Alpe Taccarello: Von Flop zu Krise (WSCH+)


Publiziert von Zaza , 3. April 2011 um 08:17. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum: 1 April 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Kartennummer:285

Man sagt ja, die Hölle sei dort, wo die Briten die Köche sind, die Franzosen die Mechaniker, die Schweizer die Liebhaber, die Deutschen die Polizisten und organisiert wird alles von den Italienern. Das meiste sind läppische Klischees, ausgenommen die Organisationskunst der Italiener...

Unser Plan war eigentlich gut: Wir wollten in einer Rundtour die wilde Ecke der Alpe Taccarello erkunden, eine wahre Hungeralp mit anspruchsvollem Zugang, die in der stotzigen Westflanke des Pizzo delle Pecore und damit im Gebiet des Nationalparks Val Grande gelegen ist. Der Busfahrplan würde uns ein komfortables Zeitfenster von 8 Stunden bieten edwood war bereits am Vortag in der Gegend unterwegs und übernachtete in Domodossola.

Erfahrene Italienreisende wissen, dass es sinnvoll ist, vor dem Abmarsch nochmals auf dem Internet die Fahrpläne zu konsultieren. Siehe da, Streik in Italien...super! Aber da stand, dass der IC um 7:44 in Brig vielleicht verkehren würde. Als ich in Brig war, hiess es dann (wie erwartet), dass der Zug ausfällt. Nun ist es normalerweise so, dass die Autoreisezüge von Italo-Streiks nicht betroffen sind, also flitzte ich zum Autoquai, um den Zug nach Iselle um 7:15 zu nehmen (der einen Busanschluss nach Domo hat). Doch dort war alles verriegelt, auch dieser Zug fiel aus. Also zurück zum Schalter, wo die netten Damen auch nicht viel wussten, ausser dass der Zug um 8:44 wohl fahren würde und dass die Schweizer Interregios um 16:10 und 18:10 zwischen Domo und Brig verkehren sollten.

Blieb mir also eine gute Stunde in Brig herumzubringen, was ich für eine kleine Rundwanderung nach Schlüöcht und zurück nutzte, um dann mit dem nächsten IC doch noch nach Domo zu kommen. Dort hätte ich nun wieder 1.5 h auf den nächsten Bus warten müssen, also probierte ich es mit Autostop. Das erwies sich als schwierig und als ich bis Beura marschiert war, gab ich die Übung auf und nahm den Bus bis Carale.

Hier beginnt ein steiler Pfad (Wegweiser) zum Torre del Bulfer (P. 325) und nach Alpe Fonten. Hier verlor ich die Markierung Richtung Aurinasca und folgte einem anderen Pfad dem Fuss einer Felswand entlang aufwärts. Dabei begegnete ich unvermittelt einer Gruppe von Wildschweinen, inkl. Nachwuchs. Der Keiler beäugte mich nicht sehr erfreut und da ich bei der Konfrontation mit ihm zweifellos den Kürzeren gezogen hätte, blieb ich schön still, bis sich der Trupp verzogen hatte. So erreichte ich schliesslich die Kapelle von Aurinasca, wo edwood wartete und wo der interessante Teil der Tour beginnen sollte - leider erst um die Mittagszeit herum.

Von den südlichsten Häusern von Aurinasca querten wir ansteigend durch mühsames Gelände (viele Dornen) bis zum ersten Bachlauf (ca. 990 m). Hier fanden wir noch einen Treppenrest und den Überrest einer kleinen Brücke, abgesehen davon ist der Weg quasi zu 100 % verschwunden. Nun stiegen wir steil auf die nächste Rippe und unter die darüberstehende Felswand, um ihr entlang zur nächsten Bachquerung zu kommen (ca. 1090 m). Danach ging es wieder sehr steil und weglos auf eine nächste Rippe, wo nun der Blick frei wurde in die Couloirs des Rio di Prata und die wilde Zone der Alpe Taccarello gegenüber.

Beim folgenden Couloir, das teilweise noch schneegefüllt war, sahen wir eine Querungsmöglichkeit auf etwa 1280 m, der originale Weg verlief gemäss Karte etwas tiefer. Wir querten das Couloir mit einiger Mühe (plattiger Fels, heikle Stellen, II) und stiegen dann auf die nächste Rippe hinauf. Da die nächsten Couloirs schneegefüllt waren und da wir im Zeitplan schon weit fortgeschritten waren, entschieden wir uns, die Sache hier abzubrechen, damit wir den Bus in Cuzzego um 16:30 noch erwischen würden. Also alles zurück nach Aurinasca und dann auf gutem, markiertem Pfad hinunter nach Cuzzego.

In Domodossola war der Bahnhof ziemlich verwaist, auf dem Perron standen einige verwirrte Reisende und niemand wusste, ob und welche Züge fahren würden. Per Lautsprecher hiess es immer wieder, dass die Züge nach Milano und Novara fahren würden, aber von Brig war nie die Rede. Schliesslich fand ich den griesgrämigen Stationsvorstand, der sagte, dass der Zug nach Brig ausfallen würde und dass es erst gegen 8 wieder eine Verbindung gäbe. Tja, da wünscht man sich doch, dass die Italienische Regierung bei solchen Streik so vorgehen würde, wie es die Spanier letztes Jahr mit den Fluglotsen taten...

Blieben uns also noch fast zwei Stunden in Domo. Das nutzen wir halt aus für einen Schwatz mit adry, einen Cappuccino und einen Stadtrundgang. Natürlich konnte es uns nicht mehr überraschen, dass der Zug schliesslich noch eine Viertelstunde Verspätung hatte. Lästig war der ganze Zauber vor allem für edwood, der am Abend ein Konzert besuchen wollte, was dank dieses Streiks leider ins Wasser fiel.

Weitere Infos und Fotos zur Zone von Taccarello finden sich bei Frank und bei Ferruccio.






Tourengänger: Zaza, Hurluberlu


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Kommentare (1)


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Henrik hat gesagt: ...bei deinen doch hohen
Gesendet am 3. April 2011 um 19:01
Tempi kann ich mir kaum vorstellen wie

> Flitzen

bei dir aussieht?

Aufmerksam beobachtete Eigenheiten von Land und Volk - grenznah.

Ciao

silbervogel


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