Steurihorn: über den Nordturm auf den Mättenberg (3104m.)
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Zwischen dem Wetterhon und dem Eiger steht als dritter dominierender Gipfel der massige Mättenberg, eine einzigartige Aussichtskanzel hoch über Grindelwald und seinen beiden Gletschern. Führeraspiranten soll er seinerzeit als Ausgangspunkt für die Gesamtüberschreitung des über 10km langen Schreckhornkamms in einem Tag gedient haben. An den Hohturnenwänden an seiner Westseite wurde ab den späten 70er-Jahren regionale Sportklettergeschichte geschrieben. Die Normalroute ab Pfingstegg oder Bäregg bzw. früher Stieregg gilt zwar als "etwas mühsam" - vergleichbar z.B. mit den "ausnahmslos langen und recht beschwerlichen Anstiegen" auf das Ritzlihorn (etwa vom Urbachtal über die Mattenlimmi) - , eignet sich aber für angehende AlpinistInnen gut als Einstiegstour "zur Erweiterung der Pupillen beim Eintritt in das Hochgebirge". Landschaftlich noch reizvoller sind der Aufstieg über Reissen und die anschliessende Ueberschreitung zum Gwächtenjoch mit Abstieg zur Gleckstein- oder Schreckhornhütte.
Gegenüber vom Chrinnenhorn ragt indessen der den Mättenberg-NNW-Grat abschliessende Nordturm schwindelerregend in die Höhe: das Steurihorn, benannt nach Emil Steuri, einem der Erstbegeher der unten beschriebenen Route von 1912. Das Fernsehpublikum kennt die mit einer roten Riesen-Eins konkurrierenden Ansichten u.a. vom Wetterhornpfeiler und vom Steurihorn möglicherweise von den Werbeansagespots des Schweizer Fernsehens sf 1.
Ich kam am 24. August 1997 erstmals für einen Augenschein zum undren Wächsel: neidisch schaute ich den Gemsen zu, die in knapp fünf Minuten über die abschüssigen Felsen und Grasbänder leichtfüssig zur oberen Mulde hüpften und verschwanden. "Ziemlich genau 1-2 Schuhnummern zu gross für dich", dachte ich und zog mutlos ab. Im Sommer 2004 kam ich zurück, kehrte aber wegen nassem Gras wieder um. Ende Juli 2007 kam ich mit mobilen Sicherungsmitteln immerhin bis zur ersten Felsterrasse, wo ich sogar einen alten Haken fand. Der Weiterweg erschien mir aber ohne fixe Sicherungspunkte zu riskant, weshalb ich mich dazu entschloss, mit einem kleinen Hakensortiment wieder zu kommen. Ich fragte mich, wann diese "anspruchsvolle und heikle Tour" mit "grossartigem Tiefblick und Ausblick" (Route Nr. 104 im Clubführer Berner Alpen V von 1996) wohl zum letzten Mal begangen worden war?
Am 25.8.2007, genau 10 Jahre und 1 Tag nach meinem ersten Versuch, war es dann soweit. In den Stufen und Bändern unterhalb der Mulde schlug ich 4 Haken, wovon ich 3 stecken liess. In der grasigen Rinne zum Nordturm schlug ich 6 Haken, wovon ich ebenfalls 3 stecken liess. In den steilen Graspartien benutzte ich durchwegs ein altes Eisgerät.
Route: Vom Hotel Wetterhorn auf dem Wanderweg zum Chalet Milchbach. Auf dem alten Glecksteinhüttenweg, der vermutlich wegen dem Rückgang des oberen Grindelwaldgletschers gesperrt ist, zu einer Reihe von gut erhaltenen Holztreppen und über diese zu P. 1601.3 und weiter bis dort, wo der Weg auf ca. 1700m aufhört (Im undren Wächsel, Steinmänner). Nun auf steilen Grasflanken nach NW bis zur Kante am Fuss des Nordturms: auf grasigen Schrofen sehr ausgesetzt N um die Kante herum und nach SE auf ein erstes Grasband. Stand mit Schlinge an einer Felsschuppe und über eine ca. 5m hohe feucht-schmierige Verschneidung (IV, Zwischensicherung mit mittlerem Friend) auf eine leicht abschüssige, breite und schuttbedeckte Felsterrasse. Auf dieser ca. 50m horizontal nach SE zu neuem H. Ca. 10m einen grasigen Riss hoch zu altem H und über eine ca. 5m hohe erdig-nasse Stufe (IV, ev. A0, neuer H) auf ein nächstes Band. Auf Pfadspuren und eine einfache Felsstufe nach SE auf ein weiteres Band: nun nach NW über eine nasse, leicht abfallende Platte (Zs mit mittlerem Kk) und dem Band auf Pfadspuren folgen, bis einfach auf das nächsthöhere Band gewechselt werden kann, und auf diesem wiederum nach SE bis an dessen Ende (neuer H). Nun zuerst weiter SE haltend, dann direkt nach SW über steiles Gras und Felsstufen (Zs mit grossen Friends) hoch zu einer flacheren Mulde. Ueber Platten, Felsstufen und Gras nach SW zum Beginn einer felsig-grasigen Rinne (neuer H). In dieser 3 halbe SL (je 25m, IV, jeweils alter H nach jeder SL, neuer H in 3. SL, Zs mit grossen Friends) hoch und über gemischte Schrofen unter die letzte senkrechte Stufe (neuer H). Nach SW auf einer kleingriffigen Rampe (V-, Zs mit mittlerem Friend) ca. 8m hoch unter eine gutgriffige Stufe (Zs mit grossen Friends), über diese und ein Grasband zu einer grasige Rinne, die einfach in die Gratscharte SW des Nordturms führt. Hier kann man endlich aufamten! Abstecher zum Nordturm. Dann über den ausgesetzten Kalkgrat (II-III, grasig, brüchig) zu P. 2416 und hinab in den Sattel W von Im obren Wächsel (Gesteinswechsel von Kalk zu Innertkirchner Granitgneis). Weiter entlang dem N-Grat (eine Stufe und eine Scharte III-IV, eine kurze Querung nach E mit altem H) zu P. 2924 und über den NW-Grat grösstenteils auf Firn auf den Mättenberg (9-10h).
Abstieg auf der Normalroute durch den Trichter zu mehreren Quellen (umgekehrter Gesteinswechsel) und über den Lenge Jan zur Bäregg. Auf dem Bergweg hinunter zur Pfingstegg und entweder mit der Seilbahn nach Grindelwald (letzte Bahn um 19 Uhr) oder weiter zum Chalet Milchbach und zurück zum Hotel Wetterhorn.
Material: 50m Zwillings- oder Halbseil (1 Strang), altes Eisgerät oder Pickelhammer, Hakensortiment, je 2-3 mittlere und grosse Friends, Kk-Sortiment, 6 Express, einige Schlingen, Helm, ev. Steigeisen.

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