Technik mussten wir aber kaum stöckeln.

In der Unterkunft trafen nach und nach die weiteren TourengängerInnen ein und wir fühlten uns zusehends bestätigt in unserem Abbruch-Entscheid. Bis etwa auf Höhe der Tierberglihütte war der Morgen aber ein Genuss. Zudem waren wir recht schnell unterwegs und eigentlich noch topfit, als wir umdrehen mussten. Wir hätten den Gipfel wohl noch vor 10 Uhr, d.h. in etwas weniger als fünf Stunden erreichen können. Naja, schade drum, aber weder wir noch das Sustenhorn laufen davon...: wir kommen wieder!

Für den Fall der Fälle, dass am Sonntagmorgen das Wetter überraschend etwas besser sein würde, studierten wir vor dem Einschlafen nochmals die Route auf die Fünffingerstöck und packten unsere Rucksäcke. Derweil bliess der Wind den Wasserfall oberhalb des Hotels nicht nur rechtwinklig zur Seite, sondern sogar senkrecht in die Höhe. Und auch die Nacht war äusserst ruppig. Nur das Wissen, dass die Fensterscheiben schon paar Jahrzehnte auf dem Buckel hatten, sorgte für etwas ruhigeres Gemüt. Beim Aufwachen um 5 Uhr regnete es dann auch noch und so fiel es uns nicht schwer, auf die Fünffingerstöck zu verzichten. Beim Frühstück stellten wir fest, dass sich auch sonst niemand nach draussen gewagt hatte ausser Zweien, die anscheinend um 8 Uhr durchnässt von einem erfolglosen Sustenhorn-Versuch zurückgekehrt waren.

Als der Regen irgendwann nachliess, machten wir uns auf den Rückweg nach Feldmoos. Der Fussmarsch mit gebuckelten Skis auf der geräumten Passstrasse glich einem russischen Roulette: Die Strasse war übersät mit Ästen, Steinen, Felsbrocken und ganzen Bäumen, was unseren Blick immer wieder die steilen Hänge und Felsen entlang der Strasse hoch schweifen liess. Heftige Windböen zwangen uns immer wieder anzuhalten.

SLF: mässig, Gefahr für Nassschneelawinen im Tagesverlauf auf erheblich ansteigend


Tourengänger: أجنبي


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